Montag, 31. August 2009

Überschrift ist auch nötig, meint Blogger. Nun gut.

Der Tag ist ja noch jung.


Aber trotzdem hat mir schon wer kräftig auf die Füße getreten.

Nicht aufgrund dessen, was gesagt wurde, das hab ich verstanden und das ist auch völlig in Ordnung, sondern aufgrund des Tonfalls- der war kleinkariert und hämisch, und hat mich an frühere Erlebnisse mit dieser Person erinnert. Er war auch vollkommen unnötig - eigentlich.

Bei solchen Vorfällen bin ich immer hin- und hergerissen: Reagiere ich nur auf die Sachebene oder auch auf die emotionale Ebene? Ersteres hab ich schon getan.

Die emotionale Schiene ist was anderes. Da ist die Wahrnehmung natürlich subjektiv, und insofern bietet sich hier eine gute Gelegenheit, das, was ich da gehört habe, abzustreiten. Abstreiten, und dann den Spieß umkehren und mir verzerrte Realitätssicht zu unterstellen.

Es macht mich nicht nur der Tonfall und die Wortwahl an sich sauer, sondern auch die Aussicht darauf, dass es (vermutlich...) abgestritten werden wird, denn leider berührt genau das eine ganz alte, aber sehr üble Geschichte bei mir, und ich kann überhaupt nicht damit umgehen.


Weiterhin bin ich wütend

-weil ich auf diese unterschwelligen Sachen überhaupt reagiere,


-dass ich der Person unterstelle, sie würde diese meine Wahrnehmung abstreiten


-dass ich der Person nicht gleich gesagt habe, wo sie sich ihren Tonfall hinschieben kann,


-dass ich überhaupt darüber nachdenke, warum diese Person mir die Info nicht einfach sachlich geben konnte, sondern so verklemmt und schräg damit raus kam.



Komplizierter Scheißdreck.


Ich brauch n Kaffee.


Einen schöneren Montag wünscht euch


Lily



Sonntag, 30. August 2009

Neues aus Wahllokalia

Der Wähler als solcher wird immer bizarrer. Das teilt er sich mit dem Politiker, von dem man das auch sagen kann.
Beide zusammen werden immer geiziger.
Beweis?
Ein Wahllokal in einer kleinen Stadt in NRW, heute.
-Ein Wähler nimmt das "barrierefrei" wörtlich, und fährt mit seinem Corsa direkt vors Wahllokal. So, dass außer ihm zwar niemand mehr hinein kann, aber was stört das schon denjenigen, der sich damit den wirklich unmittelbaren Zugang gesichert hat? Hätte er schön gefragt, hätte ich ihm den anderen Flügel der Tür auch noch geöffnet und er hätte bis an die Urne fahren können.
-Ein anderer baut sich samt Gattin vor der Wahlbekanntmachung mit den angehefteten Stimmzetteln auf und zeigt ihr minutiös, was sie zu wählen hat. Leider beachtet er nicht, dass er nicht mit ihr hinter den Sichtschutz darf. Auch braucht sie ihm nicht zu zeigen, was sie gewählt hat- da hätte ich mit Wonne von meinem Hausrecht Gebrauch gemacht. Was soll so eine Nummer also?

-Ein Wähler verzieht keine Miene, als er mir sagt, er habe seinen Personalausweis vergessen, und ich ihm antworte: Macht nichts, bei Ihnen mach ich's auch mal ohne.

-Früher kam der ein oder andere politische Entscheidungsträger mal mit einer Palette Kuchen, einer Tüte Eis für jedes Mitglied der Wahlmannschaft oder einer Kanne Kaffee. Heute kommen die Herrschaften ins Wahllokal, stellen sich nicht mal vor (man muss sie doch einfach aus der Zeitung kennen- oder?) und geht irgendwann wieder, nach hektischer Abfrage von Wahlbeteiligung und Stimmung im Volk. Sie sagen nicht mal Danke dafür, dass da in hunderten von Wahllokalen tausende Menschen unfreiwillig ihren Sonntag damit verbringen, dass sie ihre fetten Mandate weiter wahrnehmen dürfen. Selbst Worte scheinen heutzutage ihren Preis zu haben.

Dafür geht der Wähler hin, und bedient sich -ohne auch nur zu fragen (!!)- am Proviant der Wahlmannschaft, schnappt sich hier einen Keks und da ein Stück Kuchen, und verschwindet mampfenderweise hinter dem Wahlschirm.
Nein, es ist keine arme Gegend.

Ansonsten war es ein sehr glatt abgelaufener Tag. Um viertel vor sieben war der Stimmbezirk ausgezählt, bei einer Wahlbeteiligung von 69 %, um fünf vor sieben war alles eingepackt, und um halb acht war ich zu Hause.
Hussa.

In vier Wochen ist die nächste Wahl.

Meine Leute waren richtig gut, und ich freu mich fast schon drauf.

Lily, die jetzt trotzdem groggy ist.

Und deshalb musste ich noch ein bisschen aufbleiben,

gestern Nacht :-) Fotos sichten.


An die Urnen

fertig...los!


WÄHLEN GEHEN!



Sonst tut's jemand anderes. Vermutlich einer, der was wählt, was euch nicht passt.


Schönen Sonntag,


Lily

Samstag, 29. August 2009

Beichten?

Bekennertum

Ich gestehe:


-ich bin unbeherrscht.

-ich bin verfressen.

-ich bin eine Einsiedlerin. Außer manchmal.

-ich bin eine schlampige Hausfrau.

-ich bin nicht Berlin, sonst wäre ich arm UND sexy. So bin ich nur dauerklamm.

-ich bin eine Rechtschreibbesserwisserin, die manche Sachen immer falsch schreibt.

-ich steig auf Trolle ein (s. Punkt 1)

-ich muss gleich zum Dienst und sitze hier immer noch im kleinen Schlampenanzug.

-ich könnte meine Katzen heute bei E-b*y versteigern.

-ich hab Lust, mir mal wieder richtig die Kanne zu geben, aber mangels Anlass wird das wohl nichts.

-mir tun seit Tagen alle Knochen weh, und ich weiß nicht, wovon. Grr.

-ich sammle Blogs- meine Favoritenliste wird immer länger.

-ich hab keine konkrete Ahnung, wie die Geschichte von Emma und Johanna weitergehen wird.

-ich hab schon wieder mindestens drei Postings angefangen und in unterschiedlicher Form der Komplettierung erstmal beiseite gepackt.

-ich hab Wochenende. Das hört sich nur gut an, wenn man vergisst, dass morgen Kommunalwahlen in NW sind.

-ich werd nachher fotografieren gehen- nehmt euch in Acht.



LG

Lily

What about...

...breakfast at Tiffany's?

Freitag, 28. August 2009

Geht mal

bei Paul lesen. Wunderbar und eine echte Entdeckung, wenn auch nicht meine (aus Frau Vs Blogroll geklaut, nix für ungut, Frau Vau!)

Liebe Grüße an euch alle,

Lily

Größe des Objekts: 2,5 auf 4 m (geschätzt)

Maximal einnehmbare Entfernung, außer man schlägt ein Loch in die Wand: 2 Meter.
Man achte darauf, dass diese Paradiesvorstellung nicht nur Frösche, Einhörner, Engel, Robin Hood und so'n Zeug hat, sondern auch Antennen und Satellitenschüsseln. Fehlt eigentlich noch der Funkmast fürs Handy.

Mittwoch, 26. August 2009

Hilfe!!

Hier haben sie was gemalt.
Was Großes, Buntes und erschreckend Hässliches.

Wenn man reinkommt, hängt man beinahe sofort mit der Nase an diesem …Ding.

Entworfen von einem Grafiker auf Ecstasy, gemalt von jemandem, dem man die Haupthand abgehackt und einen Pinsel an die Nase gebunden hat- mit dieser Impression im Hirn wendet sich der Betrachter, ach was, der Überfallene! schaudernd ab.
Das Motiv zeigt irgendwas. Man kann nicht genau sagen, was. Aber es ist psychedelisch. Es kommen Frösche drin vor, ein Einhorn und ein eckiges Haus mit Hörnern, die vielleicht eine Antenne sind.
Und ein weiteres Ding, welches den unschuldigen Betrachter zunächst tief verstört, weil man den Eindruck gewinnt, dass jemand zwischen den gespreizten Beinen einer dunkelhäutigen Person hindurch gelinst (und einen Frosch gefunden) hat.
Aber es sind keine Beine, es ist nur ein Weg. Am Ende dieses Weges (der sich, wie der erste Anblick nahelegte, gabelt) befinden sich die Häuser und Bäume, und dahinter steht das Einhorn und schaut tückisch. Ach, und sagte ich schon, dass ein Frosch mitspielt? Einer mit Krone.
Und das alles in Primärfarben, die aus einer Baumarkt-Tube stammen.
Niemand will dafür verantwortlich gewesen sein. Niemals sieht man jemanden aktiv daran malen. Nur ab und zu steht eine Leiter da, und macht ein unbeteiligtes Gesicht.
Trotzdem füllt sich die ehemals weiße Wand stetig mit missbrauchter Farbe.
Jetzt wachsen den Bäumen schon Blätter.

Kann man Wände exorzieren?

Dienstag, 25. August 2009

Johanna

was bisher geschah



Johanna setzte sich auf.
Autsch. Alles tat ihr weh…
Verdammte Scheiße.
Schweinemäßig hart, dieses Bett.
So hart, dass sie sofort genau wusste, wo sie war.
Im Gefängnis.
Sie war verhaftet. Und Manuel war tot.

Das hatte trotz der Nacht auf dem harten Bett etwas Irreales, etwas von Film, etwas von falschem Film.

Noch falscher fühlte sich aber die Verbindung zwischen den Sätzen an: Sie war verhaftet, allen Ernstes verhaftet, sie saß im Knast, weil Manuel tot war.
Das machte ihr Gehirn lahm, und ließ sie sich wieder in die Nacht zurück wünschen.
Lieber das harte Bett… als dieses kleine Wort weil.

Sie hatte Mühe, mit ihrem lahmen Hirn beim Thema zu bleiben, und kniff sich in den Arm. Das hier war wichtig, so wichtig wie noch nie etwas in ihrem ganzen Leben.
Denk nach, Johanna. Denk nach, streng dich an, mach schon.

Aber in ihrem Kopf war nur Brei. Watte und Brei. Nichts ließ sich fassen.

Wo Marleen jetzt wohl war? Vermutlich auch in einer Zelle, und vermutlich schlief sie noch.

Marleen konnte immer und überall schlafen, nicht nur in Zellen.
Auch auf Bahnhofsbänken, an Bushaltestellen, in Straßengräben hatte sie schon geschlafen, in der Schule auf dem Klo und auf wilden Partys in irgendeiner Ecke, egal, wie laut es war.

Marleen… chaotisch, versessen auf Neues, ganz wild darauf, was zu erleben, und dann wieder wie ein kleines Mädchen, das sich am liebsten verkroch.
Schon ganz schön schräg drauf. Ach, Marleen.

Johanna kratzte sich am Hinterkopf, und zuckte zusammen.
Irgendwas tat da weh, und zwar gewaltig.
Eine Beule?

Sie betrachtete ihre Hand- die Fingernägel waren voller Blut. Dunkles Rot und helles hatten sich vermischt, und auch die komische Schlummerrolle auf dem Bett hatte ein paar Schmierflecken.
Wo kam das denn her?
Sie stand auf und ging zu dem Metallspiegel über dem Waschbecken in der Ecke.

Sinnlos. Das zerkratzte Ding zeigte nur einen Umriss, eine Art Nachtgespenst. Bei ihren dunklen Haaren sah man nichts von Blut und noch weniger von einer Wunde.
Sie tastete ein bisschen auf dem Kopf herum.
Fühlte sich fast an wie vor sechs Jahren, als sie das Loch im Kopf hatte. Von damals wusste sie auch noch, dass man so was schnell nähen lassen musste, oder es gab eine richtig fiese Narbe, weil alles so dick angeschwollen war.
Naja, zwischen den Haaren sah man das eh nicht.
Richtige Kopfschmerzen hatte sie auch keine, eher so ein Katergefühl. Ihr Nacken schmerzte, und richtig denken ging schon gar nicht. Eben wie nach einer durchgesoffenen Nacht.

Was tat man in so einem Fall, wenn man im Gefängnis war und ein Loch im Kopf hatte? Klingeln, wie im Krankenhaus?
Johanna sah sich um, konnte aber keine Klingel entdecken, und ein Notfall war das ja auch nicht gerade. Nach irgendeinem Menschen rufen? Nach wem? Waren das Wärter, oder wie nannten die sich? Wächter? Aufseher?
Sie hatte mal das Wort Schließer gehört.
Ein Öffner wäre ihr jetzt lieber, dachte sie, und unterdrückte ein hysterisches Lachen.

Wie es hier wohl weitergehen würde? Gestern Abend hatte die Polizei sie mitgenommen, daran erinnerte sie sich noch, und da war auch ein Richter gewesen. Sie wusste nicht genau, was man ihr vorwarf, obwohl viele Leute viel geredet hatten, und sie auch etwas unterschrieben hatte.
Aber sie war so müde gewesen, so entsetzlich müde, und hatte kaum mitgekriegt, was um sie herum vorging.
Brauchte sie jetzt einen Anwalt? Und wer würde den besorgen? Was kostete das? Es gab Pflichtverteidiger, hatte sie mal irgendwo gelesen. Wer bezahlte die?
Ihre Mutter hatte kein Geld, und ihren Vater konnte man auch nicht fragen.
Der saß immer nur da über seiner Musik und die richtige Welt interessierte ihn wenig.

Aber man würde sie hier bestimmt nicht verrotten lassen, nur weil sie kein Geld hatte.
Schließlich war das hier Deutschland. Ja, das war Deutschland, und das zu-Hause-Gefühl war etwas Neues für sie.
Was für ein Glück, dass sie nicht nach Mallorca geflogen waren- da würde sie nicht mal die Sprache verstehen.
Was für ein Glück. Sie beschloss, vor allem Marleen dankbar zu sein, die sich durchgesetzt hatte mit ihrem Wunsch, an die Nordsee zu fahren.

Aber da war noch Manuel. Wäre Manuel auf Mallorca mit dabei gewesen? Wäre er jetzt auch tot, wenn sie nach Spanien gefahren wären? Sie wusste es nicht. Den Deal mit den Jungs hatte Marleen eingefädelt. Und sie, Johanna, hatte immer noch nicht ganz kapiert, wo Marleen die beiden eigentlich aufgetrieben hatte.

Marleen… das dumme Huhn. Wie hatte sie es geschafft, sie beide in die Scheiße zu reiten?

Ach, Marleen, dachte sie, Marleen, wo bist du? Und warum lässt du mich hier alleine?



Fortsetzung folgt.

Montag, 24. August 2009

Sonntag, 14 Uhr 50



Und dann erzählte sie ihr alles was sie wusste; Vermutungen und Tatsachen- Dinge, von denen Emma sich nachher beinahe sicher war, dass sie sie lieber nicht gehört hätte.

Tatsachen, wie die, dass Johanna gar nicht nach Mallorca gefahren war sondern in ein Haus an der Nordsee, und auch nicht mit Marleen allein, sondern mit zwei Männern, die Emma und auch ihre Mutter nicht kannten.

Tatsachen wie die, dass jemand zu Tode gekommen war- Emma wusste nachher nicht genau zu sagen, welcher von den beiden Männern, aber einer war tot.
Tot.
Wie die Fliege, und die Ameise- einfach tot.

Tatsachen wie die, dass Johanna und Marleen nicht nach Hause kommen würden, jedenfalls nicht so bald, weil sie verhaftet waren, wegen der Vermutung, dass sie etwas zu tun hätten mit dem Tod dieses Menschen.

Während die Mutter berichtete, immer wieder unterbrochen von Weinen und Schimpfen, immer wieder rot werdend oder blass, klingelte das Telefon, lange, und hörte dann wieder auf, weil niemand abhob.

Dann klopfte es an der Tür, und die Mutter ging hin um zu öffnen.

Im Treppenhaus standen die Hoffmanns aus dem dritten Stock, die Hände von Marleens Mutter ineinander verkrampft, die des Vaters zu Fäusten geballt, mit weißen Knöcheln.
Die Mutter ließ sie schnell in die Wohnung, als stelle die offene Tür eine Bedrohung dar, und Emma wusste sofort, dass die drei schon miteinander gesprochen hatten an diesem Morgen, bevor die Mutter ins Bad geplatzt war und sie geschlagen hatte.

Die Erwachsenen gingen ins Wohnzimmer, und Emma sah von der Tür aus, wie Hoffmanns sich nebeneinander auf dem großen Sofa niederließen, und ihre Mutter ganz allein ihnen gegenüber auf dem Sessel Platz nahm.
Niemand sagte etwas, und Emma wünschte sich plötzlich ihren Vater dazu, oder Johannas Vater- irgendjemanden, der das Gleichgewicht wieder herstellen würde.

Dann sagte Herr Hoffmann „Sollte Emma...?“ und die Mutter sah sich nach ihr um. Emma schaute sie nur starr an, und setzte sich langsam zu ihr auf die Sessellehne. Die Mutter nahm ihre Hand, und Emma war froh, nicht gegangen zu sein.

Herr Hoffmann fing an zu reden, von einem Anwalt aus der Verwandtschaft, der Marleen ja so gut kenne, vom Staatsanwalt und von der Polizei, und die Mutter nickte immer nur und drückte Emmas Hand, so dass die ganz taub wurde, aber Emma blieb sitzen und rührte sich nicht, als könnte ihre Anwesenheit das Gewicht der Mutter vergrößern und ihre Schultern verbreitern.
Denn, so fand Emma, irgend etwas stimmte nicht an dem, was Herr Hoffmann erzählte, und wie er es erzählte.
Irgendetwas gefiel ihr ganz entschieden nicht.
Anwälte, ja, das verstand sie noch. Polizei, das verstand sie auch.

Aber er dröhnte weiter, und es fielen Worte wie Psychiater und Schuldfähigkeit, schlechter Einfluss und sensibel und Altersunterschied und Jugendstrafrecht.
Die Hand ihrer Mutter war heiß und feucht, und ihre Ringe drückten, die Hoffmann-Vater-Stimme, tonlos und laut, machte lange Sätze und verwirrte Emma, bis sie es nicht mehr ertrug.

„Was heißt das denn- Schuldfähigkeit? Haben die beiden denn wirklich was gemacht? Ich meine, haben sie den Mann da überhaupt umgebracht? Das ist doch noch gar nicht klar, oder?“

Herr Hoffmann, der schon bei der Kaution war, und bei Dingen, die Emma nur aus den Abendkrimis im Fernsehen kannte, unterbrach sich mitten im Satz und schaute sie an wie eine Ameise oder eine Fliege.

„Mein liebes Kind, ich glaube nicht, dass deine Meinung hier gefragt ist!“

Frau Hoffmann nickte, wie immer, wenn ihr Mann etwas sagte.

Emmas Mutter streckte sich ein wenig, wie morgens, wenn sie aufwachte. Dann räusperte sie sich.

„Ich finde... ich finde, Emma hat recht. Es ist doch wirklich noch nicht klar, wer da was getan hat, oder? Vielleicht sollten wir erstmal mit den Anwälten und mit den Mädchen sprechen, und mit der Polizei“ warf die Mutter ein.

Zu schüchtern, fand Emma. Nicht cool genug, bei weitem nicht cool genug. Sie überlegte.

„Mama? Ich finde, du solltest erstmal Papa anrufen, oder Johannas Vater“ sagte sie dann leise.

Die Mutter zögerte und nickte, ihre Hand wurde einen Moment schlaff, und drückte dann zu, so fest, dass Emma beinahe aufgeschrien hätte.

Hoffmanns schauten sich an, unbehaglich, wie Emma fand- sie wusste von Marleen, dass sie ihre Mutter für etwas hielten, was sie Flittchen nannten, nur, weil Johanna und sie unterschiedliche Väter hatten.
Aber vor Emmas Vater hatten sie sich immer ein bisschen gefürchtet, der nahm es nämlich nicht so genau mit Mittagsruhe und so einem Kram, da hatte es oft Streit im Haus gegeben.
Hoffmanns hatten auch etwas dagegen, dass Marleen und Johanna soviel Zeit miteinander verbrachten, aber die Beiden hatten sich durchgesetzt- und im Notfall einfach gelogen, so wie jetzt.
So wie jetzt.

Emma fiel wieder ein, dass die Beiden eigentlich auf Mallorca sein sollten. Wobei Johanna nach Mallorca gewollt hatte, und Marleen nicht...darüber hatten sich die zwei beinahe zerstritten.
Johanna war zu oft an der Nordsee gewesen, um das noch spannend zu finden, und hatte überhaupt nicht kapiert, was Marleen, ausgerechnet Marleen, an der Nordsee so toll fand.

Emma nahm sich fest vor, das nicht zu vergessen, wenn sie jemand danach fragen würde.

Sie zog ihre Hand aus der Umklammerung der Finger ihrer Mutter, ging in die Küche, wählte die Nummer ihres Vaters und ging wieder ins Wohnzimmer. Besser, man ließ die drei da nicht alleine.

„Papa? Hier ist Emma. Ich geb dir mal die Mama...“

Stumm hielt sie ihr das Telefon hin, die Mutter stand auf und ging hinaus.
Emma hörte sie leise reden.
Draußen knallte die Sonne, und es war immer noch unerträglich heiß. Frau Hoffmanns zerknittertes T-Shirt hatte mitten auf der Brust einen Fettfleck.

Schließlich kam ihre Mutter zurück, legte das Telefon sehr langsam auf den Tisch und setzte sich wieder. Sie zog den Rock glatt, fummelte an ihren Haaren herum und rutschte im Sessel hin und her.

„Jemand was zu trinken? Wasser, Kaffee, Tee?“ fragte sie dann in den Raum, ohne Hoffmanns anzusehen, die beide den Kopf schüttelten, fast ein bisschen empört.

„Machst du mir denn bitte einen Kaffee, Emma?“ ihre Mutter schaute sie an, als wollte sie ihr stumm etwas Wichtiges mitteilen. Emma hatte zwar keine Idee, was das sein konnte, stand aber gehorsam auf und ging in die Küche.
Ein Zettel lehnte an der Kaffeemaschine, auf den ihre Mutter etwas gekritzelt hatte. Er war schlecht zu lesen, aber da stand:

Wenn Papa kommt, mach ihm auf, bis dahin lass mich da nicht alleine!!

Emma stellte die Tasse vom Frühstück unter die Maschine, schob eine Portion von dem Kaffeezeugs in das Gerät, drückte auf den Knopf und hoffte, dass dabei wirklich ein Kaffee heraus käme- bisher hatte sie die Maschine noch nie bedienen dürfen.

Ein bisschen musste sie grinsen bei dem Gedanken, dass ihre Mutter wahrscheinlich auch Badezusatz oder Duschgel trinken würde, solange das bedeutete, nicht alleine mit diesem Blödmann und seiner doofen Frau reden zu müssen.

Sie schaute auf die Uhr. Eine Viertelstunde würde ihr Vater brauchen. Fünf Minuten waren erst um.

Als sie ins Wohnzimmer zurück kehrte, stand ihre Mutter am Fenster und ließ die Rollläden ein Stück herunter, damit die Sonne nicht den Raum noch weiter aufheizte. Emma war ihr dankbar, denn das erleichterte so einiges.

Dann ging sie, vorsichtig die heiße, gefüllte Tasse vor sich her tragend, auf den Wohnzimmertisch zu, stolperte über den Teppich und schleuderte die Tasse im hohen Bogen von sich.
Sie landete mitten auf dem Glastisch, zersplitterte und verspritzte den Kaffee im ganzen Raum. Eine ganze Menge pladderte auf den doofen Hoffmann, der aufsprang und brüllte wie ein verbrühter Stier, und so tat, als hätte sie ihn mit kochendem Öl übergossen.

Die beiden Frauen sprangen auch auf, Frau Hoffmann zog ein zerknülltes Papiertaschentuch aus der Hose und fing an, unter lautem Gejammer an ihrem Mann herum zu tupfen und zu zupfen, während Emmas Mutter in die Küche nach Geschirrtüchern rannte.
Emma sammelte stumm die Scherben in ein Tuch und machte sich klein- der Hoffmann sah aus, als wolle er sie beißen.

Sie schielte auf die Uhr.
Es klingelte.

Fortsetzung folgt.




Meine Vergangenheit...




... zumindest ein Teil von ihr.
Laut zu hören :-)

L

Sonntag, 23. August 2009

Kitty call

Freitag, 21. August 2009

Sonntag, 11 Uhr 30

Es war Sonntag, und so heiß, dass ihr Hirn beinahe im Schädel Blasen schlug. Emma saß auf den Stufen der Hintertür. Bei diesen Temperaturen konnte sie es riskieren dort zu sitzen, ohne dass ihre Mutter sie warnte, dass sie sich auf den kalten Treppenstufen eine Blasenentzündung holen würde.

Kalte Treppenstufen wären jetzt toll, fand Emma.

Auch hier, im Schatten des Hofes, war es fast unerträglich, und sie dachte ein bisschen traurig daran, dass sie sonst um diese Jahreszeit irgendwo im Urlaub gewesen war. Zwar immer in langweiligen Gegenden, mit langweiligen Erwachsenen, aber alles war besser als sich zu Hause zu langweilen. Johanna hatte Glück. Ihre große Schwester war mit einer Freundin, mit Marleen aus dem dritten Stock, nach Mallorca geflogen und hatte bestimmt jede Menge Spaß.

Im Rücken spürte sie die Kante der nächsten Stufe, und die kleinen Steine im Beton. Zwischen ihren Sandalen krabbelte eine aufgeregte Ameise herum, und Emma scheuchte sie mit dem Finger mal nach rechts und mal nach links, bevor sie sie tot machte.

Den Finger wischte sie an ihrem Shorts ab.

Langweilig.

Sie überlegte, was sie tun könnte, und kam wieder zu keinem Ergebnis. Mist, so ein Mist, Mist, Mist. Öder Mist. Scheiß Mist. Doofer Mist. Arsch Mist.

Ferien zu haben und sich so zu langweilen, dass sie sich schon fast wieder auf die Schule freute, war absoluter scheiß Obermist.

Ihre Mutter würde wieder nur sagen, dass sie schwimmen gehen solle, oder in die Bücherei, oder in den Club. Oder bei Verena anrufen solle, die wäre ja vielleicht schon wieder aus Madeira zurück.

Die blöde Kuh. Die würde ja bloß angeben, weil sie so braun geworden wäre, und mit den ganzen neuen Klamotten, die ihre Eltern ihr für den Urlaub gekauft hatten.

Ihr Hintern wurde taub vom Sitzen, und sie stand auf und ging ins Haus.

Drinnen war es kühler, aber es stank, nach den Katzen der Alten im ersten Stock, und nach Babypisse. In der zweiten Etage stand wie immer ein Müllsack mit Windeln auf dem Treppenabsatz. Ihre Mutter würde eine Attacke kriegen.

Obwohl- vielleicht auch nicht. Sie war gerade echt mies drauf, ihre Mutter. Johanna hatte sich schon drei Tage nicht gemeldet, und das konnte Mama überhaupt nicht leiden.

Emma seufzte theatralisch, und ging die letzten Stufen zu ihrer Wohnung hinauf.

Die Tür stand einen Spalt breit offen, die Matte klemmte zwischen Tür und Rahmen.

Oh. Gut. Dann brauchte sie nicht zu klingeln.

Drinnen dudelte ein Radio. Ansonsten war es still.

In der Küche stand noch das Frühstücksgeschirr auf dem Tisch, und mittendrin eine Untertasse mit zwei ausgedrückten Zigarettenkippen. Eklig.

Emma nahm sich eine Scheibe Schinken, und rollte sie zusammen, bevor sie sie in den Mund schob. Hmm. Schinken.

In ihrem Orangensaft von morgens schwamm eine dicke Fliege. Emma schaute interessiert zu, wie sie im Saft strampelte und immer wieder erschöpft innehielt, dann nahm sie das Glas und leerte es in den Ausguß. Sie drehte das heiße Wasser auf und spülte gründlich nach, stellte das Glas wieder ab und ging in ihr Zimmer.

Dort zog sie die Shorts und das Top aus, und baute sich vor dem großen Spiegel in der Schranktür auf.

Vielleicht würde sie bald einen BH brauchen, überlegte sie, und wand sich ein bisschen hin und her. Wie das wohl sein würde? Sie stemmte die Hände in die Hüften und winkelte ein Knie an. Irgendwie doof, so ohne Busen... Sie schaute sich um.

Aus der Schublade der Kommode kramte sie ein Bikini-Oberteil, ein altes von Johanna, und zog es an. Jetzt nur noch- ja, da lagen zwei Paar Sneakersocken. Genau das Richtige.

Sie stopfte die Socken in das Oberteil, und drehte sich vor dem Spiegel.

Nicht übel, aber man sah die Socken.

Sie zog das Top wieder an -schon besser!-, und ging ins Bad.

Dort stand das Makeup ihrer Mutter.

Sie hatte oft genug zugesehen, wenn die sich zurecht machte.

Ein paar Minuten später hatte sie, gekonnt, wie sie fand, Lidschatten und Rouge aufgetragen und begann, sich die Wimpern zu tuschen.

Das Wimpernbürstchen landete in ihrem Auge, als sie die Stimme ihrer Mutter hörte.

„Emma? Wo steckst du?“
Autsch, das brannte.

Bevor sie antworten konnte, stand ihre Mutter hinter ihr.

Sie sah sie im Spiegel, mit entsetztem Blick und leichenblass.

Emma drehte sich um.

„Was ist denn...?“

Schneller, als sie ausweichen konnte, holte ihre Mutter aus und schlug zu.

„Zieh das sofort aus, und wasch dir das Gesicht- aber zügig!“

Noch während Emma sich schluchzend das Gesicht abwusch, stand ihre Mutter schon wieder hinter ihr, und unwillkürlich duckte sie sich tiefer über das Waschbecken.

„Ach Kind...“ auch die Mutter weinte, sackte auf dem Klodeckel zusammen und vergrub das Gesicht in den Händen.

Emma legte ihr zögernd eine Hand auf die Schulter.

„Was ist denn los, Mama?“

Blind tastend griff ihre Mutter nach ihr und zog sie in eine Umarmung, zu eng und zu heiß, sie roch nach kaltem Rauch und zuerst wollte Emma sich wehren, aber dann gab sie nach und ließ zu, dass ihre Mutter ihr das Top voll heulte.

„Mama? Mama, was ist denn?“

„Johanna...“

„Was ist mit Johanna? Hat sie sich gemeldet? Ist sie krank, oder was ist los?“

Statt einer Antwort nur lauteres Weinen.

Im Spiegel sah Emma, dass sich auf ihrer Wange ein roter Handabdruck abmalte, und dass die Wimperntusche verlaufen war und schwarze Spuren hinterlassen hatte.

Sie rüttelte versuchsweise an ihrer Mutter.

„Mama?“





Fortsetzung folgt.

Donnerstag, 20. August 2009

Links

... in der Randspalte (gesteht- ihr habt alle eine Linkliste erwartet...) findet ihr ab sofort einen Link (also doch!) zu meinem brandneuen Flickr-Account. Ich werde auch weiterhin Fotos hier einstellen, aber der Upload ist problemloser nach Flickr, und Fotos und Texte müssen nicht immer zusammen hier erscheinen.
Auch wenn ihr nicht auf die Flickr-Seite wechseln wollt, könnt ihr die letzten paar uploads als kleine Bildchen sehen.
Überhaupt, Fotos- so viel Spaß mir das auch macht, es rappelt langsam hier auf der Festplatte. Gestern, bevor ich mich mal ans Runterbrennen gemacht habe, hatte ich noch stolze drei Gigabyte frei... ich kann mich zwar noch gut an die Zeit erinnern, in der Festplatten 10 oder 20 Megabyte hatten, und man damit schon der Speicherkönig war, aber heutzutage ist das wirklich lächerlich wenig, und der Rechner reagiert entsprechend achselzuckend und mit leisem Kichern auf jeden Versuch, mehr als ein Bit zu berechnen. Ganz zu schweigen von fixer und fehlerfreier Bearbeitung größerer Inhalte.
Über kurz oder lang werde ich mir eine zweite Platte zulegen, vermute ich. Denn das Brennen auf DVD ist schön und gut, aber irgendwie hab ich die Fotos lieber an Bord. Zumal eine DVD schneller verklüngelt ist als eine Platte. Richtig? Richtig.
Außerdem liebe ich es, unübersichtliche und verschachtelte Ordnerketten zu basteln, und richtig Verwirrung stiften kann man dabei nur mit der Zeit. Eine DVD ist langweilig, weil sie viel zu schnell fertig ist.
Trotzdem bin ich ganz glücklich, dass ich ungefähr tausend Fotos von der Platte geputzt habe, das hat ordentlich Platz gemacht.
Für neue.

Schönen Donnerstag,

L

Mittwoch, 19. August 2009

Morgens früh um sechs- Teil II

Morgens früh um sechs
kommt die kleine Hex’,
morgens früh um sieben
schabt sie gelbe Rüben,
morgens früh um acht
wird Kaffee gemacht,
morgens früh um neune
geht sie in die Scheune,
morgens früh um zehn
holt sie Holz und Spän’,
feuert an um elfe
kocht dann bis um zwölfe
Fröschebein und Krebs und Fisch
Hurtig, Kinder, kommt zu Tisch!


-für alle die, die offenbar immer nach dem Text suchen, und bisher vergeblich hier aufgeschlagen sind-

Lily

Unterwegs

Wirkliche Realität im Sinne von Leben und Wahrnehmungen der nicht flüchtigen Art hab ich nur, wenn ich nicht fahre.
Das Rasen über die Autobahn hat eine vollkommen andere Qualität. Da sehe ich immer nur die gleichen Dinge, deren Ausprägungen sich in permanentem Wechsel vollziehen, den Blick durch die Windschutzscheibe, die sich mit dagegen geprallten Insekten überzieht, mit Regentropfen und Staub. Darunter das Armaturenbrett, Tacho, Tankanzeige und mein Mäusekino mit den statistischen Angaben, die ich zwischendurch immer gerne mal abrufe, um mich darüber zu freuen, dass mein altes Auto so wenig Sprit verbraucht, oder wie weit ich schon gefahren bin.
Dann sind da die anderen, LKWs, die meist doch rechts bleiben, andere Autos, von denen man einige immer mal wieder sieht, die mit den auffallenden Kennzeichen oder die hässlichen, die, deren Fahrer offenbar unsicher sind, vom wilden Affen gebissen oder einfach in die gleiche Richtung unterwegs.
Kilometer 17 ist da kaum anders als Kilometer 1233, stets dasselbe, mehr oder minder dunkle Asphaltband und die gleichen blauen Schilder; leiser Fahrbahnbelag oder einer, auf dem die Reifen heulen. Radiosendungen, interpunktiert mit merkwürdigen Störungen.
Fast genau so oft wie ich nach vorn schaue, fällt mein Blick in die Rückspiegel- da hinter mir spielt sich meine Zukunft ab, genau so wie da vorne. Da hinten kommen die, die mit mir gleich da vorn sein werden, und hoffentlich überleben wir das alle.
Wenn ich lange keine weiten Strecken gefahren bin, macht mir das Angst, vor allem die Geschwindigkeit, und ich brauche einige Zeit, um mich einzufahren, und gelassener zu werden, damit ich entspannt genug bin, um schneller zu werden.
Dann sind da die Pausen, die auch immer mehr zum Durchschnitt werden, jeder Parkplatz fügt das seine zur Essenz aller denkbaren Parkplätze und Raststätten hinzu, und nach dem hundertsten, an dem man vorbei gezogen ist, oder auch angehalten hat, sehen sie wirklich alle gleich aus.




Nach der Ankunft geht das Leben weiter.

Dann kann sich der Blick von den Rücklichtern und Nummernschildern und den Schlangen vor und hinter mir lösen, und Augen, Hirn und die ganze Lily erholen sich.








Das Leben ist für alle ein Erlebnis- egal, wieviel Beine man hat.






Joe hier hat einen Mordsradau gemacht, weil wir offenbar in sein Revier eingedrungen sind. Sonst hätte ich ihn nie gesehen, bzw. man hätte mich nicht auf ihn aufmerksam machen können.



Der einzige Nachteil an der Kamera ist die gigantische Datenmenge, die so ein Foto mit sich bringt- 6-7 MB sind keine Seltenheit.



Sport-Einstellung- nur Fliegen ist schöner.







Reiher haben was, finde ich. Wenn irgend möglich, will ich einen haben, und sei es nur auf einem Foto.




Auch Nicht-Natur hat ihre Reize.



Und Nicht-Natur, mit Natur kombiniert, noch mehr.



Pärchen




Gruppenbild mit See





Alles, was nicht wegläuft, ist erstmal ein gutes Motiv :-)





Zeit für Lily, Schlafen zu gehen...





...denn am nächsten Morgen gibts auch noch was zu sehen.





Versprochen.


Einen schönen Mittwoch zusammen, wo immer ihr auch gerade seid.

Lily

Dienstag, 18. August 2009

Urlaub, Teil eins

So, da bin ich wieder...Ich hoffe, man hat mich angemessen vermisst :-)
Es folgt des Rätsels Auflösung: Ich war in Berlin, Freunde besuchen, und habe unterwegs noch einen Abstecher gemacht, und dort einen meiner wichtigen Menschen nach zu langer Zeit wieder gesehen. Insgesamt eine Strecke von ca. 1400 Kilometern, etwas viel für die fünf Tage, aber es hat sich gelohnt. Allein schon, um Berlin mal wieder zu sehen.





Und die Freunde? Für die würde ich das jede Woche einmal machen. Aber mit anderen Schuhen- ich wusste nicht, dass man sich auch in alten Schuhen Blasen laufen kann. Und dass man sich sogar beim Autofahren welche holen kann. Blasen, nicht Schuhe. An der Ferse. Geschwitzt haben wir auch, und zwar vor allem im Auto, das keine Klimaanlage hat, aber dafür Fenster, ein Schiebedach und ein Gebläse, dass nur bei frisch gegüllten Feldern ausgeschaltet wurde.
Natürlich hatte ich meine geliebten Kameras mit, und bin mit gut 700 Fotos wieder gekommen, auch das etwas viel, aber dem Fotovirus bin ich scheinbar rettungslos erlegen.
Ein paar davon folgen in diesem Post, ein paar weitere in einem anderen, und je nachdem, wann mich diese lahme Bloggerhochladesoftware in den Wahn getrieben hat, kommen vielleicht auch später noch einige dazu.
Natürlich will ich mit den Bildern auch angeben.
Also wird Lob gern gehört, versteht sich.
Und jetzt? Gehts los.









Aus den oben abgebildeten Gründen brauchte ich Bettwäsche :-) Aber hübsche Gründe, nicht wahr?

Da die Zeit ja, alles in allem, nicht die längste war (Samstag sind wir hingefahren, am Sonntag hatten wir einen ganzen Tag (immerhin!) und Montag mittags gings zurück), mussten wir Prioritäten setzen.
Zum Glück war das nicht schwierig- wir haben uns ein Museum angeschaut. Derzeit ist dort eine Ausstellung zu Gast, und zwar gehts um Darwin. Wunderschön gemacht, vor allem in diesem historischen Gemäuer.
















Aber nicht nur die Sonderausstellung war den Besuch wert, sondern auch die Dauergeschichten...













Auch außerhalb geschlossener Räume ist Berlin entschieden gut zu ertragen gewesen, wie ich finde.









Leider war aber auch das hier vertreten:





Der Tag klang wunderbar aus im Garten lieber Menschen.








Wobei das Wetter für die Rückfahrt, passend zum traurigen Anlass, erst nicht mitzuspielen drohte.



Ein bisschen waren wir ja hin- und hergerissen. Denn Regen wäre natürlich entschieden nicht schön gewesen, aber vermutlich den 500 Grad Hitze in meinem Auto doch vorzuziehen- und vor allem die Autobahnen im Osten der Republik leiden entschieden unter einer gewissen Schattenlosigkeit. Die Sonne knallte den lieben langen Tag auf das leider dunkle Dach des Golfs, und ich hab einen braungebrannten und einen eher hellen Arm. Auch haben Autobahnen im allgemeinen und die auf der Strecke erheblich zuviel Baustellen (wobei man doch bei 80 km/h besser das Fenster runtergekurbelt lassen kann als bei 140...) und, was schwerer wiegt: Es gibt zu wenig linke Spuren.
Das wär doch mal ein Wahlversprechen: Mehr linke Spuren für alle.
Ich wäre sofort dafür!

Einen schönen Tag wünsche ich allgemein in die Runde...

Lily,
die, versteht sich, aus Datenschutzgründen keine Personen abgebildet hat. Schließlich leidet nicht jeder unter meinem Geltungsdrang :-)

Freitag, 14. August 2009

Ist es Liebe? Oder nur Sex?

Mein übliches Zwei-Uhr-Morgens-Aufwachen wird heut eine längere Geschichte- normalerweise schau ich auf den Wecker (einpacken, das Ding), freu mich auf mindestens noch vier Stunden Schlaf und dreh mich wieder um.
Heute hat mich der Gedanke an die neue Kamera richtig wach werden lassen, und jetzt sitz ich hier immer noch, und es ist viertel nach drei.
Nebenan im Schlafzimmer wartet die katzensicher versteckte Kameratasche, im Wohnzimmer lädt der Akku, und in der Küche läuft der Kaffee durch den Filter.
Ich würd jetzt so gerne... einpacken und in aller Ruhe losfahren. Weit käme ich nicht, weil ja doch etwas Schlaf fehlt. Und ich muss noch ein paar Dinge erledigen. Aber ich hätte noch lieber die Zeit, auf der Fahrt anzuhalten und den Sonnenaufgang zu fotografieren, ganz kitschig überm Essener Stadthafen oder so.
Und ich seh mich schon in der nächsten Zeit touristenartig mit umgehängter Kamera durch die verschiedensten Gegenden stolpern, immer auf der Suche nach etwas, was interessant ist.
Ihr werdet es schon noch erleben :-)
Es ist ungewohnt, die Kamera wieder direkt am Auge zu haben, unwillkürlich schaut man ja doch oft auf das Display, wenn man ein paar Jahre nur mit den Kleinen fotografiert hat. Toll ist, dass mein blöder Sehfehler nicht mehr für unscharfe Bilder sorgt. Da hatte auch die alte Rollei schon ihre Tricks, aber den Zoom zu hören, wie er sich scharf stellt, ist ein sehr verführerisches Geräusch. Und den Verschluss klicken zu hören, in rascher Folge bei Serienaufnahmen... Das muss Liebe sein, oder zumindest eine starke erotische Anziehung.
Keine Ahnung, wann ich mich das letzte Mal über einen Gegenstand so gefreut habe.
Momentan gehen meine Überlegungen in die Richtung, die Kamera chirurgisch irgendwo an mir festmachen zu lassen, damit sie keiner klauen kann.
Es muss auch nicht direkt vorm Gesicht sein.

Frisch verknallt,


Lily,

die jetzt wieder ins Bettchen geht und so.

Donnerstag, 13. August 2009

Premiere



Ich hab schon alles fotografiert, was sich bewegt. Und auch ein paar Sachen, die das nicht tun.

Die Neue hier



Herzlich Willkommen, Neue :D


Lily

Samstag

Heute nacht habe ich geträumt, ich sei wieder bei meinen Eltern und wäre 14 und es wäre Samstag.
Alle sitzen um den großen Küchentisch herum, bis auf Muttern, die am Herd steht und im Akkord ihre sensationellen Reibekuchen backt.
Dazu gibt es Apfelkompott, auch made by Mom, und um 12 heulen die Sirenen los.

Ich glaube, so ein Sirenen-Probealarm würde mir heute die Eingeweide verflüssigen.
Komisch, damals gehörte das zum Samstag, und ich hab mir nie die Mühe gemacht, zu fragen, was dieses Geheule im einzelnen eigentlich bedeutet. Fliegeralarm, mehr Fliegeralarm und Entwarnung? Und was hätte man da tun sollen, wenn die Dinger mal im Ernst losgeheult hätten? Luftschutzräume gabs ja nun nicht mehr, und der nahe Bunker, der heute in ein bizarres Wohnhaus verwandelt ist, enthielt mehr Schrecken für uns als ein Himmel voller Flugzeuge. Mehr, weil viel realer: Ratten, und „Gammler“, sowie sortierte andere, aber namenlose Gräuel.
Meine Mutter, Jahrgang 40, muss jeden Samstag Höllenängste ausgestanden haben, denn sie hat ja in einem sehr zarten Alter gelernt, dieses Geheul mit nächtlichem Aus-dem-Schlaf-Gerissenwerden, mit panischen Eltern und wildem Gerenne in einen fremden Keller zu assoziieren. Silvester jedenfalls bleibt sie drin, jedes Mal, auch noch mehr als 60 Jahre nach Kriegsende.
Mein Vater hat ganz andere Sachen aus dem Krieg herübergeschleppt: Reisen mit leichtem Gepäck, den Verzicht auf alles Überflüssige, was man sowieso nicht retten und mitnehmen kann, wenn man bei Nacht und Nebel plötzlich los muss.
Als Kind hat es mich amüsiert, zu lesen, dass seine Mutter „ihres Wissens am vierten April neunzehnhundertpaarunddreißig ein männliches Kind geboren hat“.
Heute weiß ich, dass auch Geburtsurkunden im Zweifel verzichtbar sind, und dass, für den Fall, dass man überlebt, eine eidesstattliche Versicherung auch deren Verlust verschmerzbar -und verwaltbar!- macht.

Und es ist tröstlich, dass es auch in Zeiten von Gewalt, Chaos und dem Untergang des Abendlandes as we knew it, immer Behördendeutsch geben wird. To inifinity and beyond.

Und nun: Auf zum Straßenverkehrsamt, Papiere holen.
Den Dieb soll der Blitz beim Scheißen treffen.

Mann, Mann, Mann...

Am besten gefällt mir hier, wie Wikipedia den Mann beschreibt: Als "selbst nicht weiter erwähnenswert".

Die arme Frau...

L.

Mittwoch, 12. August 2009

Ich packe einen Koffer...



Wohl eher drei.
Zum Glück sind es nur vier Tage, sonst bräuchte ich einen Anhänger.


L.

Wollt ihr wirklich was erleben...

hockt nicht immer nur im Haus.
Wozu habt ihr Pin und Karte?
Gebt doch einfach mal was aus.

Lalalalalalalala. La.

Was noch offen bleibt, sind die Fragen

a) Wer war das Arschloch, das mein Portemonnaie geklaut hat?
b) Wie krieg ich den zu fassen?
und
c)Was brauch ich, um den Schock über die biometrisch geeigneten Fotos zu verdauen?



Wie man aus den bisherigen Worten recht leicht schließen kann, habe ich heute morgen endlich das getan, was ein ordentlicher Bürger schon vor drei Wochen getan hätte: Ich bin losgezogen um mich wieder mit Papieren auszustatten.

Der erste Weg führte mich nach Essen, zur Dekra-Geschäftsstelle, denn was ich mache, mache ich richtig, also war der Prüfbericht über die Hauptuntersuchung, oder, wie normale Leute sagen würden, der TÜV-Bericht, in dem kleinen Mäppchen, in dem auch die Fahrzeugpapiere drin waren.
Beides ist natürlich geklaut worden. Die Pest über den Dieb.
Für 9,80 hat die nette Sachbearbeiterin mir ein Duplikat ausgedruckt.
Dann bin ich zurück in meine Heimatstadt, um dort den Fotografen aufzusuchen, auf dessen Erzeugnissen ich bei meiner letzten Personalausweis-Änderungsaktion (im November letzten Jahres...) noch aussah wie die ältliche, aber sympathische Tante vom Amt.
Da nicht nur der PA in den Fängen des Diebes (dessen primäre Geschlechtsteile abfaulen mögen) gelandet ist, sondern auch der Führerschein, brauche ich auch den neu.
Ich brauchte, wie mir dann die nette Fotografin sagte, ergo zwei verschiedene Fotos: Passbilder der ordinären Art, sowie die ">Dokumentation eines optischen Verschrottungsnachweises den biometrischen Vorschriften entsprechenden Dinger.
Keiner, keiner hat mir gesagt, dass ich dafür die Brille abnehmen muss.
Ohne Brille müsste ich nicht nur eine Binde mit drei Punkten tragen, sondern ohne Brille habe ich einen Brillengesichtsausdruck vom allerstarrsten. Und man sieht mein optikertechnisches Hauptproblem: Den Silberblick. Außerdem blähen die das Gesicht auf Passfotogröße auf.
Man darf dann auch nicht lächeln. Dazu kommt der Schreck, wenn dieses Monsterding von Blitz losschlägt...
Das Foto hätte gute Chancen, in einer beliebigen Polizeiwache auf einem Terroristenfahndungsplakat nicht weiter aufzufallen.
Kostenpunkt: 13,90 €.

Allein dafür soll der Dieb Fußpilz kriegen und einen Mückenstich am Hintern, sowie beide Arme in Gips, damit ihm das Kratzen nicht so leicht fällt.

Anschließend bin ich dann brav zur Bürgerbeglückungs- und Verwaltungsanstalt gegangen, um dort das ganze Zeugs endgültig zu beantragen.
Personalausweis? Nun ja, dauert etwas, das wusste ich. Aber da ich übermorgen über ein verlängertes Wochenende weg fahre, brauche ich mehr als ein gutes Gewissen, nämlich einen vorläufigen PA. Kosten: 13 €. Der endgültige ist für 14 € zu haben. Oder umgekehrt.

Führerschein? Ich könnte weinen, wenn ich an den alten denke. Der war schon ein Kartenführerschein, weil ich ja vor ein paar Jahren mal Motorradfahren gelernt habe... und, ehrlich gesagt, war darin das erste Bild von mir in einem Dokument, das mir gefiel. Dauert 4-6 Wochen, bis der neue da ist. Und dann pappt da das Horrorfoto drin. Ich mag nicht dran denken.
Dafür zahlt man für den Spaß 32,- €.

Fahrzeugschein?
Na, dann wollen wir mal.
Drei von den Kollegen, mit Unterstützung der Zulassungsstelle, haben versucht, des relativ neuen Programms Herr zu werden. Sinnlos. Sie haben sich wirklich bemüht, aber als der Fehler klar ersichtlich war (den von den Leutchen da niemand zu vertreten hatte), hatte die Zulassungsstelle schon geschlossen, und nur die hätten noch was dran drehen können. Mittwochs ist nur vormittags Sprechzeit, also muss ich morgen noch mal dahin.
Kostenpunkt: Sagenhaft günstige 10,-€. Bei ordinärem Verlust wären es über 40 €.

Für die Stunde, die die drei Leute da versucht haben, mir zu helfen, und für die ganze Kohle möge der Dieb den Rest seines Lebens sich mit jedem Hammer, den er in die Hand nimmt, auf den Daumen hauen. Immer. Und wenn ihm der Daumen abgefault ist, auf den dicken Zeh, egal, wie.

Dass die EC-Cash-Maschine meine Karte erst nicht akzeptieren wollte, versteht sich da von selbst, oder?

Ich glaube, dass jetzt jeder Verständnis dafür hat, dass ich anschließend noch ein Weilchen in der Stadt herumgelaufen bin.
Und mein gebeuteltes Konto noch um ein paar Kröten für zwei Paar Schuhe und eine neue Handtasche erleichtern musste.
Alles war runtergesetzt, die Schuhe kosteten nur noch die Hälfte und die Handtasche war auf 30 % untergezeichnet. Dafür ist sie lila, und schaut mal, wunderschön:




Wenigstens etwas :-)

Schönen Mittwoch noch,


Lily

Dienstag, 11. August 2009

Fragen,

die kein Blogger gern postet,Nr. 1:


Warum kommentiert keiner?

Eigentlich.

Eigentlich möchte ich was ganz anderes schreiben, als merkwürdige Splitter aus meinem Leben hier zu präsentieren. Eigentlich will ich nicht mehr diese ominösen, aufgeblasenen und verschwiemelten Ausflüge in meine Alltagsphilosophie absondern. Eigentlich ist es mal wieder Zeit für ein ordentliches Stück Fiktion, und oft genug schießen mir da auch Ideen durch den Kopf, die leider nie haften bleiben, bis ich wieder an den Rechner komme.
Eigentlich geh ich mir selbst tierisch auf die Nerven.

Nostalgie



Das Wort verursacht sich selbst. Irgendwann in den Siebzigern wurde es aus irgendeiner Mottenkiste gegraben, und dann war es auf einmal da. Sofern ich mich recht erinnere, löste Nostalgie Makramee ab, was die Innendeko betraf, und sorgte dafür, dass Jens, Sabine und Petra plötzlich Oma Mia und Tante Klärchen besuchten, nur um ungestört auf dem Dachboden oder im Keller nach vergessenen Biedermeier-Schätzchen zu suchen. Kurze Zeit zuvor waren die ersten Sperrmüll-Abfuhren in meiner Heimatstadt gelaufen. Noch aber war nicht jede Abstellkammer leer, und es bestand immer noch die Möglichkeit, ein altes Schränkchen, eine Kommode oder einen bemalten Nachttopf zu finden, und zu Hause zu einer Blumenvase umzuwidmen. Heut sagt man „Retro“, damals war das Nostalgie.


Mutter lernte Filethäkeln und brachte es auch den Töchtern bei, und an Blusen fanden sich plötzlich Rüschen. Im Fernsehen lief Hedwig Courths-Mahler, unvergessen Sabine Sinjen als Griseldis...Im zweiten Programm nuschelte Telly Savalas um seinen Lolly herum, und im Dritten Programm machte Ingrid Steeger sich einen Schlitz ins Kleid (und fand das wunderba-har!)

Zu irgendeiner Zeit in den Siebzigern kaufte meine Mutter sich das überflüssigste Modeaccessoire seit Erfindung des Reifrocks: Eine graue Perücke. Meine Mutter ist 1940 geboren. Warum grau? Warum eine Perücke? Warum nicht lieber Geld zurück legen für die Praxisgebühr?

Oma knüpfte psychedelisch gemusterte Teppiche, wenn sie nicht aus Millionen Metern braunen, beigen oder orangefarbenen Garns kleine Quadrate häkelte, nur um diese zu merkwürdig löchrigen Decken zusammenzunähen.

Ich trug einen Stufenrock, drei verschieden knallrot-weiß gemusterte Blümchenstoffe aneinandergenäht, dazu weiße Sandalen mit Korksohlen und um das ganze zu toppen einen orangefarbenen Schlapphut. (Ich war jung, und Geld hatte ich auch keins.)

Mein Vater nannte meine Mutter „Dickerchen“, die Brigitte-Diät wurde erfunden und auf einmal gabs keinen Nachtisch mehr, sondern nur noch Kalorien. Aber wenige.

Von den eingesparten Kalorien konnte man einen Trainingsanzug kaufen, mit dem man auf dem Trimm-Pfad einen Waldlauf machte. Yay.

Eine Zeitlang war Hawaii-Toast ein kulinarisches Neuerlebnis-und exotische Mixgetränke gab es plötzlich fertig zu kaufen. Irgendein Zeug mit Maracuja-Saft drin, von dem meine Tante Anni behauptete, ein Glas hätte 32% Alkohol, und wenn man zwei tränke, hätte man schon 64 intus. Niemand gab mehr zu, dass er mal „Kellergeister“ getrunken hatte.


Dann erschienen, über Nacht, auf einmal Bilder vorn auf den T-Shirts (mit Glitter!), die Schulterpolster litten unter Blähungen und die Haare unter Dauerwellen.


Ich zog mir die Turnschuhe an, legte den Palästinenser-Feudel um den Hals und ging demonstrieren. Die Achtziger waren da.



Montag, 10. August 2009

Zeit



Seit Freitag Nachmittag, 17:00 Uhr, bin ich im Urlaub. Seit 17:15 Uhr hat mich die Zeitenpanik wieder im Griff: So, wie jedes Wochenende für mich stundenweise weg tickert, geht’s mir auch mit dem Urlaub. Den noch verbleibenden Rest vergleiche ich ständig mit dem Teil, der schon verstrichen ist, und ein Großteil der Freizeit vergeht mit deprimierendem Bruchrechnen.

Es ist schon passiert, dass ich den gesamten Urlaub vor dem Rechner verbracht hab, und weitaus mehr über die Dinge in meinem Büro nachgedacht habe, als wenn ich tatsächlich jeden Morgen hingegangen wäre. Grrrr.

Ein bisschen hilft dagegen, wenn man sich Sachen vornimmt, die man erledigen will- nicht nur Unangenehmes, wie Wurzelbehandlungen und sowas, sondern auch Dinge, die eigentlich schön sind. Wie Schokolade essen, nur, dass Schokolade etwas ist, was ich mit meiner eigentlich sehr gelungenen Zahngeschichte nicht gut essen kann.

Derzeit trage ich das, was meine kleine, putzige Zahnärztin eine Interimsprothese nennt, die noch nicht das endgültige Dings darstellt. Das sieht gut aus, hat jedoch leider eine Kunststoff-Gaumenplatte, die mich manchmal in den Wahnsinn treibt, weil sie sich so dick anfühlt. Jedesmal, bevor ich was zu Essen zwischen die blitzeblanken weißen Dingerchen schiebe, hab ich das Bedürfnis, den Klumpen Kaugummi, der unterm Gaumen klebt, auszuspucken.

Ein bisschen wackelt sie auch noch, die Prothese, deshalb werde ich später in die Praxis fahren und sie dort abgeben, damit man sie ein bisschen besser anpasst. Leider wird das seine Zeit dauern, da der Techniker die Beißerchen dort behalten muss- wenn ich das recht verstanden habe, kommt da eine Art Bauschaum drauf, der seine Zeit zum Aushärten braucht. Bis dahin gebe ich hier die lokale Pennerin.

Sprechen kann ich ohne dieses Teil allerdings gar nicht. Also muss ich die Klappe halten- mal sehen, ob mir das gelingt.

Morgen dann werde ich die letzten Schritte unternehmen, um mich wieder in den Besitz gültiger Existenzberechtigungsnachweise Ausweispapiere zu versetzen, denn leider sind die Geklauten nicht wieder aufgetaucht.

Ich hoffe nur, niemand will mir was Schönes mit der Post schicken- auch nicht die Papiere bitte- denn soeben habe ich festgestellt, dass der Briefkastenschlüssel abgebrochen ist. So ein Scheiß. Vorgestern war er noch top in Ordnung. Da man da beim Schließen gar keine Kraft aufwenden muss, frag ich mich, warum das Ding zerbrochen ist. Kann doch eigentlich gar nicht sein, oder? Und wie kriegt man das abgebrochene Stück wieder raus, bitteschön? Wenn es denn überhaupt noch drin steckt, und der Schlüssel nicht woanders, beim Runterfallen oder so, zerbrochen ist.

Fragen über Fragen.

Apropos Schönes: Das hier ist auf dem Weg zu mir. Ich kann’s kaum erwarten. Ich hoffe, das Teil (das ich zu meinen Eltern schicken lasse- manchmal hab ich helle Momente!) kommt noch rechtzeitig, und ich kann es mitnehmen, wenn ich Freitag (tatsächlich, kaum glaubhaft!) zu einem Besuch bei Freunden aufbreche.

Mit dem Fotografieren hab ich schon vor Jahren angefangen, eigentlich als Kind- mit so einer miesen, fiesen Instamatic-Kamera. Fixfokus, Cassettenfilme, Blitzwürfel und jahrelang knappes Taschengeld, weil das Entwickeln noch richtig, richtig Geld kostete.

Mit Anfang 20 dann hab ich mir eine Spiegelreflexkamera gekauft, eine gebrauchte Rollei SL 35, mit drei Objektiven und einem ordentlichen Blitz dabei. Damit hab ich fast 20 Jahre lang gern fotografiert. Zwischendurch kam dann eine Olympus dazu, als die kaputt war eine Samsung, jeweils Autofokus und sehr kompakt, mit ein wenig optischem Zoom dran. Obwohl ich die gekauft habe, damit wenigstens manchmal das Objektivwechseln entfallen konnte, hat es damit nie so richtig Spaß gemacht, weil die wirklich nur für Schnappschüsse reichten.


Die Rollei ist leider vor drei Jahren in den Schrott gewandert, weil sie endgültig hinüber war- ich hätte fast losgeheult, als der Onkel im Fotoladen mir das sagte.


Übrig geblieben sind das Weitwinkel- und das Teleobjektiv, beide leider nicht mehr mit modernen Kameras verwendbar, der inzwischen auch überholte Osram-Studioblitz und, ein Geschenk meines Exmannes zu irgendeinem Weihnachten: Eine Minox-C analog, aus den 1960er oder 70er Jahren, die James-Bond-Spion-Mini-Kamera, mit der man viel machen kann, bloß besser nicht fotografieren. Die Kosten für die Filmentwicklung kann echt nur ein Geheimdienst bezahlen.

Das sind nämlich Sonderformate, für die das Labor vermutlich einen Uralt-Opa aus der Rente holen und gut bezahlen muss.

Da ich keinen Blitz dazu habe, hat der Spaß am Fotografieren mit der Minox recht schnell aufgehört. Und weil meine Vorlieben bei Dingen im Gebrauch derselben liegen und weniger im Behalten um des Besitzes Willen, überlege ich derzeit, ob ich einen Käufer für die Kleine finde. Irgendwen, bei dem sie es gut hat.

Wenn man Eb*y trauen darf, kriegt man noch was dafür. Genau so wie für die Rollei-Objektive. Mal sehen. Wenn die Preise, die da stehen, erzielbar sind, kann man für die Objektive mehr bekommen als ich vor knapp 25 Jahren für die ganze Kamera samt Zubehör bezahlt habe.


Die digitale Fotowelt hat mich jetzt seit ca. 6 Jahren am Haken- und das gründlich. Die erste Kamera, die ich da hatte, ein ganz billiges Ding, hat, ebenso wie ihre Nachfolgerin, eine Olympus, mich beinahe in den Wahnsinn getrieben mit den endlosen Ladezeiten für den Blitz, mit dem irren Batterieverbrauch und der Trägheit der ganzen Apparatur.


Das Baby, das ich derzeit habe, kennt ihr ja schon: Die Canon Powershot A590, die ich mit kleinen rosa Herzchen überschütten könnte, wann immer ich sie sehe. Was ich so faszinierend an ihr finde, abgesehen davon, dass sie in jede Tasche passt, schnell reagiert und schöne Fotos macht: Man kann mit so einer Idioten-Einstellung wirklich sofort loslegen, und hat damit die ersten Erfolge, bevor man sich die Mühe gemacht hat, sich in die Menüstruktur einzufinden. Sie ist ordentlich lichtstark, selbst die Videos sind, bei normalem, eher funzeligem Lampenlicht noch ausreichend hell, die Bildstabilisator-Geschichte funktioniert gut und ich kann auch auf dem Display was erkennen. Ihre Grenzen hat sie auch- klar. Für 80 € kann man wirklich nicht die Welt erwarten. An die Grenzen komme ich so langsam, weil ich sie eigentlich ständig herumschleppe, und inzwischen unter vielen Bedingungen fotografiert habe.

Ihr kriegt hier natürlich nur die Sahneteilchen zu sehen. Ein gutes Zehntel bis ein Achtel der Bilder sind so, dass ich sie tatsächlich speichere- aber das ist ja das schöne an den Digitalkameras... außer Batterien hat man keine Mehrkosten! Und auch da ist sie sehr bescheiden, denn sie nimmt mit Standard-Batterien vorlieb. Die Olympus, die ich vorher hatte, verlangte energisch nach Fotobatterien, die ja recht teuer sind. Mal ganz zu schweigen von den Foto-Akkus, die eigentlich nur in der Ladestation waren und nicht wirklich lang gehalten haben.

Und um so mehr freue ich mich auf die Große. Auf ein wirkliches Tele, auf ein wirkliches Weitwinkelobjektiv- ich bin kein Profi, also sollte mir das Mäuschen reichen. Ich freu mich auf Ausflüge an andere Orte als „nur“ in den Stadtwald oder in Nachbarstädte- demnächst ist das Stahlwerk Duisburg-Nord dran, und die Heidelandschaften etwas nördlich von hier... vielleicht noch in diesem Urlaub.

Für manche Motive braucht man nun mal eine etwas andere Optik- wir werden sehen.


Einen schönen Tag,



Lily


Sonntag, 9. August 2009

Frauen!?

Erinnert ihr euch noch daran?

Frau sein ist gar nicht mal so übel, alles in allem. In mancher Hinsicht bestimmt farbiger und vielfältiger als das Mann-Sein.


Beispiele?


Ich kann hier vom Leder ziehen über Stickmuster oder mich in elaborierten Schimpfworten ergehen, kann morgens aufgebrezelt und geschminkt und mit hohen Hacken zur Arbeit gehen oder in Jeans, T-Shirt und abgelatschten Turnschuhen, meine Hobbies „dürfen“ sich in einem sehr weiten Spektrum bewegen- alles das, ohne dass die Mehrheit (die Einschränkung muss einfach sein) sich bemüßigt fühlt, mir das Frau-Sein abzusprechen.

Männer haben es da schwerer. Klar kann man sagen, dass ein „echter Mann“ sich gar nicht schminken will- aber ist das nicht schon ein Urteil? Eindeutig, oder? Wer sagt, dass nicht dem ein oder anderen männlichen Menschen ein bisschen Farbe im Gesicht gut täte? (Abtönfarbe mal außen vor gelassen.)

Und warum sollte das automatisch unmännlich sein, wenn jemand sich gut aussehend fühlen will und dafür die Dinge in Anspruch nehmen möchte, die die halbe Bevölkerung dieser Erde ganz selbstverständlich nutzt? Fakt ist, dass Männern, deren Interessen und Wünsche in dem Sektor liegen, der gemeinhin als frauenzugehörig empfunden wird, in erheblichem Ausmaß mit Diskriminierung und Häme zu kämpfen haben.

Ich kann mir zum Beispiel vorstellen, dass es auch Männer gibt, die gern stricken würden- aber ob die sich trauen, nachmittags mit Gleichgesinnten irgendwo im Café die Nadeln zu zücken und loszulegen? Das Attribut „schwul“ wäre sicher schneller im Raum, als man „Sexist“ antworten könnte. Und auch, wenn „schwul“ nicht mehr ohne weiteres ein diskriminierendes Wort ist: In diesem Kontext wäre es das.

Auch ein besonders gepflegter Mann, der keine Hemmungen hat, beim Friseur mehr zu verlangen als „Trocken schneiden, Ohren frei!“ muss in dieser Gepflegtheit in hohem Maße Männlichkeit ausdrücken, um sich der Verurteilung entziehen zu können, so ist zumindest mein Eindruck. Erst in den letzten Jahren ist es z. B. halbwegs anerkannt, dass auch ein Mann sich nicht auf die frisch rasierte Wange scharfen Alkohol kippen muss, sondern zu Kosmetika greifen kann, die die Haut nicht noch zusätzlich stressen.

Die derzeitige Mode erlaubt auch andere Pastelltöne bei Oberhemden als himmelblau, rosa hat aber immer noch ein gewisses „Flair“, und es gibt bestimmt viele Männer, die niemals ein rosa Hemd tragen würden, auch wenn es ihnen noch so gut steht- sie wüssten nicht mal, dass es ihnen gut steht.

Hätte ich ein rothaariges Kind, mit den beinahe obligatorisch unsichtbaren Brauen und Wimpern, ich würde ihm mit 13 (spätestens) die zwanzig Euro fürs Augenbrauen- und Wimpern-Färben in die feuchte Pubertistenhand drücken, das ist sicher. Und warum auch nicht? Das einzige, was dagegen spricht, ist, dass es übel in den Augen brennt, wenn man die nicht ordentlich zukneift. Keinesfalls würde ich da einen Unterschied zwischen Junge und Mädchen machen.


Bei der Berufswahl ist ein weiteres Phänomen zu beobachten: Die Bauingenieurin, die Atomphysikerin und die Elektrikerin sind inzwischen schon fast Standard (auch wenn der ein oder andere Special-Feature-Zeitungsartikel allein durch die Tatsache, dass er geschrieben wurde, etwas anderes vermuten lässt)- aber der Kindergärtner*, der Entbindungspfleger (Hebammer hört sich echt doof an, und das Wort gibt’s auch nicht) und der Arzthelfer?

Die gibt’s hier nicht, scheint mir. Liegt es daran, dass die typischen Frauenberufe immer noch als weniger angesehen gelten, so dass eine Frau in einem Männerberuf sich quasi heraufarbeitet, ein Mann in der umgekehrten Situation hingegen einen Abstieg in Kauf nimmt?

Rein ausbildungstechnisch ist der Beruf der Hebamme einer, der ungefähr so aufgebaut ist wie der zur Krankenschwester bzw. zum Krankenpfleger. Daran kann’s also nicht liegen. Es gibt vermutlich mindestens soviel männliche wie weibliche Gynäkologen- daran also auch nicht.

Muss also ein Mann immer dann, wenn er Interessen hat, die die herrschende Stimmung als „weiblich“ einstuft, quasi einen Ansehensverlust fürchten? Und die Frau, deren Vorlieben aus dem „männlichen“ Spektrum kommen, hat den sozialen Aufstieg gleich mit abonniert, und sie kriegt auch noch ein Lob, weil sie über ihre Welt „hinausgewachsen“ ist?


Dazu würde passen, dass es zu „weibisch“ meinem Empfinden nach keine parallele -und ebenso abwertende- Nebenform von „männlich“ gibt.


Solange die weibliche Hälfte der Berufe, Hobbies, Interessen, Handlungsschwerpunkte immer noch als unterlegen, weniger wertvoll und unwichtiger gilt, wird es Männern vermutlich weiterhin sehr schwer gemacht werden, die gesamte Welt entsprechend ihren wirklichen Vorlieben zu bewohnen.

Schade.




findet

Lily, die Svenja für die Anregung dankt.


* die sehr wohl weiß, dass der Beruf „Erzieher“ heißt. Die meisten männlichen Vertreter, die diesen Beruf erlernen, arbeiten jedoch im Bereich der Hilfen zur Erziehung, also in Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen wie Heimen und Wohngruppen- nicht jedoch in Kindertageseinrichtungen.