Sonntag, 21. Oktober 2007

Haarspalten in der Dämmerung

Manchmal, wenn die Sonne über den Feldern im Osten noch nicht aufgegangen ist, und die Bloggerin, von Schlaflosigkeit aus den Federn (naja, eher Mikrofaserbetten) gerissen, für sich einhersinnt, stellen sich die WICHTIGEN Fragen des Lebens.
Soll man sich die Beine rasieren? Enthaarungsschaum oder -Creme benutzen? Hardcore-Kaltwachs? Oder, Schreck, Epilady und seine (ihre??) üblen Kumpanen?
Dabei spielen wichtige Dinge eine Rolle.
Die Nachwachszeit. Nur bei der Entscheidung für die Hardcore-Methode hat das nicht nur mit dem Haarwuchs zu tun.
Der Stoppel-Koeffizient und seine Auswirkungen auf das Wohlbefinden.
Der Unbehaglichkeitsfaktor bei dem Vorgang als solchem, der reziprok proportional zur Dauerhaftigkeit des Ergebnisses ist. Soll heißen, je unangenehmer die Enthaarung ist, desto länger hält das glatte-Beine-Feeling an.
(Das möchte man nicht weiterdenken).
Jede(r) der bereits die maschinellen Pinzetten des Todes, die Epilady in seinem/ihrem ergonomisch ansprechend gestalteten Äußeren versteckt hält ausprobiert hat, kennt das Problem. Beim ersten Mal beißt man die Zähne zusammen und kräuselt die Zehen Richtung Fußsohle. Beim zweiten Mal stellt man fest, dass es tatsächlich schlimmer werden kann, und beim dritten Mal schmeißt man das Ding weg. Es sei denn, man hat gute Connections zu jemandem mit Zugang zu Oberflächenanästhetika. Dann besteht nur noch das Risiko, teilweise enthäutet aus dem Projekt hervor zu gehen.
Trotzdem drängen sich Sprüche auf, wie "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland (oder so), und sein Lehrling stellt Enthaarungsgeräte her".
Die Frage selbst, also die nach dem Instrument, mithilfe dessen der Wolle zu Leibe gerückt wird, entscheidet sich jedoch oft einzig auf der Grundlage dessen, was sonntags morgens so zu haben ist. Es sei denn, es ist diese pastellfarbene, harmlos surrende und mit liebenswertem Charme getaufte Höllenmaschine. Dann lieber Wolle auf den Beinen. Wärmt auch im Oktober mehr.

Eine weitere Frage ist die nach der Haarperspektive. Das ist keine Maltechnik, auch kein Spezialfachbereich der Optik, sondern die Entscheidung für langes oder kurzes Haar da, wo es die meisten Leute eher schmückt als stört.
Dass kurze Haare mir gut stehen, weiß ich. Ich trag sie schon vierzig und ein bisschen Jahre so, und kein (und ich meine: KEIN) Versuch, sie wachsen zu lassen, war bisher erfolgreich, wenn man Erfolg nicht nur an der Länge der Hautanhanggebilde misst, sondern an einer gewissen überzeugenden Ästhetik.
Das schlimmste war eine Dauerwelle Anfang der Achtziger (in memoriam Boney M.), die meinen damals ungefähr achtzehn Monate alten Sohn zu Tode erschreckte. Außerdem ruinierte sie meine Haare, und es hat ewig gedauert, bis sie wieder rausgewachsen war.
Ich habe jedoch nicht nur kerzengerade Haare, sondern auch eine Feldmaus-Farbe auf dem Kopf, die inzwischen eher Straßenbelag-grau ist. Dieser Prozess des Grauwerdens fing schon mit Mitte zwanzig an- und erzeugte keinesfalls die üblicherweise mit grauen Haaren assoziierte Weisheit, sondern eher farblichen Wagemut. Nunja.
Die übelsten Auswirkungen hatte
a) die Anwendung einer Farbe, die "Aubergine" hieß (es war tatsächlich ein Lila-Ton), und die ich leichtsinnigerweise auf den Resten sehr, SEHR heller Strähnchen anwendete. Pinkfarbene Streifen waren die Folge. Nein, es gibt keine Fotos davon.
b) Der Versuch, meine zu einem späteren Zeitpunkt rappelkurzen Haare weißblond zu bleichen.
Geht beim Friseur ja auch, oder?
Klar geht das da, die haben das auch gelernt. Und die Leute, die Haarfarbe für zu Hause verkaufen, haben Werbung gelernt.
Das Ergebnis war ein leuchtend orange-gelb gescheckter Haufen Watte auf dem Kopf.
Und ich hatte das Problem, wie ich damit zu einer friseurlichen Intensivstation komme, ohne gesehen zu werden. Ich habe tatsächlich einen Tag Urlaub genommen, damit ich mit diesem Produkt aus Chemie und Wahnsinn nicht ins Büro musste. Und für den Weg zum Friseur (zweihundert Meter die Straße rauf) hab ich das Fahrrad genommen. Nicht, weil ich schlecht zu Fuß war, sondern wegen des Helms.
Der Friseur hat sich gefreut, denn, wie auch im Krankenhaus, ist Intensivbehandlung teuer und aufwändig.
Inzwischen färbe ich nur noch dunkler. Auch nur ein bisschen, denn da ich ziemlich blass bin, sähe ich sonst aus wie Morticia Addams und das muss ich nicht haben.
Diese Farberlebnisse und ihre Langzeitfolgen sind trotzdem leider keine Garantie dafür, dass das nie wieder passiert. In manchen Dingen bin ich etwas spontan, man könnte auch "gestört" sagen...
Jedenfalls sind meine Haare momentan wieder im Status "rausgewachsen". Sobald dieser Punkt erreicht ist, gibt es erheblich ausgeprägtere Bad-Hair-Days als zuvor, jedoch auch einige Good-Hair-Days. Die BHDs zeichnen sich entweder dadurch aus, dass die Haare enorm aufgeladen sind und den ganzen Tag fliegen, oder dass sie gegen 10 Uhr morgens das machen, was ein Ballon macht, wenn man reinsticht. Rrrrichtig. Sie machen das optische Äquivalent zu "Peng" und haften fortan am Kopf wie das Fell eines Otters.
Packungen und Spülungen erzeugen das letztere, keine Packungen und keine Spülungen die statisch aufgeladene Variante. Dem Otterkopf versuche ich dann meist dadurch zu entkommen, dass ich die Schere in die Hand nehme- in früheren Zeiten auch schon mal die Haarschneidemaschine, bis ein wohlmeinender Exfreund sie einfach weggeworfen hat. Nachdem ich mir mit Ende dreißig mal eine drei-Millimeter-Schneise geschoren habe und das als modischen Kick verkaufen musste, bis es nachgewachsen war. Ja, es gab Schreierei.
Zurzeit habe ich beinahe erfolgreich der lockenden Schere (Lockenscheren sind davon fein zu unterscheiden!) widerstanden, sieht man einmal von leichten Pony-Korrekturen ab, und schaut man nicht in meinen Nacken, der immer darunter leiden muss, dass ich Spiegelschränke nicht leiden kann (also hab ich keinen dreiteiligen Spiegel und schneide... nach Gefühl. Ja wirklich.)

Der Rest wuchert wild vor sich hin. Wenn ich Glück habe, und weiter brav diese angeblich Volumen erzeugenden Chemikalien benutze, halte ich vielleicht diesmal länger durch.
Drückt mir die Daumen.

Des weiteren stellt sich die Frage "Frühstücken oder weiter schreiben?" die ich hier und jetzt mit "Frühstücken" beantworte :-))
Einen schönen Sonntag.

Lily

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