Montag, 31. Dezember 2007

Jahreswechsel

kann man auf die verschiedenste Weise begehen- mit und ohne Gesellschaft, laut oder leise, hoffnungsvoll oder pessimistisch- jeder nach seiner Fasson.
Ich hab meinen Teil an vielen Varianten gehabt, außer Parkbank, Krankenhaus oder Times Square war eigentlich so ziemlich alles dabei.
Wenn ich heut hier bleibe, und auch (zurzeit- das kann sich noch ändern) keine Gäste erwarte, so liegt das daran, dass ich so ein Party-Tier bin. Die Seele jeder Fete. Der Feger der Feier...
Okay. Wers glaubt, darf sich einen Länderpunkt abholen.
Ich bleibe heute hier, weil ich nicht weiß, wie mein kleiner Kater auf Feuerwerk reagiert, und weil ich (so wie jedes Jahr) mich nicht rechtzeitig um Gesellschaft bemüht habe. Silvester kommt immer so plötzlich.
Wenn ich mich so umhöre, wer zu Silvester wohin geht, und welche Pläne bestehen, so stellt sich schnell raus, dass die Leute teilweise schon Monate zuvor ziemlich hektisch mit Planung etc. beschäftigt sind- da beschleicht mich schon der Verdacht, dass ein ruhig (oder sogar alleine?) verbrachter Jahreswechsel etwas ganz besonders schreckliches ist. Oder jedenfalls uncool.
Ehrlich gesagt, gibt's bestimmt schöneres, aber in Bezug auf Silvester hab ich nicht die Erfahrung gemacht, dass es mir anderswo besser gefällt.
Als Mitleidsziel, frisch gesinglet, bei der Schwester eingeladen (mit dem Hintergedanken, dass sich einer ja um die viel zu vielen Kinder kümmern muss...) Nein, Danke schön.
Dito beim Bruder, mit geringerer Kinderquote? Öhm- nö.
Mit wildfremden Leuten bei irgendeiner Riesenparty? Äh.
Eigentlich wollte ich immer nur wieder zurück in meine Höhle.
Also werde ich gleich mal den Abwasch erledigen, dann noch eine Maschine Wäsche abschicken, und vielleicht noch ein bisschen bügeln. Dann werd ich meine Liste an guten Vorsätzen und solchen Dingen fertig stellen. Und rauchen, was das Zeug hält, damit bloß bis spätestens übermorgen früh alles weg gequalmt ist :-)
Vielleicht werf ich die ein oder andere Tarot-Karte auf den Tisch, und mach mir ein paar Gedanken dazu.
Ich freu mich darauf, den Moleskin-Kalender, den ich mir gegönnt habe, zu benutzen, und den Wunschkalender, den Kate mir geschenkt hat, auch. Wünschen üben :-)
Und vielleicht gegen Mitternacht noch etwas posten. Und dann schön ins Bett.

Auf jeden Fall will ich (guter Vorsatz Nummer eins) morgen früh ausgiebig frühstücken, und den Morgen genießen, und wenn das Wetter nicht allzu schlecht ist, eine Runde spazieren gehen.

Egal, wie ihr Silvester verbringen wollt, ich wünsch euch, dass es so ist, wie ihr euch das wünscht. Friedlich in jedem Fall, mit den Menschen, die ihr um euch haben wollt- und wenn es euer eigenes Spiegelbild ist. Lächelt es an! Ihr verdient das.
Und denkt dran: Bis zum Jahresende sind es noch gut acht Stunden. Vielleicht reicht das noch, um einen Vorsatz aus 2007 als erledigt von der Liste zu streichen.
Die Dinge, die mehr Zeit brauchen, kann man auch am 1. Januar 2008 noch beginnen. Und sogar am 2. ist das kein Problem, nicht wirklich. Hauptsache, man fängt überhaupt an.


Lily

Samstag, 29. Dezember 2007

Im Reich der wilden Tiere













Hatte ich gesagt, dass der Weihnachtsschmuck hoch genug hängt, so dass sie nicht drankommen?
Dramatis personae (von links nach rechts)
Karlchen, Eddie, Paul.

Freitag, 28. Dezember 2007

Schrille Nacht

Am Baum schimmern die Lichter, und brechen sich tausendfach in glänzendem Geschenkpapier, den Sternen und Schleifen an den Zweigen und spiegeln sich in den Augen der Kinder, die fasziniert vor diesem Monument potenziellen Überflusses stehen.

Aufgeregt furzt Max, und sein Vater wirft ihm einen strafenden Blick zu. Die Mutter rammt ihrem Mann den Ellbogen in die Seite, und zischt:“Das hat er doch nicht mit Absicht gemacht!“.

Tante Lily, dies bezweifelnd hinter dem Kind stehend, wird bleich und tritt einen Schritt zurück.


Rosa und Lila, des Furzers Cousinen, setzen die Instrumente an.

Fünfzehn Kehlen, vom senilen Sopran bis zum atonalen Bass, stimmen ein - und oh, wie fröhlich, ergießt sich christliches Liedgut über Spielzeug Made in China. Der Musik liebende Onkel Heinz, der jahrelang im Kirchenchor die Tenöre angeführt hat, wird später wieder über Zwölftonmusik sprechen und seinen Abscheu nicht verbergen wollen.

Die schlimmsten gesanglichen Exzesse bleiben in diesem Jahr ungehört, da Rosa von der Blockflöte zur Klarinette gewechselt hat, und diese einfach zu laut ist, als dass irgendein vokaler Abweichler innerhalb ihres Frequenzbereichs noch vernehmbar wäre.


Max furzt. Diesmal blickt der Opa böse.

Max' Vater ist in der Küche. Er rührt in der Soße und freut sich über die Gelegenheit, auch einmal bei irgendetwas mitmischen zu dürfen.


Max' Mutter stellt sich hinter ihren Süßen, da ist inzwischen Platz satt. Sie umfasst seine Schultern und legt ihr Kinn auf seinen Kopf. Dann schaut sie versonnen, und überlegt, wie sie am besten ihr Haupt neigen kann, damit die Lichter des Christbaums in ihren frischen Strähnchen leuchten, und wirft unter gesenkten Lidern ihrer Schwägerin einen Blick zu. Die feilt innerlich an einem Satz über Möchte-Gern-Dianas, und nickt ihren Töchtern aufmunternd zu.

Lila blättert um, und Tante Lily geht in die Küche.

Vielleicht gibt’s da noch etwas vom Kochsherry.

Aus dem Wohnzimmer erklingt „Ihr Kinderlein, kommet“. Tante Lily entfährt ein „Oh Himmel, nicht schon wieder“, und Max furzt.


Johannes-Arndt, der Jüngste, dessen Spitzenkragen bereits unter einem Speichel-Spekulatius­gemisch verkrustet, ist das Singen leid. Seine Mutter kanns auch nicht mehr ertragen, entreißt dem Kind jedoch trotzdem das Spielzeugauto und schaltet die Sirene ab. Sicherheitshalber entnimmt sie die Batterien, schließlich besteht die Familie aus Allstrophlern. Sie singen immer alle Strophen, egal wie entlegen und unbekannt, weil jeder einzelne ein elefantenartiges Gedächtnis für überflüssiges Zeug hat. Nur bei der Nationalhymne wird eine Ausnahme gemacht. Eine deutliche.


Der Kochsherry ist leer, Tante Lily hat den Cognac entdeckt, und schwankt, den Schwenker in der Hand, zurück ins Wohnzimmer. Sie singt halblaut einen obszönen Text zu „Morgen, Kinder, wird’s was geben“- viele Strophen.


Max furzt, und seine Mutter wirft Lily einen vorwurfsvollen Blick zu. Dann schickt sie ihren Sohn in die Küche, damit er seinen Vater holt. Schließlich ist Weihnachten. Und vielleicht hilfts dem Kind ja, wenn es etwas Bewegung hat, es ist immer so lebhaft.


Max stolpert auf dem Weg zur Küche, furzt und steht wieder auf.

In der Küche zerrt er den Dackel aus dem Körbchen und schleift das Tier am Halsband ins Wohnzimmer, damit es auch etwas vom Weihnachtsbaum sieht. Der Dackel, seit Jahren Familienmitglied, windet sich geschickt aus dem Halsband und verschwindet unter der Couch. Dort furzt er, und schläft wieder ein.

Opa, dem die neue Welle des Gestanks den Atem stocken lässt, stapft durch die Enkelreihen zum Fenster und reißt es auf. Die Max-Mutter wirft ihm einen leidenden Blick zu, und schiebt ihren Sohn wieder in die Schar der Kinder vor dem Baum, die ihrem Cousin achtungsvoll Platz machen. Viel Platz.


Tante Lily, zurück in der Küche, holt ein Whiskyglas aus dem Schrank, und ihr Bruder sammelt die Scherben auf. Dann singen die zwei das Lied vom Hund, der in die Küche kam.


Im Wohnzimmer wird umgeblättert.


Oma lauscht, wirft einen ahnungsvollen Blick unter das Sofa, und läuft in die Küche. Dort findet sie den Dackel in der Torte.

Ihre sturzbetrunkenen Kinder stehen am Herd und singen zweistimmig, während sie die Soße mit Marsala verfeinern.


Oma nimmt ihrer Tochter die Flasche weg, und versucht, unter dem Dröhnen der Klarinette kaum hörbar, die zwei zur Rückkehr ins Wohnzimmer zu bewegen. Schließlich schiebt sie sie vor sich her und postiert sie in zwei Sesseln, die sie gut im Auge behalten kann. Dann gibt sie Opa ein Zeichen, der sich todesmutig zwischen die Enkelinnen und ihre Noten wirft, und die Vorstellung beendet. Seine jüngere Tochter tadelt ihn mit Blicken, und die Maxmutter versucht erfolglos, ihre Erleichterung zu verbergen.


Dann erzählt Opa vom Christkind. Johannes-Arndt lutscht an den Batterien seines Feuerwehrautos. Kinderaugen leuchten.


Max furzt.





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Es war natürlich nicht so. Ich war nicht betrunken, das kommt erst heute Abend.

Schönen Tag noch,



Lily






Donnerstag, 27. Dezember 2007

Frausprech.

Frausprech?

Ich bin Mitglied einer Mailingliste aus den USA, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, ihren Teilnehmern dabei zu helfen, ihren Haushalt zu planen und die anfallende Arbeit zu sortieren. Das System besteht aus einem E-Mail-Gerüst, und einer schematischen Aufstellung der notwendig werdenden Arbeiten, sowie einer ziemlich ausgeklügelten Zusammenfassung in Form verschiedener Journale. Die Mails kommen täglich, bunt gemischt mit Erinnerungen an diverse Haushaltspflichten, sowie viel Alltagsphilosophie und Erfahrungsberichten der Mitglieder.

Leider gibt es das Programm nicht auf deutsch- ich habe es als sehr hilfreich empfunden, um endlich zu wissen, wie ich mit der täglichen Routine am besten anfange, wie ich mir die Arbeit einteile und angesichts des manchmal unglaublich langweiligen Einerleis der immer wieder gleichen Arbeiten nicht in einen halb komatösen Zustand zu verfallen oder zu verzweifeln.
Dabei habe ich nicht mal einen großen Haushalt- aber auch kleine können aus dem Ruder laufen und auch Singles neigen manchmal dazu, Berge an Dingen anzusammeln, die das Leben belasten (und das Aufräumen zu einer Staatsaktion zu machen). Eine der Kernaussagen ist, dass wir, indem wir dafür sorgen, dass unsere nähere Umgebung ansprechend aussieht und der Erhaltungsaufwand klein bleibt, UNS SELBST etwas gutes tun- Finally Loving Yourself.
Wie gesagt, Alltagsphilosophie ist auch dabei.
Das Leben spielt uns manchmal sonderbar in die Hände. In den letzten Tagen habe ich unter anderem darüber nachgedacht, wie damit umzugehen ist, wenn man mit anderen Leuten zusammen lebt, und das Zusammenleben kommt ins Knirschen. Wenn da nicht mehr eins ins andere greift, sondern die Räder verhaken, die Stimmung schlecht wird und die Konversation ins Gereizte schwappt.
Wenn sich also die Eigenschaften in den Vordergrund schieben, die dem Partner das Leben zur Hölle machen.
Dann ist Kritik angesagt- oder schweigendes Erdulden bis zum Platzen.
Wie äußere ich Kritik?
Respektvoll, ruhig, unaggressiv, nicht wahr?
Schön wärs.
Genau so schön wäre es, wenn das, was gesagt wird, entsprechend aufgenommen würde: Ruhig, unaggressiv, nachdenklich und positiv motiviert, das eigene Verhalten unter die Lupe zu nehmen.
Sitzt, passt, wackelt und hat Luft. Theoretisch.

Praktisch läuft es nicht so, und wenn man den meist recht emotionalen Hintergrund berücksichtigt, bestehen eigentlich nur geringe Chancen, dass es jemals entsprechend läuft.
Vermutlich bestehen größere Chancen, dass eine Beziehung einen Seitensprung überlebt als dass 20 Jahre voller nicht verschlossener Zahnpastatuben ungerächt bleiben.
(Wobei ich an dieser Stelle den Tubenherstellern meinen verbindlichsten Dank für die Klappverschluss-Tube zum Aufstellen schulde. Die hat bestimmt einige Ehen gerettet)
Aber die Zahnpastatuben sind nur eine von vielen Möglichkeiten. Einzelsocken. Auf dem Boden abgelegte Wäsche, im ganzen Haus verstreut. Hochgeklappte Klobrillen, nicht gereinigte Katzenklos, Schmatzen, Schlürfen und Co, Schnarchen, Popeln, Schuppen- der Möglichkeiten sind unendliche.

Die Reaktionen sehen oft erstmal so aus, dass sie schlicht entfallen. Schließlich ist man frisch verliebt. Dann aber.
Dann wird es ätzend, nervig, und man hat einmal zuviel beim nächtlichen Toilettengang auf der nackten Schüssel Platz genommen. Man entschließt sich, was zu sagen- und scheitert.
Erstmal sagt man freundlich, dass derdiedas Gegenüber doch bitte die Klobrille schließen möge. Das schaukelt sich auf. Irgendwann geht man direkt nach dem Verursacher ins Bad, um ihn dann beinahe an den Haaren wieder hineinzuzerren, damit er verdammt noch mal die Brille selbst runtermacht.

Solange man noch im Rede-Stadium ist, vor dem Ausbruch körperlicher Gewalt, findet dann oft das statt, was die Flylady „Womanspeak“, also in etwa Frausprech, nennt. Dazu kamen in den letzten Tagen mehrere Mails, in denen sie unter anderem ihren Ehemann etwas dazu sagen lässt, und sich selbst zu den Gründen und den Erscheinungsformen dieser Form der Kommunikation äußert. Wie gesagt, zeitlich merkwürdig passend...

Sie meint mit dieser Bezeichung, dass Frauen Schwierigkeiten damit haben, direkt zu sagen, wenn sie etwas wollen- und daher oft drumherum reden, oder sogar Dinge äußern, die auf den ersten Blick nichts mit dem zu tun haben, was sie eigentlich wollen. Dies soll ein gelerntes Verhalten sein, von Mutter auf die Tochter tradiert, und ganz besonders ärgerlich für den auf der anderen Seite der Kommunikation.
Eigentlich soll es sich um so etwas wie einen Befehl oder eine Bestellung (sie spricht von „order“) handeln, für deren Ausführung jedoch die Befehlende den Preis nicht zahlen will.

In den Verhältnissen, in denen Befehle oder Bestellungen üblich sind, zahlt der Bestimmer - meist. Entweder das Gehalt dessen, dem er befiehlt, oder aber einen Kaufpreis, oder er trägt für das Wohlergehen des Anderen in irgendeiner anderen Weise die Verantwortung. Weil dies Verhalten aus Zeiten stammte, in denen Frauen nicht zu erwarten brauchten, dass irgendjemand ihnen die Befehlsgewalt gibt, oder dass sie ein legitimes Recht bekommen hätten, etwas zu verlangen, entwickelten sie diese Form der indirekten Befehle, und nannten das dann „diplomatisch“.Als Beispiel nennt sie die folgende, durchaus typische Unterhaltung:

Frau: „Mir ist kalt“ Gemeint ist was anderes, nämlich „Machst du bitte mal die Heizung an?“

Mann, bereits leicht angesäuert: „…“ und steht brummelnd auf, um das Ventil aufzudrehen.


Mit zunehmender Etablierung dieses Kommunikations-Dummies (im Sinne von Ersatz) wird man immer öfter entweder auf einen ermüdeten „Befehls“-Empfänger oder auf eine immer mehr aufdrehende Indirekt-Rednerin treffen. Ich bleibe mal bei den geschlechtsspezifischen Enden, wenn ich auch nicht glaube, dass tatsächlich nur Frauen die Befehlenden in diesen Kontexten sind.
Mir fällt auf, dass diese Form der Äußerung uns in Windeseile in ein Machtgefälle bringen kann, auch wenn ursprünglich keines bestanden hat.
Eine Bemerkung, die indirekt darauf zielt, dass jemand anderes etwas für uns tut, wird aus einer gewissen Erwartungshaltung heraus getan. Und das gefährliche dieser Art der Äußerungen, also „Mir ist kalt“ anstelle von „Dreh doch mal die Heizung auf“ ist, dass das Gegenüber nicht zu reagieren braucht. Es wurde um nichts gebeten, oder?

Eine Bemerkung wie: Meinst du nicht, du solltest einen Schal mitnehmen?“, die eigentlich bedeutet, Kind, es ist kalt, zieh dich bitte wärmer an, fragt scheinheilig nach der Meinung des Gegenübers- und erzeugt schnell Zorn, wenn darauf geantwortet wird: „Nein, das meine ich nicht“.
Hört man: „Meinst du wirklich, du solltest so vor die Tür gehen?“ schmeckt das schwer nach Beleidigung.

In Fall eins kann derjenige sich einfach taub stellen. Jemand, der die Freiheit hat, einen Befehl entweder zu hören oder nicht, hat Macht. Wenn derjenige, an den diese Mitteilung gerichtet ist, gehorcht, hat er keine Macht, dafür der Befehlshabende um so mehr.

In Fall zwei stehen die Chancen gut, dass der oder die solchermaßen Adressierte entweder sauer ist, weil sich da jemand einmischt, der pro forma behauptet, dass man selbst das Recht auf eine Meinung hat- oder eben der Bestimmer ist zornig, weil er sich verspottet und nicht ernst genommen fühlt.
Es gibt auch keine Möglichkeit, klärend und deeskalierend auf Bemerkung Nummer drei zu reagieren. Einer von beiden ist immer „im Unrecht“ und fühlt sich entsprechend beschissen.

Auf jeden Fall trägt diese Art, sich Luft zu verschaffen (denn etwas zu verlangen oder etwas zu kritisieren dient oft dem innerlichen Druckabbau) dazu bei, dass sich die Fronten verhärten, und es niemandem mehr um den Inhalt der Mitteilung geht. Eine klassische Kommunikationsfalle, sorgsam konstruiert aus Verschleierung und Machtkämpfen.

Ich hab mich darin weitgehend wieder erkannt, denn Zorn, der sich in ätzenden Sarkasmen äußert, als Bitten getarnte Anklagen und Befehle und manipulative Gesten, ob verbal oder nonverbal, sind tatsächlich Spezialitäten von Frauen- vorzugsweise von denen, die schlichtes Gemecker ihrer selbst unwürdig finden. Die mit dem, was sich an Druck in ihnen anstaut, nicht gut umgehen können- sie finden, dass der Partner oder das Kind schon wissen sollte, was seine verdammte Pflicht und Schuldigkeit ist.

Wissen sie das tatsächlich? Oder sind die Bedürfnisse und Befugnisse innerhalb der Beziehung nicht klar? Dann muss darüber geredet werden. Zunächst mal jede/r mit sich selbst. Dann miteinander. Und dann muss ab sofort direkt agiert werden.
Also bitte, Leute: Bittet euer Gegenüber, die Heizung einzuschalten, wenn euch kalt ist, aber schaut vorher aufs Thermometer. Vielleicht ist es wirklich warm, und ihr friert innerlich- dann trinkt einen Tee oder lasst euch umarmen. Das hilft.

Wenn alle Beteiligten aber darüber informiert sind, was man sich gegenseitig an Rücksicht und Kooperation schuldet, auch an Hilfe und Loyalität, und darüber grundsätzlich Konsens herrscht, kann eigentlich kaum mehr was schief gehen, wenn man ein bisschen selbstkritisch seine Kommunikationsstrukturen überwacht.

Außer in dem Sonderfall, dass das Gegenüber es drauf anlegt, die Beziehung zu beenden, aber diesen Wunsch nicht aussprechen will. Dann sind alle am Arsch. Und zwar gründlich.



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Wenn jemand die Flylady-Texte zu Womanspeak lesen möchte: Bitte einen Kommentar hinterlassen.

Montag, 24. Dezember 2007

Ist Bloggen Therapie?

Den Verdacht hab ich nicht als einzige... Laurie hat ihn auch. Es hat tatsächlich etwas von Sitzungen.
Da das Bloggen hier auf blogspot.com kostenlos ist, ist es auch eine gesellschaftsfreundliche Art des Dampfablassens, denn die Krankenkassen müssen nicht dafür bluten. Und die von besagten Kassen gesponserten Sitzungen müssen nicht so sehr unter Alltagskram leiden. Knapp wie sie sind, sollte man jede Möglichkeit nutzen, außerhalb der Termine ein paar Dinge zu klären.
Den Alltagskram halt, also die Dinge, die so am Rand des Lebens herumlungern und einem den ein oder anderen Schreck einjagen, wenn man sie im Augenwinkel sieht.
Derdiedas Post über Weihnachten und wie ich es feiere/feiern will, zum Beispiel, der hat mir geholfen, in mir zu sortieren und mir darüber klar zu werden, welche Einstellung ich wirklich zu dem Thema habe.
Es war befreiend, soviel kann ich sagen.
In mancher Beziehung neige ich dazu, Durcheinander anzurichten und dann lieber nicht mehr hinzuschauen. Das führt dazu, dass überall mentale Müllhaufen herumliegen, die erstens im Weg sind und zweitens irgendwann anfangen zu stinken.
Am Beispiel des Weihnachtspostings kann ich das gut erkennen. Allein schon dadurch, dass in den letzten 10 Jahren eigentlich jedes Weihnachten etwas anders verlief, oder auch viel anders als das vorherige, im Hintergrund aber immer sowas wie Wehmut über den verlorenen Zauber des Kinderweihnachtens lauerte, war ich eigentlich nie ganz zufrieden mit "meinem Weihnachten", geschweige denn entspannt. Einige Jahre lang habe ich das mit Bergen von Geschenken kompensiert, bis mir Geld und Geduld ausging, aber wir waren lange mit Auspacken beschäftigt, was auch zum Füllen des Abends beitrug. Teilweise wurde auch bei uns der Abend schlicht mit Essen verbracht, was dann zur Anschaffung von Fonduesets und Raclette-Grills geführt hat. In vielen eher kleinen Feierrunden ist das immer noch sehr beliebt.
Satt und wieder hungrig essen. Gefolgt von massiven Dosen weiterer Kalorien am ersten und zweiten Feiertag, trägt das langfristig nur zum Frust bei.
Jedenfalls hat mir die Diskussion mit mir selbst dazu verholfen, meinen Frieden damit zu machen, dass "mein" Fest ein a) ruhiges und b) personenarmes ist. Wenn ich das anders haben will, muss ich rechtzeitig den Hintern hochkriegen und mir Leute suchen, mit denen ich den Abend verbringen will. Wobei mir klar ist, dass für viele Mitmenschen Weihnachten und Familie untrennbar zusammengehören, trotz allem, und dass es daher schwierig sein kann, Leute einzuladen, die dann auch tatsächlich kommen.
Dies(e/r) Post hat also zu meiner Seelenruhe beigetragen. Therapeutischer Zweck erfüllt, und zwar der der Bewältigung.
Dieser Begriff war mir immer ein Rätsel. Was um alles in der Welt ist Vergangenheitsbewältigung? Ich habe irgendwann den Stier bei den Hörnern gepackt, und einfach meine Therapeutin, the best ever, gefragt. Die Vergangenheit bewältigen bedeutet nach ihrer Aussage, einen Sachverhalt aufzunehmen und darauf zu reagieren, ohne dass vergangene Ereignisse Wahrnehmung und/oder Reaktion einfärben, oder einen in Automatismen verfallen lassen.
Beispiel?
Beispiel. Öhm.
Dein Partner spricht dich an, und gebraucht dazu eine Formulierung, mit der deine Mutter immer eine Runde elterlicher Verhöre eingeleitet hat. Deine Reaktion als Kind darauf war heillose Wut, weil du genau wusstest, was kommt, und weil deine kindlichen Fähigkeiten nicht erlaubten, dich auf Datenschutz zu berufen und die Antwort zu verweigern.
Also kommt der Kerl eines sonnigen Wintermorgens aus dem Bad und beginnt seinen Satz mit "Kannst du mir vielleicht mal sagen, wo/wer/wie..." Die Chancen, dass man nur bis zum Komma zuhört und SOFORT unangemessen reagiert, selbst wenn er nur den Kamm sucht, sind ganz gut. Die Chancen auf einen Streit aus heiterem Himmel sind ebenfalls gut, hängen aber davon ab, in welchem Umfang man als Kind Wut und hilflosen Zorn empfunden hat, ohne sich wehren zu können.
Eine Reaktion aufgrund einer bewältigten Vergangenheit wäre, erstens zuzuhören und ihm zu sagen wo/wer/wie (oder auch, er möge doch bitte selbst auf seinen Kram aufpassen), und zweitens, nicht wegen einer vollkommen harmlosen Bemerkung auszurasten, ohne selbst zu wissen, warum eigentlich.
Selbige Bewältigung ermöglicht unter Umständen auch, dass man als Erwachsene(r) seine Eltern so sehen kann, wie sie sind: Mit ihren Vorzügen, Schwächen, Eigenheiten und Angewohnheiten, halt als andere Erwachsene mit den gleichen Rechten und Pflichten, wie man sie selbst hat. Sich nicht reinziehen zu lassen in alte Strukturen und Rollenzuweisungen (Du bist doch meine Große, du musst aber * HierbitteZumutungnachWahleinsetzen * ) indem man die kleinen Hinweise einfach und recht locker überhört, oder auf die üblichen Trigger nicht anspricht.
Ich bin mir nicht sicher, ob zu einer gelungenen Auseinandersetzung auch das leicht pubertäre Verweigern und trotzige Überhören gehört, aber ich glaube, dass das ein notwendiges Durchgangsstadium ist.
In einer solchen Phase habe ich mal ein Jahr lang jeglichen Kontakt zu meinen Eltern strikt verweigert, durch einfaches Nichterscheinen, Nichttelefonieren, Totstellen. Da wir alle eigentlich eine beredte Sippe sind, die sich zu 95% über wortreiche Diskussionen (ja, es ist manchmal SEHR laut) austauscht, war das für sie eine echte Strafe. Und ohne jetzt diskutieren zu wollen, ob diese Strafe angemessen war: Es war für mich wichtig, einfach mal trotzig zu sein. Nachdem mir aufgrund einer persönlichen Entscheidung, die für meine seelische Gesundheit entscheidend war, vorgeworfen wurde, diese würde negativen Einfluss auf den Familienruf und deren Wohlbefinden haben, musste ich -wenigstens- für mich die Prioritäten klar stellen.
Hätte ich diese persönliche Entscheidung nicht getroffen, sondern in der Situation ausgeharrt, wäre das zum damaligen Zeitpunkt mein Tod gewesen. Wenn nicht physisch, so doch seelisch.- Und ich brauchte dieses Jahr, um erstens zu erkennen, dass mein eigenes Leben mir zu wichtig ist, um mich Verhaltensnormen zu unterwerfen, die nicht meine sind, und zweitens, um den beiden klar zu machen, was die Alternative gewesen wäre- nämlich eine Tochter, die entweder tot am Treppengeländer baumelt, oder innerlich abstirbt und dann ebenso wenig zu erreichen ist. Okay, das war schon hart, aber die Zeit insgesamt war für mich erheblich härter. Zudem habe ich in dem gesamten Jahr den Kontakt zu meinen Geschwistern gehalten, so dass alle über die Fakten informiert waren.
Inzwischen können wir reden. Ich erzähle zwar immer noch wenig von mir, da sie nunmal zur Einmischung neigen, und ich nicht gewillt bin, irgendwas zu diskutieren, aber Versuche, aus mir was rauszukriegen, lösen kein trotziges Schweigen mehr aus. Ich sage dann, dass ich darüber erst noch nachdenken muss, oder dass ich das schon hinkriege, und das wars.
Auf meiner Seite gehörte dazu auch, zu akzeptieren, dass sie eine andere Biographie haben als ich, dass sie in schrecklichen Zeiten geboren sind, und dass sie das erheblich beeinflusst.

Manche Verhaltensweisen meines Vaters zum Beispiel sind durch seine Kindheitserfahrungen als Flüchtling durch das Chaos und das Elend der letzten Kriegsmonate geprägt- das kann einen Menschen innerlich verkrüppeln. Und das hat es auch getan. Von der Vorstellung, um jeden Preis mit leichtem Gepäck reisen zu müssen und deshalb nicht viel Dinge besitzen zu wollen, bis zu dem Konstrukt, um keinen Preis aufzufallen, ist da vieles in diesem kleinen Kästchen, tief vergraben und angestrichen mit blutiger Farbe. Erst in den letzten Jahren ist er manchmal in der Lage, darüber zu sprechen.
Ich frage mich manchmal, wie es war, Kinder zu haben für so jemanden, wenn der kalte Krieg tobt und man einerseits seinen Kindern eine sorgenfreie Kindheit ermöglichen will, und andererseits weiß, dass das allein niemals reichen wird, wenn es denn zum erneuten Zusammenbruch kommt. Mit welchen Werten geht man an das Projekt, diese Kinder zu erziehen? Wie vermittelt man das, was man ihnen eigentlich sagen will, wenn man es selbst nicht weiß, sondern an den Marionettenfäden seiner eigenen Geschichte hängt? Wie erträgt man es, wenn die eigenen Kinder sorglos in den Tag hineinleben, beschäftigt mit Schule, Freunden, Musik und solchen Dingen, wenn man tief in sich die Angst spürt, dass nichts davon ausreicht, um das Überleben dieser Kinder zu sichern, wenn es wieder los geht?
Meine Mutter hört jedes Jahr zu Silvester die Gewehre. Inzwischen geht sie raus, aber als ich Kind und Jugendliche war, hat sie das nicht getan. Aber sie konnte darüber sprechen, vermutlich, weil sie damit keine Schuldgefühle verbindet.
Für meinen Vater ist sein eigenes Überleben (als Ältester) mit seinem Versagen in der ihm zugesprochenen Rolle als Beschützer seiner Mutter und Geschwister verbunden- denn von seinen 5 Geschwistern haben nur zwei überlebt. Und er war zwölf Jahre alt, also wage es niemand, von Schuld zu sprechen.
Wenn ich darüber nachdenke, wird mir erst bewusst, welches Geschenk 62 Jahre Frieden auf deutschem Boden sind. Ich schreibe nicht "in Europa", denn das wäre nicht wahr.
Ein bisschen mehr Frieden, für die Menschen, die um ihr Überleben kämpfen, für die Kinder, die zu früh zuviel Verantwortung tragen müssen (oder sogar eine Waffe) wäre doch was wirklich nettes. Und nein, dies ist nicht die Miss-World-Wahl, Weltfrieden ist für mich fast schon ein Widerspruch in sich. Der scheint nicht im Bereich des menschlich Möglichen zu liegen. Nichtmal zu Weihnachten.

Sonntag, 23. Dezember 2007

Adventskaffee

Joa, da war ich heute. Es gab Kuchen (genug...) Kekse (mehr als genug) und drei lose Mundwerke.
Jetzt hab ich Fransen an der Schnute, und einen Blutzuckerwert, den ich gar nicht näher kennen will. Irgendwie hat mir das bestätigt, dass Christmas with Friends gar keine schlechte Idee ist.

Apropos Christmas with my friends: Genau so heißt eine wunderbare CD, die ich mir letztes Jahr als Nachweihnachtsgeschenk gekauft habe. Heute genau vor einem Jahr haben sie die im Radio angespielt, im Bürgerfunk (normalerweise strikt out of my range, aber der Lokalsender hier hat einen Teil seiner Sendezeit abzutreten an Radioinitiativen. Jedenfalls hat eine Gruppe, die Jazz vorstellte, diese CD eingelegt, und ich war fasziniert). Jazz ist nicht mein Spielplatz, aber das war so entspannt und wunderbar, dass Zuhören angesagt war. Mitten in einer Klavierfassung von In dulci jubilo brüllte dann der bekannte Elektronikmulti seinen Scheißspruch von der Geilheit einer schlechten Eigenschaft, und ich war so böse, dass ich seither keinen Lokalfunk mehr gehört habe, sondern nur noch WDR 2. Oder Einslive.
Aber ich hatte mir den Titel der CD gemerkt und dann einen bekannten Internetversand durchforstet. Dann lag die CD ein Jahr lang im Regal, schließlich war ja nicht Weihnachten. Und zu Anfang des Advent hab ich sie dann wieder herausgeholt.-
Es handelt sich um eine Gruppe (den Stimmen nach relativ junger) Schweden, die zusammen in einer mittelalterlichen Kirche ein Weihnachtskonzert aufgenommen haben. Der "My", der da zusammen mit Friends die Platte aufgenommen hat, heißt Nils Landgren, und sie alle können eine Menge. Wie gesagt, ein bisschen Jazz, aber sehr gut zu hören- die Klavierstücke reduzieren meinen Ruhepuls auf ungefähr 40. Eine schöne A-Capella-Version von Stille Nacht ist drauf, auf Deutsch, Englisch und Schwedisch. Es lohnt sich, sie sich mal anzuhören. Wirklich. Über den Link oben kann man das tun.
Leider erstreckt sich die beruhigende Wirkung nicht auf die befellten Kriminellen, die meine Wohnung bevölkern. Eddie hab ich gerade aus dem Geschirrschrank geholt (!!!!!) weiß der Himmel, was er da wollte, während Karl und Paul auf dem Boden Fußball mit einem meiner Eierbecher spielten. Da der aus Glas ist, frag ich mich, wie er den Sturz aus dem Geschirrschrank wohl überlebt hat.
Ihr Weihnachtsgeschenk (für jeden eine mit Catnip gefüllte Socke) haben sie auch schon aus dem Schrank gezerrt- und da weiß ich wirklich nicht, wie sie das geschafft haben. Das Fach ist einfach zu hoch, als dass sie ohne weiteres dran kämen- und es liegt auch immer noch das Strickzeug drin. Das wäre garantiert auch mit rausgefallen, wenn irgendwer in dem Fach selbst gelandet wäre... vielleicht waren es auch die Weihnachtswichtel. Bestimmt. Aus pädagogischen Gründen sind die Socken wieder im Schrank gelandet. Das haben sie jetzt davon.

Eddie hat eine unüberwindliche Vorliebe für hohe Sitzplätze, momentan wärmt er sich seinen Hintern auf meinem Monitor. Er hat Glück, dass ich (noch) keinen TFT-Monitor mein eigen nenne. Dann muss ich mir auf jeden Fall etwas einfallen lassen. Vermutlich muss ich ihn an der Wand befestigen- sie nutzen den Monitor auch, um von einem Kratzbaum zum anderen zu springen, hier im Kratzwald. Wenn der Monitor an der Wand hängt, muss mein Schreibtisch um 90 ° gedreht werden und steht dann auch an der Wand. Das bedeutet, dass anschließende Sprünge mit Zwischenlandung nur noch über meinen Kopf gehen können. Bloggen mit Helm...

Aber Eddie an sich ist mir ein Rätsel, als einziger von meinen Katzen ist sein Charakter wirklich schwer einzuschätzen. Er ist abwechselnd total panisch und äußerst aggressiv, oder liebenswürdig und anhänglich-eine Wechselkatze. Gerade vorhin, eine Viertelstunde nach dem Ausflug in den Geschirrschrank, hab ich ihn im Wäscheschrank im Flur entdeckt. Mitten zwischen Tischsets und Geschirrtüchern, und in flagranti dabei ertappt, wie er noch ein Brett höher hinauf klettern wollte. Das haut nicht gut hin, da das obere Brett etwas vorsteht. Aber er ist da zäh. Er hat seine Krallen in alles geschlagen, was in dem Fach lag, als ich ihn da rausholen wollte, plus jämmerlichem Gejaul, als hätte ich ihm weh getan. Dabei bin ich mir sicher, dass das nicht der Fall war. Andererseits hatte er alle Anzeichen von Panik in den Augen, und verkroch sich sofort unter dem Schrank, so als seien ihm Mörder auf der Spur. Gleich wird er wieder hier geduldig auf dem Schreibtisch sitzen, und den Kopf schief halten, damit ich ihn kraule, und die anderen Katzen gehen ihm am Arsch vorbei. Da kommt er gerade.
Wenn Paul und Karl zusammen durch die Wohnung toben, sitzt er mit gesträubtem Fell in sicherer Entfernung und schaut zu, und manchmal überfällt er einfach einen von den beiden und balgt sich wie wild. Oder er fällt über Emily her, das dann richtig bösartig, so dass ich eingreifen muss. Die alte Dame kann sich nicht gut wehren, und manchmal vertreibt er sie aus allen ihren Schlupfwinkeln nacheinander. Karlchen ist entweder Opfer oder wird wie wild geputzt und gepflegt... Und mit Paul gibts schon mal ernsthafte Meinungsverschiedenheiten, aber meist sind sie neutral.
Paul und Karl sind gute Freunde, obwohl Paul gern seine Ruhe hat (die neun Kilo hat er nicht vom Marathon-Laufen) und Karl ja mehr so ein Teenie mit Bewegungsdrang ist.
Emily wäre gern eine Einzelkatze, wenn sie könnte. Aber es geht ihr mit drei Genossen immer noch besser als in dem Haushalt, aus dem sie kommt- da waren insgesamt 12. Sie ist jetzt gut 7 Jahre bei mir, und ich hoffe, dass sie auch noch lange gesund hier sein kann. Da sie eine leichte Behinderung hat, ist sie manchmal etwas taumelig und nicht so sicher zu Fuß, was es ihr nicht leicht macht, schnell zu verschwinden, wenn die Stimmung hier etwas katzig wird.
Auf jeden Fall ändert sich in der Katzengesellschaft immer mal wieder was, allein schon weil Karl so langsam erwachsen wird und aus der Welpenrolle rausfällt.
Irgendwie scheine ich ein Händchen für große Kater zu haben- vielleicht liegts auch daran, dass sie alle früh kastriert wurden. Jedenfalls sind alle drei echt große Tiere- auch Karlchen, der erst 7 Monate alt ist, hat bereits die Größe einer normal großen ausgewachsenen Katze erreicht. Auch wenn er vielleicht etwas kurze Beine hat. Letztens hab ich ihn mal ausgemessen, die Länge über alles inklusive Schwanz ist ca. 90 Zentimeter. Der Schwanz selbst ist etwa die Hälfte davon. Dabei kriegen sie nicht mal viel zu fressen, anderthalb 400 g Dosen je Mahlzeit reichen für sie alle zusammen aus, so dass sie dann beim nächsten Mal auch hungrig sind. Manchmal wollen sie mehr, dann kriegen sie noch eine Handvoll Trockenfutter. Leckerchen sind weitestmöglich gestrichen, bis ich sicher bin, dass Karlchen nicht moppelig wird. Von der Sammlung Knöchelchen und Fell, wie er es zu Anfang war, ist er jedenfalls schon ganz schön weit weg. Und man merkt, dass er erst erheblich später von seiner Mutter weg kam als die anderen Jungs- er und Emily sind die, die ihren Milchtritt nicht mehr haben. Paul und Eddie treteln immer noch,
sobald sie die Gelegenheit kriegen. Die sind mit 7,5 Wochen zu mir gekommen, viel zu jung. Zum Glück lassen sie die Krallen drin.
Henry, mein verstorbener Kater mit dem schönen, blauen Plüschfell, hat mir Zugmaschen in sämtliche Hosen gerissen. Aber nur in Hosen. Röcke, Kleider, Decken und Kissen hat er in Ruhe gelassen. Was aber auch hieß, dass ich ständig Kratzer auf den Beinen hatte, weil eine Decke unterlegen zwecks Schonung meiner Haut ging nicht. Er hat dann immer so lang gejault und gebettelt, bis ich die Decke wegnahm, und dann kam er zu mir auf den Schoß und ließ sich kraulen, bis mir der Arm abfiel.
Irgendwo, nicht bei mir, hat er gelernt, dass er seinen Treteltrieb niemals auf anderen als behosten Beinen ausleben durfte. Was von Vorteil ist, wenn man, so wie ich, auch schon mal im kurzen Nachthemd auf der Couch sitzt.
So. Das Schreiben wird gerade schwierig, Eddie musste unbedingt mit unter die Decke, mit der ich hier eingewickelt sitze. Die eine Hälfte drückt sich unter meinen linken Arm, die andere liegt über dem rechten. Was eine verkrampfte Haltung zur Folge hat.
Grr.
Deshalb Tschüß und eine gute Nacht!

Samstag, 22. Dezember 2007

Ichichich






So, nach der Predigt weiter unten ein bisschen wirkliches Leben, und nicht dieser Kanzeltonfall...


Wenn die Katze, die gerade vor mir sitzt, aufhört, mich um eine Streicheleinheit anzubetteln, werde ich fortfahren.


Also, ichichich.


Hach, Eddie hat so eine Art... Er setzt sich direkt vor dich, legt den Kopf schief, und schaut flehend. Und er mag dann einfach nicht aufhören. Wenn er zu lang ungekrault bleibt, dann fängt er an, mit den Zähnen ein bisschen am Pullover herumzunagen, ganz vorsichtig. Nur, um sich bemerkbar zu machen. Karlchen würde beißen.


Noch ein Versuch.



Hier steht Weihnachten vor der Tür, und die einzige, die die Tür aufmachen kann, bin ich. Zwar kommt P., mein Sohn, zu Besuch, aber ich mache auf, bzw. hole ihn ab, und karre ihn -irgendwann abends, ich vermute, nicht allzuspät- wieder zurück in die Nachbarstadt.

Ansonsten bin ich alleine.

Das war im letzten Jahr bereits ebenso, und ich habe mich nicht zurückgehalten, das Scheiße zu finden. Da gab es zwar noch den (heutigen) Ex, aber der hatte zwei Gründe, Heilig Abend und auch die zwei Feiertage woanders zu verbringen.

Seine Frau, und seine Tochter.

Jep, so eine bin ich.


Dieses Jahr wird also etwas anders ablaufen. Ohne gegen Mittag hier abgeladene Geschenke, die sich doch schwer nach Bezahlung, für was auch immer, angefühlt haben. Ohne ziemlich realitätsferne Liebesschwüre.

Dafür mit mehr Realität.


Meine eigene Haltung gegenüber Weihnachten ist mir nie so richtig klar geworden. Nachdem die kindlichen Erwartungen bereits im ersten Jahr meines eigenen Haushalts den Bach runter gegangen waren, hab ich mir nie abschließend Gedanken dazu gemacht.

Klar ist nur, dass jede Erinnerung an sowas wie Weihnachtszauber eindeutig -Erinnerung ist.

Dieser Zauber stellt sich nicht mehr ein, wenn man einmal selbst mit den Vorbereitungen befasst ist.

Ich habe es meistens geliebt, Geschenke zu kaufen, und ich kriege auch gerne welche, das ist klar. Ich kriege nicht gerne Geschenke von Leuten, die es als lästige Pflichtübung empfinden, weil ich weiß, wie gräßlich es ist, sich Sachen aus dem Hirn zu saugen, wenn einem nicht spontan etwas einfällt.

Die Anlässe, zu denen mir für meinen jeweiligen Partner nichts einfiel, waren immer sehr kritisch- inzwischen weiß ich, dass das für meine Beziehungen jeweils ein Indikator war für die bald bevorstehende Trennung.

Das hieß: Der Exmann hat zum letzten gemeinsamen Weihnachten einen Hochdruckreiniger bekommen, den er sich wünschte. 8 Wochen später ist er in eine Wohnung im 5. Stock gezogen. Ich hoffe, er hatte noch Verwendung dafür. (Das war VOR Ebay)

Der Typ danach, im Familien- und Freundeskreis auch der Grottenolm genannt, weil er (im Rückblick) irgendwie blass und unterirdisch war, hat besagte Tasche bekommen- ein teurer, aber kein guter Einfall. Die Tasche hat er bei mir gelassen, als er an dem Abend in seine Wohnung zurück fuhr. Drei Tage später war es dann aus, weil er sich so unmöglich und unhöflich und ungezogen gegenüber Freunden verhalten hat, dass ich ihn nicht eine Minute länger ertragen konnte (das war nicht der Grund, nur der Anlass zum Ausstieg- vorher ist noch einiges mehr vorgefallen. Friede auf Erden! Stille Nacht!!).

Naja, und der letzte hats auch nur noch bis Ende Januar gemacht. Dann hab ich -versehentlich!- Schluss gemacht. Per sms. Wie gesagt- versehentlich.

Jep, so bin ich auch. Und irgendwann erklär ich es auch. Wie man versehentlich Schluss macht.



Also, Premiere- Weihnachten alleine.


Wie finde ich das? Interessante Frage- nächste Frage.


Halt stopp- ich wollte ehrlich sein, echt jetzt... Bis auf die Namen ist hier nichts getürkt. Na gut, fast nichts. Nichts wesentliches, jedenfalls.


Also: Wie finde ich das?


Vom Stress-Level aus betrachtet finde ich das gar nicht mal übel. Beziehungen sind für mich Stress, Weihnachten auch, die Kombination kann mich ganz schön beanspruchen. Wenn der Zauber für mich auch nicht mehr funktioniert, für andere soll er das schon. Eine Überraschung soll mindestens drin sein, gutes Essen, moderate Deko und wohlgelaunte Katzen sind auch Pflicht.

Als Single erspar ich mir wenigstens die Überraschung für einen zu Beschenkenden.

Seit ich die Katzen habe, ist ein Weihnachtsbaum ein no go, und Deko auf Tischen und in erreichbarer Höhe an der Wand ebenfalls. Mein Sohn ist essenstechnisch ein Schatz, er isst einfach alles, und er hat Spaß dran, wenn das Weihnachtsessen eine Lieblingsspeise ist. Zum Beispiel Kartoffelpürree, Sauerkraut und Kassler. Selbstgemacht ist das mehr Arbeit als meinetwegen Fondue, daher gönnen wir uns das beide nicht jeden Tag. Fondue auch nicht, aber das liegt am Preis. Ich hätte auch keine Lust auf den Stress, die Katzen vom Tisch zu werfen- sie würden sicher versuchen, ihn zu entern, wenn rohes Fleisch draufsteht. Ein Topf mit kochendem Öl -plus einer offenen Flamme darunter- trüge auch nicht zur Gelassenheit bei.


Also eigentlich alles im grünen Bereich. In vergangenen Jahren hat mich trotzdem die Krise gepackt, wenn ich die Worte Weihnachten und Allein in einen Zusammenhang gebracht habe. Allein schon, weil es überall als Gipfel der (ja, was denn?) Einsamkeit oder Isoliertheit oder *hier potenziell negativen psychischen Zustand einsetzen* gilt... Ja, ich habe Probleme damit, was andere wohl denken, wie man drauf ist, wenn man so ist, wie ich bin. Erheblich mehr, als tatsächlich damit, alleine zu sein.

Als unsere Kinder kleiner waren, haben wir oft mit Freunden Weihnachten gefeiert. Nichts war für mich schlimmer, als der Gedanke an nur drei Leute unterm Weihnachtsbaum. Stattdessen Trubel, Gitarrenmusik, gemeinsames Singen, und viele Kinder, die beschenkt wurden- das fand ich schön. Okay, die gebatikten Siebziger waren noch nicht so lang her, und es war Provinz- daher die Gitarrenmusik.

Das scheint aus der Mode gekommen zu sein- vielleicht sitzen ja viele Leute in meinem Alter allein in ihrer Wohnung und fragen sich, wo die anderen sind. Oder hängen bei ihren Eltern ab, ohne das zu wollen, oder holen sich bei Geschwistern eine Familienillusion ab. Oder sie arbeiten, wenn sie Polizist/Krankenpfleger/Busfahrer sind.

Alles in allem bin ich eigentlich, bis auf den Verdacht, ein Loser zu sein, ziemlich zufrieden mit Weihnachten alleine. Also mit einem bescheidenen Heilig Abend, ruhig begangen mit meinem Sohn. Ein trubeliger Abend mit Freunden wäre auch schön, aber das muss nicht sein. Nicht in diesem Jahr.- Aber ich schreibe mir heute abend noch in den Kalender, dass ich im nächsten Jahr mal unter meinen Bekannten und Freunden nachfrage. Vielleicht wird es Zeit, sein eigenes Weihnachtsfest neu zu erfinden.


Bis dahin ist allerdings noch Silvester zu händeln...



Einen schönen Abend euch allen. Und Friede auf Erden.

Und meine Gedanken sind bei dem kleinen Jungen, Georg- du weißt, wen ich meine.


Freitag, 21. Dezember 2007

Wünsche, Träume, Ziele

Ich habe eine Weile darüber nachgedacht, in welcher Reihenfolge die drei Worte oben in der Überschrift erscheinen sollen, bis ich mich dazu entschlossen habe, sie nach zunehmendem Realitätsgehalt zu ordnen.
Obwohl das auch nicht die richtige Bezeichnung für die Kriterien ist. Man könnte vielleicht eher sagen, dass sie in der Reihenfolge abnehmenden Vorhandenseins aufgelistet sind.
Denn Wünsche habe ich viele, Träume einige, Ziele- keine.

Damit kann man leben, ehrlich.

Wenn auch nicht gerade in irgendeine Richtung, denn die fehlt. Mangels Richtung geht's schon mal im Kreis herum, und von Zeit zu Zeit erwischt man sich dabei, dass man an bekannten Ecken schon wieder herumsteht. Viele Gegenden sind auch nicht besonders attraktiv, sondern ähneln den Emyn Muil oder den Mückensümpfen, wie Tolkien sie beschreibt.
Frodos und Sams Ziel war klar, und gesteuert nicht nur von der Notwendigkeit, den Ring zu zerstören, sondern von der Aufgabe höherer Ordnung, die Welt Mittelerdes zu retten und das erneute Hereinbrechen der dunklen Zeitalter zu verhindern. Solche Ziele hat heute vielleicht noch Al Gore, aber vermutlich geht's da auch nur um Macht und Profil.

Geht es sich leichter mit einem Ziel? Das Beispiel unserer Hobbits ist da vielleicht nicht das treffendste, denn deren Ziel war nur unter erheblichen Härten zu erreichen. Umdrehen hätte sicherlich mehr Spaß gemacht. Die Aufgabe hat sie durch Gegenden geführt, die sie ohne diesen Vorsatz vermutlich nie erreicht hätten. Andererseits glaube ich kaum, dass sie ohne den Druck ihrer Pflicht je den Wunsch gehabt hätten, diese Landstriche zu besuchen. Also kein wirklich geeignetes Beispiel.

Sind Ziele Leuchttürme? Dinge, die als Orientierung dienen? Oder eher so etwas wie ein magnetischer Nordpol, Orientierung und Endpunkt zugleich (wenn man denn zum Nordpol will)?

In einer der unsäglichen Management-Kurse, die ich des öfteren zu besuchen gezwungen war, hat man uns ein paar Dinge über Ziele beigebracht.
Danach war die Beschreibung eines Zustands der, wenn auch minimal, vom aktuellen Zustand abweicht, bereits eine Zielbeschreibung- vorausgesetzt, man ist allein, ohne unbeeinflussbare Faktoren, in der Lage, dieses Ziel zu erreichen. Das Erreichen des Ziels soll messbar sein.

Natürlich bezieht sich diese Definition auf berufliche Ziele, auf die Dinge, die man mit seinem Mitarbeiter vereinbart, um den zu veranlassen, einen Schlag schneller zu arbeiten.

Da es nicht so sehr um berufliches Fortkommen geht, bin ich ein bisschen mutiger, und bleibe mal bei den Leuchttürmen. Oder den Signalfeuern- egal was, Hauptsache, etwas, was man von Weitem sehen kann.
Da steht also ein Ziel auf dem Berg, und ich bin im Tal. Oder auf einem anderen Berg.

Ein Fluss vor mir zwingt mich vielleicht, einen Umweg zu machen, um eine Brücke oder Fähre zu erreichen. Der Berg lässt mich Meilen und Meilen wandern, um ihn zu umrunden, wenn ich mein Seil vergessen habe und ohne dieses nicht über die Klippen komme. Und dann sind da die Wünsche… nach einer Pause in angenehmer Umgebung, bei der ich mich erholen kann für den weiteren Weg. Nach einem Wald mit Bäumen, in dem ich mir einen Stock zum Wandern suchen kann. Nach einem Geschäft, in dem ich ein Taschenmesser kaufen kann, mit dem ich den Stock zurechtschneiden kann. Nach einer Pommesbude mit Kaffee im Ausschank.

Und die Träume? Wo sind die in dem Bild?

Malen die mir die Ziele in leuchtenden Farben aus? Verschönern die mir den Weg, so dass ich nicht bemerke, wie es tatsächlich um mich herum aussieht?
Vermutlich. Allein schon, um fernab und weit in der Zukunft liegende Ziele anzusteuern… da braucht man was, was einen bei der Stange hält. Oder für die Durststrecken, die Emyn Muil, die Mückensümpfe oder die Ebene der Gorgonnath.
Als solches haben Träume ihren Sinn. Wenn sie mich durch den Tag tragen, und nicht jeden Schritt so deutlich spüren lassen.

Und was machen Träume, wenn man keine Ziele hat?
Ich glaube, sie sind gefährlich und viel versprechend zugleich.
Sie haben das Zeug, zu Zielen heranzuwachsen. Sie können mir ein Bild malen, das mir sagt: DA will ich auch hin; SO will ich werden; DAS ist meine Perspektive. Sie entwerfen eine Zukunft, und machen mir darin Platz, bauen ein Nest, setzen Baby-Ziele hinein.

Das ist das viel Versprechende. (<- egal ob richtig oder nicht: Es sieht krank aus, wenn man das so schreibt!) Sie können aber auch Fantasiegebilde auf allen Bergen der Umgebung aufleuchten und Fatas Morgana* flimmern lassen, Irrlichter anzünden. Und dann? Dann hab ich Leuchttürme überall- es ist vielleicht schön hell, aber das war es auch. Wenn ich mich nicht entscheiden kann, welches von den Leuchtfeuern ich mit Brennstoff versorgen will, welchen Traum ich nach Prüfung seiner Möglichkeiten weiter träumen will, werde ich entweder stehen bleiben oder kopflos durch die Welt geistern. Soweit zu den Gefahren.

Wenn ich mir das alles so auf der Zunge zergehen lasse, dann hatten es die Frauen früher™ doch verdammt leicht. Die Auswahl aus möglichen Zielen war eher gering, Nonne, Ehefrau und Mutter, Dienstmagd oder Prostituierte- alles andere, wie Königin oder so, kam selten vor und trug nicht so recht den Stempel selbst gebildeter Zielvorstellungen. Abgesehen von Nonne oder Ehefrau/Mutter hatten Dienstmagd oder Prostituierte aber bestimmt auch oft ursprünglich andere Pläne, bevor das Leben als solches die Regie übernahm.
Schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts konnte dann bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen noch Lehrerin, etwas später dann auch einige weitere akademische und nicht akademische Berufe dem Zielspektrum hinzugefügt werden. Lange ging es dann bei der Verwirklichung der Ziele (z. B. Ehefrau und Mutter) primär darum, vorneweg zu sein in der Reihe derer, die um das knappe Gut der erstrebenswerten Gegenstücke und Zielerreichungshelfer (i. e. Ehemänner und Väter) konkurrierten.
Die, die ganz vorne standen, wurden Königin (oder so), der Rest musste sich nacheinander in die Schlange einfügen. Und die, die die anderen „Möglichkeiten“ „wählten“, standen stets ein bisschen im Zwielicht der vielleicht doch nicht ganz freiwilligen „Wahl“- schließlich gab es auch immer noch die an dem anderen Ende der Schlange. Da, wo es nicht um Königinnen (oder so) ging, sondern ums Überleben.
Aber, Mädels, so richtig rund ging’s erst für die, die ab den sechziger Jahren des 20 Jahrhunderts geboren wurden. Alles steht uns offen, Kinders, alles!
Atomphysik? Kein Problem.
Mutter von 7 Kindern und gleichzeitig Bundesministerin? Legt los!
Domina? Immer ran ans Werk!
Königin? Oh… na ja, nun gut. Nicht übermütig werden.

Ein Mann, den ich mal beruflich getroffen habe, hat gesagt: Wen die Götter strafen wollen, dem geben sie ein Kind mit einem Talent (er meinte eines, das eine teure Ausbildung erfordert).

Von der Warte des Kindes gesehen konnte gerade diesem Kind nichts Besseres geschehen. Es hat ein Talent? Prima, das schränkt die Zielbildung ein. Das Ausmaß der Traumerfüllung (oder die Größe des potentiellen Leuchtturms, sowie die Aussicht von dort) ist dann „nur noch“ eine Frage der Investition von Zeit und Geld und Energie. Umso besser, wenn Eltern da sind, die das Talent erkennen, begrüßen und fördern.

Für viele von uns ist es alles andere als leicht.
Alle die, die mit weit gefächerten Interessen geboren sind, auch mit mehr als nur einer viel versprechenden Fähigkeit, zum Beispiel.
Da kommt es dann darauf an, was so alles vermittelt wird an unterstützenden Faktoren. Durchhaltevermögen ist erstmal was Feines. Urteilsfähigkeit in Bezug auf die realistische Zielerreichungsmöglichkeit ist beinahe noch wichtiger.
Soziale Kompetenz, sei es die eher weiblich-harmonisierende oder die knallhart-karriereorientierte Variante, kommt noch dazu. (Auch letzteres ist eine soziale Kompetenz, wenn man nämlich über die Bedürfnisse anderer hinweg steigen kann, ohne sich in seinem Nachtschlaf gestört zu fühlen, und ohne allzu viel Mordlust auf sich zu ziehen, ist das eine ganz beachtliche Fähigkeit, und sie spielt sich auf sozialem Gebiet ab. Wenn auch nicht im Wattebäuschchen-Wurfbereich)

So, da haben wir dann also eine sozial kompetente, mit Durchsetzungs- und Durchhaltevermögen ausgestattete, im Vollbesitz ihrer Urteilsfähigkeit befindliche Frau, oder sagen wir erstmal, ein Mädchen. Dieses Mädchen hat ein paar Talente, die sich nicht unbedingt ergänzen. Eine entschiedene Begabung für Mathematik, zum Beispiel, gepaart mit einiger Musikalität. Und weil’s so schön ist, werfen wir noch eine Vorliebe für die Farbe Pink ins Spiel. (Und nein: Ich mag KEIN Pink, und meine mathematischen Fähigkeiten gehen gegen Null. Oder gegen minus Unendlich, wenn es das dann gibt)

Ist der Vater Musiker, und die Mutter Physikerin, wird sie soviel pinkfarbenes Zeug haben, wie sie will, und gleichzeitig Klavierspielen und Vektorrechnung lernen, bevor sie den Kindergarten hinter sich hat.
Ganz normale Leute werden stolz sein auf die guten Leistungen ihrer Tochter. Die werden ihr Musikunterricht gönnen, und ihr hübsche, pinkfarbene T-Shirts kaufen, mit Spitze.
Sind die Eltern arm, wird sie keinen Musikunterricht bekommen, und das hübsche Gesicht wird selten aus etwas pinkfarbenem schauen. In der Schule wird sie gelobt werden, und eine Ausbildung machen, später. Wenn die Eltern die Möglichkeit haben, heißt das, um einem Kind eine Ausbildung zu finanzieren.

Sind die Eltern dumpf und stumpf, kann sie froh sein, wenn sie selbst merkt, dass ihr Mathematik und Musik Spaß machen.

Irgendwie eine blöde Sache, wenn nur in einer von vier hier angedachten (wenn auch natürlich polemisch eingefärbten) Szenarien alle Fähigkeiten gleichermaßen entwickelt und gefördert werden- oder?
Polemik beiseite: Jungs haben es da immer noch leichter. Da ist von Anfang an eher die Perspektive auf die Talente gerichtet- und wenn es divergierende Talente sind, dann geht es eher darum, die beruflichen Aussichten in Bezug auf Erfolg im Sinne von Karriere abzuklopfen.

Kaum jemals wird angesichts des Dilemmas technisch-mathematische Begabung gegen musische Begabung die Wahl davon beeinflusst werden, dass der Knabe ja ohnehin heiratet, und daher die Förderung der musischen Begabung an erster Stelle steht- schließlich muss der Knabe ja irgendwann eine Familie ernähren, und als Klavierlehrer ist das ein harter Job.
Nein, dem räumt man ein, dass er Ingenieur wird, und Klavierspielen als Hobby behält.

Bei dem Mädchen ist, so fürchte ich, auch heute noch ganz häufig in den Hinterköpfen, dass Mathematik nicht das rechte Studienfach für ein Mädchen ist. Wenn sie wirklich Glück hat, lässt man sie Lehramt studieren, mit den Fächern Mathe und Musik.

Vermutlich läuft nichts von diesen Entscheidungen wirklich bewusst ab. Man ist immer nur ganz gerührt, wenn die Tochter die Klarinette spielt, und lobt sie dafür- natürlich auch für die Eins in Mathe, aber von Herzen umarmt man sie dann doch eher an Weihnachten, nach der für ihr Alter erstaunlichen Reife bei der Interpretation irgendeines Stücks für Flöte und Gitarre.
Der Junge wird auch umarmt.
Aber gleichzeitig geht Papa mit ihm in den Bastelkeller, und der Knabe weiß mit 6 Jahren, wie man ein Voltmeter bedient. Und was es anzeigt.

Wirkliche Freiheit bei der Zielsetzung? Sollte anders aussehen. Gegen diese Form subtiler Beeinflussung kann man sich nur wehren, wenn man mit 14 rumzickt, weil man keine Lust mehr auf die Klavierstunden hat. Bewusst dagegen angehen ist fast unmöglich, weil die Verstärkungen auch nicht bewusst eingesetzt werden.

Ähnlich schwer hat es vermutlich ein Junge, der in sich den tiefen Wunsch verspürt, sich einmal um Haushalt und Kinder zu kümmern. Auch das wird nicht belohnt werden, wenn es überhaupt erkannt wird. Wahrscheinlich wird bei der Unterdrückung dieses Wunsches zudem noch Grausamkeit eine Rolle spielen- denn diese Wünsche sind für Jungs noch gefährlicher als für ein Mädchen der Traum vom Nobelpreis für Physik.

Hat der Mensch, ob männlich oder weiblich, einmal das Erwachsenenalter erreicht, ohne Ziele im Leuchtturmsinn entwickelt zu haben, hat er also mangels eindeutigem, drängenden Talent einen Beruf der eher farblosen Variante ergriffen (davon gibt es so einige) und lebt so vor sich hin, dann wird er spätestens in der "Krise der Lebensmitte" sich fragen, was er eigentlich vom Leben noch zu erwarten hat- und wird feststellen, dass einige Ziele ihm inzwischen nicht mehr erreichbar sind.
Sei es, weil die Zeit für manches abgelaufen ist, sei es, weil er Fakten geschaffen hat, die einer neuen Zielformulierung im Wege stehen. Das macht unzufrieden.
Der Alltag hat die Konsistenz von Kleister an den Füßen, die Kinder müssen ernährt und die Frau unterhalten werden. Tritratrullalla.
Madame hört oft und oft The Ballad of Lucy Jordan, und fragt sich, ob sie das hat, was sie sich gewünscht hat.
Die, die abhauen können, tun das oft. Die, die dableiben, aus welchen Gründen auch immer, gehen in Therapie, lernen Motorradfahren oder sonst eine Fertigkeit, an der noch der Feenstaub der Jugend klebt.
Eine wirkliche Befreiung ist das oft nicht, denn selbst gewählte Fesseln haben die Tendenz, besonders gut zu haften, weil sie irgendwo auch passen.
Sich selbst zu befreien heißt ja oft auch Abschied zu nehmen von mancher Annehmlichkeit und vor allem, den Hintern hoch zu kriegen. Dabei ist da so eine schöne Kuhle auf der Couch...

Aber bei unseren Kindern, da können wir etwas ändern. In dem wir sie aufmerksam beobachten, damit wir sicher sein können, dass wir sie auch sehen. Dass wir nichts verpassen von ihren Interessen, Schwerpunkten,Abneigungen und individuellen Charaktermerkmalen - und das, ohne zu urteilen.
Ein Kind, das Schwierigkeiten mit Routine hat, sollte dafür nicht niedergemacht werden. Denn es ist vielleicht besonders begabt für Projekte, die Abwechslung bringen und nicht langweilen. Gleichzeitig sollte es schon in dem Bewusstsein groß werden, dass die meisten Lebensformen Routine beinhalten, und Unterstützung dabei erfahren, sich eine Form zu suchen, in dem die Routinen es nicht erdrücken.
Unsere eigenen Ängste sollten uns nicht dazu bringen, das Kind in einen Beruf zu zwingen, der sicher ist, aber sterbenslangweilig. Da wird es scheitern, bestenfalls, schlimmstenfalls stirbt es innerlich ab.
Viel wichtiger als die gesellschaftliche Akzeptanz der freien Rollenwahl ist es, als Eltern unseren Kindern ganz bewusst die Erlaubnis zu geben, sich für ein Leben nach seinen Talenten zu entscheiden.
Und das eigene Verhalten kritisch zu beleuchten. Alle Kinder zu fragen, ob sie nicht nur Auto-, sondern auch Motorradfahren lernen wollen, und allen gleichermaßen den Führerschein für beides zu bezahlen- und nicht nur den Jungs. Wenn sie es denn wollen, und wenn man es bezahlen kann.
Ihnen zu vermitteln, wo Durchhalten sinnvoll ist, und wo nicht. Denn Durchhalten ist kein Wert an sich - es kann sehr viel klüger sein, etwas abzubrechen, sofern man feststellt, dass das Ziel unerreichbar ist.
Unbezahlbar und kaum später nachholbar ist aber, die Kinder zu ermutigen ihren Weg zu gehen, und Schritt für Schritt auf Ziele zuzusteuern. Auf Ziele, die mutig gesetzt wurden, die auf Wünschen beruhen, und von denen wir träumen.

Schönen Samstag noch.

Edit:
Fatas Morgana... Ich hab das Internet umgegraben auf der Suche nach der Pluralform, bin aber nicht fündig geworden. Hab bei Wiktionary jedoch gelesen, dass sich der Name von der Fee Morgana/Morgaine, auch bekannt und beliebt aus literarischen Bearbeitungen der Artus-Sage, herleitet. Daraus hab ich dann geschlossen, dass es besser ist, den Plural bei dem Wortbestandteil für "Feen" zu bilden, und nicht bei Morgana.
Wer's besser weiß, möge kommentieren.

Mittwoch, 19. Dezember 2007

noch'n Gedicht.

Friert dem Kindlein blau die Nase,

Liegt im Rotwein schon der Hase,

Macht Zorn sich in der Mutter breit

Dann ist wieder Weihnachtszeit.



Sind auf dem Konto rot die Zahlen

Kundschaft leidet Qual der Wahlen

Tobt der Irrsinn weit und breit:

Ist bald wieder Weihnachtszeit.



Lametta an dem Tannenast

Zweig biegt sich unter Kerzenlast

Entspannung? Keine, hier und heut-

Oh wunderbare Weihnachtszeit.



Päckchen schleppen, Schleifen binden

Christbaumständer nicht zu finden

Hektik und Vergesslichkeit

Schöne, warme Weihnachtszeit



Sternenglanz und Karpfen blau

Der Oma wird’s im Magen flau

Vater brüllt und Mutter schreit

Oh, herrlich stille Weihnachtszeit



Geschenkpapier liegt schnell in Fetzen

Vater muss sich erstmal setzen

Mutter wird das Herz ganz weit:

Stille Nacht! Und: Weihnachtszeit!



CD. Computer. Kinderbuch.

Herr der Ring'. Piratenfluch.

Monopoly und Vier Gewinnt.

Meerschweinchen und Hundekind.

Modellauto und Urlaubsfahrten,

Snowboard und Theaterkarten,

Fahrrad und ein Führerschein

Und ab und zu ein großer Schein.

Parfüm. Krawatten. Puppenkleid-

Tja. Das ist die Weihnachtszeit.



Tisch abdecken, Müll verstauen,

Und den Karpfen bald verdauen

In zwölf Monaten, von heut,

Ist schon wieder Weihnachtszeit.




____________________________________________________________

Edit: Ist von mir. Das Gedicht. Wenns von wem anders wär, würd ich das schreiben. Versprochen :-)

Dienstag, 18. Dezember 2007

Weihnachten.

Jep, es ist wieder soweit. Ich bin, wie jedes Jahr, die Letzte, die einkauft, die Letzte, die den panischen Stich im Bauch fühlt, weil wieder was vergessen wurde, und die Letzte, die sich Gedanken macht, was es denn zu Essen geben wird.
Halt.
Letzteres stimmt nicht, das Essen ist schon geplant und die Hauptzutaten sind schon gekauft, eingefroren und mit den handelnden Personen abgesprochen.
Es gibt Entenbrust am Heilig Abend, am ersten Feiertag einen Brunch, und am zweiten Tag Essen bei Muttern.
Das Geschenkekaufen-und damit den Hauptstress- habe ich in den letzten Jahren reichlich reduziert (noch ein Vorteil bei Singles- weder muss man den Partner-Darsteller beschenken, noch muss für dessen zahlreiche Verwandtschaft ein Stapel von Liebesgaben herangekarrt werden).
Ich habe übrigens bisher nur Männer zu Partnern gehabt, die in dem Moment, in dem die Beziehung beschlossene Sache war, jede Information über die wichtigen Termine im Leben ihrer Familie vergaßen. Des weiteren litten sie in Bezug auf die Vorlieben der Verwandtschaft an schweren, amnestischen Zuständen, und waren keinesfalls in der Lage, einen Schritt zum Erwerb der geplanten Überraschung zurück zu legen.

Halt.
Letzteres stimmt nicht, es gab da mal einen besonders perfiden Gesellen.

Der sah mich einige Zeit vor Weihnachten an und sprach: „Ich weiß gar nicht, was als Weihnachtsgeschenk für meine Mutter sinnvoll wäre…“
Immerhin: Das Herannahen dieses Festes blieb nicht unbemerkt. Sonst kommt Weihnachten manchmal sehr plötzlich.
Antwort von meinereiner: „Vielleicht eine schöne, bestickte Tischdecke? Ich hab da neulich eine gesehen, die würde zu dem Geschirr von *hier bekannte Marke einsetzen* passen“.
Er: „Oh ja- das ist ja mal eine gute Idee.“
Pause.
Er: „Und was schenkst du ihr?“



Man könnte ja annehmen, dass die Aufgabe, ein passendes, von Zuneigung geprägtes Geschenk für die Partnerin auszuwählen, dieses zu beschaffen und liebevoll zu verpacken, bereits so viel Energie auffrisst, dass nichts mehr übrig bleibt für die eigene Familie.

Irgendwie würde ich jedoch erwarten, dass sich das in dem Geschenk widerspiegelt.

Weit gefehlt.

Zum Glück habe ich nie einen neuen Mixer oder so was bekommen. Aber selbst eine Frau, deren Hobbies sich auf Dinge erstrecken, die mit Werkzeug zu tun haben, freut sich über nette Kleinigkeiten, die nicht nützlich sind, sondern einfach nur schön, überflüssig, ein Luxus.

Für die Kohle, die die PC-Boxen gekostet haben, die mein Ex mir letztes Jahr geschenkt hat, hätte er einen tollen Badezusatz bekommen. Und vielleicht ein paar Blümchen. Aber vermutlich war er ohnehin gerade im Elektromarkt. Zudem hat es ihn, wie er auf dem beiliegenden Zettel schrieb, gestört, dass mit meinem Headset immer nur einer hören kann.

Zettel, nicht Karte, wohlgemerkt.

Sagte ich schon, dass er ein Ex ist? Dazu musste er allerdings noch weiter desillusionierend tätig sein. Das kam dann im Januar.

Noch was Gutes am Single-Weihnachten: Man muss weder so tun, als würde man sich freuen (wobei ich finde, dass sich das normalerweise schon so gehört) noch muss man die miesepetrige Visage von jemandem ertragen, der allen Ernstes meint, die teure Ledertasche, die unterm Christbaum liegt, enthielte auch noch ein Notebook…und der sich nicht entblödet, danach zu fragen.
Das war der Ex vor dem mit den PC-Boxen.
Ach ja, mein Händchen für Männer ist berühmt.


In diesem Sinne: Schönen Einkauf Euch allen draußen im Internet!

Sonntag, 16. Dezember 2007

Mütter brauchen Töchter

Katzen hin oder her, manchmal müssen es Menschen sein. Oder?

Ein Eremitendasein hat vielleicht seine Berechtigung, wenn man gerne auf Pfählen oder in Höhlen wohnt, aber auf die Dauer geht sich der Durchschnittseremit doch bestimmt auch selbst auf den Keks.
Um so mehr gilt das sicher für EremitINNEN.
Gab es sowas eigentlich? Ich bin jetzt grad mal zu faul, um die alte Tante Google zu konsultieren,bin aber auch sicher, davon noch nicht gehört zu haben. Wobei meine persönliche Unfähigkeit, mir eine Eremitin vorzustellen, nicht nur daran liegt, dass meine Rechtschreibkontrolle das Wort nicht kennt, sondern auch davon geprägt ist, dass ich mir ein Leben ohne Worte, gesprochen oder geschrieben, nicht vorstellen kann. Und immer nur mit sich selbst oder den Vöglein in den Zweigen reden? Was soll denn dabei herauskommen?

"Morgen, ihr Flatterviecher."
"Piep."
"Gut geschlafen?"
"Piep."
"Habt ihr heute Nacht auch den Lärm gehört?"
"ZWITSCHER!!!"

Ihr versteht.

Dank der magischen Eigenschaften meiner befellten Sopran-Gruppe bilde ich mir ein, aus ihrem schlecht gelaunten Raunzen und Maunzen (keins der Viecher kann tatsächlich sowas wie ein "Miau" produzieren) Meinungsäußerungen zu entnehmen. Gut, meist von der "Gib mal das Futter rüber, Alte"-Sorte. Aber dennoch.

Für richtiges Reden, stundenlang, und mit einer Kanne Tee zwischen den Kontrahenten, sowie einigen gut gefüllten Aschenbechern auf dem Tisch und einem verheißungsvollen Auflauf im Ofen, braucht Frau Eremitin jemanden zum Reden. Und da man das ja angeblich mit Männern nicht kann, braucht man dazu ein weibliches Gegenüber.

Warum muss das nun eine Tochter sein, und was macht die geneigte, mitlesende Eremitin, wenn sie keine hat?

Also, es muss eine Tochter sein. Freundinnen, Mütter, Tanten, Schwestern kann man einfach nicht so beeindrucken.
Söhne, Väter, Ehemänner, Brüder- s. o. Nach allem, was durch die "Frauenbuchreihen" der populären Verlage geistert, mögen die nicht nur nicht mitquatschen, sie können auch angeblich keine Datenverarbeitung in der gebotenen Gigabit-Menge pro Zeiteinheit durchführen. Dafür reicht, so sagt Frau, die Busbreite nicht aus. Das sage nicht ich, ich zitiere nur! Kein Breitband-Laber-Anschluss für die Herren, meine Herren!

Also, nur mal zur Erinnerung, das Setting: Zwei Frauen mit dem gebotenen Generationen-Altersunterschied (plusminus 5 Jahre), ähnlichen Überzeugungen (nicht gleich, das ist zu langweilig), einer Teekanne mit Anschluss an eine 100°-C-Druckwasserleitung und eine 200 g Dose Tabak, sowie der ein oder anderen Tafel Schokolade, damit während des Wartens auf den Auflauf die gute Stimmung nicht allzusehr absackt. Für Leute, deren Redelust auch unter dem Einfluss von Winzererzeugnissen nicht nachlässt, darf auch ein Fässchen Rotwein her.
Dazu gehört vorzugsweise eine Küche. Bzw. ein Küchentisch, nicht ganz so helle Beleuchtung und bequeme Sitzmöbel. Tisch und Lampe dürfen gern von diesem skandinavischen Möbelhaus sein, auf deren Stühlen man nicht sitzen kann.
Ein paar Katzen runden das Dekor ab, sind aber nicht obligatorisch.
Nun denn, the game is afoot, um mal Conan Doyle zu zitieren: Es kann also losgehen.
Und bevor noch die Morgendämmerung ihre rosenfingrigen Aktivitäten auf dem Garagenhof startet, kann frau sich sicher sein, dass
a) die Probleme der Welt, wenn auch nicht unbedingt gelöst, so zumindest sämtlich angesprochen wurden;
b) man gegen drei Uhr morgens die Teesorte wechseln musste;
c) jeder Entschluss, mit dem Rauchen aufzuhören, in weite Ferne gerückt ist;
d) wirklich kein Mann, den beide kennen, nicht erwähnt wurde;
und
e) sowohl diese Männer, als auch einige nur einer der Beteiligten bekannte Exemplare einer gründlichen Untersuchung in Bezug auf ihre Eignung oder Nichteignung für verschiedene Zwecke unterworfen wurden.

Das ist das, was man unter einem gelungenen Abend versteht.

Natürlich ist für die Themenwahl und auch die zu konsumierenden Getränke, mögen sie heiß oder kalt sein, die Tochtereigenschaft nicht zwingend. Diese fügt zu dem ohnehin erfolgreichen Rezept die eine, entscheidende Zutat hinzu: Das Element der gegenseitigen Bewunderung.

Die Jüngere lauscht atemlos den Beschreibungen der Älteren, wie das Leben in grauer Vorzeit war, die Ältere bewundert die Jüngere für ihr erreichtes Niveau an politischem Bewusstsein und Selbsterkenntnis, sowie ihre beziehungstechnische Reife.
Kurz und gut: Beide haben was davon.
Was haben Eremitinnen, außer einem immer lauter werdenden Rauschen in den Ohren? Ihre Ruhe? Nicht wirklich. Wer je früh um fünf von brüllenden Amseln geweckt wurde, weiß, wovon ich rede.

Also, Eremitin sein ist nicht der Burner, ihr Lieben.


Wie immer im Leben kommt jetzt aber das große Aber. Der Einwand schlechthin.
In wie vielen Familien, in wie vielen Mütter/Töchter-Beziehungen hat es solche Nächte schon gegeben? Welche Mutter ist in der Lage, ihre Tochter für ihre Lebensführung zu bewundern? Welche Tochter lässt sich bei dem einen oder anderen Liter Rotwein von ihrer Mutter Schwänke aus deren Jugend erzählen?

Das ist einfach zu selten, meine Damen.

Dafür ist vermutlich viel zuviel Geschichte zwischen den beiden Beteiligten passiert. Gemeinsame Geschichte, mit allem Potenzial, solche Abende unmöglich zu machen.

Vielleicht war das früher mal anders, als man sich gemeinsam bei Kerzenlicht die Augen über dem Strickzeug verdorben hat, aber ich fürchte eher, dass das in den Bereich Grimm'scher Märchen zu verweisen ist. Idyllisch, aber trotzdem gelogen.

Außerdem: Was macht frau, wenn sie drei Söhne hat, aber keine Tochter? Oder keine Kinder?

Es müssen also Ersatztöchter und Aushilfsmütter her.

Dringend.


Edit
um hinzuzufügen:
Es gab Eremitinnen. Und es gibt sie. Googelt selbst.

Freitag, 14. Dezember 2007

Nix Barbie, oder: Es ist noch nicht aller Tage Abend.


Die geneigte Leserschaft wird registriert haben, dass das letzte Post mit einer harsch nach Selbstkritik klingenden Formulierung schloss.

Diejenigen Leser, die mich persönlich kennen, kennen auch diese Art, mich selbst zu beschimpfen, teilweise auch, weil sie sie dauernd selbst anwenden.
Ein dreifach kräftiges Huhu an alle, die sich jetzt angesprochen fühlen. Ihr seid gemeint. Jawoll.
Dabei hatte diese Bemerkung endlich einen Sinn, der über die üblichen damit verbundenen negativen Emotionen hinausgeht.

Ich habe tatsächlich in den Spiegel gesehen, und mal hingeschaut.

Und was habe ich gesehen?

Eine Frau, Mitte 40, mit Übergewicht, ziemlich müden Augen, viel zu blass, mit zu dunkel getönten Haaren ohne Schnitt, unvorteilhaft (aber wenigstens warm) angezogen.
So ziemlich das, was ich jeden Tag sehe.

Aber irgendwie doch nicht.

Ich habe eine nicht schöne Frau gesehen (der Spiegel hat mir noch nie was anderes gesagt...)- und ich habe eine Frau gesehen, die auch nie schön sein wird. Nicht mal hübsch.

Soweit nichts wirklich Neues.

Aber außerdem stand da noch, dass das tatsächlich nicht schlimm ist. Das war tatsächlich eine Erleichterung, aber keinesfalls weiter ein Grund, irgendwen zu bestrafen, auch nicht sich selbst.

Der Möglichkeiten, sich zu bestrafen, sind viele, und ich bin da ein kreativer Mensch.

Eine Fratze, die man seinem Spiegelbild zeigt, eben schnell im Vorbeigehen.

Böse Bemerkungen über sich selbst, wenn irgendwas zwickt, weil es nicht richtig passt.

Gnadenloses Hungern, gefolgt von gnadenlosen Fressorgien, wenn das Hungern nicht so schnell zum Ergebnis geführt hat, wie man das gern gehabt hätte.

Einladungen, denen man mit schwachen Entschuldigungen und faulen Ausreden fernbleibt- weil man sich unter anderen Menschen ebenso kritisch betrachtet fühlt, wie man sich das selbst antut.

Die wachsende Einsamkeit, wenn man sich für niemanden mehr für zumutbar hält.

Einsamkeit bringt schlechte Angewohnheiten mit sich. Die Wochenenden zum Beispiel, an denen man sich nicht einmal mehr richtig anzieht- es sieht einen ja ohnehin niemand, weil man das Haus nicht verläßt.

Das schlaffe Abhängen auf der Couch, die schlechte Haltung, wenn man dann doch noch einkaufen muss.

Die Auswirkungen davon nagen noch mehr an dem kleinen Rest Selbstbewusstsein, der den Blick in den Spiegel überlebt hat.

Anstatt anwesend zu sein in seinem Leben trauert und wütet man um das, was nicht ist.

Die Unzufriedenheit trägt man mit sich wie einen grauen Mantel. Darunter verliert man – sein Gesicht. Oder das, was es eigentlich sein sollte.

Machen wir uns doch mal klar, dass niemand uns einlädt, ein Bier zu trinken, weil wir dekorativ sind. Auf keiner Feier sind wir als Schaustück gebucht. Sondern weil wir, im besten Fall, gute Unterhaltung sind, interessante Gesprächspartner, gute Zuhörer, kluge Ratgeber. Oder liebe Freunde.

(Leute, die ihre Gäste einladen, weil sie zu den Polstermöbeln passen, will ich nicht besuchen.)


Dass mein Körper nicht aussieht wie der von Heidi Klum ist nicht sein Fehler. Es gibt keine Berechtigung, ihn nicht trotzdem zu mögen, und jeden Grund, zu versuchen, sich in ihm wohlzufühlen. Ja, genau, vielleicht auch wie in einem bequemen Paar Schuhe. Wenn ich die bequemen Schuhe lange tragen will, sollte ich sie sorgsam behandeln und nicht einfach runtertreten und in die Ecke werfen.


Das, was man seinem Körper alles so antut, mit zuwenig Schlaf und den falschen Nahrungsmitteln in unangemessener Menge, mit zuviel Zigaretten, Alkohol oder anderen Drogen, wird man ihm ansehen, und es ist etwas, was man ihm tatsächlich selbst angetan hat. Haben wir da jetzt endlich einen Grund, wieder loszutreten?

Nö. Denn da kommt das ins Spiel, was auch im Spiegel zu sehen ist, wenn man sich mal die Mühe macht, nicht sofort angewidert den Blick abzuwenden.
Das, was man sonst noch so von sich weiß, was sich auch zeigen kann, hinter den müden Augen. Das Innere, die Seele meinetwegen, die es auch verdient hat, dass man sie zeigt. Die auch eine gute Pflege braucht, und die genau wie der Körper Narben davon trägt, wenn wir sie schlecht behandeln. Die lässt man vereinsamen, weil man sich in seinem Körper nicht wohl genug fühlt, um ihn mal nach draußen zu lassen. Die soll doch bitteschön sich zurückhalten mit ihren lästigen Emotionen, denn die passen gerade mal nicht.


Der alte Witz von der Frau mit der inneren Schönheit, der jemand sarkastisch rät, sich doch bitte wenden zu lassen, ist einerseits eine Gemeinheit, andererseits ist nichts Falsches daran, seinen Körper ganz zu bewohnen, anwesend zu sein... und das Licht mal wieder einzuschalten.

So, dass sichtbar ist, dass da kein Zombie unterwegs ist, sondern ein lebendiger Mensch, neugierig oder stur, liebevoll oder traurig, voller Angst oder Zuversicht oder Zorn.

Wenn ich mich so zurück erinnere an Zeiten, in denen ich gar nicht in der Lage war, mich zu verstecken, weil mir das Leben gerade sehr übel mitspielte, dann fällt mir auf, dass die intensivsten Kontakte mit anderen Menschen sich zu diesen Zeiten abgespielt haben.
Ich war vor lauter Trauer im wörtlichen Sinne außer mir, sichtbarer als je zuvor und auch als später jemals wieder- und die Zuneigung und Zuwendung der Menschen um mich herum hat mir mehr geholfen als jedes Selbsthilfebuch oder als 50 Stunden Psychotherapie.

Dieses Offen-Sein hat mich nicht umgebracht. Es hat mir nicht geschadet, mit offenem Visier durch die Welt zu gehen. Im Gegenteil.

Heute bin ich mir nicht sicher, ob es noch viele Menschen gäbe, die mir ihre Zuneigung und Zuwendung geben würden, denn sich aus dem Leben zurückzuziehen und sich unerreichbar zu machen, hat Konsequenzen. Aber ich arbeite daran.

Und damit ich das möglichst nicht wieder vergesse, damit ich das nicht wieder schlampig gekritzelt in irgendeiner Kladde verschwinden lasse, steht das jetzt hier.


Es ist halt noch nicht aller Tage Abend.

Zurrrrück...

von Wein, Weib und Gesang. Oder, in diesem Fall: Kochalkohol mit versch. künstl. und nat.id. Aromastoffen (im Weiteren "Glühwein"), Arbeitskollegen und Klatsch.
Die Reibekuchen, als Grundlage für die erwarteten Exzesse zu sich genommen, konnte man nur mit, Zitat: "Magenwände(n) wie Panzerplatten", Zitat Ende, genießen. Der Fettgehalt reichte allemal, um zu garantieren, dass selbst 80-prozentiger, selbst gebrannter Kartoffelwodka die Leber schonend passieren könnte.
Nur die Galle schmerzt, und ich werde morgen früh noch wissen, was ich heute gegessen habe. Vermutlich kommt man mit dem Öl, welches von den besagten Reibekuchen tropfte, mit dem Diesel einmal vom Ruhrgebiet ins Sauerland und zurück. Die Holländer, die da auch hinwollen, müssen ab Essen nur der Nase nach fahren!

Da ich nur einen Glühwein getrunken habe, werde ich gleich noch ein Fläschchen Rotwein nachlegen. Als Gegengift.

Wir waren auch auf der Toilette, die Kollegin und ich. Der maximal pigmentierte (Political correctness, Ladies and Gentlemen!) Toilettenmann ist im Zivilberuf vermutlich Soziologiestudent im Diplomsemester (Thema: "Gemeinschaftserfahrungen von Frauen auf öffentlichen Toiletten, unter besonderer Berücksichtigung der Einwirkung chemischer Reagenzien, konsumiert anlässlich traditioneller christlich-europäischer Jahresend-Volksbelustigung").
Nein, ich bin nicht betrunken.
Keinesfalls.
Leider. Noch nicht.
Wäre ich betrunken gewesen, hätte ich mich nicht so deutlich im Spiegel betrachten können.
Ich hätte nicht hinschauen sollen.
Aber, so mein Trost: Ich bin nicht überall hässlich, nur außen.
Vielleicht sollte ich mich wenden lassen?

Posten, ohne was zu sagen zu haben.

Ich fühl mich so, als müsste ich hier jetzt was posten. Eigentlich habe ich nichts zu erzählen, aber das hat mich noch nie vom Reden abgehalten. Warum sollte ich dann nicht auch inhaltsleer bloggen können?


Es ist Freitag Mittag, das Wochenende ist in Sichtweite, und an meiner offenen Bürotür ist gerade die Betriebsschöne vorbeigestakst, in einer dieser unsäglichen Radlerhosen-artigen Jeans. Mit einer Strumpfhose darunter, angetan zusätzlich mit Stiefeln. Stiefel von der Sorte „Kauf ein Paar, und du kriegst einen Meter Bordstein dazu“.
Das Outfit ist gewagt, aber im Vergleich zu der von ihr bevorzugten Sommerbekleidung (Miniröcke in Gürtel-Breite) ein Mahnmal an Dezenz und Konformismus. Rein figurtechnisch kann sie es tragen, das ist wohl wahr.
Allerdings gab es schon mal ein Rundschreiben der Geschäftsführung, das kurze Hosen als unerwünscht bezeichnete. Das wurde sogar durchgesetzt. Aber nur bei einigen männlichen Kollegen- die hat man nach Hause geschickt, damit sie sich umziehen.
Rein vom Ästhetischen her kann ich das gut nachvollziehen, die Bierbauch-über-Bermuda-über-Tennissocken-Kombo, oder auch nur das, was meine Oma „Porree-Piepen“ nannte, ist schon etwas, das Augenkrebs auslösen kann. Aber wenn schon, denn schon: Gleichbehandlung ist doch etwas schönes an sich, oder? Ganz ohne Ästhetizismus.


Als After-Work-Alkohol ist um diese Jahreszeit der Glühwein sehr beliebt. In zwangloser Guppierung begibt man sich nach Büroschluss in die Innenstädte und steht an diversen zugigen Ecken herum, eine geschmacklos verzierte Tasse mit industriell gefertigter, verdächtig roter Flüssigkeit im Patschhändchen.
Gruppendynamisch Fortgeschrittene erkennt man an gleichen Mützen, resignierte Beschäftigte der öffentlichen Hand daran, dass sie jeden Blickkontakt mit der Umgebung vermeiden- der Typ einen Glühwein-Stand weiter könnte der Sozialhilfeempfänger vom 9-Uhr-Termin sein.

Von Zeit zu Zeit bricht eine Gruppe Frauen kichernd und sich gegenseitig Halt gebend in Richtung der nächsten öffentlichen Toilette auf (Frauen gehen ja nie allein… und so weiter), und kehrt meist in dezimierter Kopfzahl zurück, weil ein Verlassen des Standes auf mirakulöse Weise für eine Bewusstwerdung der Menge des konsumierten Fusels sorgt. Sprich: Frau bemerkt, dass sie stinkbesoffen ist, und zieht es vor, das Weite zu suchen. Viel Glück auch- ich bin bei solcher Gelegenheit schon Opfer teurer Spontankäufe geworden. Glühwein scheint die Abwehrkräfte zu schwächen.


Deshalb geh ich jetzt trinken. Vorher werde ich halt-und gewissenlos eine Bratwurst vertilgen. So richtig mit E xxx drin und mit Cholesterin und so. Plus Weißmehlbrötchen, wenn die Sorte leicht gebräuntes Radiergummi wirklich als Brötchen bezeichnet werden kann.
Und ich trinke dann nur Kinderpunsch, denn ich muss noch nach Hause fahren. Mit dem Auto.

Mittwoch, 12. Dezember 2007

update: Passwort

Man hat die Mail beantworten lassen- von einem ganz richtigen Menschen, oder zumindest von jemandem, der ein richtiger Mensch zu sein glaubwürdig vorgetäuscht hat.
Ich habs dann geschafft, mit dem alten Passwort reinzukommen, und das neue einzugeben, um mit dessen Hilfe ein individuelles PW einzugeben- das natürlich wieder identisch ist mit dem alten. Oder so.
Dafür moppert jetzt diese Software und sagt, dass mit Blogger.com kein Kontakt hergestellt werden kann. Momentan kann ich Fehlermeldungen nicht gut leiden. Nein, mein Schatzzz...

Also werd ich ein bisschen drucken, nur so zum Spaß.

Schönen Nachmittag,

Lily

Schon wieder Computer.



Ich habe geprasst. Tatsächlich geprasst, und komme mir irgendwie doch ganz verworfen vor, weil demnächst die Kohle ziemlich knapp werden wird (mein Sohn wird 27- und jeder, der studierende Kinder hat, weiß, was das heißt).
Ich habe mir für 80 € einen neuen Drucker gekauft, das war überfällig. Der alte hat einen Regenguss nicht überlebt (nein, er stand nicht draußen, es hat reingeregnet).

Es fing alles ganz harmlos an- am Montag Mittag bin ich losgezogen, um ein neues Patch-Kabel für die Verbindung zwischen Router und Modem zu besorgen. Es bietet sich an, so etwas in Reserve zu haben. Wie ich nämlich bei näherer Betrachtung des alten Kabels gesehen habe, sind da Löcher drin, die NICHT von meinen Zähnen stammen.
Es steht also zu befürchten, dass auch das neue Kabel über kurz oder lang von dieser Plage (Lochfraß??) befallen werden wird. Ich werde euch die Kosten für das Kabel vom Futter abziehen, Jungs, das neue war nämlich teuer.

Elektro-Märkte (und Baumärkte) setzen in mir merkwürdig konsumorientiertes Verhalten frei. Ich muss dann was kaufen. Es ist beinahe egal, was.
Auf dem Weg zu den Computerkabeln im Elektro-Markt meines Vertrauens muss man an diversen Geräten vorbei. Ich konnte den Sandwichtoastern, den Digitalkameras und den Handys geschickt ausweichen- so was hab ich schon, da brauch ich auch nichts neues. Den Plasmafernseher kann ich mir nicht leisten, und einen zweietagigen Kühlschrank in psychedelischen Farben will ich nicht.
Aber dann.
Dann standen da Drucker aus aller Herren Länder (Ländern? Egal. Von überall. Ihr wisst schon.) Das nächste, was ich weiß, war, dass ich an der Kasse stand, vor mir der Druckerkarton (schwer, das Teil) und in der schweißigen Hand das Patchkabel und ein Päckchen Fotopapier in Weihnachtspostkartengröße.

Mit Ach und Krach hab ich das Gerät ins Auto gehievt- der Laden ist nicht weit entfernt von meinem Büro, und wenn ich dahin will, geh ich zu Fuß (das reduziert auch die Wahrscheinlichkeit, einen zwei Meter hohen Kühlschrank mitzunehmen, weil er im Angebot ist.) Der Rückweg ist immer länger als der Hinweg, merkwürdigerweise- also hatte ich lange Arme, als ich auf dem Betriebsparkplatz ankam.

Den Rest des Tages habe ich in einem Rausch verbracht, und weiß nicht mehr so recht, ob ich etwas Sinnvolles geschafft habe. Dann, dann… war endlich- Feierabend.

Ab nach Hause. Die Kofferraum-Innenbeleuchtung gab ihren Blick frei auf die technischen Angaben, die auf der Unterseite des Kartons standen- Angaben zu Material, Volumen, und Berstgrenzen. Berstgrenzen? Jep. Technische Details des Kartons. Im Ernst. Es hat mich doch beruhigt, dass er aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt ist. Man ist ja nicht gern ein Öko-Schwein. Nicht wahr?

Rein in die Wohnung, die Katzen gefüttert und die Kiste aufgemacht.

Wow. Schönes Teil.

Mehrere Kilo Handbuch entpuppen sich laut Aufschrift als „Kurzreferenz“. Aha. Aber in siebzehn lebenden und zwei oder drei ausgestorbenen Sprachen- da bin ich ja beruhigt.

Das eher zähe Klebeband äußert sich nicht dazu, ob es von makrobiotisch angebauten Klebebandbäumen stammt. Aber sei’s drum.

Eine bebilderte Aufbauanleitung hat mir gezeigt, wie ich die 5 Farbpatronen, den Druckkopf und diverse andere Teile anbringe. Hab alles einmal fallen lassen (nicht den Drucker…), aber dann stand das Gerät in voller Pracht auf der Arbeitsplatte in der Küche.

Um es richtig in Betrieb zu nehmen, braucht man natürlich einen Computer.

Der steht im Arbeitszimmer, da, wo er auch hingehört.

Ein heimeliges Plätzchen für den Drucker war schnell gefunden, und die Installations-CD in das dazu passende Laufwerk eingelegt.

Die Software bietet die übliche Auswahl „einfache Installation“ und die benutzergesteuerte Variante. „Einfach“ muss reichen, beschloss ich, und hab mich in der Folge durch bunte Menüs geklickt, Lizenzvereinbarungen en masse zugestimmt… alles in fröhlicher Laune.

Dann kam der Moment, der von mir den konkreten Anschluss des Druckers an meinen Rechenknecht verlangte.

Ein USB-Kabel wird benötigt.

Kein Problem, denkt die Besitzerin einer ganzen, großen Plastikkiste voller Kabel, du hast so was ja in rauen Mengen im Vorrat- von WebCam, Handy, PDA, Multi-Kartenleser, WLAN-Antenne, sowie diversen, inzwischen dahingeschiedenen Peripherie-Teilen.

Ein bisschen irritiert hat mich zwar, dass die Anschlussbuchse an der Front des Druckers angebracht war, und dass man ein Kläppchen offen lassen musste, um die Verbindung Rechner-Drucker bestehen zu lassen, aber ich war guten Mutes. Zwar hatte mich gefreut, dass die ganze Druckkiste ziemlich staubsicher und vor allem potenziell Katzenhaar-frei zu verschließen war, aber es gibt halt Prioritäten, gell?
Da zieht man halt das Kabel ab, wenn der Drucker nicht gebraucht wird.

Dummerweise fand ich dann kein Kabel, das mit dem einen Ende in den Port an der Druckerfront und mit dem anderen an den einzigen noch freien Anschluss am Rechner gepasst hätte.

Mein Rechner ist alt, die Front-USB-Ports sind nicht angeschlossen (das war mir immer zu fummelig), und ergo gibt’s nur zwei Ports, die wirklich zur freien Verfügung stehen.

Shit. Das Kabel, das ich zum Anschluss verwenden wollte, ist ein USB-Verlängerungskabel.
Kartenleser, Handy und Kamera haben alle Mini- bzw. Micro- A- Stecker der Sorte "passt nicht".

Webcam und WLAN-Antennenkabel sind entweder fest mit dem Gerät verbunden oder sonst wie verkehrt.

Shit. Shit. Shit.

Eine genauere Analyse des Gerätegehäuses zeigt auf der Rückseite noch einen Port. Von der Spezifikation „Hab ich doch auch schon mal irgendwo gesehen“.

Aha. Das Front-Teil dient wohl dazu, einen Kartenleser anzuschließen.

Eine nette Option, aber im Moment nicht das, was mir weiterhilft.

Ein Blick in das bunte Aufbau-Faltblatt erklärt mir, dass ein USB-Kabel gebraucht wird. Überraschung!

Ein Blick in die Kurzreferenz zeigt… nichts.
Keine Angabe zu den Schnittstellen.

Also den Karton aus den Klauen der Katzen gerissen (das ist wörtlich gemeint. Karlchen hatte schon angefangen, ihn zu zernagen).

Die Angaben zum Stammbaum des Kartons auf dessen Unterseite (s. o.) haben mich durchaus positiv eingestimmt auf das, was ich nun auf der Kiste zu lesen zu bekommen erwartete.

Ich nahm ihn hoch, hielt ihn ins Licht (man sieht schon nicht mehr soo gut mit Mitte 40), drehte und wendete ihn und fand- nichts.


Das war dann der Moment, in dem ich irgendwen brauchte, um ihn möglichst farbig zu beschimpfen.

Warum, um alles in der Welt, steht auf dem Karton zwar, wie viel Kilos man damit befördern kann, und dass er aus Jute ist oder so, aber nicht, mit welcher Art Kabel man den Drucker, der drin ist, anschließt?

Ich fand in 6- oder 7-Punkt-Schrift (!!!) eine Liste der erforderlichen Hardware und Software. Speicherplatzbedarf der mitgelieferten Software. Art des Prozessors, Mindestrechenleistung, all solche netten Details. Natürlich in kaum lesbarer Tabellenform und sämtlichen europäischen Sprachen, aber dennoch. Eine Liste.

Anschließend hab ich versucht, in der halb fertigen Installation der Software irgendwelche Angaben zu finden über die USB-Kabel-Variante, die hier benötigt wird. Da noch keine Icons für die einzelnen Programme erstellt worden waren (zur Erinnerung: Die Installation konnte mangels Anschlussmöglichkeit des Druckers an den Rechner nicht beendet werden) hab ich online über einen auf der CD enthaltenen Link versucht, an die Angaben zu kommen.

Wohlgemerkt: Ich konnte die Schnittstelle am Drucker sehen. Und ich habe auch schon solche USB-Anschlüsse an Kabeln gesehen, aber ich wusste einfach nicht, wie die Dinger heißen, also welche spezielle Art Anschluss (ich glaube, es gibt 5 oder sechs unterschiedliche Arten) das ist.

Es ist immer sehr von Vorteil, wenn man im Laden sagen kann, man will die Süd-NRW-Variante haben, genau die, mit Dortmunder Anschlussstück und Iserlohner Adapter.
Und nicht einfach: „Das Kabel da!“ Im Zweifel kann man damit böse Überraschungen erleben.

Der in der Software aufscheinende Link brachte mich auf die japanische Seite des Herstellers, und zu einem Mittelklasse-Wutanfall. Die europäische Seite enthielt KEINE Angaben.

Danach beschloss ich dann, ins Auto zu steigen, und die 7 Kilometer durch den Feierabendverkehr zu fahren, um zähneknirschend den Elektromarkt noch einmal aufzusuchen.

Dort habe ich mir dann die Kartons die da noch gestapelt standen, angeschaut (das Licht ist da erheblich besser).
Ganz oben in einer seitlichen Ecke des Kartons ist ein Logo, auf dem steht „USB“ (Logo-Größe ca. 8x8 Millimeter), verschlungen und eingebaut in dieses Logo ist in ungefähr 5 Punkt Pica in einer hellen Farbe (ich glaub, gelb) der Schriftzug „High-Speed-USB“ enthalten. Selbst unter den ultrahellen Lampen in dem Laden für mich kaum zu erkennen, zu Haus schon mal gar nicht- und warum so versteckt?
Ist das ein Versuch der Drucker-Hersteller, die Kunden noch mal ins Geschäft zu kriegen? Ist doch nicht ihr Geschäft.
Ist das ein Versuch, die Kabelindustrie mittels möglichst vieler Fehlkäufe anzukurbeln?
Egal, wie die Motive sind, ich bin dann weiter zum Kabelverkauf, habe mir das passende Ding rausgesucht, und bin zur Kasse.

Klar, ich hätte auch gleich fragen können.
Und es ist mir auch bewusst, dass
A) die meisten Druckerschnittstellen heutzutage USB sind.
B) ist mir klar, dass es da verschiedene Anschlüsse gibt.
C) weiß ich auch, dass die Verbindungskabel heute nicht mehr unbedingt beiliegen, wenn man Peripherie kauft.

Aber was ist eigentlich dagegen einzuwenden, neben dem Berstdruck der Kartons auch die verlangte Kabelvariante auf die Kiste zu drucken? Lesbar, vorzugsweise auf der Oberseite der Verpackung, und so, dass auch Leute, die so was das erste Mal kaufen, daran denken, dass sie noch ein Kabel brauchen? Und welches?
Das wäre doch mal ein Regelungsfeld für die EU-Bürokraten.


Übrigens: Er druckt toll. Die beiliegende Software ist sehr intuitiv, und für den Alltagsgebrauch wirklich geeignet. Nichts für wirkliche Design- und Fotofreaks, aber für Leute wie mich gerade richtig. Er ist schnell, er ist leise, und im Unterschied zu meinem alten HP muss nicht gleich ein Haus verkauft werden, wenn die Kartuschen fällig werden. Duplexdruck ist an Bord, CDs und DVDs kann man ebenfalls damit bunt machen. Alles wie aus dem Bilderbuch.
Das man damit bestimmt auch ausdrucken kann.

Viel Glück beim Weihnachtseinkauf- und immer an die Kabel denken!


Lily