Mittwoch, 3. Juni 2015

Unsere Ehre ersäuft im Mittelmeer






Da war einmal ein Land, das einst ein böses Schicksal barg für Menschen, die anders dachten, aussahen, glaubten oder redeten als die, die die Macht hatten. Ein Land, dass sehr viel sehr konsequenten und kompetenten Aufwand betrieb, um alle die, die irgendwie aus dem Gleichmaß heraus ragten, auf effiziente Weise aus der Welt zu schaffen- bis die Welt zurück schlug und es fast dem Erdboden gleich machte. 
Recht getan, murmelte da der innere Ausbalancierer, und beobachtete mit Wohlwollen, dass die Bewohner des Landes sich nach der Am-Boden-Phase ein neues Programm gaben.
In diesem standen die Worte:
Politisch Verfolgte genießen Asyl.
Damit wollten die Bewohner kundtun, dass sie aus dem, was sie getan hatten, gelernt haben- und in Zukunft eine Zuflucht für die bieten wollen, die unter Machthabern leiden, die über Leichen gehen um an der Macht zu bleiben.
Dieser Satz ist, wie vieles in unserem Grundgesetz, eine Folge aus dem, was in diesem Land und in seinem Namen geschehen ist. Eine kleine Wiedergutmachung für Barbarei und Gewalt und den millionenfachen Tod, der einen deutschen Namen trug, zwölf entsetzliche Jahre lang.
Es beschämt mich, die derzeitige Diskussion auf EU-Ebene mit anhören und mitlesen zu müssen. Kaum jemand von uns kann wirklich nachvollziehen, wie das Leben in Syrien, dem Irak, in Nigeria und überall da ist, wo der Staat Amok läuft oder seine Bürger nicht schützen kann. Innenpolitische Spannungen, Strömungen und Verwerfungen kann man kaum für das eigene Land richtig einschätzen. Gefiltert durch Medienberichte und akzentuiert durch Bilder ist es so gut wie unmöglich, wirklich zu begreifen, was einem Menschen in einem x-beliebigen anderen Land an Gefahren drohen kann, und wie verfolgt er sich fühlt.
Für mich steht nur fest, dass niemand, der sich zu Hause sicher fühlt, tatsächlich aufbricht, um mit Mann und Frau und Kind sein Land zu verlassen und ins Ungewisse zu gehen, ohne Geld, mit vagen Träumen von besserem Leben. Dafür muss der Druck verteufelt groß sein, die Angst vor dem Bleiben viel, viel größer als die vor dem Aufbruch und dem Weg ohne wirkliches Ziel. Wenn die eigenen Kinder zu verhungern drohen, ist der Gedanke daran, dass sie in einem fernen Land zwar alleine, aber satt sind, vielleicht auch beruhigender als sie in den sicheren Tod im Heimatland zu begleiten.

Es gehört sich, diese Menschen mit dem Respekt aufzunehmen, den jeder Mensch verdient, und mit der Rücksicht, die traumatisierten Opfern von staatlicher Gewalt (oder Opfern von mangelndem staatlichem Schutz) gebührt.
Menschen zurück zu treiben oder sie lieber ertrinken zu lassen als ihnen von unserer Sicherheit etwas zu gönnen ist eine Schande für unser Land. Ihnen durch EU-sanktionierte Zerstörung der Schlepperboote den Weg übers Mittelmeer zu versperren und sie stattdessen den afrikanischen Mittelmeeranrainern zu überlassen, die kaum ihre eigene Bevölkerung ernähren können, ist ein Verbrechen.
Da stimme ich dann mit Herbert Prantl von der Süddeutschen Zeitung überein: Wo bleibt die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger?
Und mir stellt sich die Frage, ob man Friedensnobelpreise auch wieder zurückfordern kann.

1 Kommentar:

Georg hat gesagt…

Ich stimme dir zu. Ohne Wenn und Aber.