Samstag, 6. August 2011

Aus Zeit



Was macht man aus Zeit (vorausgesetzt, man hat welche)?

Nicht, dass ich einen Anlass für diese Fragestellung hätte- nein, nur Urlaub :-) 
Juchhu.
Urlaub.
Ein bisschen komme ich mir vor wie die Goldmarie, die über die fetten Wiesen Richtung Frau Holles Hütte wandert, und dabei immer wieder von „Hol mich raus“-Brot, „Schüttle-mich“-Bäumen und so weiter angesprochen und höflich, aber bestimmt um Mithilfe angegangen wird. 

In meinem Fall ist es der Balkon, der „Entunkraute mich“ ruft, sowie mein Zimmer, das derzeit eher steinzeitlich anmutet. Nicht wegen der abgenagten Tierknochen in der Ecke, oder wegen einer Horde knackiger Steinzeitfrauen, die an einem Feuer sitzen und mit einer Keule Ratten erlegen Fladen backen, sondern weil alles, was ich in den letzten Wochen nicht anderweitig unterbringen konnte, dort einen temporären, wenn auch ungeeigneten Lagerplatz gefunden hat.

Ich gebe zu, der Gedanke an dieses Zimmer erzeugt den Wunsch, am Pool zu liegen, und den Cocktailschirmchen in dem exotischen Drink, der in meiner Hand ist, beim Untergehen zuzusehen.

Und ungefähr so sieht dann der Sonnenuntergang aus. Nach dem Drink.  Ich mein ja nur.


 Wo sind übrigens die ganzen Cocktail-Schirmchen hin, die meine Jugend bevölkerten, und heiß umkämpftes Souvenir seltener Eisdielen-Besuche waren? Sind vermutlich genau so ausgestorben wie die Steinzeitfrauen.
Wie dem auch sei, Urlaub.
Ich hoffe, ich kann diesmal aus alten Mustern ausbrechen, und einfach Urlaub haben, ohne ständig an das Büro zu denken, und daran, was ich alles nicht geschafft habe, vor der freien Zeit noch zu erledigen. 

Charakteristikum für alle Leute, die in meinem früheren Einsatzbereich Urlaub haben, ist, dass sie vorher arbeiten wie die Doofen, weil sie ihren Schreibtisch leer kriegen wollen, dabei sich komplett überarbeiten, dann wochenlang nicht richtig abschalten, weil sie die Arbeit mit ins Bett und in den Schlaf nehmen, um dann im Anschluss an die freien Tage wie bekloppt das abarbeiten, was während ihres Urlaubs alles eingegangen ist. Natürlich ist aufgrund des Zeitdrucks vorher auch jede Menge schief gegangen (wie das so geht, wenn man schnell fertig werden will), und es gilt, irritierte Nachfragen und erboste Empfänger fehlerhafter Schreiben auszuhalten. 

Das ist klassisches, operantes Konditionieren, und ruft eine erhöhte Urlaubsunwilligkeit, verbunden mit dringendem Freizeitbedarf, hervor. Auch diesmal ist die Urlaubsvorbereitungszeit begleitet von Schlafstörungen und Magenschmerzen, obwohl ich weiß, dass beides überflüssig ist. Die letzten Abende vor dem Urlaubsende waren immer der totale Horror, weil man wusste, dass je Woche mindestens 10 cm Post (nur die Eingänge- ohne Akten dabei) auf einen wartete. Einerseits wollte man das schnell wieder weg kriegen, andererseits wäre es wünschenswert gewesen, den Rest seines Lebens in eine Decke gewickelt unterm Bett zu liegen, den Daumen im Mund und den Teddy im Arm. 

 Alte Angewohnheiten sterben nur unter Protest. Und ebenso, wie nach über zwanzig Jahren es tief in mir verankert ist, nach jedem Eingießen einer Tasse Bürokaffee einen Strich auf der Liste zu machen, so ist mir immer noch nach jedem Wochenende Montags morgens das Herz schwer, wenn ich auf den Parkplatz hinter unserem Bürogebäude fahre. 

Nun ist es so, dass die Stelle, die ich derzeit inne habe, schon komplett anders ausgestaltet ist als die, die ich besagte 20+ Jahre gehabt habe. Leider ist sie auch befristet. Als Beamtin muss ich nicht fürchten, dann auf der Straße zu landen, Gott sei Dank. Das heißt aber auch, dass ich mir was Neues suchen muss, will ich nicht irgendwo geparkt werden, wo ich an sehr unglückliche Zeiten anknüpfen muss. Das würde ich keine 20 Jahre mehr aushalten (und die stehen noch bevor, denn ich muss bis 68 arbeiten). 

Ich hab ja schon erwähnt, dass ich mich beworben habe, zum ersten Mal seit dem Staatsexamen- und das Bewerbungsverfahren ist fast abgeschlossen. Die erste Hürde ist geschafft, der potenzielle neue Chef hat offenbar nicht grundsätzlich was gegen mich, sondern ich bin zur Bewerbungsrunde geladen, was bedeutet, ein Gespräch unter Anwesenheit der Entscheider aus Personalrat, Personalamt, Gleichstellungsstelle und neuem Chef teilzunehmen. Auch erwartet mich eine praktische Aufgabe. Bei letzterem geht’s vermutlich darum, einen Text zu verfassen, was ich ja ganz gut kann. 

Der Termin für dieses Gespräch liegt mitten im Urlaub- es gibt also Vorbereitungszeit satt. Wenn ich nur wüsste, worauf ich mich vorbereiten muss... Soweit möglich, haben die wirklich netten Kollegen, die ich derzeit habe, mich mit albernen und schwierigen Fragestellungen versehen, deren Beantwortung ein bisschen Übung vermitteln sollte. 

Ich weiß, dass von dem Termin nicht der Rest meines Lebens abhängt, und das ist gut so. Lampenfieber hab ich auch, was ebenfalls nicht schlecht ist. Schließlich hab ich auch noch Konkurrenz. Und die will ich nicht unterschätzen. Witzigerweise hat die Person früher mal im selben Haus wie ich gewohnt, allerdings vor meiner Zeit. Meine Stadt ist ein Dorf, wie man immer wieder feststellen kann. 

Alles in allem hab ich, glaube ich, beschlossen, mich nicht ins Bockshorn jagen zu lassen, und was dergleichen Plattitüden mehr sind (schreibt man das wirklich so? Ist ja gruselig). 

Gut ist, dass ich bereits am Tag nach dem Gespräch erfahren werde, ob ich dabei bin oder nicht.
Das bedeutet, dass ich in aller Ruhe den Rest vom Urlaub genießen kann, egal, wie das Gespräch ausgeht. 

Trotz aller äußeren Gelassenheit muss ich aber sagen, dass eure Hilfe nötig ist. Ich bitte also am Dienstag um gefälliges Gedenken, damit möglichst viel magische Internet-Power mich unterstützt- eine Frau braucht alle Magie, die sie kriegen kann. 

Bis dahin werde ich tun, was alle schlauen Ratgeber empfehlen: Aktiv Urlaub machen.
Schönes Wochenende!

Die Lily

P. S. Ach, ja: Malen. Das tu ich auch noch. Wie man sieht. Und nein, weder bei der Idee noch bei der Farbgebung waren Drogen im Spiel.  Die Farbwahl spiegelt mein entzückendes inneres Selbst wieder. 
So.

Nochmal P.S.: Bei meinem Glück und meiner Verbindung zu Frau Holle wird es am Ende des Urlaubs, sozusagen direkt an Frau Holles Hütte, schneien was der Himmel hergibt. Ich sag ja nur. 


7 Kommentare:

Frau Vau hat gesagt…

Liebe Lily,
das Bild ist mal wieder klasse.. tolle Farben.. was Du alles inzwischen an Technik gelernt hast, Chapeau!!
Sofern ich am Dienstag auch nur ein Bisschen den Kopf frei hab, denke ich natürlich an Dich, ich werde heute schon mal vorsorglich ein paar positive Gedanken losschicken (ich bin heute Abend in London, bis die dann hier sind, ist es Dienstag!). Ich wünsch Dir das Beste fürs Gespräch - die richtige Einstellung dazu hast Du ja schon!
Genieß den Urlaub, gute Erholung!

Tina hat gesagt…

schönes Bild :))).

Georg hat gesagt…

Ich bin ab Dienstag gemeinsam mit dem besten Sohn von allen bei Dir im Städtchen. So hoffe ich Dich sehen zu können. Das "neue" Mobiltelefon wartet ja auch schon auf Dich...

Ich drück Dir die Daumen.

Paula hat gesagt…

Ein bisschen aufgeregt darf ein Bewerber schon sein, das versteht jeder.

Ich glaube, man muss immer mit einer Standardfrage rechnen: warum glauben Sie, sind speziell Sie für diese Tätigkeit geeignet?

Musst Du auch damit rechnen, dass Dich einer danach fragt, warum Du Deine alte Arbeit nicht mehr ausübst? Haben die Einblick in Deine Personalakte? Ein paar simple, einprägsame Formulierungen aufschreiben und im Kopf parken kann nicht schaden.

Tja, Urlaub, das Phänomen Vor- und Nachurlaubsstress ist mir natürlich nicht fremd. Komme gerade zurück, voher eine Woche Stress pur, die komplette Wohnung aufgeräumt, ein neues Fahrrad zusammengebaut, die Steuererklärung fertig vorbereitet, drei Schreiben vorbereitet, und dann mit schweißnasser Stirn nach zweistündiger Fahrt die halbe mitgenommene Wohnungseinrichtung in die Ferienwohnung im ersten Stock geschleppt...

Aber schön war's, Tapetenwechsel, auch nur für wenige Tage, tut so gut!

Ich drück Dir die Daumen, dass Dein Charme am nächsten Dienstag unschlagbar ist (kannst Du willentlich lächeln?)

Paula hat gesagt…

PS Was für ein wunderschönes Bild...Wow!

Meise hat gesagt…

Ich werde an dich denken und ganz viel magische Energie in deine Richtung schicken! Jawoll!

MamazuHause hat gesagt…

TOI TOI TOI!!! Wir drücken morgen alle verfügbaren großen und kleinen Daumen!!

Umgekehrt erhoffe ich mir dann auch ein paar gedrückte Daumen, dass man für mich ne nette Stelle findet :)