Zu den Strafen, die das Schicksal für mich vorgesehen hat, gehört das Faxgerät in meinem Büro.
Bis vor einem Jahr stand es bei der Kollegin nebenan, und wenn man faxen wollte, stand man gründlich im Weg. Es gab keinen Platz, um eine Akte abzulegen, das Ding stand auf einem halbhohen Aktenschrank, so hoch, dass man das Display nicht ablesen konnte, und überhaupt.
Ungünstig.
Ich hab dann angeboten, es bei mir aufzustellen, weil meine Zelle doch etwas weniger Möbel beinhaltet. Dabei kam ich mir hilfreich und gut vor, und das ist ja auch schon mal was.
Aber: Ich bereue es täglich.
Seit ich herausgefunden habe, wie man den Lautsprecher von dem Ding abschaltet, und es nicht mehr jedes eingehende Fax mit einem Klingeln ankündigt, ist es etwas besser geworden.
Richtig übel sind aber- die Leute.
Nicht nur, dass sie meinen, sie müssten mir erzählen, was sie da gerade tun (Faxen machen, was sonst?)
Nein.
Warum glauben die eigentlich, dass, sofern man sich ein Zimmer mit einem Elektrogerät teilt, man automatisch intim mit diesem vertraut ist?
Da lesen sie dann Fehlermeldungen vom Display ab und werfen die in die Runde- auf eine Erläuterung von mir wartend als wäre ich ein Bedienerhandbuch mit Sprachausgabe.
Jegliche Antwort auf derartige Ansprache ist ein Fehler, und zwar ein kapitaler.
Nicht mal steinzeitliches Grunzen darf man absondern- am besten ist es, die Leute vollkommen zu ignorieren.
Sie fragen nämlich ständig irgendwas. Die Zahl der vorzuwählenden Nullen (eine- damit man rauskommt). Ob man bei internen Faxen auch die Null vorwählen muss (wozu? Ist doch intern).
Was es bedeutet, wenn da „Anwahl“ steht. (Na was wohl)
Egal, ob ich gerade telefoniere, ein Bürger vor mir sitzt oder lange, komplizierte Bescheide meiner harren. Ich sitz in einem Meter Luftlinie von dem Ding, also muss ich auch wissen, wie es tickt. Richtig? Richtig.
Und wenn man sich dann über die Anzahl der Nullen ausgetauscht hat, kann man eigentlich auch noch ein Quätschchen halten- oder?
Grrr.
Zum Glück ist der Zugang zum Fax auf die engere Kollegenschaft begrenzt. Schlimmer ist der Schrank, der meiner Tür gegenüber auf dem Gang steht. Der Schrank enthält das Crack des Schreibtischtäters: Büromaterial.
Nun ist es nicht der einzige Schrank. Es gibt drei Stück davon, und einen vierten, in dem alte Vorgänge sind, das Zwischenlager für unsere Akten, bevor sie in die feuchten Gewölbe wandern, die hier Archiv genannt werden.
Die Schränke stehen hier in der Reihenfolge: Material, Material, Akten, Material.
Der erste Materialschrank ist abgeschlossen, und, wie seit Jahren üblich, ist einmal die Woche Materialausgabe. Von der Kollegin, die a) dafür zuständig ist, b) den Schlüssel zum Schrank hat und c) nicht mit mir identisch ist. Auch wenn mein Zimmer sich mit dem Schrank einen Flur teilt.
Im zweiten Schrank sind nur Aktendeckel, Briefumschläge und so ein Zeug, mit dem keiner zu Hause was anfangen kann. Deshalb ist er auch nicht abgeschlossen.
Ein- zweimal am Tag kommt jemand, rüttelt an dem verschlossenen Schrank und geht dann weiter zu Schrank Nummer 2. Der ist offen, enthält aber naturgemäß keine Stifte, Klebestreifen, Heftklammern oder so.
Ich geh dann meist schon mal in Deckung.
Denn das Gespräch, das dann kommt, ist so unausweichlich wie der Sonnenuntergang.
„Ist xyz ausgegangen?“
„Nein“
„Da ist aber nichts mehr“
„Da war auch noch nie was“
„?“
Wenn man jetzt Augenkontakt aufnimmt, darf man nicht nur den Schlüssel besorgen, sondern auch noch Geschenkpapier für die Anspitzer, Kugelschreiber und Heftlaschen.
Also lautet die Antwort: „!“
„Ach ja- da ist ja immer Materialausgabe. Wann war das noch?“
Deutliches, lautstarkes Ignorieren ist jetzt angesagt, denn die Leute sind großenteils wirklich und wahrhaftig zu faul zum Denken, und labern einen lieber zu.
Wenn sie kein verschlossenes Beutegut suchen, sondern im ersten Schrank nur die stapelweise da liegenden Briefumschlag- und Aktendeckelvorräte tatsächlich zu Ende gehen, gibt es diese im Karton zwei Schränke weiter, zum Nachfüllen oder für Mengenbedarf.
Da gibt’s dann a) die Leute, die sich das nicht von einer Woche auf die andere merken können, dass Umschläge jeder Größe, Stehordner und Postzustellungsurkunden, sofern man eine Kiste davon benötigt, im letzten Schrank auf dem Gang aufbewahrt werden.
Da ist dann die Diskussion in etwa so wie oben.
Dann sind da b) die Leute, die sehr wohl wissen, dass die Kartons u.s.w. in diesem Schrank sind. Die gehen dann an den Schrank, machen eine Kiste leer und stellen den leeren Karton, fein säuberlich verschlossen wieder ins Fach. Damit bloß die Kollegin, die sich um die Nachbestellung kümmern muss, nicht merkt, dass keine Briefumschläge mehr da sind.
Ist was feines, eine Behörde mit gut hundertzwanzig Leuten, der die Briefumschläge ausgehen, das muss man mal erlebt haben.
In diesem Sinne einen entspannten Tag :-)
Lily
Mittwoch, 9. September 2009
Nemesis? Oder Alltag?
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13 Kommentare:
Nun ist Dir auch klar warum in der Verwaltung niemand Waffen tragen darf...
Ist bei uns aber ähnlich. Nur das man mit unseren Sachen zu Hause so gar nichts anfangen kann. Trotzdem verschwinden sie immer.
Bei uns hat jemand das FAX so eingestellt, das es nach der Sendung immer eine Sendebestätigung ausdruckt. Völlig überflüssig. Aber es lässt sich auch nicht mehr abstellen. Jeder versucht es aber. So hat man das Vergnügen, dass die Scheiß Kiste jeden Tag irgendwie etwas anderes macht als sie soll. Sitzt man dann zufällig am Tisch daneben, geht es einem genauso wie Du es beschrieben hast.
Du hast mein Mitleid...
Meins druckt auch eine Bestätigung aus, unbarmherzig und immer, immerzu.
Hach, Lily, Du rockst ;-).
Aber mal ehrlich - könnte man nicht einfach einen Zettel an den Schrank kleben: "Materialausgabe Donnerstags von 10-12"? Des Lesens mächtig sollte doch auch der durchschnittliche Behördenmitarbeiter sein...
Der Zettel hätte zur Folge, dass demnächst jeder im Zimmer steht und fragt, ob man denn nur Donnerstag... Briefumschläge hätte man doch sonst immer...und dann die gleiche Litanei wie jeden Tag.
Ich hab mal den Fehler gemacht und an den Kopierer einen Zettel gemacht, dass man den doch bitte nicht einfach abschaltet, wenn man selbst Feierabend macht, weil das ätzend ist, das Ding braucht Stunden, um warmzulaufen.
Es war vielleicht nicht der freundlichste und unsarkastischste Zettel aller Zeiten. Muss ich ja zugeben. Aber er war flüssig formuliert, und auf dem Blatt gefällig verteilt.
Jetzt darf ich keine Zettel mehr machen, die finden mich böse.
Gelobt sei der 24 Std. Betrieb. Wenn wir jedes mal die ganzen Apparate ausschalten würden, dann wäre eine Schicht nicht lang genug.
Das mit den Zetteln kenne ich auch. Warum das nie klappt, kann ich nicht sagen. Es scheint aber so zu sein, dass es immer im falschen Augenblick Menschen gibt, die sich des Energieverbrauchs eines Geräts bewusst werden und doch unbedingt etwas für den Umweltschutz tun möchten. So schalten sie ein ihrer Meinung nach überflüssiges Gerät ab und andere haben das Nachsehen.
Und wehe man spricht diese dann darauf an. Das geht ja gar nicht.
Was ist denn das für ein Saftladen, gibt es bei Euch keine Sekretariate? Und Materialausgabe wird normalerweise in der Wirtschaftsabteilung oder in der Poststelle gemacht.
Bin in einem Sekretariat, mit einem Faxgerät, ich verweise die Leute immer auf das Handbuch, das daneben liegt, und außerdem haben wir einen Zettel ausgedruckt mit Anweisungen für Faxidioten, der direkt daneben an der Wand hängt.
Erziehung zur Selbständigkeit. Und klare Zeichen setzen wie "im Moment bitte nicht, liebe Kollegin X, bin gerade im Gespräch..."
Bestätigungen kann man ausschalten oder nur in Einzelfällen abrufen, bei jedem Faxmodell, ins Handbuch gucken und umprogrammieren!
Sekretariate sind abgeschafft, per ordre de mufti, schon vor Jahren. Und zu unserer Abteilung gehört die Kollegin, die Material beschafft und so- aber ihre Zelle ist so klein, dass drei Schränke da keinen Platz drin haben. Also Schrank-> Flur.
Die Sendebestätigung will ich haben, daher programmier ich es auch nicht um, das Fax- schließlich will ich belegen können, dass ich gefaxt habe.
Wer das nicht will, kann die Bestätigung ja wegwerfen, finde ich.
Man spart damit ja theoretisch auch die Durchschrift für die Akte, wenns Vorab-Faxe sind.
Oder wie wäre es mit einer Rundmail an alle Kollegen im Haus mit
FAQ zum Fax?
1. wie lege ich ein Blatt ein?
2. wie herum lege ich ein Baltt ein?
3. Kann ich mehrere Blätter zugleich einlegen?
4. Muss ich mir vorher die Fax Nummer notieren, an die ich senden will?
5. Warum?
6. Was will mir das Faxgerät sagen, wenn es piept?
7. Wie erfahre ich, ob mein Fax angekommen ist?
8. Wie kann ich das Faxgerät zertrümmern, wenn es nicht funktioniert, so wie ich es mir vorstelle?
9. Warum hat meine Kollegin neben dem Faxgerät die Faxen dicke?
.....
FaxFAQs ist eine gute Idee:-)
Am besten als Zettel- überm Fax.
Und den Laserpointer, damit ich nicht reden muss, um sie darauf aufmerksam zu machen...
Das erste was bei uns verschwindet ist die Anleitung für diese Geräte. Die Versuche nach logischen Gesichtspunkten durch das Menü zu zappen enden meist in einem totalen Chaos. Was bleibt ist die Erkenntnis, das jedes gesendete Fax meinen Vorrat an Schmierpapier vergrößert...
Zettel helfen nicht. Die gibt es in einer derartigen Fülle an den jeweiligen Geräten, dass sie niemand mehr wahrnimmt. Alles schon versucht.
Hihihi. Jaja. Die Leute sind doch überall gleich. :)
Wo wir gerade beim Thema Büro etc. sind:
Mann erscheint auf der Dienststelle und alle sind schlecht gelaunt. Die Stimmung ist recht mies. Nun ja, sie haben ja auch eine gewisse Zeit dort verbracht. Nun werden sie ja abgelöst. Nur, die Kollegen und -innen die ebenfalls mit mir anfangen, begegnen mir auf dem Weg zur Umkleide mit einem gewissen, leicht panischen Ausdruck in den Augen. Automatisch fängt die Denkmaschine an sich das schlimmste vorzustellen. (Bewachung eines total Bekolppten in der nahegelegenen Pension zum losen Schräubchen oder ähnliches).
Wie es aber so ist, man will es besser nicht sofort wissen. Reicht ja, wenn man gleich bei der Besprechung genug Infos kriegt.
Nach dem Umziehen der erste Gang zur Kaffeemaschine. (Profigerät mit Münzeinwurf).
Auf dem Display: Fehler 120815 Service anrufen.
SCHEIßE!!
So fängt Nachtdienst NICHT gut an.
Na ja, Schlüssel zur Maschine geholt, reingesehen und Bohnen nachgefüllt. Kiste wieder zugemacht. Fehler weg.
Tasse drunter, Kaffee gezapft.
In den Wachraum gelatscht und fragende Blicke geerntet. "Wo haste den Kaffee her?"
Kurze Sachverhaltsschilderung und der Raum leerte sich schlagartig. Alle holten sich ihren Kaffe und waren zufrieden.
Komisch.
Es ist Sonntag, 01:13 Uhr und der MüBü (Mündige Bürger) erscheint auf der Wache.
"Gut das sie noch da sind. Mir ist da letzte Woche was passiert"
Wo sollte ich denn sonst sein?
Manchmal könnte ich mit dem Kopf auf den Tisch schlagen.
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