Samstag, 30. Oktober 2010

Honi soit qui mal y pense

Neulich, in einer kleinen Großstadt am Rande des Ruhrgebietes, es ist ca. 19.15 Uhr. Im Hause eines älteren Ehepaars, nennen wir sie M und P, klingelt das Telefon.

Am anderen Ende ein Mann, der sich -nicht eben freundlich- nicht mal eben vorstellt, sondern lediglich die Firma nennt, für die er arbeitet. Bei derselben handelt es sich um einen der marktführenden Anbieter telekommunikativer Leistungen, auch manchmal als rosa Riese bezeichnet.

Hintergrund und Anlass des Telefonats scheint zu sein, dass M und P vor einigen Tagen nach vierzig Jahren ihren Vertrag mit dem modefarbenen Monster gekündigt und sich für einen geringen Pauschalpreis bei einem Mitbewerber für zwei Jahre verpflichtet haben. Nicht nur, dass hierdurch monatlich eine Ersparnis von ca. 10 € eintritt, nein, weit gefehlt.

Vielmehr ist es so, dass im letzten Monat der Leistungswille des rosa Riesen gelitten zu haben schien, denn an 10 von 30 Tagen stellte er keine Leitung zur Verfügung. Sprich: Niemand konnte M und P erreichen. Statt mit M und P sprach man entweder ins Leere, lauschte einem vorgetäuschten Klingelton, oder erhielt eine Ansage, dass der Teilnehmer derzeit nicht zu erreichen sei.

Natürlich bemühten M und P unmittelbar nach Bekanntwerden der Störung die freundliche 0800-Hotline, erfuhren jedoch nur, dass seitens des Unternehmens keine Fehler feststellbar seien, vielmehr müsse der Schaden nach dem Hausanschluss aufgetreten sein.
Ein wenig hilflos wandte sich P. an den örtlichen Elektronik-Fachhandel und erwarb einen Ersatz für das bejahrte Telefon- nur um dann festzustellen, dass der Anschluss immer noch tot war. Die erneut zur Hilfe gerufene Hotline verwies ebenso erneut auf einen nicht im eigenen Einflussbereich liegenden Fehler, und machte das verlockende Angebot, das Problem mittels eines –von M und P zu bezahlenden- Technikers zu lösen.

M und P, störrisch wie ältere Herrschaften manchmal sind, scheuten davor zurück, einem fremden Handwerker carte blanche (bzw. einen Blancoscheck) zu geben, und schalteten in der Folge zwei ihrer Kinder ein, die einen Samstag damit verbrachten, alle Telefondosen im Haus auf Durchlass zu prüfen. Ergebnislos insofern, als dass sich kein Anhalt für einen Fehler ergab.

Die Einschaltung der Hotline ergab, dass angeblich das Fehler-Ticket erledigt sei- ein Techniker sei bereits dort gewesen.

Dies nun konnte der Sohn, der in der Folge die Verhandlungen am Telefon führte, nicht zwangsläufig bestätigen- denn es war ja auch schlicht falsch. Der leicht ungehaltenen Dame am Telefon (am teuren Mobiltelefon, versteht sich) war dies nur schwer klar zu machen.

Nachdem die Zusammenarbeit mit dieser Hotline sich insgesamt ziemlich zäh und äußerst unerfreulich gestaltete, rief der Sohn, nennen wir ihn S, seinen X-Man zu Hilfe- eine geheime Kraft mitten im Kern der pinken Ex-Post, der auf dunklen Kanälen an einigen Fäden zog, hier drehte und dort nachsah- und veranlasste, dass endlich mal jemand richtig nachschaute.

Kurze Zeit später klingelte das Telefon bei M und P, ein seit langem nicht mehr gehörtes Geräusch, und ein freundlicher Mitarbeiter der Telekom teilte mit, ihnen sei leider ein Verteiler durchgebrannt. Aber jetzt sei alles wieder prima und takko, sozusagen.
Nachdem also nur die Einschaltung inoffizieller Wege eine Klärung der Angelegenheit auslösen konnte, löste der darüber entwickelte Zorn von M und P den Anbieterwechsel aus, der nun dazu führte, dass ein nicht so freundlicher Mitarbeiter des Unternehmens Kontakt zu den Abtrünnigen aufnahm.

Wir sind also hier im Haus der M und des P, ihres Zeichens nicht länger Kunde beim modefarbenen Monster, sondern bei der Konkurrenz.

Das Telefon klingelt, und am anderen Ende ist jemand, der sich als Mitarbeiter des bisherigen Anbieters ausgibt.
Zunächst noch freundlich, versucht M dem Mann zu erklären, aus welchem Grund sie die Vertragskündigung vornahm. Es ist kaum zu glauben, aber anstatt sich und sein Unternehmen für diese miserable Fehlleistung zu entschuldigen und zu fragen, ob man irgendwie einen Gesinnungswandel bei den Kunden herstellen kann, wird der Mann frech und aggressiv, und ergeht sich in dunklen Drohungen („Sie werden schon noch Ihr blaues Wunder erleben“- „Sie werden noch an mich denken“ etc.).
Nun ist M zwar nicht mehr die Jüngste, aber weder auf den Kopf noch auf den Mund gefallen, und nachdem noch mehr inhaltsleere Scheiße aus dieser Richtung in die ihre geschleudert wird, teilt sie dem Mann mit, was er sie mal kann (natürlich viel höflicher als ich das täte) und legt auf. Schließlich hat sie bei dem anderen Unternehmen soeben mitbekommen, dass es auch Leute gibt, die sich um die Kunden kümmern (und für die „Kümmern“ nichts mit „Kummer machen“ zu tun hat).

Wie komme ich jetzt auf den Gedanken, dass es sich bei diesem Anruf um einen Versuch handeln könnte, ältere Kunden herumzuschubsen und in Angst und Schrecken zu versetzen, damit sie kleinlaut wieder zu Kreuze kriechen und den rosa Riesen bereichern?

Ich weiß ziemlich genau, dass in keiner Dienstanweisung und in keinem Gesprächsleitfaden in diesem Unternehmen dieses Verhalten den Telefonterroristen vorgeschrieben oder auch nur angeraten wird. Aber ich bin lange genug bei einem größeren Arbeitgeber beschäftigt, um ziemlich genau zu wissen, dass gerne die Linie gefahren wird, die seitens des Arbeitgebers gewünscht wird, auch wenn kein Vorgesetzter dieses Ladens dumm genug wäre, um dies schriftlich festzuhalten. Heutzutage ist es schließlich so, dass vorauseilender Gehorsam vielleicht den Job rettet. Was scheren einen da M und P, die ein bisschen verstört und irritiert sind? Nun, die beiden interessieren wirklich niemanden. Außer ihren vier Kindern, den Schwiegerkindern, deren Freunden und Verwandten, bei denen diese Geschichte weite Verbreitung finden wird.

Ich weiß nicht recht, was auf Dauer unternehmensschädlicher ist: Ein freundlich behandelter Kunde, der vielleicht noch mal wiederkommt, oder eine große Familie, mit einem Haufen Bekannter, die dauerhaft verärgert und angepisst sind.

So wie

Lily.

Die euch allen trotzdem ein schönes Wochenende wünscht. Außerdem ein dreimal kräftiges Happy Birthday an die Lily-Mutter, die heute 70 wird... Mögen die Festlichkeiten beginnen!


 Und das hier:

sehe ich, wenn ich nachts aus meinem Schlafzimmerfenster schaue. Leider ist das vorbei, sobald die Blätter alle abgefallen sind. Solange genieße ich es noch.

5 Kommentare:

Kate hat gesagt…

Du könntest dir doch auch eine Fototapete davon ausdrucken und ans Fenster pappen! :-)

Zum pinken Terrorhaufen hab ich ja schon gestern ununterbrochen den Kopf geschüttelt...sagenhaft einfach!

Bis später, Stimme ist geölt! :-)

Meise hat gesagt…

Frechheit sowas!

Hach. Hab heut auch versucht, goldene Blätter fotomäßig einzufangen. Nunja - die Betonung liegt im Falle meines Fotos bei "versucht". ;)

Mary Malloy hat gesagt…

Du siehst mich mich schulterzuckend vom Sofa über meinen KD-Anschluss freuen, der mir Telefon, Internet und digitales TV ermöglicht - zum Spottpreis und mit super Service. Amen! :)

Falcon hat gesagt…

Und wir wechseln gerade dahin. einzunteinz gibt ja telefontechnisch nicht die Belästigungen auf, so dass wir im Moment davon ausgehen, dass es ja eigentlich nur besser werden kann. Außerdem wird demnächst ohnehin nur noch die Telekom als Anbieter infrage kommen, weil sonst keiner mehr ans gewünschte Ziel liefert, zumindest keiner von den Großen mit eigener letzter Meile.

Masch hat gesagt…

Nun sitz ich hier und schmunzel, habe Mitleid und nicke regelmäßig mit dem Kopf.
Es könnte glatt die eigene Geschichte sein.

Ich wünsche für die Zukunft ein störungsfreies empfangen und senden, mit und auch ohne Schnur am Hörer.

lieben Gruß Masch