Samstag, 17. Oktober 2009

Wachsen und Werden und so











In vielen Blogs (und sogar in Büchern und sonstigen Medien! Ha!) kann man nachlesen, was mit Menschen passiert, die etwas in ihrem Leben ändern.
Mal sind es Dinge, die man selbst schon lang hinter sich gelassen hat, mal Sachen, die als solche für einen selbst nicht in Frage kommen, aber interessante neue Perspektiven bieten, manchmal findet man auch Entwicklungen hin zu Positionen, die man selbst noch vor sich hat.
Den meisten dieser Veränderungen ist gemein, dass die Menschen sich die Entscheidungen nicht leicht gemacht haben, und dass sie teils erhebliche Einbußen an gewohnten Bequemlichkeiten, an Kontakten, Freunden, Familie in Kauf genommen haben um- ja. Um.
Um was zu erreichen, das ihnen so wichtig ist, dass sie den Schutz und die Geborgenheit der gewohnten Lebensweise sprengen, und vielleicht ein neues Leben beginnen müssen, schutzlos wie ein frisch geschlüpfter Pinguin in der Arktis, mit allen Risiken, die das so mit sich bringt.
Bis man im neuen Leben angewachsen ist, Wurzeln geschlagen hat und vielleicht im kommenden Frühjahr Blätter und Knospen treiben kann, ist eine schwere Zeit gemischter Metaphern erhöhter Anfälligkeit zu überstehen.
Allein die Aussicht darauf kann einem schon den Schritt hin zu neuen Dingen ziemlich dunkelgrau aussehen lassen.
Um den Schritt tatsächlich zu wagen, muss das, was am Ende des Wegs liegt, ein Herzensbedürfnis sein, und einen für die ganze bis dahin zu erwartende Last entschädigen können.
So ein Ziel zu erkennen ist nicht leicht, und manchmal steht einem der ganze gewohnte und vertraute Kram, den man mit sich schleppt, schon bei der Sicht auf das Ziel gehörig im Weg. Es ist ziemlich leicht, diese Vertrautheiten für Bedingungen zu halten, ohne die man nicht leben kann. Es ist nicht nur leicht, es wird auch an jeder Ecke kolportiert. In jeder Schmonzette, die das trauteHeimGlückAllein- Klischee über alles stellt. In den Eckpfeilern, die der reale Alltag in einer Industriegesellschaft des 21. Jahrhunderts in die Erde gerammt hat.
Nicht auffallen, dann kann man nicht reinfallen.
Mit den Wölfen heulen.
Stell dich doof, dann geht’s dich gut.
In den ganzen Ängsten, Verzweiflungen und Verwicklungen, die man aufbaut, wenn man sich seine vermeintliche Nische gesucht hat und sich mit deren Beschränkungen abzufinden zu lernen versucht.
Geborgenheit vs. Leben, 1:0
Vielleicht geht’s ja gut, wenn man sich nur lang genug bemüht? Vielleicht ist das ja die Rolle, die für uns vorgesehen ist?


Vielleicht.


Vielleicht aber auch nicht- deshalb lohnt es sich immer, immer, immer, zu schauen, wo man steht, und was man will, und ob es nicht doch, irgendwo in einer Ecke ein vergessenes, schlecht gepflegtes Ziel-Pflänzchen gibt, das darauf wartet, dass es an die Sonne kommt, und ein bisschen Wasser kriegt.




Uns allen einen grünen Daumen wünschend,




Lily

12 Kommentare:

Georg hat gesagt…

Ich glaube so habe ich das mit den Zielen und Wünschen noch nicht gesehen. Gut geschrieben und auf den Punkt gebracht. Ich werde mal in meinen dunklen Ecken nachschauen was da noch so alles wartet.

Time hat gesagt…

Man kann über das Suchen aber auch das echte Leben vergessen und immer um sich selber kreisen. Eigentlich kann sich jeder von uns Durchschnittsbürgern einreden, dass er irgendeinen Herzenswunsch vergessen hat, dass sein Leben zu eng ist und dass er sein Leben radikal ändern muss. (Besonders anfällig ist man für diese Gedanken, wenn es im realen Leben gerade nicht so rund läuft.) Wenn man dann bei dem alten Leben bleibt, ist man unglücklich, aber ob es einem nach der Änderung besser geht, sei dahin gestellt. Wer würde schon zugeben,dass es in die Hose gegangen ist?
Und nicht alle, die sich mit der Realität angefreundet haben, sind doof und bequem. Warum soll man sich nicht das bestehende Leben so angenehm wie möglich gestalten?

Svenja-and-the-City hat gesagt…

Liebe Lily, du brütest doch etwas aus? Diesen Text hast du nur deshalb so wunderbar schreiben können, weil du selbst ganz tief empfunden hast.

Du weißt natürlich schon, dass du mir aus der Seele schreibst, denn die Phase "frisch geschlüpfter Pinguin" habe ich just hinter mir. Trotzdem habe ich noch immer eine gehörige Portion Eierschale hinter den Ohren und bin sehr verletzlich.

Danke für diesen anrührenden Text. Wie immer toll formuliert.
- Svenja -

Lily hat gesagt…

@Georg: Viel Erfolg beim Finden :-)

@Time: Herrje- das sollte doch keine Kritik an denen sein, die zufrieden mit ihrem Leben sind... sondern eher ein Denkanstoß an alle die, die so wie ich immer wieder feststellen, dass sie in ihrem Leben, so wie es ist, Fehler über Fehler machen, und immer nur auf sich einprügeln, ohne ein einziges Mal ein paar grundlegende Dinge in Frage zu stellen.
Vielleicht liegts daran, dass sie Spätzünder sind, was das Erkennen ihrer Fähigkeiten, Talente und Möglichkeiten betrifft, vielleicht waren sie zu lange mit anderen Dingen beschäftigt. Was spricht denn wirklich dagegen, mal etwas zu wagen?
Mir zum Beispiel (um jetzt mal aus der vagen Ecke herauszukommen) hat jemand einen Vorschlag gemacht, der zwar eigentlich recht banal ist (es kommt weder das Auswandern in ein indisches Hippie-Dorf noch der Konsum bewusstseinserweiternder Drogen drin vor). Aber bei aller scheinbaren Banalität hat mich der Gedanke sofort mit Freude erfüllt. Mit der Sorte Freude, die ich mit Leben assoziiere, wobei ich mir durchaus im Klaren darüber bin, dass Leben und Freude nicht immer deckungsgleich sind.
Aber sie dürfen sich nicht gegenseitig ausschließen. Dann stimmt etwas ganz gewaltig nicht.
Das hat dann nichts mehr mit Akzeptanz des "echten" Lebens zu tun, sondern mit Perpetuierung von Zuständen, die so nicht sein müssen.
Wenn du fragst, warum man sich das bestehende Leben nicht so angenehm wie möglich machen soll, dann kann ich dir nur sagen, ja, warum denn nicht? Ich habe nur das eine Leben, Paradies und Fegefeuer mal außen vor gelassen. Und wenn ich es mir angenehm machen will, so, dass ich es gerne lebe, dass ich daran Freude habe und vielleicht auch andere Menschen, dann erfordert das vielleicht, dass ich etwas verändere- denn es gibt nur dieses eine Leben. Das ist keine Generalprobe, das ist die Aufführung. Die erste, und vermutlich auch die letzte.

@Svenja: Ja, es steht was an. Es wird dauern, alle guten Dinge brauchen ihre Zeit. Aber ich habe (nach Jahrzehnten) endlich wieder eine Perspektive für mich. Das ist so wunderbar (die Tatsache an sich, eine Perspektive zu haben!!)- ich kann gar nicht aufhören zu lächeln derzeit.

L

Bea hat gesagt…

Das erste was man braucht ist Mut. Der Rest kommt dann meist von ganz allein. Nicht selten ist man erstaunt darüber, wie einfach es letztendlich doch war und fragt sich dann, warum man es nicht viel früher gewagt hat. Aber vielleicht hat einfach alles seine Zeit.
Ich bin auch grad beim Schlüpfen, deshalb ist Dein Beitrag gerade jetzt sehr passend für mich.
Danke dafür :-)

Bea hat gesagt…

PS: ich wünsche Dir Mut und dass Du viel Freude am "Danach" hast.

Meise hat gesagt…

Liebe Lily,
wenn dir ein Vorschlag nur noch lächeln lässt, dann klemm dir dein Ziel-Pflänzchen unter den Arm und hab Mut! Ab in die Sonne! Das Gießkännchen schick ich gerne mit der Post nach. ;)

Meise hat gesagt…

dich, dich!
nicht dir...

Hmpft. Deutsch schwer!

Frau Vau hat gesagt…

Liebe Lily,
wie bei fast allen Dingen ist die Angst davor schlimmer als es letztendlich dann zu tun ;-)
Und wenn es sich jetzt schon richtig anfühlt, dann ist es auch richtig......
Ich wünsche Dir ganz ganz viel Freude daran, was es auch sei!
Bis dahin erst mal eine schöne Woche (morgen gehts nämlich mal wieder los, mein wunderbares neues Leben genießen *g*) und dass Du weiter lächelst!

Lily hat gesagt…

@Bea: Ja, der Mut- der fehlt so oft. Um ihn zu bekommen und zu behalten muss man sich schon gut vorbereiten, sonst stolpert man schon auf den ersten Schritten. Aber dann, dann!
@Meise: Das Kännchen passt unter den anderen Arm. Aber man sollte es nicht vergessen...
@Frau V: Eben, was sich richtig anfühlt, ist auch richtig.
@All: Muchas gracias :-)

Fräulein Wunder hat gesagt…

Hallo Lily,

ich bin heute zum ersten Mal Gast aus diesem Blog und möchte kurz was sagen:
Sehr schön und berührende Worte die ich hier lesen darf!
Und die Herbstfotos sind einfach nur schön!
Vielen Dank dafür!

Lily hat gesagt…

@Fräulein Wunder: Herzlich Willkommen hier. Freut mich, wenns gefällt :-)

Lily