Sonntag, 7. September 2008

Der letzte Tag




ist angebrochen. Morgen um diese Zeit werde ich das Gefühl haben, nie weg gewesen zu sein, und gegen Mittag bin ich urlaubsreif- so geht es immer. Warum erholt man sich eigentlich nicht so, dass es mal für ein paar Tage reicht? Okay, rhetorische Frage, weiter im Text.


Feinkost und Devotionalien Plus hat schon seit knapp 14 Tagen die Lebkuchen im Regal stehen, und draußen fallen die Blätter. Alles untrügliche Zeichen, dass auch das Jahr an Altersschwäche zu leiden beginnt. Zeit, die Deko für den Herbst aus den Kisten zu holen. War das früher (TM) auch so? Ich kann mich zumindest für meine Kindheit nur an einen Osterstrauß samt bunt bemalter, ausgeblasener Eier erinnern, zu Weihnachten gab es Adventskranz und Glitzertanne. Komisch, Christbaum hat Open Office gerade gerügt. Glitzertanne nicht.

Jedenfalls wurde da weder zu jedem sich auch nur entfernt anbietenden Anlass aufgerüstet, noch mussten die Energieversorger ein paar Zusatzkraftwerke anwerfen, damit die Lichterketten auch schön blinken konnten.

In diesem Jahr hab ich einen selbst geklauten Maiskolben ins Deko-Rennen zu werfen, sowie ein paar potenzielle Kürbisse. Auch die bleiben vermutlich da, wo sie sind. Denn das Katzenkommittee mag auch gern spielen, vor allem mit Dingen, die rascheln und/oder rollen, die man mit den Krallen bearbeiten oder in die man hineinbeißen kann. Den Maiskolben musste ich schon einmal retten.

Die Kürbisse stehen noch im Laden.

Eigentlich bin ich immer sehr froh, dass meine lückenhaft ausgeprägten Schmück-Instinkte nicht mehr gefordert werden- dann fällt wenigstens nicht auf, dass ich eine Bastel-Behinderung habe. Das Gen fehlt mir einfach. Ich kann wohl stricken und solche Sachen, aber kleine Perlen zu glitzernden Halsketten verarbeiten? Window-Colors? Serviettentechnik (spei...)? Nee, danke. Seidenmalen hab ich mal gemacht. Genau zwei Teile wurden fertig, und auch ganz schön. Aber dann war der Bedarf gedeckt, schönen Dank auch. Bei diesem Bastelwahn muss man ja auch immer aufpassen, dass man was aussucht, was nicht irgendwann aus der Wohnung schwappt und ganze Stadtteile überschwemmt mit den Produkten der Kreativität. Meine Schwester kann sowas ganz prima, und von Zeit zu Zeit darf ich mal mitmachen. Dann stell ich mich blöd an, und geb was bei ihr in Auftrag. Sie macht das dann sehr schön, vor allem Schmuck, und alle Beteiligten sind glücklich. Auch die Bastelzubehörindustrie.

Sie hat mehrere große Kleinteilemagazine voller Perlen, Steinen, Pailletten und Draht, Verschlüsse und Seiden- bzw. Lederbänder, und ist da wirklich unglaublich geduldig und auch motiviert.

Sie kann sogar schwarze Tonpappe verkleben, ohne a) selbst anschließend wie ein Schwein auszusehen oder b) alles mit Klebstoff zu vermatschen.

Dafür ist ihre Wohnung und auch der Garten zu den entsprechenden Jahreszeiten immer ein Bild aus Schöner Wohnen.

Wie gesagt, ich bin dankbar für meine vier vierbeinigen Entschuldigungen... Es reicht soeben für ein Stück Fensterschmuck da, wo die Abräumkommandos nicht hinkommen.

Einen Weihnachtsbaum hatte ich zuletzt 2001. Da waren die Katzen noch zu zweit, und ich auch, bzw. der Herr Sohn und ich wohnten noch zusammen. Emily und Henry, die damalige tierische Bewohnerschaft, waren bereits einige Jährchen alt und auch von ihrer Rasse her eher wenig unternehmungslustig gesonnen. Eine 3,50 m hohe Nordmanntanne wollten sie gar nicht erklettern, also blieb diese in der gesamten Zeit unbehelligt. 200 kleine Lichter hatte die Tanne, einen goldenen Stern obendrauf und keinen sonstigen Schmuck. Schön, eigentlich. Sicherheitshalber hatte ich sie trotzdem in der Zimmerecke angebunden.

Heutzutage würden die drei Kater sich vermutlich von der Spitze des Baums aus in die oberen Geschosse vorarbeiten. Wenn ich überlege, mit welcher Ausdauer vor allem Karlchen im Frühling am großen Wohnzimmerfenster hochgesprungen ist, um die Deko da zu erwischen... dabei war das noch nicht mal was glitzerndes oder baumelndes, sondern schlichte Blümchen aus Filz. Aber da war was an der Scheibe, und das musste weg, koste es, was es wolle.

Andererseits erledigen die drei auch im Nu jedes fliegende Untier, das sich hier Einlass verschafft. Also nichts mit Spinnen chez Lily. Auch keine Schneider, Schnaken, Fliegen, Wespen. Irgendwann erwischen sie jedes Viech. Nur letztens nicht den gruseligen Millionenfüßler. Oder obs doch nur tausend...? Egal, jedenfalls hab ich mit einer Katze nach dem Tier geworfen, aber die Katz war zu verblüfft um ihn zu fangen. Daraufhin hab ich eine meiner alten Boxen drauf fallen lassen. Nicht auf die Katze. Es hat geknirscht...

Denn bei aller Tierliebe: „Maximal vier Beine“ lautet die Maxime. Alles andere finde ich gruselig.

Und wenns dann vielleicht noch Flügel hat, steht es auf der Eliminierungsliste. Zumindest in der Wohnung; draußen soll das Vieh seinen Spaß haben, da gehört es hin.


Habt ihr auch schon Post vom Finanzminister gekriegt? Meine ewige Steuernummer ist letzte Woche hier eingetrudelt. Und wie das mit Menschen im öffentlichen Dienst verblüffend oft so ist, habe ich keine Ahnung, wo ich das Ding abheften soll- denn ich kann nicht garantieren, auch ewige Akten zu führen. Eigentlich führe ich gar keine, sondern nur Stapel. Die von Zeit zu Zeit einfach entsorgt werden. Inklusive allem, was sie enthalten.

Nun bietet sich das nicht gerade an, wenn es um solche Nummern geht. Was also tun? Auswendig lernen? Sich ein Schmuckstück machen lassen, in das die Nummer eingraviert ist? Falls man mal irgendwo tot aufgefunden wird? So in der Art einer Erkennungsmarke? Oder sollte man die Nummer codieren, und sich mit einem Mikrochip versehen lassen? Und was passiert, wenn ich die Nummer verkrame? Kann ich meine Existenz dann noch nachweisen?

Bis ich da eine Entscheidung getroffen habe, bleibt der Brief da, wo er immer auffällt und täglich gesehen wird: Im Filtertütenbehälter.


Der Lily-Vater ist mit frisch implantiertem Hilfsmotor gestern nach Hause entlassen worden. So gut war er schon lang nicht mehr drauf- vermutlich war auch sein Gehirn schon lang nicht mehr so gut und dauerhaft durchblutet. Auf die nächsten 76 Jahre...

Und das beste daran ist: Ich muss nicht mehr nach Gelsenkirchen. 6 verschiedene Wege haben wir in insgesamt 4 Tagen (mit vier Besuchen dort) gefunden. Wenn wir eines sind, dann kreativ.


Dafür wollte ich heute eigentlich die Wintergarderobe durchsehen und im Schrank nach vorn holen- ich fürchte aber, dass die parfümierten Schrankpapier-Blätter dem ganzen nicht so gut getan haben. Das Schlafzimmer duftet nett, aber in der Wäsche kommt das eher penetrant rüber- die Sachen liegen schon ein halbes Jahr da drauf rum.

Also werde ich gleich eine Mega-Waschorgie beginnen. Wobei das mich weniger abturnt als die Bügelmenge, die sich da am Horizont auftürmt. Besonders deprimierend, weil ich keinen Film mehr zum Anschauen habe, den ich nicht schon mindestens dreimal gesehen hab.

Und Paul hockt gerade vor mir und wünscht, den dicken Bauch gekrault zu bekommen. Schwere Entscheidung. Erstmal kraulen, denke ich- die Wäsche läuft nicht davon.


Einen schönen Sonntag, macht was Tolles,



Lily





10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ja, mit dem Berg unerledigter Arbeit, das kenne ich auch, wenn man sich da nicht selber gleich draufstürzt, dann eben andersrum. Egal wie, der Erholungseffekt ist, wenn nicht am ersten, so doch am zweiten Tag perdu.

Die Jahresendhohlkörper versuche ich zu ignorieren, solange es geht (habe gerade noch eine Dose mit selbstgebackenen Lebkuchen vom vorigen Jahr gefunden). Hier ist erst einmal Herbst dran, die letzte (vielleicht auch noch nicht, hoff) Runde blühender Rosen, ebenfalls noch blühende (und wohl auch fruchtende) Kürbisse, und vor allem:

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

(Rilke, Herbsttag)

Mal sehen, wie schwer er noch wird.

Die letzte Strophe überlasse ich Dir zum Selbststudium :)


Eine Frage zum Schluss sei mir gestattet: wieviele Beine haben Schneider, und wie sehen die überhaupt aus???

Lily hat gesagt…

Die letzte Strophe kenn ich gut :-)
Auf dem Balkon sind auch noch Tomaten- eignen sich nicht für Wein, haben aber Aroma. Wenn auch eher das von Keller.
Man kann nicht alles haben.

L

Lily hat gesagt…

http://de.wikipedia.org/wiki/Riesenschnake
Zum Thema Schneider. Schnaken, sagt man wohl dazu- ich hätte gedacht, Weberknecht. Aber Wikipedia hatte da anderes im Sinn.
"Schneider" scheint hochgradig lokal begrenzt zu sein.

Klapsenschaffner hat gesagt…

Ich hätte beinahe mal mit einem WIRKLICH alten Lebkuchen meinen Freund und Nachbarn Mark um die Ecke gebracht... ging aber alles gut.
Aber Herrschaften, ihr tragt das Jahr auf eine poe-eske Weise zu Grabe, dass man meinen könnte, es sei Winter.

...und Bauchkraulen hat IMMER Vorrang!

Lily hat gesagt…

Vor allem im Winter hat Bauchkraulen Vorrang. Da kommen diesen kleinen Gesten viel mehr Bedeutung zu als im Sommer. Wenn das hier nicht nur immer eher einseitig ablaufen würde. Sie versuchen es, schon, aber sie haben die Krallen draußen, was das Vergnügen zu einem einseitigen macht.
Die Seite ist nicht meine, soviel sei verraten.

Lily, die schmollt.

Klapsenschaffner hat gesagt…

Nicht schmollen... sie meinen es gut und tun trotz Krallen ihr Bestes! :)

Anonym hat gesagt…

Wie schnell so eine Woche Urlaub rumgeht, wie wahr! Eine Woche dran gewöhnen und Action, dann müsste noch eine Woche zum "Runterkommen" drangehängt werden, und erst eine dritte würde dann evtl. sowas wie Erholung bescheren. Aber dann, nach drei Wochen die Berge im Büro abarbeiten, grusel!
Also, hilft alles nix, am besten das ganze Jahr durcharbeiten und das Wort "Urlaub" aus dem Sprachschatz streichen, damit man gar nicht erst auf dumme Gedanken an Ausruhen, Abhauen, oder gar Freiheit kommt. Arbeitnehmerschicksal! Immer schön im Laufrad bleiben.

Du hast mein volles Mitgefühl.

P.

..die immer noch am Berg Arbeit sitzt, der sich nach der schlappen Woche am Meer angesammelt hat.

Lily hat gesagt…

Haargh. Heut läuft auch alles schief- ich sag nur blizzard downloader. Bluescreen-of-death. Mehrmals.
Und jetzt sind alle meine Lesezeichen weg, und mein eigenes Blog erkennt mich nicht mehr.
Grrr.

Meise hat gesagt…

Gut, dass es deinem Vater wieder ganz gut geht.
Ich schmücke eigentlich nie nach Jahreszeit die Wohnung aus. Außer wenn Weihnachten knapp vor der Tür steht, da wird der hölzerne Weihnachtsbaum rausgekramt und mit Teelichtern bestückt - auf Kerzenlicht steh ich ja! ;)
Zum Glück haben meine Piepmätze nicht die gleichen Ambitionen wie deine Katzen. ;)
Dafür kann ich sie nicht kraulen.
:(

Dir auch noch einen schönen Sonntag! Und kraul lieber! Bügeln ist echt ätzend!

Falcon hat gesagt…

Die Lebkuchen stehen seit Donnerstag nicht mehr nur im Laden, sondern auch in der falconschen Vorratskammer.
Machen sich sehr gut dort.
Ausserdem sind sie jetzt am leckersten, weil am frischsten.
Zu Weihnachten gibt es dann Selbtgebackenes, da mag man die Kauf-Lebkuchen ohnehin nicht mehr.
Oder vielleicht werden wir auch einen Milkahasen auf den Gabentisch stellen, spaßeshalber.
Schneider kenn ich auch als Begriff für diese langbeinigen gefügelten Krabbelviecher. Unsere Katzen sind ungezieferbeseitigungstechnisch leider nicht so ganz auf der Höhe - während Katze 1 wenigstens schon einmal draußen Mäuse meuchelt, fixiert Katze 2 immer nur die interessanten Tierchen. Manchmal starrt sie aber auch minutenlang die weiße Wand an, was uns noch viel nervöser macht.
Und wir wünschen uns hin und wieder noch die viel zu früh verblichene Katze 3 zurück, die hat nämlich immer mit Wonne Tausendfüßler geknuspert.
Und da hatten wir in Kasachstan oft ganz schöne Brummer.