Montag, 28. Dezember 2009

Pffffffff…

Machte das Rohrbe- und Entlüftungsventil, als ich heut morgen nach viertägiger Abwesenheit das Büro betrat.
Was geschehen war?
Ein großflächiger Ausfall der Wasserversorgung am Heiligabend.
Die antike Berohrung in diesem unserem Dienstgebäude (Bj. 1929) verfügt noch über diese altertümlichen Ventile, die man teilweise in Obergeschossen bewundern kann- eine Art Hahn ohne Knebel, und eine Art Auffangtrichter, beides verchromt und hoch oben an der Wand angebracht.
Bereits zum zweiten Mal innerhalb von einigen Wochen hat dies Ding bei mir irgendwie nicht geschlossen- es spotzte Wasser raus, traf nicht ganz den Trichter darunter und spritzte an der Wand lang. Von da aus lief es die Fliesen herunter- da die aber erst ein Stück die Wand hinab beginnen, war in den vergangenen Tagen ausreichend Zeit, um die Wand kräftig zu durchnässen.
Der angerufene Klempnerbetrieb, feiertagsbedingt auch nur teilweise besetzt, hat geschlagene drei Stunden gebraucht, um jemand zu schicken. Der hat dann gerade dankenswerter Weise die Armaturen entfernt und mit einem Stopfen verschlossen. Nicht nur, dass hier das Wasser im Büro steht und der ganze Flur schon nach Schimmelpilzen stinkt- nein. Das scharfe Zischen des Wassers hat mich beinahe in den Wahnsinn getrieben.
Himmel noch eins. Endlich Stille.



Gestern, nachdem das beste Kind von allen und sein Freund M. mit dem Zeugs-Raus-Schleppen fertig waren und mitsamt dem Händchen voll gesponsertem Döner auf meiner Couch hockten und mit mir zusammen HP VI anschauten, kam das, was in den letzten drei Tagen eigentlich Dauergast war: Nikotin-Schmacht.
Ich schätze mal, dass sich da zweierlei Dinge vereinigen:
Erstens die Tatsache, dass ich das erste Mal seit Anfang November so eine Großkampf-Räumaktion gestartet habe, die bisher immer auch mit regelmäßigen (Rauch-) Pausen einhergingen. Es ist bei solchen Dingen, die man bisher nie ohne Zigaretten gemacht hat, immer erst mal so, dass einem was fehlt so ohne Kippe.
Das zweite ist die Tatsache, dass ich nicht so ganz leicht und locker bereit bin, auf meine Single-Freiheit zu verzichten, das jetzt aber wieder ansteht. Mir ist klar, dass ich da schon drauf achten muss, das mit dem Zusammenziehen angestrebte Ziel auch zu erreichen und nicht wieder in alte, „wir versorgen das Kind von früh bis spät, fallera“-Zeiten zurückfalle. Sinn der Sache ist ja nicht nur das Geld sparen, sondern auch das Noch-Was-Lernen, für ihn und für mich. Aber einfacher ist es, so weiter zu machen wie bisher. Alles macht mir massivst Stress, und das löst Suchtmerkmale aus.
Verdammt.
Es wird schwierig werden, Verbindlichkeit von Regeln, Konsens über bestimmte Verhaltensweisen und Wahrung einer gewissen Unabhängigkeit für uns beide unter einen Hut zu bringen.
Rauchen fühlt sich da an wie eine zumindest temporär möglich erscheinende Erleichterung.
Bisher sag ich mir noch immer, dass auch der Nichtraucher/die Nichtraucherin mit Stress dieser Art fertig werden muss, und nicht auf die Idee kommt, diesen mit Nikotin zu mildern. Drückt mir mal die Daumen, dass das auch weiterhin so klappt.



Eine liebe Freundin hat mir zu Weihnachten das Buch „Försters Pucki“ geschenkt. Das ist das erste aus einer Reihe von 12 Bänden mit so hübschen Titeln wie „Pucki wird eine glückliche Braut“, welches ich mit 9 zur Erstkommunion geschenkt bekam, oder „Pucki, unser Mütterchen“  (der beste Freund von allen paraphrasierte munter: „P*cki und der viatemaltusische Zuhälter“, „P*cki kommt in den Jugendknast“, „P*cki kifft hinter der Turnhalle“ und „P*cki und der vollendete Suizid**“)- halt typische Mädchen“Literatur“, eins zu eins von 1935 bis weit in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts immer wieder gern verschenkt.
Eigentlich wollte ich ihr eine Gesamtausgabe „Nesthäkchen“ schenken, die war allerdings nicht zu kriegen. Für einen Band hats trotzdem gereicht, und es war schon witzig gerade, dass wir uns gegenseitig diese Form der Hirnwäsche zu Weihnachten schenken wollten. Rein bewusstseinsmäßig sind beide Buchreihen ein totaler Griff ins feministische Klo- kein Wunder, dass es auch heute noch lang dauert, bis Frau weiß, wer sie ist, was sie will, wen sie will und warum. Ich weiß nicht, ob es zu dem Thema schon literaturwissenschaftliche oder soziologische Untersuchungen oder Papiere gibt… wenn nicht: He, das wär ein dankbares Projekt! Da gibt’s soviel verf… Mist… und darunter auch jede Menge Sachen, die viel neuer sind. Es ist erschreckend, ehrlich. Und auch heute noch dreht sich so gut wie jedes Buch für Mädchen in einem bestimmten Lesealter um Liebe, Sex (okay, das war vor 30, 40 Jahren noch anders) und um Beziehungen im Allgemeinen, dann gern auch „gesellschaftskritisch" genannt. Ach, und Pferde kommen auch vor, aber das ist ja auch nur eine Metapher für enthemmtes Verhalten mit tierisch- unbeschwerter körperlicher Betätigung, also Sex.
Da ein großer, wenn nicht der größte Teil von Kinder- und Jugendbüchern nicht von den Lesern selbst gekauft wird, kann m. E. nicht von zielgruppengesteuertem Angebot die Rede sein.
Kaufen also Eltern, Tanten und Großmütter weiterhin den gleichen alten Schund, mit ein bisschen Sex modernisiert, für ihre Mädchen ein? Ich kenne von den Büchern nur die Klappentexte und die Titel, aber es scheint mir wirklich so.

Wer hat Töchter und hat schon mal in solche „modernen“ Bücher hineingelesen?

Mich hat diese Diskussion mit mir selbst dazu gebracht, mir ein weiteres Buch zu bestellen: Trotzköpfchen (Gesamtausgabe). Ich freu mich drauf  :-))








** Das ist der letzte Titel in dieser fiktiven Reihe…

11 Kommentare:

Paula hat gesagt…

Das mit dem Kind Zusammenwohnen und dem Stressschmachter kann ich mir gut vorstellen. Gut wären Routinefragen wie "wer kocht heute?" oder "isst Du heute Abendbrot mit?" oder "Wie war Dein Tag?"

Und wie sagen Sie immer so schön in amerikanischen Filmen "Matthew, wir müssen reden!"
Am besten, noch bevor das nebeneinander Herleben anfängt und sich so eine stumme Alltagsroutine mit unausgesprochenen Erwartungen einspielt.

Soll er sich denn lieber wie ein höflicher Untermieter benehmen oder lieber wie ein Wohngemeinschaftsmitbewohner? Ginge ja beides, wenn er nicht mehr "das Kind" sein soll. Und wie stellt er sich das vor?

Georg hat gesagt…

Ich schreibe an P*ki bereitet ein Schulmassacker vor;-)

Ich dachte den Schund würde keiner mehr lesen.

Bea hat gesagt…

Försters Pucki? Nicht wahr, oder?!?
Ich habe mir vor einer Woche die Ausgabe von 1957 gekauft!
Meine Mutter hat alle Bände komplett und als Kind habe ich die zig-mal gelesen und wenn ich am Ende angekommen war, hab ich wieder von vorn angefangen. Die wollte ich immer gerne erben, aber das fällt aus, so dass ich beschlossen habe, sie mir selbst zu kaufen. (Meine Tochter hat übrigens diesen neumodischen Kram auch nicht gelesen, die stand auch schon immer mehr auf Mudderns und Ommas Kinderbücher.)

Wegen der Schmachter: halt durch!
Wenn Du in solchen Momenten eine rauchst, wird davon NIX besser. Aber vieles schlechter. (Glaube einer erfahrenen Mehrmalsaufhörerin.) Der Stress wird davon kein bisschen weniger! Echt nich!

Meise hat gesagt…

Stille kann ja so schön sein. ;) Pfffüüüüt...

Lass dich nicht von den Nikotinmonstern zurücklocken!
Und red mit dem Lilysohn darüber, was du von ihm erwartest, nicht nur was Einsatz sondern auch was Zurückhaltung angeht, damit dir ein Maß an Freiheiten bleiben.

Tja, ich hab als Kind andere Uraltbücher gelesen: Karl May. Der hat auch mehr als neun Bände geschrieben. ;)

Britta hat gesagt…

Das ist ja witzig - ich habe gerade zu Weihnachten mit meiner Mutter über die Pucki-Bücher gesprochen. Die hatte die nämlich alle (ist Jahrgang '36) und ich habe die als Kind geliebt. Allesamt mindestens dreimal gelesen. Mit den entsprechenden bösen Folgen! *lacht* aus heutiger Sicht ist das in der Tat ziemlich bösartige Hirnwäsche.
Trotzkopf hatte sie auch - die mochte ich aber irgendwie nicht so. Nesthäkchen kannte erst später.
Über alle drei Reihen findet sich im Netz umfangreiches Material - allen scheint gemeinsam, dass sie relativ locker anfingen (lustige Mädchenstreiche, süß aber frech) und dann mit zunehmendem Alter der Protagonistinnen erzreaktionäre Kehrtwendungen vollziehen, in deren Verlauf die Mädels heftig zurechtgestutzt werden.
Meine Tochter lass ich das Zeug jedenfalls nicht lesen! ;-)

Lily hat gesagt…

@Paula: Gute Idee, ein paar Routinen zu etablieren. Das wird auch sein müssen, denn alles immer neu aushandeln ist der pure Streß...
Ich finde, dass er sich wie ein erwachsener Mensch mit steiler Lernkurve verhalten soll :-)
@ Georg: Stimmt, bei vorbereiteten und geplanten Taten verbietet sich ja das Wort "Amok".
Tatsächlich wird das Schundzeug auch nicht gelesen: Es wird gekauft. Und je nach Intention der Autorin oder wie hier, der Erben/Rechte-Inhaber reicht das vollkommen aus, um jede Menge Leute glücklich zu machen.
@Bea: Seltsame Zufälle gibt es, allerdings. Und dem Rauchen konnte ich bisher entsagen :-) Auch dank deiner Warnung, dass nichts besser wird davon.
@ Meise: Du glaubst doch nicht, dass ich May umgangen hätte? Die Südamerika-Reihe, die hab ich nicht gelesen. Sonst eigentlich alle.
@Britta: Das ist mir auch schon aufgefallen. Es geht ganz munter und beinahe emanzipiert los. Aber dann... So, als wollten die Autorinnen (alle diese Bücher sind von Frauen verfasst) ihren eigenen Frust den Töchtern ordentlich aufs Butterbrot schmieren. Wobei sie selbst ja als berufstätige Frauen schon das große Los gezogen hatten.
Dass Else Ury (Nesthäkchen, Professors Zwillinge) als Jüdin in Auschwitz ermordet worden ist, weiß kaum jemand. Es gibt eine Biografie von ihr, mit dem Titel "Nesthäkchen kommt ins KZ"- lest es, es lohnt sich.
(Marianne Brentzel ist die Verfasserin)

Falcon hat gesagt…

In unser Haus kommen weder Nesthäkchen noch Pucki, Schnucki und Mucki - dafür sorge ich schon.
Unsere Tochter ist im Moment mit Septimus Heap zugange (wird leider immer wirrer, je weiter die Serie fortschreitet), liest parallel dazu die unendliche Geschichte und hört abends, wenn es nicht zu spät ist, noch ein bisschen aus Mio, mein Mio, vorgelesen vom Herrn Papa.
Enid Blyton kann bei ihr leider gar nicht landen, während ich die fünf Freunde ja heiß und innig liebte.
Sternenschweif, diese von vorn bis hinten durchkalkulierte Mädchenabzockmaschinerie hat sie zum Glück nicht lange durchgehalten, dafür steht bei ihr das magische Baumhaus hoch im Kurs.

Ach ja, und ich muss zugeben, dass ich Karl May immer unglaublich langweilig fand - bis auf die paar Winnetou-Bände.

Svenja-and-the-City hat gesagt…

Ich kenn die Pucki Bücher nicht, aber ich denke, dass diese modernen Twilight Märchen mit dem sexy(?) Vampir in dieselbe Richtung gehen. Der Typ ist der coole Obermaker und die kleine süße Else macht alles, was der große Meister wünscht.
Trotzdem kreischen die Teenies wie blöde, wenn der Typ irgendwo auftaucht. Ungefähr so laut wie ich, wenn irgendwo Britney Spears auftaucht :-)

Meise hat gesagt…

Ach, und die Filme mit Lex Barker fand ich damals ja so toll. Du meine Güte. *lach*

Wortbestätigung heute: sistr
Cool. :)

@Falcon:
Karl May hat's ja auch fertiggebracht, seitenlang Gegenden oder einzelne Personen zu beschreiben. Diese Passagen hab ich dann meistens quergelesen oder ganz übersprungen.

Lily hat gesagt…

@Falcon: Ein löblicher Vorsatz. Du siehst ja: Frauen, die Pucki lesen, sind schneller zweimal gescheiden, als man "Nesthäkchen im weißen Haar" sagen kann.
@Svenja: So ähnlich, aber die Männer in den Büchern verlangen nicht, dass ihre Frauen primär sexy sind. Sondern sie sollen brave Hausmütterchen sein (das ist noch durchaus O-Ton), bloß nicht die Meinung des Gatten anzweifeln (soweit hat sich gar nüscht jeändert), und- ach, eigentlich hat sich überhaupt nichts neues ergeben.
Solche Frauen wie Britney hat man damals eingesperrt, lebenslang, in eine Irrenanstalt. Heute haben sie erschwerte Bedingungen: Abwechselnd Irrenanstalt, Papparazzi und die "Fürsorge" der Familie.

Lily hat gesagt…

@Meise: Ich meinte die, die in Peru und so spielen- Lex Barker war doch Old Shatterhand, oder? Und dann gabs noch Karl-Michael Vogler als Kara ben Nemsi, oder? Und gingen dir auch die religiösen und nationalistischen Episoden so auf die Nerven? Oh Mann...