Freitag, 23. April 2010

Lang und länger

Der folgende Text ist nicht nur etwas älter, sondern hat deutliche Längen.
Da aber bei dem Herrn Paul so ein nettes Gedicht stand, habe ich durch meinen Vorrat gepflügt und das Folgende unter der Rubrik "Was wäre, wenn..." gefunden.


Der wirkliche Herr des Ringes packt aus…

(Drameau in ein paar Akten)
Mitwirkende:
Sauron, der "Fiese".

Theoretische Mitwirkende:
Hobbits.
Irgendein Fluch.
Ein König, vielleicht auch zwei.
Mehrere Zwerge, einige davon wichtig.
Zauberer, Elfen und anderes erfundenes Volk.

Die Bühne ist leer und ziemlich wüst. Das wirkt wie ein Teil von einem Bühnenbild, liegt aber an einem bereits mehrtägigen Streik der Bühnenarbeiter. Zu deutsch: Keiner hat gefegt. Sand liegt herum, und Pappbecher. Kindergeschrei klingt aus der Ferne.
Aus den Kulissen kommt ein Typ in einem Umhang und mit einer schweren Bindehautentzündung. Das ist Sauron, und sein böses Auge wird ihm (und uns!) noch schwer zu schaffen machen.
Er blickt frustriert um sich, und läuft mit einem schweren, stampfenden Gang.
Dann wendet er sich zum Publikum, schwingt seinen Umhang fester um sich und streckt verschwörerisch den Kopf nach vorn.

Sauron:

Hört ihr Leut- lasst mich erzähln
Von Dingen, die mir wichtig sind.
Mir nachts den Schlaf vom Bette quäln
So dass ich weine wie ein Kind.

Von Vaters Hand und Mutters Finger
Ein Ring mein Erbe war,
Ein nettes Stück. Doch diese Dinger
Sind manchmal ganz schön in Gefahr.

Ich erbte ihn, polierte ihn,
legt ihn in seid’nes Tuch
ich liebte ihn und kreist´ um ihn
Jedoch. Da war ein Fluch!

Von dem ich damals noch nichts wusst.
„Naiver Kerl“ ihr raunt
Doch lebt´ ich arglos, voller Lust
Sonst hätt ich doch gestaunt.

Schwingt herum und unterbricht sich.
Wer da?
Tritt vor, du wüster Ungebold!
Zeig dich, du Schurke!

Niemand rührt sich. Sauron kratzt sich am Kopf, dreht sich wieder zu den Zuschauern und spricht weiter:

Naja, wie dem auch sei, ihr Lieben
Es gab da diesen -Fluch.
Ein Hinweis drauf war unterblieben
In dem Familienbuch.

Sauron seufzt traurig.

Was solls, das Ding ging übel los.
Und das schon ziemlich bald
Denn dieser Ring, als Schmuckstück alt,
der war mir viel zu groß.

Alsbald verlor ich ihn am Strand,
Auf Sylt wars, wie ich meine
Und dort, an schnöder Nordsee Rand
Warn außer mir nur Kleine.
Doch ach. Was süß und niedlich schien
Mit Badehos’ und Eimer
Wurd allzu bald voll Ungestüm
Zum Ältre-Herrn-Umschleimer.

Wiegt sich gedankenverloren in den Hüften. Er verzerrt schmerzvoll das Gesicht.

Man sah mich dort auf Knien liegen,
Im feinen Sylter Sande
Doch Hilf´ sollt ich zur Bälde kriegen,
Von der Kinderbande.

Jedenfalls versprachen sies,
Ernst und voller Mühe
So dass ich mich ködern ließ
Dort an der Nordsee Brühe.

Flugs erschien an jeder Ecke
Niedliches Gelocke,
Und mit Scherzen und Genecke
Gingen sie in die Hocke.

Gruben hier und siebten dort
Harkten, scharrten, wühlten
Ich schleppte Eis und Limo dort
Dass sich die Kleinen kühlten.

Die Sonne senkt des Abends sich
Auf wildzerwühlte Dünen
Und in dem Untergang sah ich
Dort oben einen Hünen.

Hält die Hand über die Augen, als hielte er Ausschau.

Der schaute gar verdrießlich drein,
Rief dann nach all den Kleinen
Strich sich das lange Haar vom Aug’
Eilt fort auf langen Beinen.

Die Kinder folgten auf dem Fuß,
Und just in dem Momente
Als sie sich beugten, ihm zum Gruß,
Schien mir, als ob ich kennte

Ihn. Den alten, großen Mann, den Herrn
Da oben auf der Düne
Denn einen Spitzhut mit nem Stern,
trug auf dem Kopf der Hüne.

Jedoch ich dachte nichts dabei
Ging traurig in mein Bette
Es war mir alles einerlei
Wenn ich den Ring nur hätte!

Ihr Leute, hört, was dann geschah
In diesen trüben Tagen
Denn eines wurd mir bald schon klar:
Ich musst’ den Alten jagen.

Den Riesen auf der Düne Grat
Umringt von all den Kindern
Denn Zaubrer war er, und kein Schrat
Plus: unehrlicher Finder.

Schüttelt weise das Haupt.

Der Kleinen Schar hat ihm gebracht
Den Ring am ersten Abend,
Als ich noch trug Limo und Eis
Die Kinder damit labend.

Ne Diebesbande, das stand fest
Warn Kinderlein und Alter,
Sofern sich das noch sagen lässt.
Sein Alias war „Walter“.

In Wirklichkeit jedoch, oh Graus,
War Gandalf wohl sein Nam’
Er stellte falsche Schecks schon aus,
Bevor zur Welt ich kam.

Seither vernahm ich das Gerücht,
Dass böse Ding’ er plante
Und dieses Kinder-Leut Gezücht
Ist übler, als mir schwante.

Einschmelzen wollen sie das Stück
Den Ring von meinen Vätern,
Und ich, ich habe selten Glück
Renn hinterher den Tätern.

Im folgenden, Ihr lieben Leut,
Geht’s um des Zauberers Ränke
(Ich sehe, Unruh macht sich breit
auf Stühl und Hinterbänke…)

Drum fass ich kurz mich ab sofort,
Berichte nicht mehr weiter
Von Elfenpfeil und Königswort
(das war auch nicht sehr heiter).

Ein Zwerg haut mir aufs Auge dann,
(ne Bindehautentzündung
hab ich kassiert von diesem Mann).
Ganz ohne ne Begründung.

Der Fluch? Fragt nicht nach diesem Ding,
Der Ausgeburt des Bösen
Denn dieses Schmuckstück, dieser Ring,
Will Lit’ratur auslösen.

Ein jeder Mann, ob Toll, ob Kien,
Ein jeder kühne Reck,
Die Worte überfallen ihn,
Da kann er nicht mehr weg.

Nicht unter tausend Seiten dann
Die wird er wollen schreiben
Und seine Umwelt, lieber Mann,
wünscht sich, er ließ’ es bleiben.

Also- wenn ich recht bedenk
Kann man einfach sagen:
„Böse Tat ist ein Geschenk“,
Und leichter zu ertragen
Als noch ein tausend-Seiten-Werk
Das schläft in den Regalen

Aber dennoch, dann und wann
Frag ich mich noch immer,
Ob nicht manchmal, dann und wann,
In einem kalten Zimmer

Ein Dichter sitzt. Verzweiflung lauert
Schon auf der Fenster Banke,
Und die Muse schläft und kauert
Tief versteckt im Schranke.

Würde man dem Dichtersknaben
Nicht Ideen schenken,
Die der Ring hätt geben können,
Könnte man ihn lenken?



Noch während Sauron mit großer Geste zu einem bewegenden (und weitere fünf Seiten umfassenden) Schlusswort ansetzt, kommen aus den Kulissen mehrere Hobbits in Krankenpflegertracht, gefolgt vom Zauberer Gandalf, wickeln Sauron in eine Zwangsjacke und schleppen ihn von der Bühne.
Gandalf hebt seinen Zauberstab, es knallt und pufft, und der Vorhang fällt.



Ende.

9 Kommentare:

Pauls-wunderwords hat gesagt…

Tja, ich ahnte es schon immer. Die Wahrheit verschwindet immer in der Psychiatrie. :)

Lily hat gesagt…

...und alle, die zu lange und zuviel reden, ebenso :-)

Lily

Georg hat gesagt…

göttlich. Ich bin echt begeistert. Hihi

Wache nun, Du, der Du die Wahrheit kennest...

Frau Vau hat gesagt…

DAS sollte verfilmt werden...

Einfach genial *ggg*

Lily hat gesagt…

@Georg: Jawoll, tu ma wachen :)
@Frau V: Es wär bestimmt viel billiger als das sogenannte "Original"...

Georg hat gesagt…

Wenn du dich da mal nicht irrst. Ich glaube du unterschätzt die Kosten die so ein Tag auf Sylt so verschlingen kann. und dann noch Eis und Getränke für eine Horde Blagen?

Da ist Neuseeland ein ausgewachsener Schnapp dagegen...

Britta hat gesagt…

Woa!! Klasse! :-))
Danke fürs Teilen!

... und wie, bitte, kriege ich jetzt das Bild von Gandalf in Badehose wieder aus dem Kopf?? :-P

Lily hat gesagt…

@Britta: Besser Gandalf in Badehosen als ganz nackich... brrrrrr.

Britta hat gesagt…

Och... wer weiß?? Vielleicht hat der sich ja was ganz Apartes gezaubert? :)=)