Dienstag, 3. November 2009

Zum Weißen Elefanten- eine Rückschau.

Alles fing damit an, dass meine Schwiegermutter nicht mehr laufen konnte.


Okay, das konnte sie vorher schon nicht gut, denn so lange Schuhe, die außen Größe 38 und innen Größe 40 sind noch unerfunden blieben, muss jedermann notgedrungen mit Blasen leben- aber ich schweife ab.

Also, sie konnte nicht mehr laufen, weil ihr Bein schmerzte.

Zum Arzt wollte sie nicht gehen, denn: Wenn sie dorthin ginge, würde er sie untersuchen. Er würde was finden. Sie würde ins Krankenhaus kommen, und dort nicht mehr lebend herauskommen.

Was soll ich sagen? Sie hatte Recht, und kurze Zeit später starb sie.

Und hinterließ ihren Söhnen ein Haus, zusammen mit dem Versprechen, es nicht zu verkaufen.

Versprechen, die man seiner Mutter auf dem Sterbebett gibt, sind verpflichtend.

Also verpflichtend in dem Sinne, dass ein Bruch dieser Verpflichtungen sich als Quell des schlechtesten Karmas entpuppen würde, das jemals vom Band gelaufen ist.



Also schnappten sich die Söhne die mit ihnen im Konkubinat lebenden Frauen, bauten hier etwas um und dort etwas aus, und zogen gemeinsam in das Haus, welches zu lieben und zu achten… ach nee, das war ein anderes Kapitel. Ihr wisst aber schon, was ich meine.



Mit der Zeit zog der eine der Söhne, welcher mein Schwager war, mitsamt seiner Dame woanders hin, und wir blieben zurück. Dann betrieben die beiden Söhne die Erbauseinandersetzung und kurze Zeit später dann fand ich mich in einer Kanzlei eines niedergelassenen Notars, damit beschäftigt, Unterschriften zu leisten. Nur am Rande fiel mir damals auf, dass ich zwar die Hypotheken-Urkunde unterschrieb, jedoch keine Kaufurkunde.

Das bedeutet, dass man (oder in diesem Falle ich) für eine halbe Million DM Schulden haftete, aber kein entsprechendes Hab und Gut hierfür erwerben würde. Hört sich nach Bauernfalle an, ist auch eine.



     Fast forward 6 Jahre     



Die zwischenzeitlich geschlossene Ehe der hier bloggenden Person ist in die Brüche gegangen, und sie kriecht langsam aus den Trümmern ihres bisherigen Lebens. Bei näherer Zählung sind alle vital wichtigen Körperteile gerettet worden, jedoch sonst nicht so viel.



Was immer noch da steht, unverrückbar wie ein Fels im Angesicht der Zeit, ist Das Haus.

Inzwischen schreibt sich Verpflichtung in lauter Großbuchstaben. Denn wie um alles in der Welt soll man nicht nur Das Haus unterhalten, sondern auch noch die Kosten für zwei getrennte Wohnungen aufbringen?

Da mich dort kein Recht hält, beschließe ich zum ersten Mal seit Jahren, die Verpflichtungen auch zu ignorieren, und teile meinem Mann mit, dass er schauen kann, wie er zurecht kommt, was die Finanzen betrifft.

Er ist der alleinige Eigentümer, und somit soll er sehen, wo er bleibt.

Das Ganze kann ruhig weiter gehen, aber diesmal ohne mich.

Ich schaffe es auch, so „gewissenlos“ zu sein, und meinen Einsatz zurück zu verlangen.

[Streng genommen hätte ich einen Anspruch auf ein Viertel des Hauswertes gehabt, also auf die Hälfte des Teils, der nicht durch Erbschaft, sondern durch Kauf in den Besitz meines Mannes gekommen ist.
Damals hab ich mir und meinem Anwalt eingeredet, ich würde auf dieses Recht verzichten, weil es ja schließlich das Elternhaus meines Mannes ist, an dem ich mich nicht bereichern will (sondern eben nur zurück fordern, was ich reingesteckt habe).
Heute weiß ich, dass dieses Argument eigentlich nur dann hätte ziehen können (oder dass ich es heute nur dann noch anerkennen würde) wenn der Typ weiterhin dort gewohnt hätte- das Elternhaus gibt’s in dem Moment nicht mehr, in dem er es vertickt hat. Oder? In Wirklichkeit hab ich mich nur nicht getraut, die Auseinandersetzung überhaupt erst zu starten…]



Ergo sieht mich mein neues Leben in einer neuen Wohnung, mit beträchtlich weniger Arbeit, mit beträchtlich weniger Arschloch in meinem Leben… und erheblich weniger Geld auf der hohen Kante als sonst.

Denn, man höre und man staune, der Exmann kriegt das Haus nicht verkauft. Also kriege ich auch meine Kohle nicht zurück, vorerst jedenfalls. Wirklich wundern kann mich das nicht, ist das Haus doch das, was man einen weißen Elefanten nennen könnte. Herausragend, groß, furchtbar unpraktisch und teuer im Unterhalt. Außerdem schlecht sauberzuhalten. Und der Exmann hat sich in den Kopf gesetzt, dass das Haus eine knappe Mio DM wert sei- das mag auch so gewesen sein, hatte aber den kleinen Haken, dass man trotzdem erstmal wen finden musste, der bereit war, auch so tief in die Tasche zu greifen.



Nach einiger Zeit, ziemlich genau 14 Monate nach der Trennung, geschah es, dass der Ex sich bei mir meldete und, wie schon öfter, sein Bedauern darüber ausdrückte, dass er derzeit nicht zahlungsfähig sei. Man habe inzwischen einen Makler eingeschaltet, der auch einen Käufer gefunden hätte- aber dieser würde nicht zahlen. Leider könne man das Haus auch nicht anderweitig verkaufen, denn der Notar (den man seines Amtes entheben müsse) habe, ohne eine Hypothek oder ähnliches gleichzeitig mit dem Kaufvertrag beurkundet zu haben, gleich eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch zugunsten des Käufers eintragen lassen. Die könne man jedoch nur wieder entfernen mit Einverständnis des Käufers. Das dieser nicht geben wolle. Mit der Auflassungsvormerkung sei ein Verkauf an weitere Interessenten nicht möglich.

Es täte ihm leid, aber im Moment sähe er keine Möglichkeit, mir mein Geld zurück zu überweisen.

Grr.

Ich fragte dann noch, wie man das anstandshalber tut, wer denn der Käufer sei, und ob er einen Grund angegeben habe. Und der Ex rückte auch fleißig mit den Details wie Name und Anschrift heraus, sowie der Angabe, dass bisher kein Grund fürs Nichtzahlen genannt worden sei, sondern stets nur Ausflüchte zu hören gewesen worden seien.

Ich weiß noch wie heute, dass ich extrem verblüfft war, den mir da genannten Namen schon einmal gelesen zu haben.

Ich hab ein gutes, ein sehr gutes Gedächtnis für Namen, und es reicht in der Regel, wenn ich so einen (sehr, sagen wir: Prägnanten) Namen einmal irgendwo lese. Kurz und gut. Ich hatte ihn schon gelesen. Auf einer Liste, die ich im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit einmal monatlich weiterleiten musste. Natürlich hatte ich nur den Nachnamen gelesen, war also nicht sicher, ob es sich hier um Personengleichheit handelte.

Deshalb hab ich zum Hörer gegriffen, und dem regulären Herrn der betreffenden Daten brühwarm mitgeteilt, dass sein Schutzbefohlener und Kunde vor einiger Zeit einen Immobilienkaufvertrag über 950.000 DM unterzeichnet habe. Sofern der Herr XY denn den Vornamen Z. trage, und an der ABC-Straße wohne.

Das hat den Herrn der Daten nicht erfreut- denn der Käufer bezog bei ihm Sozialhilfe.

Samt Frau und Kind(ern).

Allerdings sollte die an diesem Morgen überwiesene Zahlung für lange Zeit die letzte sein, die der besagte Herr empfing.

Zu seinem Unglück war mein Ex fest entschlossen, ihn anzuzeigen. Zu seinem weiteren Unglück hat auch das örtliche Sozialamt nicht von einer Strafanzeige Abstand genommen. Und zum krönenden Abschluss war er zur Tatbegehungszeit auf Bewährung. Wegen eines gleichartigen Delikts. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sein Name „Dumm“ gewesen wäre. Oder „Blöd“. War er aber nicht, sondern nur so ähnlich.

Es kam tatsächlich zu einer Verhandlung, bei der er zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Vor Gericht sagte er aus, er habe das Haus für „die Russenmafia“(!) als Strohmann gekauft. Man habe geplant, dort ein Bordell einzurichten.

Da tat es mir fast ein bisschen leid, mich eingemischt zu haben. Nicht, weil ich Bordelle so dolle finde, oder weil Betrug mich anmacht.

Aber ich hätte zu gern erlebt, was in der Etepetete-Straße so alles vorgegangen wäre, wäre der weiße Elefant zu einem Bordell geworden.



Kurze Zeit später kam es dann zum Verkauf, das ganze kostete dann nur noch zwei Drittel dessen, was ursprünglich der Wert des Hauses war- ein Grund war auch, dass das Haus so lang leer gestanden hatte. Ich habe tatsächlich 30.000 DM zurück bekommen.



Die neuen Eigentümer sind sechs Jahre drin geblieben, dann haben sie sich getrennt, und das Haus wurde wieder verkauft. An eine junge Familie.

Der es hoffentlich nichts ausmacht, dass ich immer das Gefühl hatte, dass es im Haus spukt, und dass es keine guten Geister sind, die darin ihr Unwesen treiben.

9 Kommentare:

Georg hat gesagt…

Das Gefühl haz Dich nicht getrogen. Es HAT dort gespukt. Deine EX-Schwiegermutter war immer zugegen. Denn es wurde ja nichts wirklich verändert...

Sei froh, dass Du das hinter Dir hast.

Frau Vau hat gesagt…

Sag was Du willst - Häuser HABEN Karma... sei froh, dass Du draussen bist!
Unser Ex-Haus hat unserer (Ex-)Ehe auch nicht gutgetan - und der Ex-Gatte, der dort lebt, hat inzwischen auch schon wieder eine Ex-Beziehung.. ich hoffe, die neue (Beziehung) hält jetzt ein bisschen länger (sonst kommen die Kinder irgendwann mit den Namen durcheinander *g*).
Vor uns sind in dem Haus schon 3 Ehen zerbrochen......
(und ich ziehe meinen Hut vor Dir!)

Pauls-wunderwords hat gesagt…

Interessante Geschichte spannend erzählt. Hab ich gern gelesen.

Gruß von mir

Kate hat gesagt…

Mich überfällt auch immer noch ein Schauder wenn ich an dieses Haus denke obwohl ich -ich glaub- nur 1x drinnen war???
Und den Gedanken, den ich hatte "das passt gar nicht zu dir"

Schatten der Vergangenheit! Sei froh, dass es vorbei ist...scheiß auf die Kohle ;-)

Klapsenschaffner hat gesagt…

Schwiegergeister.... die gruseligsten ihrer Art.

Time hat gesagt…

Da geht´s mir wie Kate: nur einmal da gewesen und das Gefühl, sich in einer Gruft zu befinden, nie vergessen. Es war bedrückend und finster. Sei froh, dass Du das alles hinter Dir hast und eine helle großzügige Wohnung bewohnst.

Lily hat gesagt…

Eigentlich war das Gruselelement und der Spuk dort gar nicht so sehr das, über das ich schreiben wollte- mir gings nur um die Schlusswendung, die der Creepiness des ganzen irgendwie die Krone aufgesetzt hat. Ein Bordell hätte die Geister im Haus gründlich vertrieben, bzw. diese hätten für den Kick der besonderen Art gesorgt... und mein Spaß an dieser Wendung hatte was hämisches, wenn ich ehrlich bin.
Eines aber hab ich aus diesen Jahren gelernt: Wenn eine Wohnung oder ein Haus den Stil so vorgibt, dass du deine Lieblingsbilder nicht aufhängen kannst, ohne dass sie den Gesamt-Eindruck stören, dann stimmt was nicht. Wenn du mehr Zeit mit Putzen als mit Leben verbringst, stimmt was nicht. Wenn du mit Mitte zwanzig eine Putzfrau beschäftigst, weil du sonst mit der Arbeit nicht fertig wirst, stimmt auch was nicht.
Also: Weg mit Schaden.
Aber weg :-)

L

Svenja-and-the-City hat gesagt…

Och, Lily, welch eine Geschichte aus dem Leben.
Mit nichts anderem kann man sich so nachhaltig ruinieren, wie durch den Kauf einer Immobilie. Du bist letztlich ja noch halbwegs gut aus der Sache herausgekommen, soweit ich das verstanden habe.

Richtig heavy ist es, wenn Tusnelda Vulgarix mit dir zusammen ein teures Haus finanziert, horrende Schulden entstehen und Tussi nach der Trennung schneller in Insolvenz geht, als ich "abkochen" sagen kann.
Die gesamtschuldnerische Haftung ist ein Arschloch!

Lily hat gesagt…

@Svenja: Ich hab Glück gehabt und bis auf einige, eher interne Blessuren, das ganze ohne großen Schaden hinter mich gebracht. Zwischendurch hatte ich allerdings öfter die Befürchtung, dass das ganze sehr mies ausgehen würde. Zum Glück hats dann ja doch noch geklappt- auch mit der Auflassungsvormerkung. Da hat sich allerdings dann jemand von "unserer" Seite nicht ganz einwandfrei verhalten- und obwohl ich das nicht war, schweig ich darüber lieber :-)