Sonntag, 29. September 2013

Hieressenmitnehm?

Es gibt viele Momente, die mich darüber informieren, dass ich unweigerlich dabei bin, zur Best-Agerin zu werden. Oder auch "Golden-Agerin", whatever. Das bedeutet mindestens zweierlei:
1. Man wird alt und
2. irgendwer will einem was verkaufen.
Meist heißt das auch noch, dass
3. früher alles besser war und
4. die Gesellschaft als solche nicht lernfähig ist.
Letztere zwei Punkte deprimieren mich aber, erstens per se und zweitens, weil ich sie nicht ändern kann.
Konzentrieren wir uns also auf die Punkte 1 und 2.

Alt wird vermutlich keiner gerne. Es wird einem eine Menge versprochen, Weisheit und so weiter, aber ich habe den Verdacht, dass das ein beschissener Deal ist. Mal ehrlich: Wer wird schon gerne weise, wenn das bedeutet, dass man nicht mehr ungestraft eine Nacht durchfeiern kann (mal abgesehen davon, dass einen keiner mehr zu Parties einlädt, die den Namen verdienen)?
Wenn wir morgens aufwachen, und uns tut nix weh, dann ist klar, dass wir entweder tot sind oder nachts etwas nicht wieder gut zu Machendes mit unseren Nackenwirbeln angestellt haben. Letzteres könnte teure Reha-Maßnahmen nach sich ziehen, also verdränge ich das lieber.
Dazu kommt, dass rosige Aussichten vermutlich bedeuten, dass man eine neue Brille braucht- auch teuer, wegen der Gleitsicht.
Überhaupt, das Gleiten. Gleitsichtbrille, Gleitwirbel, Unfall-nach-Ausgleiten (Oma sagte dazu "Oberschenkelhals", was sonnenklar verständlich war. Für sie). Und für die von uns, die jenseits der Menopause noch Sex haben, spielt wahrscheinlich auch Gleitmittel eine Rolle. Aber das soll ja eher selten sein, kann also vernachlässigt werden.
Dass man alt wird, merkt man auch, siehe oben, daran, dass einem die Leute Dinge verkaufen wollen, die man noch öfter als früher (TM) nicht haben will. Treppenlifte, Mittel gegen Fußschweiß, Nasenhaare, Mundgeruch und den spontanen Verlust der Zahnprothese. Seltsame Wärmepflaster (die noch mehr als die Menopause bestimmte Dinge verhindern), Toupets und Mittel gegen graue Haare (die ich schon seit Mitte zwanzig habe. Danke auch). Schuhe ab dreißig brauchen mehr Feuchtigkeit und werden auch immer beiger.
Die ersten Freundinnen denken darüber nach, ob man schmerzende Hüften und schwere Einkaufstaschen nicht gleich mit einem schicken Rollator bekämpft, die gibts doch bestimmt bald in Trendfarben von Reisenthel. Oder gleich von Ratiopharm. Und vermutlich auch bald mit Elektroantrieb, passend für diese unsere erste Grün-Wählergeneration mit Solaraufladung und geländegängig, für die SUV-Fahrer und Bahnhofs-Demonstranten, damit man durch die Baustellen kommt. Fehlt nur noch ein schicker neuer Name, vorzugsweise in miesem Englisch.
Ich könnte noch endlos weiter machen, glaubt mir.
Dann kommen aber Momente, in denen ich weiß, dass sich Altsein wirklich nur im Kopf abspielt... so wie vorgestern.
Denkt euch die typische Burgerking-Situation:
Ihr ordert irgendein schnell herunterzuwürgendes Fastessen, versucht, bei dem herunter geleierten Aufzählen all der Extras nicht den Faden zu verlieren (MayoKetchupgroßeColahieressenmitnehm?), neben euch stehen zwei Punks und eine junge Frau mit drei quengelnden Kindern, da geht die Tür auf und ihr seht im Augenwinkel eine euch vom Sehen bekannte Arbeitskollegin. Ihr bemüht euch, sie nicht zur Kenntnis zu nehmen, da ihr sie schon immer nicht leiden konntet. Sie stellt sich samt Ehemann hinter euch auf, wartet exakt 90 Sekunden und schnarrt dann mit lauter, schriller Stimme das folgende Statement in den Laden:
"Was soll das denn hier sein? Geht das auch mal schneller? Das gibts doch nicht. Eine Verkäuferin hier und die ist total überfordert. Komm, Karl-Heinz!" Sie schnappt sich den Gatten und stürmt heraus... und die restliche Kundschaft biegt sich vor Lachen, zusammen mit dem Personal, das wahrscheinlich sonst nicht viel Spaß bei der Arbeit hat.
Verkalkt und doof ist man im Koppe, Leute. Und das hat überhaupt nichts mit den zurück gelegten Jahren zu tun.
Hoffe ich doch.





Montag, 23. September 2013

Wir singen zusammen: Teil 1, Krautsalat Killed the Android Phone



Nicht wirklich. Aber es hätte sein können.
Stunden nachdem einer der zwei mir im Gedächtnis gebliebenen Wähler gestern seinen Stimmzettel in der Wahlkabine in Brand gesetzt hatte, gönnte ich mir einen Korfu-Teller im Aegidi-Grill, just around the corner.

Ich hatte nämlich Pommes-Hunger.
Das habe ich selten, vielleicht zwei Mal im Jahr, und meist ist es ein griechisch eingefärbter Hunger, der neben Pommes zu seiner Befriedigung auch gern noch einen exotisch benamten Teller mit diversen Fleischgerichten in Anspruch nimmt.

Das Erfrischungsgeld, welches ein freundlicher Stadtwahlleiter an das Personal in den Wahlvorständen verteilen lässt, kam mir da gerade recht. Da ich sonst seltenst Geld in der Tasche habe, muss der Aegidi-Grill oft auf meine Kohle verzichten (beim Burger King kann man tatsächlich mit der Karte bezahlen. Ab fünf Euro).

Von der Fleisch- und Pommes-Orgie übrig blieb der Krautsalat (und ein Teil der stahlharten Pommes, die in ihrem ersten Leben als Splinte ihren Unterhalt verdient haben).
Der Krautsalatbehälter fand dann in der Montagmorgenhektik seinen Weg in meine Tasche, erwies sich jedoch als übervoll, mit Alu-Folie umwickelt und undicht.

Die Sammlung an Elektronik in meiner Tasche (Blutzuckermessgerät, Handy, Navi) riecht demnach inzwischen nach Essig und Kohl. Nichts davon ist allerdings kaputt gegangen.

Trotzdem frag ich mich:

WARUM bin ich immer die Trottelin, der so was passiert? Es gibt Millionen von Menschen, die mein Alter erreicht und es zwischendurch geschafft haben, die Auswirkungen eines Besuchs im Aegidi-Grill ihrer Wahl auf ihre Hüften zu beschränken.
Jedoch: Die Hälfte meiner Zeit könnte ich theoretisch damit verbringen, die Hände zu ringen wegen der Entscheidungen in der anderen Hälfte. Das verschlingt viel Zeit. Zeit, die ich zum Beispiel zu Sport und Spiel nützen könnte.
Aber ach... Hände ringen ist alles, was ich tun kann. 


Der zweite Wähler, der mir im Gedächtnis blieb, äußerte Verschwörungsbefürchtungen, weil er nicht bei mir wählen konnte, sondern einen anderen Wahlvorstand aufsuchen musste (der im gleichen Saal saß, in dem auch meines war). Ich habe den Mann wirklich  nur mit Mühe weg schicken können. Dafür blieb er dann tatsächlich ca. 20 Minuten (!!) in der Wahlkabine. Wozu auch immer, dafür aber ohne Rauchentwicklung. 

Ein Sonntag in Deutschland, meine Lieben!











Mittwoch, 11. September 2013

Kuck ma!




 -Gestern hat mir das Wassergehopse* endgültig den Rücken verhauen. Nachdem mir die Betriebsärztin letzten Donnerstag den Bürostuhl „richtig“ eingestellt hat, kann ich gar nicht mehr drauf sitzen, und der Ischias nervt gewaltig. Seither war es nur unbequem, ab heute fühlt es sich so an, als sterbe ein Teil meines üppigen Hinterteils einen langsamen Tod. Leider ahnt der Beobachter, dass dies definitiv NICHT schön aussehen wird. Ob es symmetrischer ausgeht, wenn ich mich einfach andersrum draufsetze?


-Die Leute draußen machen auch grad Wassergehopse, denn die Gullys werden nicht mit den Wassermassen fertig. Im Schwimmbecken ist es wärmer!


-Der Kollege hat dem Chef erfolgreich klar gemacht, dass er (als einziger) dringend einen Mac braucht, um weiter seine Arbeit erledigen zu können. Kernbegründung: Damit arbeitet er schon immer, und es ist ihm zur zweiten Natur geworden, auf einem stylischen und designmäßig avantgardistischen Gerät seine Statistiken zu verwalten. Nun denn, Chef... Ich brauche übrigens eine Couch, um mich halbwegs wohl zu fühlen, schließlich verbringe ich seit Jahren fast jeden Feierabend darauf, und es ist mir doch sehr ungewohnt, aufrecht sitzen zu müssen. Wie wäre es mit einem Ausflug in die nächste High-End-Möbelausstellung? 
Anmerkung: Das mit dem "War schon immer so" ist ein Argument, das eines Sozialwissenschaftlers nicht würdig ist. Rein formal schon nicht.  Es ist eines Sozialwissenschaftlers auch unwürdig, drauf reinzufallen.


-Wildlife im Büro: Die Amaryllis hat Springschwänze.


-Es wird Winter. Was man daran merkt, dass im Büro schon die Heizung anspringt, wenn man am Thermostat dreht.


-Es ist noch nicht Winter. Was man daran merkt, dass der Durchlauferhitzer sich nur in der Sommer-Einstellung auf körperkompatible Temperaturen einstellen lässt.


-Schön: Wenn die Kollegin, die nur selten im Haus ist, dir um den Hals fällt, weil sie sich so freut, dich zu sehen.


-Kognitive Dissonanz: Fünfzig sein, abgeklärt und mit zweitem Vornamen „Quell der Weisheit“ heißen und sich trotzdem fragen, was mit einem nicht stimmt, weil man bei Facebook nur 50 Freunde hat, und der Arsch von drei Häuser weiter über tausend.


-Frage des Monats: Socken oder (noch) keine Socken?


Bis bald,
DieLily. 

* Wassergehopse: Aquawalking. Also Wassergehopse!

Mittwoch, 4. September 2013

Ein Porträt

Die Augen der Frau sind Schaufenster mit Blick auf die Schlachtfelder ihres Lebens. Zuviel Schweiß und Tränen sind an ihnen vorbei gezogen, und haben beinah jedes Gefühl davon gespült. Blut war sicherlich auch dabei, und bestimmt nicht immer nur ihres. Dafür wirkt sie zu eckig. So, als könnte man sich an ihr blaue Flecken und ordentliche Schrammen holen. Die Ecken sind gut versteckt unter dem weich werdenden Fett des mittleren Alters, und die herabgezogenen Mundwinkel glätten das, was von Lachfältchen übrig geblieben ist. Sie muss einmal gut ausgesehen haben, und nicht nur in der üblichen Spanne zwischen 13 und 17, bevor die ersten Ahnungen des Scheiterns die Jugend in die Defensive drängen. Ein bisschen von der Arroganz der gut Aussehenden ist noch zu erkennen, und man kann vermuten, dass der Mund auch lächeln könnte.

Da ist auch etwas anderes, auf das sie immer noch stolz ist. Intelligenz vielleicht, oder etwas anderes, nicht durch die Zeit Verwitterndes. Direkt daneben jedoch steht, mindestens ebenso groß, die verlorene Schlacht, die den Krieg gleich mit beendete. Ein Denkmal, trüb rostfarben und jedem Frieden widersprechend. Die Erkenntnis vielleicht, dass sie ihre Waffen nicht wirksam genutzt hat, die Strategie und Taktik ihrer nicht würdig, verwässert, abgemildert und ihrer Schärfe beraubt waren. Die Potenziale jedoch scheinen ausgeglichen und verleihen ihr Tiefe. Sie lassen spüren, dass da jemand ist, der Jemand hätte sein können, aber auch, dass sie vollständiger ist mit dem Scheitern, dreidimensional, eine Persönlichkeit.
Ob sie eine gute Freundin ist, eine präsente und liebevolle Mutter?
Sicher gibt sie nur ungern auf, verbeißt sich gern in Dinge und ist gut darin, die Fäden zu entwirren, die über ihren Weg gespannt sind. Vielleicht hat sie gelernt, sich ihre Kämpfe gut auszuwählen, darauf wetten sollte man jedoch nicht. Eine Kriegerin, oft und oft auf verlorenem Posten. Kein Mensch für ein Team, sondern eine, die die Rollen auf sich selbst verteilt, obwohl sie weiß, dass sie sie nicht alle gut spielt.

Hinter den Schranken und den bewehrten Türmen ahnt man, wenn man nah genug heran geht, die Gärten und Teiche eines friedlichen Landes. Sonnenauf- und -untergänge in einem Spektrum kräftiger Farben, bunt bemalte Skulpturen und schwarzweiße Jongleure in den Schatten der Bäume.

Und dort an der Brücke steht sie und blinzelt in den blauen Himmel.

Montag, 2. September 2013

Schon wieder eine...

schlaflose Sonntagnacht. Die häufen sich in letzter Zeit- drei sind es in vier Wochen. Und wie so oft gibt es einen Grund (wie eigentlich immer, nicht wahr?) - ich hab Zorn, auf andere und auch auf mich selbst. Auf die Anderen, weil sie mich in eine Lage bringen, die ich nicht mehr tolerieren will. Auf mich, weil es mir so schwer fällt, dagegen was zu tun. Ich komme mir ausgebeutet vor und unter Wert gehandelt- das ist was, was ich nicht vertrage(n will). Da macht wer seinen Schnitt mit mir, und das gefällt mir definitiv nicht.
Wenn ich nichts dagegen mache, wird sich nichts ändern. Das Problem ist nur, dass ich mich sehr hüten muss, nicht zu schäumen und zu  toben. Argumente müssen her, und im Moment hab ich nur "Das passt mir ganz und gar nicht"- bisschen mager.
Trotzdem ist das ein legitimes Gefühl, von dem wir alle wissen, dass es besser beachtet wird. Wenn nicht, kann das fies nach hinten losgehen. "Beachten" muss aber eine Entscheidung oder wenigstens eine Handlung nach sich ziehen. In dem Bewusstsein von so einem Gefühl zu bleiben, macht nämlich auch krank. Einfach abstellen und an was Nettes denken geht hier nicht, dafür macht mich das zu sauer.
Also Leute, wünscht mir Mut. Und ein paar Ideen für eine Strategie...

Schlaft schön :-)

DieLily