Zwei davon waren gestern im Einsatz: Damenspaten.
Damenspaten.
Was für ein Wort. Reif für merkwürdige Bilder, die sich mir aufdrängen.
Eine Lady im Abendkleid, die einen D. schwingt, oder ein Herr -im Cut-, der die Dame angräbt?
Für die nicht gartenerfahrenen Leser hier die (vermutlich heiß ersehnte. Nicht? Nicht??!) Auflösung:
Es ist ein Spaten, kleiner, leichter und mit schmalerem Blatt als herkömmliche Spaten. Wer je mit einem zu großen Spaten gearbeitet hat, weiß, wie wichtig nicht nur gutes, sondern auch noch passendes Werkzeug ist. Nachdem der Ausdruck „Damenfußball“ offenbar auf dem Schrott gelandet ist und jetzt jeder Frauenfußball sagt, muss eigentlich auch der Damenspaten nicht mehr so heißen. Tut er aber.
Und so albern der Name auch klingt, das Gerät hat seine Berechtigung. Umzugrabende Erde (und man macht mit dem Ding kaum was anderes als Umgraben) ist schon schwer genug, da ist so ein Normalo-Spaten ein Ding, was man nicht braucht.
Leider ist er auch mit einem kürzeren Stiel versehen, so dass der Hebel oder wie man das nennt, kürzer ist und demzufolge in manchen Situationen nicht ganz so effektiv wie ein längerer Stiel das wäre.
Diese Situationen handhabt man (bzw. hier: Frau) dann mittels eines zweiten Spatens, geführt von der zweiten Dame. So wie wir gestern.
Die betreffenden Damen waren anschließend dann zehn Zentimeter größer als zuvor. Nicht etwa allein wegen der virtuos geschwungenen Spaten, sondern eher aufgrund des Lehms unter den Schuhen, der neigt bekanntlich zu Ansammlungen der schwer zu entfernenden Art.
Mithilfe also dieser Geräte haben wir ein Damenspatenkirchen veranstaltet. So ähnlich wie Watergate, nur mit mehr frischer Luft, in angenehmer Umgebung und in einem Kleingarten...
Meine Finger sträuben sich gegen „Schrebergarten“. Aber Kleingarten ist auch nicht besser, und in diesem Fall nicht mal passend, denn der K., um den es hier geht, ist ein ziemlich großer Kleingarten. Ich schätze ihn auf rund 1000 m², und er befindet sich im Besitz einer Arbeitsfreundin von mir. (Arbeitsfreundin ist ein Ausdruck, den ich der ExBraut verdanke- Menschen, mit denen man sehr viel Zeit verbringt, die man auch mag- mehr als eine Kollegin, aber nicht ganz so eng verbunden wie die Sorte Freundin, die man mitten in der Nacht bei Liebeskummer anrufen würde).
Gärten haben die Angewohnheit, dass die Arbeit, die man da vor sich her schiebt, sich potenziert und nicht einfach nur addiert, wie das bei fast allen anderen Arbeitsfeldern ist.
Zu hoch gewachsenes Gras ist irgendwann nur noch mit einer Sense in den Griff zu kriegen. Der Aufwand steht dann in keinem Verhältnis zum Freizeitgewinn durch das Aufschieben, außerdem sieht das unter Umständen, je nach Garten, ziemlich scheiße aus. Noch übler konspirieren Moose, Wildkräuter und was man sonst vielleicht nicht haben will. Die können binnen kürzester Zeit eine geschlossene Pflanzendecke bilden, die man nur noch mit Massivmaßnahmen beseitigt bekommt.
Naja, und Kleingärtner haben, vielleicht nicht zu Unrecht, den Ruf, pingelig zu sein, und die Grashalme mit allen geeigneten Maßnahmen dazu bringen zu wollen, Hände an der Hosennaht zu stehen.
Ist man dann als Pächter jemand, der einen eher naturnahen Gartenplan im Kopf hat, kriegt man schnell Schwabbes vom Überich des Kleingärtners, vulgo dem „VEREIN“.
Es soll sich ja schon so einiges geändert haben in den letzten Jahren, was die Orientierung der Schrebergartenvereine in Bezug auf die Standards betrifft. Aber nicht bei allen...
Nur so viel: Betreffende Kollegin erhielt letztens einen Brief. Vom VEREIN. Schön, wenn man als relativ neues Mitglied in so einem Verein gleich mit Ordnungsrufen begrüßt wird.
Letzte Woche kamen die Damenspatenkirchenerin und ich ins Gespräch, und selbiges wandte sich schnell dem Thema Garten zu- es fielen die Worte „Wenn du mal wen zum Umgraben brauchst“ und „Meinst du das ernst?“ (Anm. d. Red.: Wenn ich so was sage, meine ich das ernst).
Wir sind also hingefahren, leider ist die Anlage reichlich Kilometer von mir entfernt, und haben erst ein bisschen überlegt und angeschaut- und abgesehen davon, dass ich jetzt ganz von Neid angefressen bin, haben wir uns auch schon ein wenig an einem eher desperat aussehenden Erdbeerbeet vergangen.
Der Garten ist wunderschön.
Ich liebe alte Gärten. Sie sind selten perfekt, kaum etwas ist gerade, es gibt verborgene Ecken und winzige Schönheiten in versteckten Winkeln, und es gibt eine Menge Gelassenheit.
Ein wunderbarer Kirschbaum, unter den überhängenden Ästen eine gepflasterte Fläche, ein bisschen krumm, ein bisschen moosig, rings um den Stamm des Baums ein Kranz wilder Erdbeeren. Eine alte Laube, liebevoll und kitschig vom Vorbesitzer geschmückt. Nach hinten raus, wo keiner guckt, mit Anbauten versehen, in denen die Gartengeräte wohnen. Mit einem Freisitz, der einen Räucherofen beherbergt, bunt bemalt und kindergartenschön.
Ein Boskop-Halbstamm, der erstaunlich perfekte Früchte trägt, und der den letztwöchentlichen Apfelkuchen veranlasste.
Ein leider toter Birnbaum.
Unter den Obstbäumen eine Wiese, mit Moos drin, und Löwenzahn, und vermutlich einer Familie mit Maulwürfen. Ein mit Efeu überwachsener Bogen über dem Eingangstörchen.
Die Steinplatten im Gemüsebeet sind altmodisch-geometrisch verlegt, und werden auch so bleiben.
Vor der Laube ist eine Art Hochbeet - nicht so, wie man das biologisch-korrekt heute macht, sondern eher als abfallend- dekorativer Blickfang angelegt, mit einer Einfassung aus Kiesel und Naturstein. Ideal für ein Kräuterbeet in dem schweren Boden. Man wird wunderbar die oberen Flächen mit Sand „abmagern“ können, und die feuchteliebenden Arten an den Fuß pflanzen.
Das Spalier an der Seite wird mit Himbeeren besetzt werden. Das wird ein Blickschutz gegen den Nachbarn. Denn der ist der Vorsitzende und Briefschreiber.
Die klassische Kleingarten-Randbepflanzung zeigt die üblichen Verdächtigen: Hortensien, Rosen, Pfingstrosen, gemischte Blütenstauden und Sträucher. Dazwischen Moos, und ein ganzes Universum von Vergissmeinnicht.
Vergissmeinnicht, Gräser, Schwertlilien und eine mir noch nicht näher bekannte rosettenbildende Staude wachsen auch- zwischen mehr Erdbeeren- im Gemüsebeet. Gestern haben wir einen Teil dieses Beetes ausgeräumt, umgegraben, mit einem neuen Weg versehen, und die Erdbeeren, die noch intakt und gut aussahen, umgesetzt.
Die Lilien haben Platz gefunden zwischen dem umgesetzten Stachelbeerstrauch und dem ebenfalls umgesetzten und geteilten Rhabarber, und auch die Vergissmeinnicht sind nicht einfach auf dem Müll gelandet.
Man kann die Hälfte des geforderten Nutzdrittels inzwischen als ordentlich bezeichnen(ja, grüne Lunge reicht nicht, es muss ordentlich zu einem Drittel gemüst werden. Wobei. Ein Drittel ist so eine merkwürdig krumme Geschichte. Wie wäre es denn mit der Hälfte? Ergibt viel geradere Zahlen, und vermutlich auch gerade Kanten.).
Für die andere Hälfte des Drittels planen wir ein paar Erdbeerbeete (Nun ja- es stehen da Erdbeeren. Warum sich mehr Mühe machen als nötig?) sowie zwei schön symmetrische Hochbeete.
Darin wird der Kompost verschwinden, der vom Vorgänger doch erstens ungeschickt und zweitens viel zu groß angelegt wurde. Leider ist nämlich gar kein Platz, um den Kompost dann auch reifen zu lassen- man kann immer nur draufwerfen, was nicht im Sinne des Erfinders ist.
Zudem ist der Kompost direkt am Freisitz gelegen. Er stinkt zwar nicht, aber es wird immer Fliegen da geben, und außerdem ist das eine Ecke, die Sonne bis zum Abend hat und nicht eingesehen werden kann. Alles Gründe, in einer anderen Ecke einen Schnellkomposter oder zwei aufzustellen- und diese geschützte Stelle lieber für einen Sitzplatz zu nutzen.
Natürlich gibt es auch gärtnerische Scheußlichkeiten, wie zum Beispiel der Sichtschutz vor der Kompostecke- praktisch, aber trotzdem aus blauen Koniferen, die eine satte Friedhofsatmosphäre verbreiten, und viel zu dicht stehen. Bei mir stünden sie gar nicht, sondern ein Spalier, mit Geißblatt und Knöterich, aber erstens ist das tatsächlich ein Sichtschutz, der da auch nötig ist, und zweitens ist es gar nicht einfach, über zwei Meter hohe Koniferen rauszurupfen. Das gäbe ein Kettensägenmassaker. Die weder ich noch B. bedienen können.
Ich traue mir eine Menge zu, aber das nicht. Denn mir machen die Dinger einfach zuviel Lärm, und das jagt mir noch mehr Respekt ein als ein 50-cm-Schwert.
Was da in Frage kommt, ist ein Schnitt der Dinger. Das passt vielleicht auch zu der geometrischen Beetanlage. Denn egal, ob in Form geschnitten oder nicht, diese Bäume haben immer einen stark formalen Charakter, wild-romantisch kriegt man sie nie. Dann kann man auch gleich Nägel mit Köpfen machen.
Eine der amüsanteren Dinge, die man in Kleingartenanlagen tun kann, ist bei Nachbars in die Gärten gucken.
Da gibt’s so allerlei- von Parzellen, die so vergammelt sind, dass ich Depressionen kriegen würde, unmittelbar nach Eintreffen des „BRIEFES“- die haben bestimmt einen bekommen- über Flächen, die man nur als Salat-Alcatraz bezeichnen kann, bis zu kleinen Perlen asiatisch angehauchter Gartendisziplin.
Wer sich nun fragt, warum ich nicht selbst einen Kleingarten habe:
Weil ich die Katzen habe. Bei einem Garten, in dem ich ab und zu wühlen kann, und vielleicht auch mal ein Stündchen sitzen, müssen sie nicht allzulang allein bleiben. Ein eigener Garten würde nach mehr Anwesenheit schreien. Die kann ich nicht garantieren- beides geht nicht, wenn man den Garten nicht katzensicher einzäunen und die Fusselköpfe mitnehmen will. Vier Katzen zu transportieren ist aber, mit Verlaub, mehr Stress, als ich mir in der Freizeit machen möchte.
So kann ich das tun, was ich am liebsten mache: Planen, pflanzen, umgraben, und mich allgemein austoben. Ohne dass von mir auch erwartet wird, passive Freizeit in nennenswertem Umfang dort zu verbringen.
Außerdem macht das zu zweit erheblich mehr Spaß.
Genießt den Sonntag. Und wenn ihr eine Kleingartenanlage in der Nähe habt: Geht mal drin spazieren. Es ist interessant und witzig, und man kann ein bisschen Voyeur spielen :-)
Schönen Tag,
Lily