Dienstag, 30. Oktober 2007

Ähem.

Derdiedas vorherige Post hat mich daran erinnert, dass ich selbst massenhaft Gewicht zu verlieren habe. Laut zuverlässigen Quellen hat mein BMI die Grenze zu „stark übergewichtig“ überschritten. Vielleicht rührt daher mein Unglaube, was die Äußerung meiner Freundin betrifft, Projektion und so weiter.
Es gibt Spiegel, in die zu schauen mich immer erschreckt, aber ich kann es auch nicht lassen.

Das ist so ähnlich wie der Anblick eines extrem schlecht angezogenen Menschen auf der Straße. Man will nicht hinsehen, aber man kann einfach nicht anders. Das Mädel letztens, zum Beispiel. Knapp einssechzig groß, mit einer Doppel – D - Oberweite gestraft, und der Rest war auch beträchtlich üppig. Sie schien sich dessen nicht recht bewusst zu sein. Denn ihr Pullover, der die Anhänglichkeit einer Wurstpelle hatte, war nicht nur quergestreift, sondern auch noch gerafft. Zwischen diesen eindrucksvollen Brüsten. Nunja. Dazu gabs unvorteilhaft an der dicksten Stelle der Oberschenkel gekrempelte Shorts (!) plus einer grob gestrickten Strumpfhose. Und Stiefeletten. Manche Dinge sind nicht einmal mit Jugend zu entschuldigen. Stiefeletten, zum Beispiel.
Jedenfalls MUSSTE ich dieses Mädchen anschauen, denn abgesehen vom Erheiterungsfaktor, der nicht unbeträchtlich war, tat sie mir leid. Ich weiß wie es ist, wenn man neue Sachen anzieht und damit stolz von zu Haus startet, nur um kurze Zeit später in einem Spiegel… na, ihr wisst schon.
Das hat nichts mit Übergewicht zu tun, sondern mit Ästhetik. Meinetwegen kann jeder soviel Kilos mit sich rumschleppen, wie er will. Davon ist MEIN persönliches Wohlbefinden nicht abhängig. Aber bei so mancher Kleidungsauswahl, Mode hin oder her, überläuft es mich kalt. Die junge Frau vor ein paar Monaten, die mit dem Mini, die sich mitten in der Fußgängerzone nach ihrem Feuerzeug bückte und bei allen umstehenden Menschen, Frauen eingeschlossen, für Staunen sorgte. Sie trug nichts drunter. Nichts. Okay, vielleicht einen Fell-String, das war ohne Nahkontakt nicht zu unterscheiden.
Auch der Mann, der mich vor kurzem in meinem Büro aufsuchte. Der war schlank und so, aber der Fallschirmseiden-Jogger in psychedelischen Farben und der Aromen-Mix aus Schweiß, Zigaretten und ewig nicht geputzten Zähnen war heftig.
Wie gesagt - Ästhetik.

Jedenfalls habe ich beschlossen, dass sich etwas ändern muss. Ernährungstechnisch, meine ich.
Neue Kleidung kommt erst danach. Nach den 20 Kilo, die ich mir vorgenommen habe.
Keinesfalls kann man den Herbst als zum Abnehmen geeignete Jahreszeit bezeichnen, jeder kennt die langen Abende, an denen man schaudert, wenn einen nur der Gedanke an „Umziehen und zum Sport gehen“ streift. Ausrufungszeichen optional.
Auf der Couch sitzen, stricken und dabei an irgendwas knabbern, vorzugsweise fettig und/oder süß, ist die Aussicht, die einen über den Abend bringt. Ein Salat wärmt irgendwie nicht richtig, und ein Auflauf ist die sympathischere Alternative. Alles in Allem. Und mit Käse überbacken.

Befeuert von den Fotos (einige waren noch keine 25 Jahre alt, sondern sechs oder so),
werde ich also meine Reise starten. Weniger essen, gesünder essen, mehr Sport. Und…



tadaaa….



Keine Zigaretten mehr. Letzteres werde ich erst in Angriff nehmen, wenn die aktuelle Dose Tabak leer ist. Ich drehe selbst, und kaufe immer diese praktischen Riesendosen, ansonsten ist Rauchen schon lange unbezahlbar. Es sind noch 100 g drin.

Auf gehts.

Und dann war da noch...

die Freundin, die mit mir zusammen Fotos anschaute. Aus unserer gemeinsamen, strahlenden, schlanken Jugend- und die dann sagte "SO dünn möchte ich nie wieder sein".
Sie war weder magersüchtig noch klapprig, einfach nur schlank.
Wieso glaube ich ihr nicht?

Sonntag, 28. Oktober 2007

Four furry friends


Das Tier links ist Karlchen, und das ist das Fellgesicht, das mir sagt, dass er auf den Arm will. Er ist der einzige meiner Fellnasen, der das möchte. Am liebsten stundenlang, unter heftigem Schnurren seinerseits und ebensolchem Kraulen meinerseits.
Er ist knapp sechs Monate alt, und weiß noch nicht, dass ihm in ungefähr einem Monat die Entbömmelung bevorsteht. Schließlich hat Mensch noch etwas anderes zu tun als Markierungsspuren eines potenten Katers zu entfernen. Mal abgesehen von der Vergeblichkeit dieser Bemühungen.




Auf dem rechten Foto ist er mit seinem besten Freund Paul zu sehen. Die zwei lieben sich offenbar. Wenn sie sich nicht gegenseitig putzen oder nebeneinander in komatösem Katzenschlaf liegen, gibts hier Katzenrodeo: Paul, fast 10 Kilo schwer (alles Muskeln, sagt er), rast wie ein Gestörter durch die Wohnung und hat Karlchen am Hals hängen.







Rechts ist Emily zu sehen, das einzige Mädchen in der Bande. Leider hat sie keinen wirklichen Einfluss auf die eher schlecht erzogenen Kater. Sie ist auch die einzige, die nicht unbedingt rein will, wenn ich im Badezimmer bin. Hat halt Manieren :-)








Und das ist Eddie, Nummer vier. Eddie und Paul sind Wurfgeschwister, die sich so ähnlich sehen, dass es Jahre gedauert hat, bis ich ihnen Namen geben konnte. Inzwischen kann ich sie unterscheiden. Beide haben geringelte Waschbärschwänze, Eddies endet jedoch mit einem hellen Kringel, Pauls mit einem dunklen. Na ja, und Eddie wiegt nur 7 Kilo. Paul ist auf dem obigen Bild rechts unten zu sehen. Er ist halt etwas kräftiger. Das liegt an seiner Vorliebe für Trockenfutter. Eddies Lieblingsplatz ist in 2,30 Meter Höhe auf dem Kühl-Gefrier-Kombinations-Schrankdings. Da hat er seine Ruhe. Old Lady Emily schaffts nicht mehr bis da oben hin, Paul ist für solche Sprünge nicht zu haben, und Karlchen kriegt das noch nicht hin. Eddie ist eine nervöse Seele, sobald irgend etwas passiert, was er nicht kennt, kriegt er Riesen-Stress-Pupillen und wird rappelig. Paul zieht dann in den Kleiderschrank, und Emily verzieht sich erstmal in einen Korb oder die Höhle im kleinen Kratzbaum. Die hat nur eine Öffnung, da ist es leicht, die Kontrolle zu behalten.
Nur Karlchen, unverdrossen, befreundet sich mit allem und jenem. Zum Glück ist er nicht sensibel, denn er hat oft eins auf die Mütze bekommen, als er noch kleiner war. Das hat er nicht übel genommen, sondern unverzagt weiter genervt.
Paul ist sich nicht darüber im Klaren, dass er locker die ganze Horde zum Frühstück verspeisen könnte, wenn er wollte.
An dem teilweise bizarren Verhalten der drei Großen bin ich schuld. Als die damaligen Zwerge Paul und Eddie zu uns kamen, bestand die Meute aus zwei älteren Pelznasen, Emily und ihrem Bruder Henry. Henry ist auf dem Bild über dem Archivverzeichnis zu sehen, er ist der graue Kater, der da mit Eddie Yin und Yang spielt. Die beiden Oldies, Jahrgänge 1993 und 1994, kamen aus einem Haushalt mit 12 Katzen, der leider aufgelöst werden musste. Mein Sohn und ich wollten Katzen, aber keine Jungtiere (weil wir beide tagsüber unterwegs waren, und Jungtiere mehr Betreuung brauchten, als wir leisten konnten) und es sollten zwei sein- ein Einzeltier wäre zu einsam gewesen. Also: Einzug Emily und Henry, and they lived happily ever after.
Die beiden waren, glaube ich, ganz glücklich. Emily ist vom Wesen her eher eine Einzelkatze, ihr Bruder war ein Kampfschmuser der ganz besonders durchsetzungsfähigen Sorte. Sie sind bzw. waren Exotic-Shorthairs, also Kurzhaarperser. Im Gegensatz zu dem, was man so von Persern behauptet, war Henry ein sehr, sehr gesprächiger Vertreter seiner Art. Sein Lieblingsplatz war mein Schoß, vor allem, wenn ich am Rechner saß. Er ist im Juni an Nierenversagen gestorben, und er fehlt immer noch.
Vor zwei Jahren kamen Eddie und Paul dazu- eine liebe, inzwischen verstorbene Arbeitskollegin, die bereits mit ausreichend Katzen versorgt war, stellte fest, dass ihre jüngste Katze bereits beim Kastrationstermin trächtig war. Sie entschied, dass sie die Kätzchen nicht einfach töten lassen wollte, und ich bot mich an, eine aus dem Wurf zu nehmen- vier Kitten kamen zur Welt, und ich konnte mich nicht zwischen den zwei roten Katern entscheiden. Also nahm ich zwei auf...
Als die beiden zu mir kamen, waren sie siebeneinhalb Wochen alt, viel zu jung. Aber die besagte Arbeitskollegin wusste wohl, dass sie nicht mehr lang zu leben hatte, und hat dafür gesorgt, dass die Jungtiere anderweitig untergebracht wurden. Die Katzenmama selbst war auch zu unerfahren und zu jung, um sich angemessen zu kümmern. Ich hatte die Hoffnung, dass Emily sich als mütterlich erweisen würde, und dass die Jungtiere somit ausreichend Betreuung hätten. Leider hatte ich die Rechnung ohne mich gemacht.
Der Anblick dieser Zwerge (und so hießen sie, 9 Kilo hin oder her, bis vor drei Monaten) hat jeglichen Funken Intelligenz bei mir ausgelöscht, und ich habe sie wie eine Mutter verteidigt und mich intensiv um sie gekümmert. Ich hätte den Job besser Henry und Emily überlassen, die hätten ihnen einige Flausen ausgetrieben. Allzuviele haben sie trotzdem nicht. Allerdings hab ich auf diesem Weg Emily ein Autoritätsproblem verschafft. Denn egal was sie tut, ob sie faucht, spuckt, knurrt, schlägt oder beißt- sie wird nicht ernst genommen. Und das ist schon eine erhebliche Bürde für meine alte Dame. Sie kann tatsächlich knurren wie ein Rottweiler, aber die Jungs grinsen sich eins. Ernsthaft haben sie ihr noch nichts getan, sie stören sie einfach nur in ihrer wohlverdienten Rentenruhe. Das reicht aber schon für jede Menge Stress.
Als Karlchen dann einige Zeit nach Henrys Tod zu mir kam, war ich etwas schlauer. Ich hab mich nicht mehr eingemischt, sondern die vier das selbst aushandeln lassen, und es ist auch gut gegangen. Er war aber auch 12 Wochen alt, und somit in der Lage, sich in Sicherheit zu bringen und auch schon mal zuzuschlagen. Zudem ist er in Gesellschaft älterer Katzen aufgewachsen, und vertraut auch mit mürrischen alten Damen sowie recht wilden Katern im besten Alter. Ein gut sozialisierter, wenn auch sehr liebebedürftiger Kater, alles in allem.
Als er zu uns kam, brachte er irgendeinen Keim mit, der meine leicht verpimpelten Katzentiere (kein Freigang) sofort aus den Latschen warf. Nach drei Tagen hatte ich drei heisere, mies gelaunte Katzenmonster, die offenbar sowas wie Kopfschmerzen hatten, und nicht mal mehr piepsen konnten. Außerdem fraß man nicht. Man litt. Mit hängendem, der Wand zugekehrten Kopf. Oder in der kühlen Badewanne, denn man fieberte auch. Und der Kleine, der nervte nur.
Folgte ein Lazarettzug mit vier Katzen zum Tierarzt- Ein Erlebnis der besonderen Sorte.
Nach Gabe eines Antibiotikums und eines Schmerzmittels waren sie dann recht fix wieder fit, und ich ein ganzes Stück ärmer- der neue Kater hatte zudem einen fiesen Hautpilz mitgebracht, der zu Ende behandelt werden musste. Lazarett, ich sags ja.
Aber nichts im Vergleich zu dem zweiten Arztbesuch drei Tage später, der notwendig war, damit die Antibiotika-Gabe ordentlich abgeschlossen werden konnte. Da waren sie sämtlich wieder bei Stimme. Das Theater, das sie in ihren Kennels gemacht haben, hat allerdings dafür gesorgt, dass man uns beim Tierarzt nicht lange warten ließ. Unser Tierarzt mag Katzen, und das ist klasse, und er hat eine gute Hand mit ihnen. Da gibts kein Gehampel mit diesen Quetschkäfigen, in denen sie an ein Gitter gedrängt werden, damit sie nicht kratzen, wenn sie eine Spritze bekommen. Er hat sich selbst bei Eddie und Paul getraut, sie nur von mir beschäftigen zu lassen, während er ihnen die Injektion verpasste. Sie haben nicht mal gezuckt.
Heute ist hier die übliche Sonntags-morgens-Routine angesagt. Karl und Paul liegen zusammen auf dem Sofa, Eddie schaut Katzenfernsehen (der weiß-grau getigerte Riesenkater und die rote BKH-Katze, die draußen rumlaufen, sitzen gern unter meinem Küchenfenster. Man starrt sich durch die Thermopane-Scheiben an und fragt sich vermutlich, wie man in etwas näheren Kontakt kommen könnte), und Emily klackt etwas ruhelos mit ihren immer zu langen Krallen über das Laminat. Frieden also.
Und Zeit zu Duschen und zum Frühstücken.

Sonntag, 21. Oktober 2007

Haarspalten in der Dämmerung

Manchmal, wenn die Sonne über den Feldern im Osten noch nicht aufgegangen ist, und die Bloggerin, von Schlaflosigkeit aus den Federn (naja, eher Mikrofaserbetten) gerissen, für sich einhersinnt, stellen sich die WICHTIGEN Fragen des Lebens.
Soll man sich die Beine rasieren? Enthaarungsschaum oder -Creme benutzen? Hardcore-Kaltwachs? Oder, Schreck, Epilady und seine (ihre??) üblen Kumpanen?
Dabei spielen wichtige Dinge eine Rolle.
Die Nachwachszeit. Nur bei der Entscheidung für die Hardcore-Methode hat das nicht nur mit dem Haarwuchs zu tun.
Der Stoppel-Koeffizient und seine Auswirkungen auf das Wohlbefinden.
Der Unbehaglichkeitsfaktor bei dem Vorgang als solchem, der reziprok proportional zur Dauerhaftigkeit des Ergebnisses ist. Soll heißen, je unangenehmer die Enthaarung ist, desto länger hält das glatte-Beine-Feeling an.
(Das möchte man nicht weiterdenken).
Jede(r) der bereits die maschinellen Pinzetten des Todes, die Epilady in seinem/ihrem ergonomisch ansprechend gestalteten Äußeren versteckt hält ausprobiert hat, kennt das Problem. Beim ersten Mal beißt man die Zähne zusammen und kräuselt die Zehen Richtung Fußsohle. Beim zweiten Mal stellt man fest, dass es tatsächlich schlimmer werden kann, und beim dritten Mal schmeißt man das Ding weg. Es sei denn, man hat gute Connections zu jemandem mit Zugang zu Oberflächenanästhetika. Dann besteht nur noch das Risiko, teilweise enthäutet aus dem Projekt hervor zu gehen.
Trotzdem drängen sich Sprüche auf, wie "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland (oder so), und sein Lehrling stellt Enthaarungsgeräte her".
Die Frage selbst, also die nach dem Instrument, mithilfe dessen der Wolle zu Leibe gerückt wird, entscheidet sich jedoch oft einzig auf der Grundlage dessen, was sonntags morgens so zu haben ist. Es sei denn, es ist diese pastellfarbene, harmlos surrende und mit liebenswertem Charme getaufte Höllenmaschine. Dann lieber Wolle auf den Beinen. Wärmt auch im Oktober mehr.

Eine weitere Frage ist die nach der Haarperspektive. Das ist keine Maltechnik, auch kein Spezialfachbereich der Optik, sondern die Entscheidung für langes oder kurzes Haar da, wo es die meisten Leute eher schmückt als stört.
Dass kurze Haare mir gut stehen, weiß ich. Ich trag sie schon vierzig und ein bisschen Jahre so, und kein (und ich meine: KEIN) Versuch, sie wachsen zu lassen, war bisher erfolgreich, wenn man Erfolg nicht nur an der Länge der Hautanhanggebilde misst, sondern an einer gewissen überzeugenden Ästhetik.
Das schlimmste war eine Dauerwelle Anfang der Achtziger (in memoriam Boney M.), die meinen damals ungefähr achtzehn Monate alten Sohn zu Tode erschreckte. Außerdem ruinierte sie meine Haare, und es hat ewig gedauert, bis sie wieder rausgewachsen war.
Ich habe jedoch nicht nur kerzengerade Haare, sondern auch eine Feldmaus-Farbe auf dem Kopf, die inzwischen eher Straßenbelag-grau ist. Dieser Prozess des Grauwerdens fing schon mit Mitte zwanzig an- und erzeugte keinesfalls die üblicherweise mit grauen Haaren assoziierte Weisheit, sondern eher farblichen Wagemut. Nunja.
Die übelsten Auswirkungen hatte
a) die Anwendung einer Farbe, die "Aubergine" hieß (es war tatsächlich ein Lila-Ton), und die ich leichtsinnigerweise auf den Resten sehr, SEHR heller Strähnchen anwendete. Pinkfarbene Streifen waren die Folge. Nein, es gibt keine Fotos davon.
b) Der Versuch, meine zu einem späteren Zeitpunkt rappelkurzen Haare weißblond zu bleichen.
Geht beim Friseur ja auch, oder?
Klar geht das da, die haben das auch gelernt. Und die Leute, die Haarfarbe für zu Hause verkaufen, haben Werbung gelernt.
Das Ergebnis war ein leuchtend orange-gelb gescheckter Haufen Watte auf dem Kopf.
Und ich hatte das Problem, wie ich damit zu einer friseurlichen Intensivstation komme, ohne gesehen zu werden. Ich habe tatsächlich einen Tag Urlaub genommen, damit ich mit diesem Produkt aus Chemie und Wahnsinn nicht ins Büro musste. Und für den Weg zum Friseur (zweihundert Meter die Straße rauf) hab ich das Fahrrad genommen. Nicht, weil ich schlecht zu Fuß war, sondern wegen des Helms.
Der Friseur hat sich gefreut, denn, wie auch im Krankenhaus, ist Intensivbehandlung teuer und aufwändig.
Inzwischen färbe ich nur noch dunkler. Auch nur ein bisschen, denn da ich ziemlich blass bin, sähe ich sonst aus wie Morticia Addams und das muss ich nicht haben.
Diese Farberlebnisse und ihre Langzeitfolgen sind trotzdem leider keine Garantie dafür, dass das nie wieder passiert. In manchen Dingen bin ich etwas spontan, man könnte auch "gestört" sagen...
Jedenfalls sind meine Haare momentan wieder im Status "rausgewachsen". Sobald dieser Punkt erreicht ist, gibt es erheblich ausgeprägtere Bad-Hair-Days als zuvor, jedoch auch einige Good-Hair-Days. Die BHDs zeichnen sich entweder dadurch aus, dass die Haare enorm aufgeladen sind und den ganzen Tag fliegen, oder dass sie gegen 10 Uhr morgens das machen, was ein Ballon macht, wenn man reinsticht. Rrrrichtig. Sie machen das optische Äquivalent zu "Peng" und haften fortan am Kopf wie das Fell eines Otters.
Packungen und Spülungen erzeugen das letztere, keine Packungen und keine Spülungen die statisch aufgeladene Variante. Dem Otterkopf versuche ich dann meist dadurch zu entkommen, dass ich die Schere in die Hand nehme- in früheren Zeiten auch schon mal die Haarschneidemaschine, bis ein wohlmeinender Exfreund sie einfach weggeworfen hat. Nachdem ich mir mit Ende dreißig mal eine drei-Millimeter-Schneise geschoren habe und das als modischen Kick verkaufen musste, bis es nachgewachsen war. Ja, es gab Schreierei.
Zurzeit habe ich beinahe erfolgreich der lockenden Schere (Lockenscheren sind davon fein zu unterscheiden!) widerstanden, sieht man einmal von leichten Pony-Korrekturen ab, und schaut man nicht in meinen Nacken, der immer darunter leiden muss, dass ich Spiegelschränke nicht leiden kann (also hab ich keinen dreiteiligen Spiegel und schneide... nach Gefühl. Ja wirklich.)

Der Rest wuchert wild vor sich hin. Wenn ich Glück habe, und weiter brav diese angeblich Volumen erzeugenden Chemikalien benutze, halte ich vielleicht diesmal länger durch.
Drückt mir die Daumen.

Des weiteren stellt sich die Frage "Frühstücken oder weiter schreiben?" die ich hier und jetzt mit "Frühstücken" beantworte :-))
Einen schönen Sonntag.

Lily

Sonntag, 14. Oktober 2007

Es ist

wieder Wochenende, und ich leide unter seniler Bettflucht. Seit halb sieben spring ich hier rum- hat seine Vorteile, weil dann kann ich nachher in Ruhe an meiner Strickjacke herumbasteln. Ich hab günstig Bändchengarn (Opaca) von Lana Grossa in blassblau und mint gekauft, und mir überlegt, mal eine Jacke zu stricken. Zum ersten Mal seit Jahren versuche ich mich mal an einem Einstrick-Muster in zwei Farben. Auf den Rücken kommt ein großer, mintfarbener Stern, und es wird eine Kapuze in Mint geben. Die Jacke wird ärmellos, also ist es eine Weste. Strenggenommen.
Der Stern ist selbstberechnet, ich hoffe, dass er nicht verzerrt, denn die Maschen sind eher breit als hoch. Einen Teil dieser Verzerrung hab ich aufgefangen, in dem ich nur auf der Vorderseite das Muster erweitere, die Rückseite wird jeweils gestrickt, wie die Maschen erscheinen.
Ursprünglich sollte es ein ärmelloser Pullunder werden. Dazu hatte ich auch ein Muster, das war allerdings in einer Art Tweed-Wolle gestrickt, in Rippen. Die ersten Versuche sahen leider katastrophal aus. Vermutlich, weil das Garn total ungeeignet ist für Rippen, denn das Muster kommt nicht richtig zum Vorschein. Die Wolle ist nur auf der "Oberseite" einfarbig, von unten sieht man das Trägermaterial und das ist - schwarz. Wenn man rechte und linke Maschen abwechselnd strickt, kann man das Trägerzeugs sehen, und das stört die Optik ganz gewaltig.
Abgesehen davon hat Bändchengarn ja ohnehin seine Tücken. Es ist recht dünn und leicht und hat eine gute Lauflänge, leider muss ich es mit Nadelstärke 8 stricken. Sonst würgt es sich zusammen. Aber ich stricke sowieso ziemlich fest, damit hat es auch zu tun. Meine ersten Versuche mit siebener Nadeln hatten viel Ähnlichkeit mit kugelsicherem Material.
Als ich die Wolle gekauft habe, hab ich das erste Mal Noro Garne live gesehen. Himmlisch schön und teuflisch teuer. Seidengarne in leuchtenden Farben, für satte 16 € das Knäuel. Und wenn man bedenkt, dass ich für meine Größe mindestens 700 g brauche, sind wir bei 14 x 16... äh.
Viel Geld jedenfalls!
Inzwischen hat sich auch die Katzerei an das Stricken gewöhnt, ich muss nur noch selten eingreifen. Manchmal wollen sie mir helfen, und wenn dann gerade das Strickzeug allein ist, kann es schon mal zu kleineren Unfällen kommen. Aber die letzten zwei Schals haben das Abenteuer Katzen überstanden. Wenn auch nicht die Socken. Aber das liegt auch daran, dass ich nicht (mehr?) in der Lage bin, die Reihen zu zählen. Dafür sind meine Augen nicht mehr gut genug. Die Wolle ist wunderbar, mit einem Stretch-Anteil, und in sanften Rosa-Tönen. Ich überlege, ob das Nadelspiel in Stärke 2 nicht doch etwas dünn ist, vielleicht liegt es daran, dass ich die einzelnen Maschen und Reihen nicht mehr zählen kann.
Es werden Sneaker-Socken, und nicht welche von der puscheligen Riesensorte. Die trag ich zwar im Winter gerne, aber wer sagt, dass selbstgestrickte Socken nicht auch im Frühling oder Herbst getragen werden können.
Jedenfalls hab ich den Socken wieder aufgetrennt. Und überlege, mir eine Handarbeitslupe zuzulegen. Aber vielleicht warte ich erstmal den Augenarzttermin Ende November ab. Das Hauptproblem sind die Doppelbilder, die ich sehe, und die auch die acht Prismendioptrien, die ich in der Brille habe, nicht mehr vollständig auffangen. Noch mehr davon und ich könnte auch zwei Kristallaschenbecher tragen. Zumal da dann auch noch die zwei unterschiedlichen Nahsichtbereiche hinzukommen. Noch brauche ich für die Nahsicht die gleichen Prismen wie für die Weitsicht, aber das muss -angeblich- nicht so bleiben. Grrr. Das würde eine Extra-Lesebrille bedeuten, und die würde ich immer verlegen. Ich seh mich schon mit so einer Brillenkette auf der Brust- schmückt ganz ungemein. Dann fehlt nur noch ein Warnschild: Klimakterische Kuh!
Aber wenn alle Stricke reißen, lass ich mich operieren. Vielleicht gibts ja inzwischen OP-Methoden, die meine Nerven schonen. Beim letzten Check hörte sich das so gruselig an, dass ich Abstand genommen habe. Weiten Abstand.
Abgesehen vom Stricken hab ich gestern "Indelible" von Karin Slaughter angefangen. Mal sehen, ob ich Überfälle und Geiselnahmen genau so abschreckend finde wie Augen-OPs.-
In diesem Sinne,
schönen Sonntag
Lily

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Herbst

...ist meine Jahreszeit. Im Gegensatz zu vielen Bekannten, die sich alle als Sommerfreaks sehen, ist mir Hitze nicht besonders angenehm, in der Sonne kann ich nicht lesen (mangels getönter Lesebrille) und wenns nachts zu warm zum Schlafen ist, macht mich das nur sauer.
Aber der Herbst ist eine feine Sache. Wenn es draußen kalt wird, ist es drinnen um so angenehmer, ich geh dann auch gern raus, zum Beispiel bei Regen in den Wald. Den hat man in der Regel dann für sich. Warme Sachen, feste Schuhe und anschließend einen Kakao und ein paar Kekse.
Zum Glück bin ich gegen den jahreszeitlichen Deko- und Bastelvirus immun und fühle weder den Drang, unschuldigen Kürbissen mit Messern zu Leibe zu rücken, noch bevölkern niedliche Kastanienmännchen meine Regale. Und ich bin meinen Katzen sehr dankbar- wenn einer fragen sollte, warum ich nicht aufrüste, kann ich immer behaupten, sie würden es ohnehin entweder fressen (gefährlich) oder runterwerfen (ärgerlich). Das ist noch nicht einmal gelogen. Das einzige Zimmer, in dem ich Gardinen aufgehängt habe, ist mein Schlafzimmer- und da kommt die Krallenbande nicht rein. Wenn ich das verhindern kann.
Die Fellinis sind auch der Grund, warum ich keine Zimmerpflanzen mein eigen nenne, denn die haben sie alle gefressen. Restlos. Es waren offenbar keine giftigen dabei, also bitte keine Mails schicken.
Ansonsten sind sie sehr für ihre eigenen Vorstellung von Dekoration zu haben, vor allem sind sie begeistert von Sesseln. Wenn die keine Fransen haben, machen sie ihnen welche. Eigens zu diesem Zweck gibts im Arbeits- und Katzenbelustigungszimmer einen uralten Ledersessel, den sie mit vereinten Kräften in seine Bestandteile zerlegen. Selbst der Kleine, der erst seit zwei Monaten bei mir ist, hat schon kapiert, an welchem er kratzen darf, und wann er mit unmittelbaren Konsequenzen zu rechnen hat. Die Kratzbäume hingegen erfreuen sich einer gewissen -nunja- Ungestörtheit.
Neben diesem innenarchitektonischen Betätigungsfeld liebt vor allem Neun-Kilo-Paul mein rechtes Handgelenk. Insbesondere dann, wenn die dazugehörende Hand die Maus betätigt. Zu Anfang ist das immer recht angenehm, weil er doch wärmt, aber so nach einer Viertelstunde wird die Hand langsam taub, und die Fingerspitzen werden blau. Sofern ich versuche, die Maus in Bewegung zu setzen, kaut er auch schon mal liebevoll an der Hand rum. Aber er lässt sich nicht vertreiben, und da er mein heimlicher Lieblingskater ist, darf er normalerweise auch bleiben bis die Hand schmerzt.
Wenn jedoch sein Bruder Eddie sich auf den Monitor setzt und anfängt, den Cursor zu verfolgen, geb ich meist die Beschäftigung am Rechner auf- denn kurze Zeit später springt Emily auf meinen Stuhl (sie setzt sich IMMER hinter mich, erwartet aber intensives Kraulen!) und auf dem Boden schreit Karlchen danach, dass man ihn auf den Schoß nimmt.
Aber vier Katzen im Herbst halten die Heizkosten niedrig, den Kreislauf auf Touren (es muss immer einer irgendwo runtergesammelt werden, oder man jagt einer von ihnen etwas ab), und sind ausreichend Deko, um auch an kalten Tagen erfreulich hübsch auszusehen. Selbst wenn sie neun Kilo wiegen.

Sonntag, 7. Oktober 2007

Sonntage

Sonntags morgens früh aufstehen. Kaffee kochen, Katzen kraulen und füttern, und dann samt Kaffee an den Rechner setzen- oder samt Kaffee und Buch vom Sofa aus den Sonnenaufgang beobachten, und im Hintergrund läuft Romeo and Juliet in der Fassung vom Life Aid Konzert im Wembley. Oder auch Telegraph Road, und anschließend irgendwas von Sting. Es ist noch sehr früh, im Sommer manchmal vor fünf Uhr, und die Welt scheint noch zu schlafen. In meiner Gegend ist es ohnehin relativ ruhig, halb ländlich, und am Wochenende dauert es ziemlich lang, bis die ersten Autos zu hören sind. Die wenigsten Leute können es verstehen, dass man freiwillig am Wochenende früh aufsteht, nur um allein zu sein, wenn man ohnehin allein in seiner Wohnung lebt. Meist bin ich jedoch Freitags abends so groggy von der Woche, dass ich ebenso freiwillig ziemlich früh ins Bett gehe, und dann ergibt sich das frühe Aufstehen ganz von allein.
Wochenenden voller Termine hab ich auch nicht gerne- wobei sich das etwas geändert hat, seit meine Wohnung an den Wochenenden keine Putzzeit mehr braucht, weil ich das alles unter der Woche erledigen kann. Manchmal, wenn ich den Gedanken an zwei völlig leere Tage auch nicht gut aushalten kann, verschiebe ich Sachen gezielt auf den Samstag oder Sonntag. Bügelwäsche oder sowas, das ist dann meist nicht viel, aber es ist anschließend getan.
In letzter Zeit besucht mein Sohn mich öfter an den Wochenenden, gestern war er auch da. Wir haben für ihn Kleidung eingekauft, und zusammen gekocht und gegessen. Er ist dann gegen fünf mit vollen Taschen wieder nach Hause gefahren.
Er ist mein einziges Kind, und ich bedauere inzwischen, dass wir in den letzten 10 Jahren, in denen wir allein zusammen gelebt haben, mehr oder minder nebeneinander her existiert haben. Aber um ein gutes Verhältnis zueinander kann man sich immer bemühen, glaube ich. Mein Ansatz war eigentlich immer, dass es Kindern gut tut, wenn man ihnen so weit vertraut, dass man sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst entscheiden lässt- aber inzwischen bin ich mir nicht immer so sicher, ob das stimmt. Klar hatte er Grenzen, denn ich lasse mir nicht gerne auf dem Kopf rumtanzen, aber was ein bisschen vernachlässigt wurde, war das Fordern und vielleicht auch das Fördern. Wenn es um Schule ging, war meine Devise immer, dass es Blödsinn ist, an den Kindern rumzunörgeln und sie unentwegt zu kontrollieren und zu überwachen. Ich hab immer drauf gesetzt, dass er selbst Wert auf einen Abschluss nach seinen Fähigkeiten legen sollte, und dass es nicht seine Aufgabe ist, meine Zukunftswünsche zu verwirklichen. Nach dem Motto: Ich hab mein Abi, das da ist jetzt deines, sieh zu. Glücklicherweise konnte ich mich, was Schule betraf, auch immer darauf verlassen, dass er seinen Teil der Abmachung einhält und das ordentlich erledigt. Er hatte nicht, so wie ich, den Wunsch, mit 16 abzugehen und einen Beruf zu lernen oder auch einfach nur gar nichts zu tun. Überlegenes Erziehungsprinzip oder hab ich das nur nicht mitgekriegt? Zu der Zeit steckte ich mitten in einer sehr belastenden Trennung, und es kann sein, dass er einfach nicht den Nerv hatte, mir auch noch mit sowas zu kommen. Vielleicht.
Im Moment ist er 26 und studiert in der Endphase. Da hat er ein bisschen mehr Unterstützung verdient und bekommt sie auch, solange er sie braucht und ich nicht das Gefühl habe, er ruht sich aus auf meine Kosten. Und das heißt im Moment auch nicht, dass ich nur Geld rüberwachsen lasse, das wäre zu einfach. Nicht nur für ihn, sondern auch für mich.
Sondern ein bisschen was von dem, was Kinder beim ultimativen Schritt ins Erwachsensein, nämlich dem Übergang in den Beruf, eigentlich alle brauchen- ein paar Tipps, ein bisschen Händchenhalten und Hilfe dabei, den Überblick nicht zu verlieren. Ich bin da anders reingewachsen, ich war jünger und hatte keine jahrelange Studiendauer als Zwischenschritt nach der Schule und vor dem Beruf. Abgesehen davon hatte ich ihn zu der Zeit schon dabei, so dass es wirklich nichts zu überlegen gab.
Was mich nur endlos und unglaublich und nicht beruhigbar wütend macht, ist die Nonchalance, die seitens seines Vaters und der väterlichen Familie dem Ganzen gegenüber aufgebracht wird. Dieses Arschloch von einem Erzeuger sitzt da und interessiert sich einen Scheißdreck dafür, ob sein Sohn was zu essen hat, ob es ihm gut geht, ob und wie es weitergehen wird. Ich komme immer wieder zu der Überzeugung, dass dieser ganzen Sippe demnächst eine Überraschung in den Briefkasten flattern sollte. Spätestens dann, wenn die Zeit anbricht, zu der sämtliche staatliche Unterstützung endet und ich allein da stehe, ohne Kindergeld, bezahlbare Krankenversicherung und Steuerfreibetrag für meinen Sohn, und dann Unterhalt, Miete, Krankenversicherung und Studiengebühren, monatlich rund 500 €, vollständig aus meinem dann entsprechend reduzierten Einkommen begleichen muss. Ich bin mir sicher, dass dieser Erzeuger, Vater will ich ihn nicht nennen, sich daran beteiligt. Herzlichen Glückwunsch, du hast gewonnen! Zwei Semester Krankenversicherung für deinen Sohn darfst du demnächst bezahlen- und mir ist vollkommen gleichgültig, wie du das machst. So wie es dir in den letzten 9 Jahren ja auch gleichgültig war, ob und wie ich das geschafft habe. Oder?

In diesem Sinne. Schönen Sonntag alle.

Samstag, 6. Oktober 2007

Meine Güte. Perfektionismus. Schon wieder.

Ich bin Diabetikerin, und das hat Auswirkungen auf mein Leben.
Es hat mich einige Zeit gekostet, mich damit abzufinden. Weniger mit der Krankheit, also mit der Tatsache, dass ich nicht mehr gesund bin. Mehr Mühe kostete und kostet es, das ganze Drumherum irgendwie auf die Reihe zu bekommen.
Man sollte glauben, dass ein halbwegs intelligenter Mensch mit einem Blick auf die Zukunft schon ziemlich fix in der Lage ist, sinnvoll damit umzugehen.
Es geht ja nur darum, regelmäßig Kontakt mit dem Messgerät zu halten und sich in vernünftigen Abständen mit seinen Werten zu versehen, und dann mithilfe des Insulins diese Werte in akzeptablem Rahmen zu halten.
Hört sich simpel an, ist es auch. Die Dosierung des Insulins ist im großen und ganzen eine Kombination aus Mathematik und Kenne-Deinen-Körper. Man stellt den aktuellen Blutzucker fest, berücksichtigt das, was man essen will, das, was in den nächsten zwei, drei Stunden an Bewegung auf einen zu kommen wird, und los gehts. In Zeiten unkalkulierbarerer Lebensführung, wenn man beispielsweise im Urlaub ist, auf andere Weise als sonst arbeitet, oder ungewohnte Dinge isst, deren Wirkung man noch nicht kennt, misst man seinen BZ noch mal zwei Stunden nach der letzten Mahlzeit, und korrigiert, entweder mit mehr Insulin, oder mit ein bisschen Traubenzucker. Das ist so einfach, dass muss sich ein wohlmeinendes höheres Wesen ausgedacht haben- dann kam aber leider ein Veto von irgendwem ("Hey, willst du es ihnen wirklich so einfach machen??") und irgendwer erfand a) die Basalrate und b) die Gegenreaktion und c) die Insulinresistenz. Und das Dawn-Phänomen.
Die Basalrate ist sozusagen das Standgas. Insulin braucht der Körper nämlich IMMER. Ob wir was essen, und ob das Kohlenhydrate enthält, oder nicht. Ob wir schlafen oder Bungee-Jumping machen oder was auch immer.
Die Basalrate legt der Doc fest, nach welchen Kriterien weiß ich nicht, und gibt einem dann dafür ein weiteres Insulin. Einige wirken 12 Stunden, andere angeblich 24, und deren ehrenvolle Aufgabe ist es, den Körper mit dem Insulin in Spuren zu versorgen, damit das Standgas auch vorhanden ist. Zu den Mahlzeiten kriegt man das kurzwirkende Insulin, heutzutage meist ein geheimnisvoll hergestelltes Insulinanalogon, irgendwie gentechnisch hergestellt.
Soweit, so gut.
Mit dem Standgas gibt es aber das Problem, dass der Körper eben kein industriell hergestelltes Ding ist. Sondern Handarbeit (naja), und daher zu Variationen neigt. Eine davon äußert sich im Dawn-Phänomen. Das ist eine Besonderheit, die zur Grundlage hat, dass der Insulinbedarf dieses individuell vorliegenden Körpers (vorliegend. Nicht optimal) in den Morgenstunden ansteigt. Rapide ansteigt, so ab 3, 4 Uhr morgens. Klar, darauf kann man reagieren, in dem man eine Zeitlang nachts jede Stunde den Blutzucker misst, rauskriegt, ab wann wieviel Insulin gebraucht wird, und sich ab sofort jede Nacht einen Wecker stellt unter Berücksichtigung des Wirkungseintritts, und sich dann die passende Dröhnung verpasst.
Suboptimal, zumindest für Menschen, die ungestörten Nachtschlaf brauchen, um morgens fit zu sein zur Arbeit. Denn ich würde kein Insulin spritzen, ohne vorher zu messen, und ein bisschen zu rechnen- und das macht WACH. Ein wenig kann man mit den Uhrzeiten spielen, zu denen man sich das Langzeit (Standgas-)Insulin gibt, aber nur begrenzt. Man kann die Dosis, die für 24 Stunden reichen soll, in mehrere Teilinjektionen mit kalkuliert sich überschneidenden Wirkmengen aufteilen.

Wenn nach diversen Runden mit diversen Insulinen verschiedener Hersteller mit verschiedenen Wirkungsdauern diesem blöden Phänomen kein Riegel vorgeschoben wurde, und man es wirklich leid ist, morgens mit dem Gefühl aufzuwachen, von einem Bus überfahren worden zu sein (Werte ab 300 haben auf mich diese Wirkung, normal wäre morgens 80-100), fühlt man sich mega-mies. Wie ein Versager. Weil es ja sein könnte, dass man was falsch macht.
Und dann hat man drei Probleme:

a) man fühlt sich wie ein Versager- weil ja eigentlich alles ganz einfach ist.
b) man fühlt sich beschissen und benebelt, kommt morgens nicht in die Gänge, und ist erstmal superschläfrig, bis der Blutzucker wieder im Normbereich ist.
c) als informierter Mensch weiß man, wie wirklich schädlich derart hohe Werte sind. Nicht in Bezug auf einen oder zwei Tage, sondern langfristig gesehen. Das ist wie beim Trinken: Ein Vollrausch wird von der Leber ungern, aber dennoch akzeptiert. Macht mans täglich, wird sie einem schon bald vorführen, was eine innere Kündigung ist. Nur ist es hier nicht nur die Leber; es sind die Nieren, die Augen, die kleinen Blutgefäße in Fingern, Zehen und rund ums Herz, die irgendwann nicht mehr mitspielen.

Mein Doc hat dann irgendwann die Reißleine gezogen, und mir angeboten, es mit einer Insulinpumpe zu versuchen. Die hat die Eigenschaft, dass man für jede halbe oder ganze Stunde ihr genau einprogrammieren kann, wieviel Insulin sie abgibt. Es gibt nur noch das schnellwirkende Zeug, und man trägt das Ding 24/7, 365 Tage in jedem der hoffentlich noch vielen Jahre, bis man dermaleinst samt Harfe auf der reservierten Wolke Platz nimmt.
Mit dem Pumpending simuliert man eine Bauchspeicheldrüse auf etwas elegantere Weise, weil man auf die unterschiedlichen Bedarfslagen des Körpers etwas individueller eingehen kann. Da die Wirkung von Insulin unter Bewegung oder Sport viel besser ist, kann man eine Pumpe so programmieren, dass sie einem weniger Insulin gibt, wenn man sich bewegt. (Das oben beschriebene Langzeitinsulin, das einmal im Körper ist, wirkt bei Sport auch besser- aber es ist da schon drin, und oft kann man nur zusätzlich essen, um eine ZU gute Wirkung und damit einen Unterzucker zu vermeiden).
Soweit, so gut, oder?
Nee, dann kommen andere Probleme. Mit leichtem Grusel sehen viele Leute uns Pumpenträger mit unserem piepsenden Anhang an- warum hat die ein Handy in der Tasche, und das immer? Was piepst, grunzt oder vibriert da? Warum hängt da so eine Leitung unterm T-Shirt raus? Das ist der Katheter, der in einer Nadel endet, die in meinem Bauch steckt. Stahl oder Teflon, das ist unterschiedlich, 90-Grad-Winkel oder schräg, das ist auch unterschiedlich.
Die Nadeln sind mit einem Pflaster befestigt, und viele Pflaster hinterlassen-Pflasterreste. Mit der üblichen Fettcreme sind die schlecht weg zu kriegen, denn dann klebt das nächste Pflaster mit Sicherheit nicht. Muss aber, weil wie krieg ich sonst die nächste Nadel zum Halten? Klar wechselt man die Einstichstelle von rechts-am-Bauch nach links-am-Bauch und so weiter, aber Fettcreme kriecht und verteilt sich gut. Über einen recht weiten Raum.
Pflasterrestentferner gibts auch. Aber davon krieg ich Pickel. Die jucken.
Also, man findet sich mit seinem Ersatzteil ab, wie mit einer nicht hübschen, aber sinnvollen Brille oder Einlagen, man befreundet sich mit Pflasterresten (das da links ist Heinz-Gregor. Hallo Heinz-Gregor, gehts dir gut?) und man befreundet sich mit den kleinen Knötchen unter der Haut, die von den Nadeln nach zwei Tagen (dann sind sie reif für die Tonne) hinterlassen werden.
An diesen Stellen ist die Haut etwas dunkler. Und -am wichtigsten!- dort ist eine Verhärtung, die Insulin nicht mehr kalkulierbar aufnimmt und verarbeitet. Dort bilden sich lokale Resistenzen. Die dafür sorgen, dass die ganze sündhaft teure Elektronik sich den Wolf pumpt, und die Zuckerwerte schießen trotzdem in den Himmel.
Dagegen spritzt man dann an, bis man den Verdacht hat, schon wieder eine Resistenz zu haben, dann wechselt man den Katheter und spritzt woanders. Oft klappt das, manchmal auch nicht. Manchmal so gut, dass der Blutzucker nach einem Höhenflug so richtig absackt. Das kann zu plötzlichen Krankenhausaufenthalten führen, mit so unangenehmen Dingen wie epileptischen Anfällen wegen des Zuckermangels im Gehirn.
Oder, das ist weniger dramatisch aber lästig ebenso, der Blutzucker taucht in den Keller, und der körpereigene Alarm sorgt für den Ausstoß von Reserven, die noch in der Leber liegen, und der Zucker steigt von allein, ohne dass man was essen müsste. Die daraus resultierenden zu hohen Werte sind kaum in den Griff zu kriegen.
Oft merkt man, wenn der Blutzucker absinkt, aber je öfter das passiert, desto weniger. Und wenn man nachts einen Unterzucker überschläft, wacht man morgens auf, nassgeschwitzt und mit rasenden Kopfschmerzen, die man auch mit 6 Paracetamol nicht mehr los wird. Zuckertechnisch ist der Tag dann gelaufen. Arbeitstechnisch auch, denn so richtig voll dabei bin ich dann nicht mehr.
Und dann ist wieder Doktor-Zeit, und man sitzt da, sein Tagebuch vor sich, und grübelt mit ihm zusammen, wie um alles in der Welt DIESE Werte zustande kommen, wo es doch so einfach ist, und man schon das Optimum an Therapie bekommt. Ist man wirklich so doof??
Und dann sagt der Doc: Sie wissen doch, dass Ihr Körper keine Maschine ist. Und dass alles mögliche reinspielt, vom Stresslevel über das Wetter (Tatsache. Bei schönem Wetter wirkt Insulin bei mir etwas besser) bis zum allgemeinen Gesundheitszustand. Nicht nur die Menge der Kohlenhydrate spielt eine Rolle, sondern auch, ob es Gummibärchen oder Vollkornnudeln waren, die Sie gegessen haben. Und mit welcher Sauce.

Aber tief in mir drin weiß ich dann, dass ich es besser können müsste. Mehr Sport, mehr Salat, noch mehr messen, was weiß ich. Und dann hab ich den ganzen Kram so gründlich auf, dass ich schreien könnte, ich will mein altes Leben zurück. Wo ich auch mal Gummibärchen essen konnte, ohne mir Gedanken machen zu müssen, wie ich die jetzt zu berechnen habe. Wo ich nicht laufend in Apotheken rumhänge, und dort ein Heidengeld vorstrecken muss, um mich mit dem Zubehör zu versehen. Ich kriegs von meiner privaten Krankenversicherung erstattet- aber das dauert. 300 Teststreifen, für ca. 4-6 Wochen, 180 €. 10 Katheter, reichen für drei Wochen, 135 €. Einmal Insulin für 10 Wochen, 127,- €. Eine neue Pumpe alle 4 Jahre, ca. 4000 €.

Soll ich mich damit trösten, dass ich keine guten Werte habe, aber mein Bestes gebe? Ist das ein Trost, dass das Beste nicht reicht, nicht perfekt ist, nicht zum gewünschten Ziel führt? Nach Jahren des Vertrautseins mit dem Diabetes muss ich sagen, am allerwenigsten hilft mir der Go-Go-Go-Ansatz, der bei der ersten Schulung im Vordergrund stand.
Der Ansatz: Nicht krank, sondern bedingt gesund- der macht mir was vor. Der baut die Therapie auf einer Lüge auf. Der ist zynisch und menschenverachtend, weil er die verständlichen Ängste und Unsicherheiten der neu Erkrankten damals als etwas nicht weiter bemerkenswertes einfach so abtat.
Ich könnte heute noch kotzen. Im hohen Bogen.
Ich habe eine Krankheit. Eine chronische, unheilbare Krankheit, die mich unter Umständen umbringt, auf nicht angenehme Weise. Die erfordert viele Gedanken, viel Aufwand, viel Geld. Die erfordert Rücksichtnahme auf mich selbst, Anpassung meines Lebens, das Setzen realistischer und erreichbarer Ziele. Die erfordert Auseinandersetzung mit dem erhöhten Auftreten nicht nur von potenziellen Organschäden, sondern auch damit, dass Diabetiker erheblich mehr als gesunde Menschen unter Depressionen leiden. Depressionen fördern nicht den rücksichtsvollen, einsichtgesteuerten Umgang mit sich selbst, sondern eher selbstzerstörerisches Verhalten, right? Man gebe mir dann bitte noch ein potenziell (bei Überdosierung) lebensgefährliches Medikament wie Insulin in die Hand, und bitte schön, da haben wir doch die optimalen Voraussetzungen für ein wirklich erfolgreiches und sorgenfreies Leben. Alles Mumpitz. Fuck, wie der Italiener sagt.
Twain hat mal gesagt, (sinngemäß und übersetzt): Motivation lässt uns etwas beginnen, Gewohnheit hält uns bei der Stange.
Ich muss also unterscheiden,
a) wie krieg ich mich motiviert und
b) wie automatisiere ich mein Verhalten so, dass auch dann, wenn ich nicht motiviert bin, die Dinge halbwegs geordnet ablaufen?
Denn eins der Hauptschwierigkeiten ist es für mich, das "Ist egal, was ich tu, es klappt sowieso so selten, dass ich mir besser nicht auch noch Mühe gebe" im Zaum zu halten.
Also, trotz möglicherweise nicht optimaler Werte dranzubleiben, an der Fehlersuche ebenso wie an der Feineinstellung der eigenen Reaktionen.
Und die Ziele runter zu regulieren. Von unrealistisch nach erreichbar.
Ich arbeite dran.

Mittwoch, 3. Oktober 2007

80-Revival

Wo man hinschaut, scheinen die achtziger Jahre wieder zum Leben zu erwachen. Schulterpolster, VoKuHiLa, enge Hosen, Legwarmers, schrille Farben und - Stricken. So ganz hab ich das nie aufgegeben, aber seit ich 18 oder 19 Jahre alt war, ist eigentlich kein Stück mehr fertig geworden. Meist hab ich die Wolle in einer Art Bewusstseinsstörung gekauft, teures Zeug, aber in wunderbaren Farben- leider nur ohne eine durchführbare Idee, was ich daraus machen könnte. Nach einiger Zeit lagen dann verschiedene Projekte in verschiedenen Reifezuständen herum, von "Muss nur noch zusammengenäht werden, sieht aber bestimmt beschissen aus" bis zu "Passt ohnehin nur jemandem, der außergewöhnlich kurze Arme hat" oder "Lässt sich aber nicht gut aufribbeln"
Nachdem ich seit einiger Zeit im Blog von Laurie Perry mitlese, hat mich die Strickwut wieder gepackt, und nach langen Jahren habe ich vorgestern mal wieder etwas Wolle gekauft, preisgünstige diesmal, und mit einem klaren Bild, was ich damit tun will. Das eine wird ein Schal, in einer bunten Microfaser-Wolle in blau, türkis und verschiedenen Schattierungen von anthrazit. Das andere wird ein Paar Socken. Die Schalwolle räumt richtig gut, da ist nach zwei damit verbrachten Abenden schon fast ein Meter zusammen, die Socken sind allerdings eher etwas für ausgeruhte Nachmittage bei gutem Licht. Nadelstärke 2. Mehr sag ich nicht.
Ich muss immer erst die Socken bearbeiten und dann den Schal, sonst hab ich das Gefühl, gleich anstelle eines Nadelspiels fünf Zopfnadeln in der Hand zu haben. Die mit den Ausbeulungen in der Mitte.
Wer im Englischen halbwegs fit ist, sollte wirklich mal bei Laurie reinschauen. Mal abgesehen von Strickmustern, die ab und zu auftauchen, ist sie eine begnadete Schreiberin- ich hab schon laut lachend am Bildschirm gesessen (zur Irritation meiner Katzen) oder aber auch in Tränen aufgelöst.
Wer sich einen Blog in Englisch nicht zutraut: Einfach anfangen. Sonst lernt man es nie... Und im Gegensatz zu dem crap, den wir vermutlich alle an den Schulen gelernt haben, ist das richtiges Englisch, im Sinne von "wird auch gesprochen".
Als ich mit der Sockenwolle bei meiner Mutter reingeschneit bin (wegen eines Musters, versteht sich- Sneaker-Socken wollte ich machen) hat sie mir ein Buch gegeben mit Anleitungen. Neben einigen ziemlich witzigen Entwürfen war auch das GRAUEN darin enthalten (leider sind sämtliche Fotos mit Copyrights versehen, sonst gäbs hier ein Bild). Zunächst mal Legwarmers- aber hey, revival und so. Schön bunt, und für Leute mit Schaschlikspießen statt Beinen sicherlich sehr schmeichelhaft. Vielleicht haben sie auch noch einen gewissen Sinn, wenn man sie über Leggings trägt, aber das Ansinnen, dass sie einem die Beine warm halten, wenn man einen Mini trägt, ist doch wohl eher lachhaft. Wenn man mit Mini friert, wie wärs dann mit einer Jeans? Und wenn man seine Beine zeigen will, dann muss man da halt durch, durch die Kälte. Der optische GAU war aber etwas, was ich in Ermangelung anderer Ausdrücke mal als Gamaschen bezeichnen will. Die Dame Fotomodell trug was faltenrockiges, schwarzes, unter dem ein bisschen zerrissener Gardinentüll von Karnevalsqualität hervorschaute. Dazu eine Strumpfhose (ich hoffe es. Es ist zu kalt für Straps und Strümpfe, Mädels!), und---Cowboystiefel. Zumindest haben Absatz und Spitze der Stiefel diesen Eindruck erweckt. Mehr konnte man nicht sehen, weil über diesen Stiefeln leider besagte Gamaschen ihren Platz fanden. In Schwarz-Weiß. Grobgestrickte Wolle. Mit einem Steg, der zwischen den Absätzen und den Sohlen der Stiefel hindurchführten. Es sah so ein bisschen aus, als wären der Trägerin die Stiefel nassgeworden, und sie hätte trotzdem aus unerfindlichen Gründen, vielleicht um ihr Leben zu retten, durch einen Haufen schmutziger, frisch vom Schaf geschnittener Wolle laufen müssen. Wenn dann etwas von diesem Wollzeug hängen bleibt- was solls, wenn man dafür ein Leben eintauschen kann.
Aber aus keinem anderen Grund ist so was akzeptabel.