Mittwoch, 3. Oktober 2007

80-Revival

Wo man hinschaut, scheinen die achtziger Jahre wieder zum Leben zu erwachen. Schulterpolster, VoKuHiLa, enge Hosen, Legwarmers, schrille Farben und - Stricken. So ganz hab ich das nie aufgegeben, aber seit ich 18 oder 19 Jahre alt war, ist eigentlich kein Stück mehr fertig geworden. Meist hab ich die Wolle in einer Art Bewusstseinsstörung gekauft, teures Zeug, aber in wunderbaren Farben- leider nur ohne eine durchführbare Idee, was ich daraus machen könnte. Nach einiger Zeit lagen dann verschiedene Projekte in verschiedenen Reifezuständen herum, von "Muss nur noch zusammengenäht werden, sieht aber bestimmt beschissen aus" bis zu "Passt ohnehin nur jemandem, der außergewöhnlich kurze Arme hat" oder "Lässt sich aber nicht gut aufribbeln"
Nachdem ich seit einiger Zeit im Blog von Laurie Perry mitlese, hat mich die Strickwut wieder gepackt, und nach langen Jahren habe ich vorgestern mal wieder etwas Wolle gekauft, preisgünstige diesmal, und mit einem klaren Bild, was ich damit tun will. Das eine wird ein Schal, in einer bunten Microfaser-Wolle in blau, türkis und verschiedenen Schattierungen von anthrazit. Das andere wird ein Paar Socken. Die Schalwolle räumt richtig gut, da ist nach zwei damit verbrachten Abenden schon fast ein Meter zusammen, die Socken sind allerdings eher etwas für ausgeruhte Nachmittage bei gutem Licht. Nadelstärke 2. Mehr sag ich nicht.
Ich muss immer erst die Socken bearbeiten und dann den Schal, sonst hab ich das Gefühl, gleich anstelle eines Nadelspiels fünf Zopfnadeln in der Hand zu haben. Die mit den Ausbeulungen in der Mitte.
Wer im Englischen halbwegs fit ist, sollte wirklich mal bei Laurie reinschauen. Mal abgesehen von Strickmustern, die ab und zu auftauchen, ist sie eine begnadete Schreiberin- ich hab schon laut lachend am Bildschirm gesessen (zur Irritation meiner Katzen) oder aber auch in Tränen aufgelöst.
Wer sich einen Blog in Englisch nicht zutraut: Einfach anfangen. Sonst lernt man es nie... Und im Gegensatz zu dem crap, den wir vermutlich alle an den Schulen gelernt haben, ist das richtiges Englisch, im Sinne von "wird auch gesprochen".
Als ich mit der Sockenwolle bei meiner Mutter reingeschneit bin (wegen eines Musters, versteht sich- Sneaker-Socken wollte ich machen) hat sie mir ein Buch gegeben mit Anleitungen. Neben einigen ziemlich witzigen Entwürfen war auch das GRAUEN darin enthalten (leider sind sämtliche Fotos mit Copyrights versehen, sonst gäbs hier ein Bild). Zunächst mal Legwarmers- aber hey, revival und so. Schön bunt, und für Leute mit Schaschlikspießen statt Beinen sicherlich sehr schmeichelhaft. Vielleicht haben sie auch noch einen gewissen Sinn, wenn man sie über Leggings trägt, aber das Ansinnen, dass sie einem die Beine warm halten, wenn man einen Mini trägt, ist doch wohl eher lachhaft. Wenn man mit Mini friert, wie wärs dann mit einer Jeans? Und wenn man seine Beine zeigen will, dann muss man da halt durch, durch die Kälte. Der optische GAU war aber etwas, was ich in Ermangelung anderer Ausdrücke mal als Gamaschen bezeichnen will. Die Dame Fotomodell trug was faltenrockiges, schwarzes, unter dem ein bisschen zerrissener Gardinentüll von Karnevalsqualität hervorschaute. Dazu eine Strumpfhose (ich hoffe es. Es ist zu kalt für Straps und Strümpfe, Mädels!), und---Cowboystiefel. Zumindest haben Absatz und Spitze der Stiefel diesen Eindruck erweckt. Mehr konnte man nicht sehen, weil über diesen Stiefeln leider besagte Gamaschen ihren Platz fanden. In Schwarz-Weiß. Grobgestrickte Wolle. Mit einem Steg, der zwischen den Absätzen und den Sohlen der Stiefel hindurchführten. Es sah so ein bisschen aus, als wären der Trägerin die Stiefel nassgeworden, und sie hätte trotzdem aus unerfindlichen Gründen, vielleicht um ihr Leben zu retten, durch einen Haufen schmutziger, frisch vom Schaf geschnittener Wolle laufen müssen. Wenn dann etwas von diesem Wollzeug hängen bleibt- was solls, wenn man dafür ein Leben eintauschen kann.
Aber aus keinem anderen Grund ist so was akzeptabel.

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