Freitag, 12. Juli 2019

Let's talk about it

Momentan offenbar komplett unumgänglich für alle, die fürs Schreiben bezahlt werden: Merkels gesundheitliche Auffälligkeit, respektive das sie schüttelnde Zittern.

Meine grundsätzliche Meinung ist dazu: Es geht euch einfach nichts an. Kommt wieder runter. Die Frau ist Mitte sechzig, also raus aus der körperlichen Jugendfrische, und das kann/darf/sollte man auch sehen, denn es ist Augenwischerei, etwas anderes zu erwarten.

Auch steht sie unter hohem Druck, der sich sicherlich auch in physiologischen Gesichtspunkten auswirkt.
Alles gut, also.

Andererseits:
Was macht die Menschen so kirre daran? Warum haben offenbar alle den Eindruck, die Spekulation sei freigegeben, Ende der Schonzeit, sofern Frau Merkel  je eine hatte?
Und warum ist das alles offenbar so nachrichtenwürdig, als sei ihr ein zweiter Kopf gewachsen, in Grün?

Krankheiten darf jeder haben, da besteht sicherlich ein Konsens. Aber darf die Umwelt sie bemerken?

Ich schätze, dass die momentane Konfusion auf dieser Frage beruht.

Die gleichen Presseorgane, die im einen Artikel munter krähen, dass es niemanden was angehe, wenn.., schreiben im nächsten schon über die Verpflichtung von Politikern, ihre Gesundheit und medizinisch ermittelten Werte allgemein zugänglich zu machen.
Und das, meine Lieben, das geht gar nicht.
Gesundheit gehört, wie Kontostand und bevorzugte Sexposition, zu den Dingen, die ein jeder schön für sich behalten darf. Kein Arzt sollte sich bemüßigt fühlen, Details ans Licht zu tragen, oder sich auch nur an dieser widerlichen Spekuliererei zu beteiligen. Das ist nicht seine Aufgabe.
Patienten behandeln, Arztgeheimnis wahren, fertig.

Aber woran kann jetzt der besorgte Bürger (und die hämisch lauernde Konkurrenz auf dem Politikparkett) bemerken, dass der einst geliebte König/Präsident/Große Vorsitzende von tobendem Irrsinn besessen ist? Woher wissen wir, dass uns das gewählte Staatsoberhaupt nicht alle mit Ohrgeruch und Lungenfäule ansteckt?

Natürlich wissen wir das nicht. Aber das muss ein Staatsgebilde aushalten.
 In einer Demokratie herrscht nie einer allein. Auch Frau Merkel nicht. (Insofern stimmt auch die Allegorie mit des Königs zwei Körpern nicht- Die Existenz dieses Staates ist nicht an das körperliche Wohlbefinden eines Souveräns geknüpft. )
Angela Merkel hat eine Umgebung, bei der wir alle drauf vertrauen müssen, dass diese sich darum kümmert, sie im Notfall auch zu bremsen oder aus dem Verkehr zu ziehen. Im Notfall. End of story.

Allerdings- und das ist ein lautes Allerdings- finde ich, dass es Zeit wird, dass über manche Dinge weniger geschwiegen wird.
Dazu gehören Erkrankungen wie Depressionen, Krebs, Süchte... chronische Kranheiten im Allgemeinen.
Damit die, die sie haben, wissen, dass sie nicht allein sind. Offenheit und das Darüber-Reden hilft sehr, wie jeder weiß, der schon mal in einer Selbsthilfegruppe war.
Es gehört sich, offen darüber zu reden, was Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung leisten können.
Was sie nicht können, scheint irgendwie jeder zu wissen.
Es gehört sich, darüber zu sprechen, was Krankheiten mit uns machen, wie wir mit ihnen umgehen, wie man diesen Umgang verbessern kann.
Wie man lernen kann, auf sich und seinen Körper und seine Seele Rücksicht zu nehmen, ohne sich zu verpimpeln. Wie man Strategien für Erholung und Erneuerung findet.
Zu wissen, dass jemand, der zB Diabetes hat, als Sportlerin, Politiker, Wissenschaftlerin, Künstler Höchstleistungen erbringt, hilft denen, die am Anfang der Erkrankung stehen, und mutlos zu werden drohen.
Und es müssen auch noch nicht mal immer die Höchstleistungen sein, ein ganz normales, erfülltes, halbwegs zufriedenes Leben zu führen reicht da schon aus.
Die Demographie zeigt derzeit, dass wir alle älter werden, und zwangsläufig auch alle kränker. Da wird es Zeit, eine solche Offenheit zu etablieren.
Freiwillig.

Dienstag, 9. Juli 2019

Allerlei und Kryptonit

Es gibt Dinge, zu denen komme ich wie die sprichwörtliche Jungfrau zum ebenso sprichwörtlichen Kind, obwohl das ja funktionieren soll. Also das mit der Jungfrau.
Wie soll ich das jetzt sagen?
Ich bin jetzt Mitglied.
In einem Verein.
In einem Fußballverein.
Bezirksliga.
Vom ersten mitgeschauten Heimspiel (welche Farben haben "Unsere" noch mal...?) habe ich einen Sonnenbrand zurückbehalten, ein paar Rückenschmerzen vom Herumstehen, und die Erkenntnis, dass es in der oben genannten Spielklasse keine Zeitlupen gibt. Und keinen Videobeweis.
Ansonsten bin ich selbstverständlich ein dummes Schaf.
Da ich unfallfrei mit einer Textverarbeitung umgehen kann, habe ich sofort auch einen Job erhalten, nämlich den der Schriftführung. Das ist der Job, den nie einer haben will. Der, in den man auch gewählt wird, wenn man keine Ahnung hat von dem, was man da protokolliert.
Zu sowas bringt mich ein Mann, den ich aus Gründen der Anonymität mal hier und jetzt als mein Kryptonit bezeichnen will.
Solche Männer hat es nicht oft in meinem Leben gegeben (vielleicht waren sie auch nur nicht hoch genug konzentriert).
Aber Jungfrau hin, Kind her- zum Glück ist es nur eine Schriftführung, keine späte Schwangerschaft.
Und das ist doch schon mal was.