Vor einer Woche, also am letzten Sonntag, fing Eddie an zu erbrechen. Das tut er sonst nicht, im Gegensatz zu seinem Erzfeind Karl und seinem Bruder Paul, die tun das von Zeit zu Zeit- Karlchen sogar täglich (Grr).
Am nächsten Tag, dem Feiertag, ging es ihm offenbar schlecht: Er fraß nicht, hockte apathisch herum, und wenn man ihn anfasste, knurrte er wie ein Rottweiler.
Also hieß es, einen Transportzwinger (ich habe vier, man weiß ja nie!) klar zu machen und sich auf den Weg in die Tierklinik zu machen, die zum Glück nur 11 Kilometer entfernt ist. Da alle meine Tiere das Auto nur als Transportmittel zum Tierarzt kennen, hat er sich ein bisschen aufgeregt. Aber eben nur ein bisschen, kein Vergleich mit der Kakophonie, die sonst so zu hören ist.
Die Tierklinik war wie immer: Voll, stinkig (lauter Hunde mit Angst), und teuer.
Nach nur drei Stunden waren wir wieder zu Hause, die Katz mit Schmerzmitteln, Anti-Fieberzeug und etwas für einen verdorbenen Magen versehen und ich um hundert Euro ärmer.
Dienstag ging es ihm etwas besser, Mittwoch auch noch- aber gegen Abend sah es aus, als müsse man mit seinem baldigen Ableben rechnen. Er fühlte sich knochig und heiß an, und weder Futter noch Wasser vermochten ihn zu locken. Nix gut.
Der Donnerstag sah ihn also wieder in der Transportbox- diesmal komplett protestlos, was mir wirklich Sorgen machte.
Der Tierarzt sah ihn sich an, machte ein Röntgenbild und nahm ihm Blut ab- und Eddie war der reinste Champ, kein Protest, kein Fauchen, und da wurde mir Angst und Bange, denn eine jede Katze, die was auf sich hält, legt beim Veterinär Ehre ein, wenn sie möglichst viel Terror macht.
Die Verdachtsdiagnose
FIP hat mich dann auf die Bretter geschickt.
Dass er was hatte, war klar. Aber FIP? Wenn ich eine der Katzen verlieren müsste, dann wäre rangmäßig Emily dran. Sie ist die Älteste mit ihren 18 Jahren, und Eddie ist erst sechs, im besten Kateralter. Emily hat ihr Leben gelebt, sie ist nicht mehr fit, sondern hat ordentlich Alterswehwehchen. Nichts ernstes, eben nur Zipperlein, sie ist taub, wacklig auf den Beinen, aber immer noch Queen Bee, sie scheucht die Kater herum und setzt sich durch, soweit nötig.
Ed aber ist komplett auf mich fixiert, verbringt seine Abende in meiner Nähe, oft genug dicht an mich gedrückt auf der Couch, wenn er nicht verschlafen vom Regal blinzelt und mir die Ohren zum Kraulen hinhält. Sein Lieblingsplatz ist der Wäschekorb, da kriegt man ihn nicht raus, und ich finds äußerst niedlich, dass er sich darin eine Höhle gräbt und dann vor sich hin schnarcht.
Kurz: Eddie war die schlechteste denkbare Wahl für das Schicksal, mir zu zeigen, dass Oktober nicht nur Glück bringen.
Ich ließ mir den Freitag frei geben, damit ich möglichst viel Zeit noch mit ihm verbringen konnte, und lief dann herum wie Falschgeld (sagte Oma immer)- entweder in Tränen aufgelöst oder damit beschäftigt, dem fraßunwilligen Eddie mittels einer Spritze Minimalmengen Wasser mit Glukose und etwas Kochsalz drin ins Maul zu befördern. Am gesamten Freitag waren es vielleicht 10 Milliliter, die er zu sich nahm- und ich nahm Abschied.
Zwischendurch machte ich Fotos, um möglichst viel Andenken an ihn zu haben, und um mir klar zu machen, auch später noch, wie schlecht es ihm ging, und dass die Entscheidung (die gefallen war) ihn beim nächsten Tierarztbesuch einschläfern zu lassen, die richtige war. Ich war so traurig wie kaum jemals in meinem Leben. Und hatte damit zu kämpfen, dass ich mich fragte, ob ich je für einen Menschen so getrauert habe- bis mir klar wurde, dass es egal ist, worum man trauert...
Denn das Lebewohl an ein geliebtes Wesen enthält jeden Abschied, der je war, und erinnert uns an alle die, die noch kommen werden.
Am Samstag dann war der Wiedervorstellungstermin beim TA, und ich schlief so schlecht in dieser Nacht. Ed hatte einige Zeit in Ruhe und der Abgeschiedenheit meines Zimmers verbracht (und zum Dank für diese Ehre zweimal in mein Bett gepinkelt... nun ja. Ich beziehe gern nachts um eins Betten, ja wirklich.)
Karl, der sonst Eds Erbfeind ist, hatte schweigend und mit minimaler Distanz Krankenwache gehalten und immer bei Eddie gehockt, außer wenn ein Mensch in der Nähe war. Emily und Paul haben nur gefaucht und ihn angeknurrt, vermutlich, weil er nach Angst und Tierarzt roch, aber mir kam das so ungerecht vor.
Ich wusch seine Lieblingsdecke, schrubbte die Transportbox, bis sie glänzte, und polsterte sie mit der Decke aus- schön sollte er es haben an seinem letzten Tag.
Die Stunden bis zu dem Termin vergingen in sprichwörtlicher Eile, und irgendwann mussten wir los.
Der Tierarzt hatte die Laborergebnisse schon erhalten, aber sie sich noch nicht angeschaut. Und während ich da herumstand und die Katz im Käfig kraulte, holte er das nach.
Die Fragezeichen in seinem Gesicht wurden immer deutlicher, und irgendwann verschwand er und kam mit einem Fachbuch wieder. Etliches Blättern und Murmeln später war klar, was die Werte aussagten: Eddie hat keine FIP. Eddie hat einen Gallenstein.
Das Wasser im Bauch kam von einem Gallenstau, die Bilirubinwerte waren rasant erhöht (und Eddie vermutlich nur deshalb nicht gelb wie sonstwas, weil er ohnehin orange ist). Vermutlich war dem armen Kerl seit Tagen sterbensübel, und Koliken hatte er auch. Dass er abgenommen hatte wie ein Abreißkalender war da auch kein Wunder.
Aber eines war geschehen, ein Wunder nämlich (für mich auf jeden Fall). Da war es nur noch eine kleine Tat, weiterzulächeln als der erboste Kater mir beim Bauchrasieren (für den Ultraschall) seine Krallen in den Arm bohrte. Sollte er doch. Je mehr Krallen, desto lebendiger.
Mittlerweile sind wir wieder zu Hause (klar doch). Das Katz ist erheblich ergelbt, was man an Ohren und am Zahnfleisch sehen kann, das Bauchwasser ist weg, das Fieber auch, und ich steh vor dem Problem, das jeder Katzenbesitzer hat: Wie krieg ich die Pille in die Katze?
Jeder Tipp ist willkommen.
Malzpaste jedoch lutscht er sauber von der Tablette und spuckt diese wieder aus. Gebratenes Hähnchenfleisch mit pulverisierter Tablette drin lässt er stehen. Da hungert er lieber, offenbar. In Hepar Compositum aufgelöste Tablette, die mittels Spritze ins Maul befördert wird, kotzt er wieder aus. Das Zeug ist bitter.
Warum, WARUM bringen die forschenden Pharmaunternehmen keine therapeutischen Leckerchen auf den Markt? Herrschaftszeiten, der Mensch kann zum Mond fliegen. Und was wirklich Nützliches, das kriegt er nicht zu Stande? Also echt jetzt.
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Fig. 1: Fünf Tage war die Katze krank... wie man sieht. |
Ein gesundes Wochenende wünscht euch
die Lily