Sonntag, 7. Oktober 2007

Sonntage

Sonntags morgens früh aufstehen. Kaffee kochen, Katzen kraulen und füttern, und dann samt Kaffee an den Rechner setzen- oder samt Kaffee und Buch vom Sofa aus den Sonnenaufgang beobachten, und im Hintergrund läuft Romeo and Juliet in der Fassung vom Life Aid Konzert im Wembley. Oder auch Telegraph Road, und anschließend irgendwas von Sting. Es ist noch sehr früh, im Sommer manchmal vor fünf Uhr, und die Welt scheint noch zu schlafen. In meiner Gegend ist es ohnehin relativ ruhig, halb ländlich, und am Wochenende dauert es ziemlich lang, bis die ersten Autos zu hören sind. Die wenigsten Leute können es verstehen, dass man freiwillig am Wochenende früh aufsteht, nur um allein zu sein, wenn man ohnehin allein in seiner Wohnung lebt. Meist bin ich jedoch Freitags abends so groggy von der Woche, dass ich ebenso freiwillig ziemlich früh ins Bett gehe, und dann ergibt sich das frühe Aufstehen ganz von allein.
Wochenenden voller Termine hab ich auch nicht gerne- wobei sich das etwas geändert hat, seit meine Wohnung an den Wochenenden keine Putzzeit mehr braucht, weil ich das alles unter der Woche erledigen kann. Manchmal, wenn ich den Gedanken an zwei völlig leere Tage auch nicht gut aushalten kann, verschiebe ich Sachen gezielt auf den Samstag oder Sonntag. Bügelwäsche oder sowas, das ist dann meist nicht viel, aber es ist anschließend getan.
In letzter Zeit besucht mein Sohn mich öfter an den Wochenenden, gestern war er auch da. Wir haben für ihn Kleidung eingekauft, und zusammen gekocht und gegessen. Er ist dann gegen fünf mit vollen Taschen wieder nach Hause gefahren.
Er ist mein einziges Kind, und ich bedauere inzwischen, dass wir in den letzten 10 Jahren, in denen wir allein zusammen gelebt haben, mehr oder minder nebeneinander her existiert haben. Aber um ein gutes Verhältnis zueinander kann man sich immer bemühen, glaube ich. Mein Ansatz war eigentlich immer, dass es Kindern gut tut, wenn man ihnen so weit vertraut, dass man sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst entscheiden lässt- aber inzwischen bin ich mir nicht immer so sicher, ob das stimmt. Klar hatte er Grenzen, denn ich lasse mir nicht gerne auf dem Kopf rumtanzen, aber was ein bisschen vernachlässigt wurde, war das Fordern und vielleicht auch das Fördern. Wenn es um Schule ging, war meine Devise immer, dass es Blödsinn ist, an den Kindern rumzunörgeln und sie unentwegt zu kontrollieren und zu überwachen. Ich hab immer drauf gesetzt, dass er selbst Wert auf einen Abschluss nach seinen Fähigkeiten legen sollte, und dass es nicht seine Aufgabe ist, meine Zukunftswünsche zu verwirklichen. Nach dem Motto: Ich hab mein Abi, das da ist jetzt deines, sieh zu. Glücklicherweise konnte ich mich, was Schule betraf, auch immer darauf verlassen, dass er seinen Teil der Abmachung einhält und das ordentlich erledigt. Er hatte nicht, so wie ich, den Wunsch, mit 16 abzugehen und einen Beruf zu lernen oder auch einfach nur gar nichts zu tun. Überlegenes Erziehungsprinzip oder hab ich das nur nicht mitgekriegt? Zu der Zeit steckte ich mitten in einer sehr belastenden Trennung, und es kann sein, dass er einfach nicht den Nerv hatte, mir auch noch mit sowas zu kommen. Vielleicht.
Im Moment ist er 26 und studiert in der Endphase. Da hat er ein bisschen mehr Unterstützung verdient und bekommt sie auch, solange er sie braucht und ich nicht das Gefühl habe, er ruht sich aus auf meine Kosten. Und das heißt im Moment auch nicht, dass ich nur Geld rüberwachsen lasse, das wäre zu einfach. Nicht nur für ihn, sondern auch für mich.
Sondern ein bisschen was von dem, was Kinder beim ultimativen Schritt ins Erwachsensein, nämlich dem Übergang in den Beruf, eigentlich alle brauchen- ein paar Tipps, ein bisschen Händchenhalten und Hilfe dabei, den Überblick nicht zu verlieren. Ich bin da anders reingewachsen, ich war jünger und hatte keine jahrelange Studiendauer als Zwischenschritt nach der Schule und vor dem Beruf. Abgesehen davon hatte ich ihn zu der Zeit schon dabei, so dass es wirklich nichts zu überlegen gab.
Was mich nur endlos und unglaublich und nicht beruhigbar wütend macht, ist die Nonchalance, die seitens seines Vaters und der väterlichen Familie dem Ganzen gegenüber aufgebracht wird. Dieses Arschloch von einem Erzeuger sitzt da und interessiert sich einen Scheißdreck dafür, ob sein Sohn was zu essen hat, ob es ihm gut geht, ob und wie es weitergehen wird. Ich komme immer wieder zu der Überzeugung, dass dieser ganzen Sippe demnächst eine Überraschung in den Briefkasten flattern sollte. Spätestens dann, wenn die Zeit anbricht, zu der sämtliche staatliche Unterstützung endet und ich allein da stehe, ohne Kindergeld, bezahlbare Krankenversicherung und Steuerfreibetrag für meinen Sohn, und dann Unterhalt, Miete, Krankenversicherung und Studiengebühren, monatlich rund 500 €, vollständig aus meinem dann entsprechend reduzierten Einkommen begleichen muss. Ich bin mir sicher, dass dieser Erzeuger, Vater will ich ihn nicht nennen, sich daran beteiligt. Herzlichen Glückwunsch, du hast gewonnen! Zwei Semester Krankenversicherung für deinen Sohn darfst du demnächst bezahlen- und mir ist vollkommen gleichgültig, wie du das machst. So wie es dir in den letzten 9 Jahren ja auch gleichgültig war, ob und wie ich das geschafft habe. Oder?

In diesem Sinne. Schönen Sonntag alle.

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