Samstag, 25. Oktober 2008

Lily über Liebe

Ich liebe diese Themen, die sich abends oder zu anderen Zeiten in mein Hirn schleichen, rein überschriftentechnisch überzeugend, dabei aber inhaltliche Knoten aufweisend.
Gegen Knoten ist erstmal nichts einzuwenden, sie können Sachen zusammenhalten, uns an was erinnern, oder wenigstens: Uns daran erinnern, dass wir uns erinnern wollten.

Ein Knoten im Thema ist aber gar nicht schön.
Die Versuchung, es sein zu lassen, ist dann immer sehr groß.
Der Trotz treibt mich jetzt aber weiter...

Je nun, Liebe.

Kaum ein Thema, das so zu Tode geritten wurde, ohne auf dem schon ziemlich erledigten Pferd irgendwas erreicht zu haben.
Kaum etwas, was so konsensfähig ist, wenns darum geht, was zu einem Leben gehört. Ja klar doch, Liebe gehört dazu. „Ohne“ ist schrecklich, „mit“ verspricht den Keim zu immerwährender Glückseligkeit in sich zu tragen.
Um dieses Ziel zu erreichen haben sich mehr Menschen unglücklich gemacht als durch die meisten anderen angestrebten Dinge oder Geisteszustände.

Handlungen, die auf der Basis der Liebe vorgenommen werden, sind bestenfalls großartig, großherzig, reichen weit und haben segensreiche Wirkung.
Schlimmstenfalls richten sie Schaden an.
Im Durchschnitt gehen sie im Alltag unter.

Soweit, so banal.

Nach der Lektüre des umfänglichen Artikels bei Wikipedia beschleicht mich der Verdacht, dass zwischen Partnern bestehende Liebe etwas ist, das von unserer Biologie zu dem Zweck erfunden wurde, uns lange genug beieinander verharren zu lassen, bis die Kinder aus dem Gröbsten raus sind.
Ein rauschartiger Zustand, der aber nach einer Weile abklingt.

Das hat mich jetzt aber kalt erwischt- denn ich wollte ein klagendes Lamento darüber schreiben, dass ich nicht an Liebe glaube, und nun finde ich tatsächlich Anhaltspunkte dafür, dass diese Ansicht vielleicht gar nicht neurotisch ist.
Gleichzeitig stellt sich ein gewisser Trotz ein, der mir jetzt nahe legt, anderer Meinung zu sein. Wie meistens.

Und der treibt mich jetzt dazu, folgendes auszusagen: Ich glaube an Liebe zwischen Freunden, Geschwistern, Eltern und Kindern, und zwar an die lebenslange, Auf und Ab tolerierende, warme Verbundenheit- die sich nicht schert um Optik, Status und Laune. Auf die man keinen Anspruch hat, aber ohne die zu leben wirklich verdammt schwer sein muss.

Die große, romantische Liebe? An die nicht so sehr. Dafür sieht man sie zu selten, und erlebt zu oft, wie sie trotz ihres Absolutheitsanspruchs eben doch zu sehr von „systemfremden“ Dingen gebeutelt ist, wie sie zu sehr dazu geeignet ist, als Schlagwort benutzt zu werden, um jemanden dahin zu prügeln, wo man ihn haben will. Wie sich dahinter, und das noch nicht einmal gut, Herrschsucht, Angst, Gier oder Besitzdenken verstecken. Klar, das ist keine Liebe- aber auch davon wird es behauptet. Was das Problem nicht leichter macht.

Aber wer weiß?
Marie von Ebner-Eschenbach hat mal gesagt: „An Rheumatismus und an wahre Liebe glaubt man erst, wenn man davon befallen ist.“

Ein liebevolles Wochenende wünsche ich euch.


Lily

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich glaube auch an sie. Die "große" Liebe ist nichts anderes als die warme Verbundenheit, die Du beschreibst. Das "Große" daran ist nur, die umwerfende Energie, die strömt, wenn man sich gefunden hat, die einen fast verrückt macht, die einen Fähigkeiten entdecken lässt, von denen man nicht wusste, dass man sie überhaupt hat, die alles möglich macht und ein ungeheuer großes Gefühl von Freiheit zu zweit bedeutet.

Diese Energie lässt im Laufe der Jahre nach, das Feuer wird zu einer wärmenden Glut, die zweitweise erlöschen und immer wieder entdeckt und hervorgerufen werden.

Der hier drückt das aus, was ich für richtig halte zum Thema große Liebe:

http://www.brigitte.de/liebe/beziehung/partnerwahl/?p=2

Mir fehlt nur, dass er nicht erwähnt hat, dass das nur geht mit Personen, die lieben können, d.h. die geben können und dies warme Gefühl aus ihrer Brust zum Fließen bringen können (bzw, die universelle große Quelle anzapfen können, denn so verrückt es klingt , love is in the air).

Zumindest einer von beiden muss dazu in der Lage sein, um es dem anderen zeigen zu können, wie's geht. Das macht es so schwierig, dies Gefühl anfangs von irgendeiner Verliebtheit zu unterscheiden, die erlischt, und einer oder beide dann nur noch haben bzw. den anderen beherrschen wollen. Erst nach dam Abklingen der Verliebtheit stellt sich heraus, ob einer oder beide lieben können.

So eine "wahre" Liebe vergisst man nie wieder, aber sie ist durchaus wiederholbar, nur sehr unwahrscheinlich, dass man sie zweimal im Leben erlebt.

Es ist völlig zwecklos, diese zu suchen oder zu planen, wenn's passiert, braucht man sich nur anzusehen und der Funke springt über. Das meint die Marie wahrscheinlich mit "befallen".

Amen.
P.

Meise hat gesagt…

Ich glaube an die Liebe. Daran, dass man sie auch in einem Menschen immer und immer wieder finden und erneuern kann...