Auch anderenorts wird sie als flüchtiges Wild beschrieben:
Die Zeit, die einem bleibt, zieht man die notwendigsten Beschäftigungen wie
Essen, Schlafen und Arbeiten von den 24 Stunden eines Tages ab.
Ich bin nicht als besonders geizig bekannt, aber mit meiner
Zeit gehe ich geizig um- die wird, in der Hoffnung auf Erholung, gern allein
verbracht. Zum Teil liegt das an den Depressionen, die mir Unternehmungen nur
kurz als netten Anlass erscheinen lassen, aber bei Näherrücken der Termine
diese ganz außerordentlich verabscheuen. Egal, was ansteht: ich mag dann nicht.
Das Haus zu verlassen ist dann etwas, was einfach nicht mehr schön ist. Auf
diese Weise vergrault man auch die, die einen mögen, denn irgendwann weiß
jeder, dass ich ohnehin nicht auftauche.
Etwas anders ist das, wenn ich nicht von zu Hause aus los
muss. Dann ist die Unterbrechung der Ruhezeit nicht vorhanden und man kommt
sich weniger gestört vor. Ich kann dieses Gefühl nicht gut beschreiben, diese
Erleichterung, nicht mehr unterwegs sein zu müssen. Aktive Freizeit ist eine
Last, die ich manchmal einfach nicht schultern kann. Dabei weiß mein Hirn, dass
Erholung sich nicht auf der Couch einstellt, egal, wie viel Zeit man mit
Stricken verbringt, mit Telefonieren, Fernsehen, Lesen, Musikhören- Aktivität
wäre besser, aber es geht einfach nicht. Der Bauch ist da mächtiger als das
Hirn…
Von drei Verabredungen lasse ich zwei sausen, mit oft fadenscheinigen
Entschuldigungen. Und wie der Teufel es will: Wenn ich dann mal tatsächlich
nicht kneifen will, spielt mein Körper verrückt, schläft nicht, zaubert Migräne
oder daddelt an meinem Blutzucker herum. Das führt dann dazu, dass Leute den
Eindruck gewinnen, ich wäre ständig außer Gefecht.
Jedenfalls habe ich ständig das Gefühl, zu wenig Zeit zu
haben. Für die trägen Stunden auf der Couch UND für die Verabredungen, die sich
so anbieten. Aber ich glaube, selbst die Erhöhung der Tagesstundenzahl von 24
auf 48 Stunden würde da keine Veränderung verursachen. Vielleicht würde es mir
besser gehen, wenn ich regelmäßig Dinge im Anschluss an die Arbeit täte? Ins
Fitnessstudio ginge oder so etwas? Bewegung zeugt Aktivität, das hat man uns in
der Klinik erzählt. Da stimmte das auch. Aber ich hatte neben den Therapien und
den Bewegungseinheiten sozusagen nix zu tun- und für keinen Kontakt mit
Menschen musste man tatsächlich die Klinik verlassen. Nix musste aufgeräumt,
geputzt oder vorbereitet werden. Alle Leute waren schon da, niemand musste
fahren. Direkt neben den Räumen, in denen wir abends gemalt haben, lag das
Schwimmbad, in dem wir jeden Abend Sport getrieben haben. Da fiel vieles
leichter, muss man sagen.
Trotzdem habe ich keine Lust, den Rest meines Lebens in einer
Einrichtung zu verbringen, das steht fest.
Und nu?
Hat wer eine Idee?