Seit vorgestern morgen um 0.00 Uhr ist auf Veranlassung der obersten Geschäftsführung in unseren Betriebsräumen das Rauchen verboten. Da wird dann dem Nichtraucherschutz mal ein bisschen Vorschub geleistet.
Hier in meiner Ecke des Firmenuniversums gab es bis zum 31.12.07 vier Raucher- und drei NichtraucherInnen, eine Insel der Nikotinseligen, sozusagen. Inzwischen gibt es immer noch vier Raucher, davon ist einer noch im Urlaub (Feigling!) und der Rest mittlerweile wieder an Bord. Ohne Inbetriebnahme des Aschenbechers.
Wir dürfen draußen rauchen, in einer zugigen Ecke auf dem Parkplatz und neben den Müllcontainern, wenn wir das wollen.
Unser Zeiterfassungssystem ist gnadenlos wie die Nikotinsucht und lässt sich keinen minutenlangen Ausreißer entgehen. Draußen rumstehen erzeugt somit „negative“ Arbeitszeit.
Müll runter bringen dürfen wir aber immer noch ohne Stechuhr. Hat jemand noch Altpapier, bitte?
Ich hab immer gesagt, dass ich mich nicht draußen stehen sehe. Abgesehen von dem jämmerlichen Bild der obdachlosen Nikotinsüchtigen, zu dem ich nicht beitragen will, habe ich keine großartigen Überstunden zu verschenken.
Die Herangehensweise der Raucher hier im Haus an das seit Monaten angekündigte Rauchverbot ist weit gefächert.
Da sind die, die schon vor Wochen aufgehört haben- zugegeben, wenige. Man kann ihren Erfolg mit „aufgehört und zugenommen“ zusammenfassen.
Einige wollten aufhören, und haben sich dafür den 31.12.2007 als Stichtag ausgesucht. Die haben es in der Mehrzahl nicht geschafft. Je nach Veranlagung stehen sie entweder draußen herum bei aktuell minus fünf Grad Celsius, oder sitzen, kribbelig und schlecht gelaunt, an ihren Rechnern.
Dann gibt’s die, die mal sehen, wie es klappt, im Büro einfach nicht zu rauchen. Zu denen gehöre ich.
Gestern habe ich es immerhin geschafft, morgens vor der Arbeit und dann erst wieder im Anschluss daran zu rauchen. Es ist mir, ehrlich gesagt, auch nicht besonders schwer gefallen.
Ich weiß, dass es mir nie was ausgemacht hat, an Orten nicht zu rauchen, an denen es einfach nicht geht. Museum. Theater. Kirche. Krankenhaus. Kino. Insofern bin ich da sehr guter Hoffnung, dass ich auf diesem Wege entweder nur tagsüber oder sogar ganz aufhören kann. Ich würde es mir wünschen!
Und ich frage mich, was eigentlich mit unseren Nichtrauchern hier in der (relativ abgeschlossenen) Ecke unseres Gebäudes ist. Da die lange Zeit ordentlich von vier Rauchern zugequalmt wurden (einen Dank noch mal an eure jahrelange Toleranz) haben sie ja, legt man die einschlägige Literatur zugrunde, passiv geraucht, und das seit Jahren.
Wenn Nikotin so süchtig macht, haben die Nichtraucher dann jetzt auch Entzugserscheinungen? Wenn nicht: Warum stellt sich unsereiner eigentlich so an?
Geht’s doch nur um intrapsychische Mechanismen? Bildet man sich Nikotinsucht etwa nur ein?
Hat sich jemals jemand diese Frage gestellt? Die nach dem Suchtpotenzial des Passivrauchens, meine ich?
Aber egal. Das Problem kann ich nicht lösen, und ich will es auch gar nicht.
Viel interessanter ist für mich die folgende Entwicklung: In Kneipen und Restaurants ist das Rauchen demnächst auch verboten, und mein innerer Bildgeber sah schon die halbe Republik draußen stehen, bei Regen und Wind unter Pavillons, gewärmt vom glühenden Widerschein der Wärmepilze.
Eine Unterhaltung darüber am gestrigen Tag brachte einen selbstgefälligen Zug in das Gesicht meines Gesprächspartners (die Sorte Gesichtsausdruck, die bei frisch entziehenden Nikotinsüchtigen den Wunsch nach einer rechten Geraden auslöst).
Mein Gegenüber lächelte milde, und sagte dann mit Genugtuung: „Wärmepilze sollen auch verboten werden“.
Meines Erachtens gehört exakt diese Sorte weichhirniger Besserwisser und mental verbeamteter Vorstadt-Mütter nicht nur verboten- sie gehört weg gesperrt. Für immer. Zusammen mit ihresgleichen dürfen sie dann gern weiterhin versuchen, die Welt zu behandeln, als wären außer ihnen nur Zweijährige unterwegs.
Die Sorte Leute hat die Political Correctness erfunden, den Warnhinweis auf der Kaffeetasse und die neue Deutsche Rechtschreibung sowieso.
Und diese Menschen glauben, dass sie Kinder schützen, wenn sie den Eltern das Rauchen in der Wohnung verbieten.
Diese Leute halten das dumme, vorlaute Maul, wenn sie irgendwo Prügel oder Übergriffe sehen- aber dafür stellen sie einen Teddy und ein Schild mit „Warum?“ an die nächste Hauswand, hinter der ein Kind totgeschlagen wurde.
Für diese Sorte Leute ist eine bundesweite Tempo-Dreißig Zone schon ein Lebensziel.
Ich halte sie für gefährlich, auch wenn ich das nicht belegen kann… vielleicht schon allein deshalb, weil sie bei mir, mit Mitte 40 und eigentlich nicht auf den Kopf gefallen, den Wunsch nach riskantem Leben hervorrufen.
Nach Tempo 200 auf der Autobahn, nach Sushi, unpasteurisiertem Weichkäse und gespritztem Obst, gefolgt von einem Absinth-Rausch und Sex ohne Gummi. Mit mehreren Partnern. Gleichzeitig.
Und -Höhepunkt des leichtsinnigen Daseins- nach dem Verzehr auf Holzkohle gegrillten Schweinefleischs und dem Absingen schmutziger Lieder öffnen wir gemeinsam einen E-Mail-Anhang.
Und rauchen dazu einen Joint.
Und das, obwohl KINDER IN DER GLEICHEN STRASSE WOHNEN.
Jawoll.
Donnerstag, 3. Januar 2008
The times, they are a’ changin’
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Aller Alltag ist schwer.
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