Dienstag, 17. Februar 2009

Balance

Die Balance halten zu können war ein wichtiges Feature in meiner Kindheit. Wer über eine Stange balancieren konnte, hatte eine besondere Fähigkeit. Unnötig zu sagen, dass mir diese abging. Alles balancierte wie wild, und ich stand da und schaute interessiert. Auch, um mir nicht den Knöchel zu brechen. Dazu gab ich naseweise Kommentare ab.
Heutzutage hätte ich mir damit vermutlich bereits einen Platz in diversen Förderprogrammen gesichert. Einem für Kinder, die motorisch solche Deppen sind, dass sie nicht balancieren können. Eins für Kinder, die nicht probieren, es trotzdem zu schaffen, und eines für die Sorte, die zu gerissen sind, sich die Knochen zu ruinieren, sondern statt dessen lieber vom Boden aus die anderen coachen.

Was der Mainstream kann und tut, ist heute die Norm. Wie bei Zähnen, wird auch bei Menschen so lang eingestellt, gebogen, gedrückt und korrigiert, bis irgendwann alle gleich sind. Wenn das nicht funktioniert, wird flugs eine Krankheit draus gemacht und eine Therapie dagegen erfunden. Vorzugsweise teuer, langanhaltend und/oder mit Medikamenteneinnahme verbunden.

Ich nehm mich da nicht aus- wie das vorletzte Posting beweist, ist Druck, in die Norm zu passen, durchaus eine Größe, mit der ich rechnen muss. Gleichzeitig verspüre ich jedoch eine ganz massive Neigung, mich gerade diesen Anpassungsmechnismen zu widersetzen. Aus Prinzip, und weil ich einfach nicht will. Das Ergebnis lässt dann ab und zu das heulende Elend am Horizont vorbei spuken, oder auch mal einen Schritt in meine Richtung tun.

Vermeiden könnte man das mit etwas mehr Balance. Etwas mehr Ausgeglichenheit, Raum für das Chaos, da wo man es haben kann, und Raum für Angepasstsein, wo dieses angebracht ist.
Aber, wisst ihr was?

Dafür bin ich viel zu unbalanciert.
Ich schieße hin und her wie eine Kugel beim Carambolage, lege fünfzig Meter zurück, wo andere zehn brauchen, und steh mir oft und oft selbst im Weg.
Irgendwas werd ich davon haben, denke ich.
Bin nur noch nicht dahinter, was genau.

Mein Grinsen ist an dieser Stelle etwas schief. Ebenso wie meine Zähne.


L

7 Kommentare:

Klapsenschaffner hat gesagt…

...und auch hier wieder: Willkommen im Club!

Im
Club der Unbalancierten. Unbalancierte e.V.
Balance Watchers
Die anonymen Unbalancierten

Wer kennt sie nicht?

Falcon hat gesagt…

Was Du davon hast?
Die Gewissheit, nicht im Mainstream abzusaufen.

Lily hat gesagt…

Es sei denn, ich krieg einen Krampf und sinke wie die Titanic
:-)
Immer daran denken: Der Eisbrocken ist geschmolzen.
Was im übrigen inzwischen wohl keine Erwähnung mehr Wert ist.
Lieber Falcon: Vielen Dank für die positive Sichtweise.

Anonym hat gesagt…

Dem Club will ich aber auch beitreten!
Viel mehr Leben ist doch in der Bude, wenn nicht alles so ausgependelt ist!
Das Doofe ist, dass man meint, das wäre besser...aber ich glaub nicht, dass wir (ich sprech mal für uns zwei Süßen) damit klar kämen! Es wär laaaaangweilig!!!

Einmal Hü und einmal Hott
is zwar blöd doch hält dich flott
;-) (sorry, bin keine Dichterin)

Lily hat gesagt…

Das macht nichts, denn:

Der Dichter, der DIchter
Der kriegt was auf die Lichter.

Anonym hat gesagt…

will auch in den club! kann einen gebrochenen arm vorweisen, am valentinstag vom bike geflogen.....von wegen balance.und nix auf die lichter geben, das tut weh...san diego laesst gruessen

Meise hat gesagt…

Schiefes Grinsen, schiefe Zähne, unbalanciertes Hin- und Herschießen: na also, kenn ich doch! ;)
Wenn du herausgefunden hast, wofür es gut ist, sagst du's mir dann?