Donnerstag, 30. September 2010

Erinnert

ihr euch noch?

Freitag, 17. September 2010

Rätsel der Zivlilisation, Teil 1

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Plastikkatzenscheißeschaufeln. Darum geht’s heute.
Die Plastikkatzenscheißeschaufeln, die ein bekannter Hersteller von Tiernebenerzeugnissen (von der Hundeleine bis zum Elefantensattel) in seine Tüten mit Silikatkatzentoiletteneinstreu als Werbegeschenke hineinpackt, die sind ganz wunderbar.
Sie erfreuen den Katzeneigner durch ein paar sehr wünschenswerte Features, als da seien eine geschmackvolle dunkelblaue Farbgebung, sowie ein ebenso erfreulich an- und sehr stabil aussehender Griff, der in die ästhetisch wohlwollend anzusehende Schaufelschaufeln mündet.
Diese haben sowohl eine solide Befestigung, als auch eine sehr zweckentsprechende Lochung, die es ermöglicht, vom geliebten Haustier regelmäßig produzierte Hinterlassenschaften aus der erworbenen Silikatkatzentoiletteneinstreu herauszufischen, ohne zu viel Silikatkatzentoiletteneinstreu gleich mit zu nehmen.
Wunderbar die Dinger, wirklich.
Und doch haben sie einen Nachteil:
Sie treten in Rudeln auf.
Kauft man, so wie ich, schätzungsweise alle drei Wochen neue Silikatkatzentoiletteneinstreu, kommt man im Schnitt mit vier Säcken des Erzeugnisses nach Hause.
Es heißt zwar, je Monat und Katzentoilette würde ein Sack à 5 Liter ausreichen, jedoch hat sich herausgestellt, dass bei vier Katzen und drei Toiletten alle drei Wochen vier Säcke fällig sind.
Bis zum kompletten Austausch der Silikatkatzentoiletteneinstreu fischt man mit den Plastikkatzenscheißeschaufeln mehrmals täglich besagte Haustiererzeugnisse aus den Katzentoiletten, und zum Abschluss dieser Prozedur rührt man ein bisschen in der Silikatkatzentoiletteneinstreu herum, um, so der Hersteller, dafür Sorge zu tragen, dass seitens des Haustieres eingetragene Flüssigkeitsmengen unter Hinterlassung ihrer geruchsentwickelnden Inhalte einfach mal so verdunsten.
Man benötigt demnach die Plastikkatzenscheißeschaufeln zu verschiedenen Zwecken, von denen jedoch keiner die Entsorgung der Silikatkatzentoiletteneinstreu selbst ist.
Diese entfernt man, in dem man die Katzentoilette einfach in einen Plastikmüllsack entleert.

Bei der gegebenen Anzahl von 4 Katzen im Haushalt der Autorin ergibt sich nun die folgende Rechnung:
Vier Katzen benötigen alle drei Wochen vier Tüten Katzenstreu. Daraus resultiert die Menge von einer Tüte Katzenstreu je Tier und alle 3 Wochen, welches im Jahr pro Tier 17,3 Tüten Katzenstreu ergibt, bei vier Katzen somit 69,2 Tüten besagten Produktes. Pro Jahr.
Und jeder Tüte liegt so eine Plastikkatzenscheißeschaufel bei.
Dies, liebe Leserinnen und Leser, dies relativiert jeden, aber auch jeden Vorteil, den die besagten Plastikkatzenscheißeschaufeln für den Besitzer der Katzen darstellen mag. Denn Katzen leben im Schnitt, glaube ich, so ca. 18 Jahre, was bei vier Katzen eine Nettoplastikkatzenscheißeschaufelanzahl von 1254,6 ergibt.
Dabei sind noch nicht die Gratis-Plastikkatzenscheißeschaufeln mitgerechnet, die der Katzenbesitzer erhält, kauft er eine neue Katzentoilette.

Der zu erwartenden Plastikkatzenscheißeschaufelplage habe ich zunächst versucht, durch Verschenken der in geschmackvolles Zellophan verpackten Schaufeln Einhalt zu gebieten.
Vor allem die Besitzer von Katzen, die die Benutzung von Silikatkatzentoiletteneinstreu ablehnen (also die Katzen lehnen ab, die Besitzer nicht) sind oft über eine zusätzliche Schaufel recht erfreut, denn in der Regel wird von den Katzen eine Klump-Einstreu gern toleriert. Aus jener fischt der Katzentoilettensauberhalter nicht nur die festen Hinterlassenschaften von Mimi, sondern auch die durch feuchten Eintrag dort gebildeten Klumpen.
Dadurch ergibt sich eine statistisch signifikante Menge zusätzlicher Einsätze für die Schaufeln, die folgerichtig die Einsatz- und Nutzungszeiträume der Plastikkatzenscheißeschaufeln einschränkt.
Jedoch erscheint mir nach den Erlebnissen in der Vergangenheit dies keine geeignete Dauermethode zu sein, um meine Wohnung nicht zu einer Plastikkatzenscheißeschaufeldeponie zu machen. 
Denn bereits kurz nachdem ich die Katzenbesitzer, die ich kenne, mit der dritten Schaufel erfreut hatte, bemerkte ich, dass mir die Kollegen, Kolleginnen und auch Nachbarn beharrlich aus dem Weg gingen, ja sogar die Straßenseite wechselten und von mir frequentierte Supermärkte nunmehr weiträumig umgehen.
Alles das, wie mir ein anonymer Freund per Postkarte mitteilte, um nicht noch mehr Plastikkatzenscheißeschaufeln freudig in Empfang nehmen zu müssen.

Ist es eine Verschwörung der Petroleumindustrie, die auf diesem Weg überproduzierte Plastikkatzenscheißeschaufeln dem Verbraucher in die Schuhe schieben will?
Wird ein Archäologe in der Zukunft bei Ausgrabungen diese Dinge für Kultgegenstände halten, die in den Häusern besonders geehrter Personen gesammelt wurden, um rituell zum Opfer dargebracht zu werden?

Spannende Fragen, auf die ich keine Antwort habe.
Dafür lesen Sie hier in der nächsten Ausgabe:
Die Keilrahmenholzspannkeilchenschwemme und ihre Auswirkungen auf die Volkswirtschaft.

Donnerstag, 16. September 2010

21 Tage

Abschied, Anfang, Alltag.


Das waren die ersten A-Wörter, die mir in den Sinn kamen, als ich vor inzwischen drei Wochen wieder das Licht der Welt erblickte.
Das „Licht der Welt“ ist schon vollkommen richtig, denn so wirklich in der Welt war ich in Pröbsting nicht. Man läuft anders durch die Gegend, man redet, denkt, träumt und argumentiert anders, wenn man den Blick überwiegend nach innen richtet.
Was fühlst du? Ist die Frage, die am häufigsten gestellt wurde, und auf meine Antwort hin kam dann oft die Gegenäußerung: „Scheiße“ ist kein Gefühl.
Auch „schlecht drauf“ ist kein Gefühl.
Aber Glück, Angst, Einsamkeit, Nähe, Kälte, Gut-Aufgehoben-sein, das sind alles Gefühle. Es ist beklemmend, wenn man von seiner Therapeutin eine „Liste möglicher Gefühle“ bekommt, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, aber so viel Emotionen auflistet, die man schon lang nicht mehr hatte.
Ich bin immer noch nicht richtig wieder zu Hause.
Meine Menschen aus dem Krankenhaus fehlen mir, die, die ohne zu zögern, ohne zu fragen und vor allem ohne Urteil einem weinenden Mitmenschen die Hand auf die Schulter legen und die Papiertaschentücher reichen. Die nicht wegsehen, wenn es jemandem schlecht geht, die weder sagen „Lass dich nicht so hängen“ noch „So langsam müsstest du aber mal wieder lachen können“.
Das Alleinsein nach so langer Zeit unter Menschen ist hart, und ich habe keinen Schimmer, wie ich das besser machen kann- jeder Besuch bei den Leuten, die in meiner Nähe wohnen, bedeutet wieder Abschied, wenn ich fahre. Jedes Telefonat hat ein Ende, unser Alltag hat uns wieder. Niemand wurde gesund entlassen, meist nur mit einer nicht mehr schweren, sondern einer nur noch mittelgradigen Depression. Mit Nortriptylin, Fluoxetan, Citalopram, Amitriptylin, Benzodiazepinen im Gepäck, und einer Sortierungsschachtel für die Pillen, wie sie sonst nur Omas haben.
Die ersten meiner Menschen denken darüber nach, wieder zurück zu gehen, denn sie werden mit ihrem Leben nur schwer fertig. Viele von ihnen sind einsamer, als man sich das vorstellen möchte, auch und gerade wenn andere Leute um sie herum sind. Viele müssen immer noch die Krankheit verbergen, um ihre Arbeit nicht zu verlieren und nicht im Zentrum des Klatsches und Tratsches zu sein. Das kostet zusätzlich Kraft, die kaum vorhanden ist, und die man so nötig für andere Dinge braucht.
Ich will ein paar Wahrheiten nicht vergessen:
-Depressionen sind real, sie verzerren die eigene Sicht der Dinge- das Leben fühlt sich scheiße an, auch wenn die Umwelt meint, das sei es gar nicht.
-Es gibt das, was meine Therapeutin eine depressive Gedankenkaskade nennt. Danach sollte man in sich Ausschau halten, um sie gleich im Keim zu ersticken, denn sie hat nichts, aber auch gar nichts mit der Realität zu tun.
-Vor einer Depression kann man nicht davon laufen, aber wenn man in Bewegung bleibt (tatsächlich in Bewegung), dann kann sie nicht so schnell andocken.
-Ebenso haben Depressionen wenig Platz in einem gut strukturierten Alltag. Strukturen sind der Leuchtturm, der noch funktioniert, wenn alle anderen Lichter verloschen sind.
Wichtig ist nur, dass alle Teile von uns in dieser Struktur zu ihrem Recht kommen. Sonst sind sie dazu verurteilt, ein Gefängnis zu sein und keine Stütze.



Der Herbst ist da.


Lily

Sonntag, 12. September 2010

Fehlleistungen

Als da wären:
--Heute morgen auf dem Weg zum Sport ein Schild, auf dem stand: Muskelkater im Revier.

--Das gestrige Posting, das wohl den Eindruck vermittelte, ich hörte Stimmen.
Nun hab ich das immer abgestritten, konsequent und schriftlich noch neulich, beim Ausfüllen der elfunddreißig Anamnesebögen, Psychotests und dergleichen.
Inzwischen ist jedoch eine Erkenntnis gereift: Ich höre Stimmen. Zwar sind keine Personen anwesend, aber technisches Zeugs, das Stimmen und andere Klänge überzeugend darzustellen vermag. Ich höre sogar Yodas Stimme, liebste Svenja, denn ich habe sie mir aus dem Netz heruntergeladen, als Gimmick für das Navi. Das wiederum hat mir mein kleiner Bruder geschonken, dem ich mal wieder Dank schulde, denn es gibt nichts schöneres, als bei der Ankunft zu hören: „Nach dreihundert Metern du dein Ziel erreicht hast. Kraftvoll du geworden bist!“

Und obwohl ich auch immer mit Vergnügen lese, wenn irgendein hirnloser Navi-Folger mal wieder im Wasser gelandet ist, so lasst euch sagen, liebe Leute: Ohne Navi bin ich eine Gefahr für diese schöne Welt. Vor ein paar Tagen hab ich mich derart gründlich in Bochum verfahren, dass ich für die gar nicht so lange Strecke über eine Stunde gebraucht habe.
Mal abgesehen vom Spritverbrauch- mich beruhigt es nicht, wenn ich daran denke, dass vermutlich noch mehr Leute unterwegs sind, beide Hände um das Lenkrad gekrampft, Schweiß auf der Stirn und immer nur mit einem Auge auf der Straße, weil das andere versucht, den Zettel auf dem Beifahrersitz zu lesen. ( Der ist- per default- auf einem miesen Drucker mit ersterbender Schwarzpatrone erstellt, und das ist einfach so. Kosmische Strahlung.)

Ganz zu schweigen von dem Erlebnis vor vier Wochen, als ich trotz Ausdruck einer Wegbeschreibung eine Stunde lang in einer Mittelstadt in der Nähe herumgekurvt bin, und schließlich mit meinem verpassten Termin wieder zurück fahren musste. Die Innenstadtstraßen in dieser netten Stadt trugen sämtlich keine Namensschilder. Echt geglückt, meine lieben Herren vom Tiefbauamt, oder wer immer in Bocholt für die Beschilderung der Straßen zuständig ist. Wenn ihr selbst nicht wisst, wie das Stück Fußgängerzone da vor euch heißt, gebt eurem Herzen einen Ruck und fragt einfach. Aber passt auf, dass das nicht auf dem belebten Innenstadtring nötig wird- da ist zu viel Verkehr, um mal eben anzuhalten.
(Ich hab sogar gefragt, dreimal, und bin dreimal in eine andere Richtung geschickt worden. Da kommt Freude auf!)
– Weitere Fehlleistungen:
Beim gestrigen Treffen zum ergotherapeutischen Malen im Atelier einer befreundeten Malerin (s. hier) habe ich, eingedenk eines Stapels mit Acrylfarbe eingesauter Jeans, eine Schürze mitgenommen, die sogar zum Einsatz kam- nur, um dann beim Herumsauen mit besagter Farbe weiträumig umgangen zu werden. Diesmal hab ich mir die Unterarme sowie die Hosenbeine knapp überm Saum verschmiert. Super. Die dunkel-lila Farbe klebte heut morgen noch am Arm, die weiße dafür unten am dunkellila Hosenbein. Aber im Schwimmbad ist die Farbe am Arm wenigstens abgegangen.

Vermutlich krieg ich zur Belohnung ein bisschen Muskelkater im Revier. Wer weiß das schon?

Einen schönen Sonntag,
wünscht
die Lily

Freitag, 10. September 2010

Die Wende

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Herrschaftszeiten.
So als mündiger Bürger, als freier Bürger (oder ebensolche Bürgerin, falls soviel Zeit bleibt) ist man doch ein Spielball, um nicht zu sagen ein Sklave der Exekutive. Kaum hat man seinen Fuß aus der Haustür gesetzt, schon umgeben einen Sprüche, Normen, Vorschriften. Ab und zu kommen weitere Dinge hinzu, wie DieRegelnDesGutenGeschmacks, Handytarife und die rätselhaften Aufschriften auf Lebensmitteln, die ich, sehr verehrte Leserinnen und Leser an den Monitorinnen und Monitoren, schon lange nicht mehr lesen kann. Nicht in dieser kontrastarmen 4-Punkt-Pica, halbfett, mittelblau auf mittelgrün, und direkt aus dem sprichwörtlichen Südkoreanisch von einem japanischen Reisbauern ins Bayrische übersetzt. Ja moi, mag sich da der Bürger (und natürlich auch die Bürgerin) fragen, Ja moi, wo bleibts den da dera Freiheitn?
Nachdem ich jüngst jedoch beobachtete, wie sich die Farben „Krapp-Dunkel“ (ein tiefes Rot) und „Cyan-Echtblau“ entgegen jeglicher Anweisung der Physik und des guten alten Geheimrats nicht etwa zu einem Violett, sondern zu einem grauschimmernden Petrolblau vermischten (und mir damit ein Bild ruinierten- ich hätte mal draufschauen sollen auf die Masse, die am Pinsel pappte) -wo war ich stehen geblieben? Ach, bei den Anweisungen von Goethe- jedenfalls haben sich die leblosen, und auch ohne bekannte Intelligenz in Flaschen abgefüllten Massen sowas von frei verhalten, Leute, da kann der Bürger nur von träumen!

Nun komme ich ja gerade aus der Psychiatrie, woselbst häufig die Rede war vom internalisierten Über-ich, wenn nicht sogar von dessen Extrem, der internalisierten Mutter. Dort hat man versucht, dem in Behandlung befindlichen Patienten zu vermitteln, dass dieserlei Anweisung, mitsamt ihrer Unbedingtheit, nicht etwa eine weiterhin zu befolgende Regel sei. Nein. Dem (und da ist es wieder, das Wort!) mündigen Bürger obliegt es, das Hirn einzuschalten, und das internalisierte Stimmchen in eine leisere Variante zu verändern. Sonst gibt’s weiter Depression. Aber sowas von!

Aber, liebe Lesende, wie kann ich ein freier Mensch sein, wenn ich doch an jeder Ecke von Regeln nur so verfolgt werde?
Ganz einfach geht das- und zwar mit dem guten alten Ungehorsam.
Ja, bürgerlicher Ungehorsam in seiner modernsten, aussagekräftigsten und zeitgeistigsten Form!
Und, so fragt sich der Lesende, wo mach ich das nun?
Und da sag ich nun: Leistet Widerstand, nehmt euch das Recht zurück, eure eigenen Wege zu gehen. 

Und machts wie ich: Biegt links ab, wenn das Navi „Rechts!“ sagt. Fahrt geradeaus, wenn es sagt, ihr sollt wenden.
Und vielleicht kriegt ihr dann die Belohnung gleich an der nächsten Ecke:

„Rebellisch du bist, junger Padawan!“ sagte meine Yoda-Navi-Stimme.

Na, da fühlt man sich doch schon sehr viel freier, Leute!

Sagt
die Lily.