Freitag, 10. September 2010

Die Wende

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Herrschaftszeiten.
So als mündiger Bürger, als freier Bürger (oder ebensolche Bürgerin, falls soviel Zeit bleibt) ist man doch ein Spielball, um nicht zu sagen ein Sklave der Exekutive. Kaum hat man seinen Fuß aus der Haustür gesetzt, schon umgeben einen Sprüche, Normen, Vorschriften. Ab und zu kommen weitere Dinge hinzu, wie DieRegelnDesGutenGeschmacks, Handytarife und die rätselhaften Aufschriften auf Lebensmitteln, die ich, sehr verehrte Leserinnen und Leser an den Monitorinnen und Monitoren, schon lange nicht mehr lesen kann. Nicht in dieser kontrastarmen 4-Punkt-Pica, halbfett, mittelblau auf mittelgrün, und direkt aus dem sprichwörtlichen Südkoreanisch von einem japanischen Reisbauern ins Bayrische übersetzt. Ja moi, mag sich da der Bürger (und natürlich auch die Bürgerin) fragen, Ja moi, wo bleibts den da dera Freiheitn?
Nachdem ich jüngst jedoch beobachtete, wie sich die Farben „Krapp-Dunkel“ (ein tiefes Rot) und „Cyan-Echtblau“ entgegen jeglicher Anweisung der Physik und des guten alten Geheimrats nicht etwa zu einem Violett, sondern zu einem grauschimmernden Petrolblau vermischten (und mir damit ein Bild ruinierten- ich hätte mal draufschauen sollen auf die Masse, die am Pinsel pappte) -wo war ich stehen geblieben? Ach, bei den Anweisungen von Goethe- jedenfalls haben sich die leblosen, und auch ohne bekannte Intelligenz in Flaschen abgefüllten Massen sowas von frei verhalten, Leute, da kann der Bürger nur von träumen!

Nun komme ich ja gerade aus der Psychiatrie, woselbst häufig die Rede war vom internalisierten Über-ich, wenn nicht sogar von dessen Extrem, der internalisierten Mutter. Dort hat man versucht, dem in Behandlung befindlichen Patienten zu vermitteln, dass dieserlei Anweisung, mitsamt ihrer Unbedingtheit, nicht etwa eine weiterhin zu befolgende Regel sei. Nein. Dem (und da ist es wieder, das Wort!) mündigen Bürger obliegt es, das Hirn einzuschalten, und das internalisierte Stimmchen in eine leisere Variante zu verändern. Sonst gibt’s weiter Depression. Aber sowas von!

Aber, liebe Lesende, wie kann ich ein freier Mensch sein, wenn ich doch an jeder Ecke von Regeln nur so verfolgt werde?
Ganz einfach geht das- und zwar mit dem guten alten Ungehorsam.
Ja, bürgerlicher Ungehorsam in seiner modernsten, aussagekräftigsten und zeitgeistigsten Form!
Und, so fragt sich der Lesende, wo mach ich das nun?
Und da sag ich nun: Leistet Widerstand, nehmt euch das Recht zurück, eure eigenen Wege zu gehen. 

Und machts wie ich: Biegt links ab, wenn das Navi „Rechts!“ sagt. Fahrt geradeaus, wenn es sagt, ihr sollt wenden.
Und vielleicht kriegt ihr dann die Belohnung gleich an der nächsten Ecke:

„Rebellisch du bist, junger Padawan!“ sagte meine Yoda-Navi-Stimme.

Na, da fühlt man sich doch schon sehr viel freier, Leute!

Sagt
die Lily.



4 Kommentare:

Bea W. hat gesagt…

Ich mache schon lange nicht mehr was ich soll. Das befreit.

Tina hat gesagt…

Neulich sind wir auch zu Freunden gefahren.. ich fuhr.. ein Freund hatte sein Navi an. Ich war da schon mal, aber finde mich nie zurecht.. wissen auch alle. Am Ende dann sagte das Navi bitte rechts abbiegen.. ich wußte aber, das ist gleich links und bin dann da lang.. alle so: boah die mal wieder mit ihrem eigenen Kopf und weiß mal wieder alles besser.. aber natürlich war das richtig und nach einer Minute standen wir vor dem Haus.. der Gastgeber meinte dann auch, einige Navis finden das nicht, weil die Straße früher nur nach rechts ging.

Aber generell.. alle Regeln sollten FÜR uns Menschen gemacht sein.. sind sie das nicht, vergiß sie. Ich hatte Verfassungsrecht und selbst alle Gesetze kannste kippen..alles was nicht dem Menschen nützt, ist Nonsens.

Svenja-and-the-City hat gesagt…

Wenn du auf die Stimme von Yoda hörst, dann kannst du sicher nichts falsch machen.
Du solltest nur bei deinen Jungs nicht erzählen, DASS du sie hörst :-)
Alles Gute weiterhin, liebe Lily.
Svenja

Paula hat gesagt…

Wahre Freiheit besteht darin, sich vom Navi unabhängig zu machen, anti ist schließlich nur das Gegenteil.

Routenplaner und Stadtplan sag I! Hirn an und Navi aus.

Schönes Wochenende!