Donnerstag, 31. März 2011

Erde an Lily

Es ist Frühling, wie man an jeder Ecke sehen kann. Hier regnet es gerade, und wenn ich aus der Tür des Bürogebäudes komme, um eine einsame Zigarette zu rauchen (sonst alles Nichtraucher hier), dann kann ich auf einen Garten schauen, in dem in den letzten Tagen eine Frau ein bisschen herumgewerkelt hat- sie hat Töpfe bepflanzt, um sie auf die Terrasse zu stellen, den Rasen gemäht und vertikutiert, halt so ein bisschen Frühlingsarbeit verrichtet.


An den stilleren Nachmittagen, wenn die Grundschule gegenüber ihre Pforten geschlossen hat und der Strom der Autos ein wenig abebbt, dann kann man über den Garten hinweg auf ein altes Gebäude aus dem 19. Jahrhundert schauen, das über allen anderen Häusern in der Straße thront, ganz oben gekrönt von den goldenen Ziffern einer Uhr. Aus einem der offen stehenden Fenster hört man jemanden Flöte spielen, und das verbindet sich mit der überwiegenden Stille des Nachmittags zu einem Erlebnis von ganz besonderem Reiz- ich gebe zu, zwischen 14 und 15 Uhr stehe ich gern draußen und rauche.

Bei dem spärlichen Regen, der zurzeit fällt, kann man, auch in der Innenstadt, den Duft der feuchten Erde riechen, und mich verfolgen Bilder aus der Zeit, als ich noch einen Garten hatte. Samstags morgens in aller Frühe hinauszugehen, zu überlegen, was wohin gepflanzt werden soll, zum ersten Mal im Jahr nach dem Werkzeug zu schauen, Spaten und Harke und Dreizack und Rasenmäher ans Licht zu holen, das waren wichtige und sehr schöne Tage. Gegen zehn Uhr dann zu einem Pflanzenhändler fahren, Kräuter für die Töpfe und Primeln, Schachbrettblume, Jakobsleiter, tränendes Herz, Rittersporn und Phlox zu kaufen, vielleicht auch ein kleines, hoffnungsvolles Gehölz anzuschaffen, und danach in den Gartenschuhen hinaus und die Käufe in die Erde setzen. Stauden teilen oder herunter schneiden, die letzten Reste des Herbstlaubs unter die Sträucher ziehen, und die erste Ladung Gras auf den Kompost zu hieven- das hat mich immer derartig angeschoben, dass ich stundenlang ohne Rücksicht auf Verluste weitergemacht habe, ohne einen einzigen Gedanken an Pausen, Essen, Ausruhen.

Abends dann aus dem Fenster in den Garten schauen, die Erde dunkel und erwartungsvoll da, wo neues wachsen soll und das helle neue Grün an Bäumen und den ersten Tulpen… das hat mich zufrieden und glücklich gemacht wie kaum etwas anderes.

Es fehlt mir sehr.

Geht, und macht euch die Finger schmutzig ;-)

Ganz die Eure,

Lily

2 Kommentare:

Georg hat gesagt…

Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Mir geht es auch immer so. Ich fange an irgendwelche wirren Pläne bezüglich eigener Tomatenzucht und dergleichen zu machen. Dann setze ich mich ruhig hin, trinke Kaffee und warte das der Anfall vorüber geht.

Frag doch mal unsere Schwester. DIe wird DIr sicherlich Asyl geben und freut sich über Deine Hilfe bei der Gartenarbeit.

P.S. Ich freue mich schon auf meine ersten eigenen Tomaten. ...ich konnte nicht anders.

Time hat gesagt…

bei uns stehen auch Gurken und Tomaten auf dem Plan, aber zunächst müssen wir dem im Gewächshaus lebenden Igel eine Kündigung wegen Eigenbedarfs zustellen. Und man weiß ja, wie lang die Künidgungsfristen sind. Als wir ihm letztens die Tür aufgelassen haben, damit er vielleicht freiwillig geht, waren am nächsten Morgen zwei Igel im Gewächshaus...