Nichts anderes als ein paar spitze Klammern wären der Gloriosilität des heutigen Tages geschuldet, also kriegt er sie auch. (Anm. der Autorin: Spitze Klammern machen Text weg...)
Jubilieret, triumphieret, denn es ist vollbracht- nach fast zwei Jahren bei mir ist mein Sohn gestern ausgezogen.
Als ich gestern nach einigen Stunden der Mithilfe komplett fertig und kaputt hier wieder aufgeschlagen bin, hätte ich gern ein kleines Tänzchen gewagt... zwei Sachen haben mich davon abgehalten. Das erste war oben zitierte Kaputtheit, das zweite die Tatsache, dass es keinen Platz gibt- denn meine Wohnung sieht aus wie die Lüneburger Heide nach dem Frühjahrsmanöver: Kein Ding steht mehr auf dem anderen. Bis auf den nun total sohnlosen Raum schräg gegenüber.
Paul der Kater zieht dort seine Kreise und singt seine Lieder von Einsamkeit und Hilflosigkeit sowie Desorientierung. Wenn man ihn ruft und ihn drauf aufmerksam macht, dass er weder allein noch ein Zweihundertgrammwelpe ohne Mama ist, sondern einer von Vieren, und zehn Kilo die nächste Schallmauer für sein breites Kreuz darstellen, dann kommt er angelaufen und ist ganz glücklich, dass man sich seiner erinnert. Er hört sich wirklich schrecklich an, da in dem leeren Raum... ich glaube aber, er genießt einfach das Echo.
Ich genieße bis dahin das Planen. Denn ich hatte ja nicht vor, den Status quo ante wieder herzustellen und in dem nun vakanten Raum erneut mein Bett aufzustellen. Das steht in dem kleinen, ehemaligen Arbeitszimmer ganz gut.
Nein, aus dem Raum wird das neue Wohnzimmer, dafür reichen nämlich die 14 Quadratmeter gut aus. Das große Zimmer wird ab sofort ein Arbeits-Mal-Näh-Trampolin-Raum. Mit Balkon, weil man den dafür braucht. Mein Schreibtisch wird hier stehen bleiben, auch wenn ich an dem weniger arbeite als vielmehr zocke, und ein ganzes Rudel Tische wird ihn ergänzen und demnächst Platz bieten für das Malen zum Beispiel.
Dass ich hier jedoch so halbwegs ruhig sitzen kann, liegt daran, dass ich dann doch zwei Tage Urlaub genommen habe, um die ganze Geschichte des Sohnauszugs ein bisschen begleiten zu können. Die Arbeit ist nämlich immer noch recht anstrengend, und dass ich die Wege dorthin mit dem Bus absolviere, verlängert die Abwesenheit etwas. Nicht viel, denn der Bus braucht genauso lange wie ich mit dem Auto gebraucht habe, aber etwas Wartezeit muss auch kalkuliert werden, sowie ein paar Meter Fußweg. Demzufolge bin ich nicht dazu gekommen, in den letzten Wochen mehr als unbedingt nötig in Hausarbeit zu investieren- zusammen mit dem Auszugchaos war das dann Anlass genug für zwei freie Tage.
Also, die Arbeit.
Die Arbeit ist komplett neu. Vor meinem Klinikaufenthalt war ich als Sachbearbeiterin bei einem Jugendamt beschäftigt (nicht an der Sozialarbeiterfront, sondern bei den Leuten, die den Eltern Geld dafür abnehmen, dass ihre Kinder in Einrichtungen und bei Pflegeeltern leben). Nach mehr als zwanzig Jahren hat mich da der Burnout erwischt- der und die Tatsache, dass Fallroutine, wie sie erforderlich war, absolut nicht mein Ding ist.
Die Arbeit ist komplett neu. Vor meinem Klinikaufenthalt war ich als Sachbearbeiterin bei einem Jugendamt beschäftigt (nicht an der Sozialarbeiterfront, sondern bei den Leuten, die den Eltern Geld dafür abnehmen, dass ihre Kinder in Einrichtungen und bei Pflegeeltern leben). Nach mehr als zwanzig Jahren hat mich da der Burnout erwischt- der und die Tatsache, dass Fallroutine, wie sie erforderlich war, absolut nicht mein Ding ist.
Der Einsatz nach der Klinik war zeitlich befristet, es ging um die Durchführung eines Projektes, bei dem von vornherein klar war, dass ich dort nicht bleibe. Als dann abzusehen war, dass die Arbeit sich ihrem Ende näherte, kam ich stellenmäßig wieder in die Verlosung, und hab dann das gezogen, was ich als Hauptgewinn bezeichnen würde. Zwischendurch hatte ich mich auf einen Job beworben, den ich dann nicht bekommen habe. Inzwischen glaube ich, dass das gut für mich war. Dieser andere Posten hätte mehr Einsatz an Wochenenden und an Abenden erfordert, als mein Freizeitbedürfnis wohl ausgehalten hätte. Ich wünsche der Kollegin dort ein herzhaftes „Ruhigen Dienst!“.
Nach den besagten Jahren an der Front der Fallarbeit hab ich also jetzt was vollkommen anderes. Es handelt sich um das, was man bei uns Querschnittsdienste oder auch zentrales Ressourcenmanagement nennt, im weitesten Sinne geht’s also um Hintergrunddienste in Bezug auf Organisation und so einen Kram. Das Fach Organisationslehre (damals noch mit dem Zusatz „und elektronisch gestützte Datenverarbeitung“) hab ich schon zu Zeiten meiner FH-Ausbildung gern gemacht, und mein Examen in dem Fach mit einer Eins geschrieben. Es ist verblüffend viel an Wissen hängen geblieben, trotzdem muss ich mich kräftig einlesen, aber es fällt mir leicht, weil es so angenehm ruhig ist dort. Die Kollegen sind alle eher still, so dass der übliche Hintergrundlärm aus den Büros nicht existiert. Dazu gibt es in unseren Büros so gut wie keine Kundenkontakte, die machen wir vor Ort, und anrufen tut uns auch keiner, denn man hat uns nicht sehr lieb. Zwei Jahrzehnte an der Bürgerschreckfront haben mich aber abgehärtet, und ich kann sehr gut damit leben, nicht jedermanns Lieblingstante vom Amt zu sein.
Derzeit herrscht eine Art Probeabschnitt. Wir schauen alle, ob wir miteinander auskommen- und wenn das so ist, dann bleib ich da. Ich erwische mich derzeit dabei, Ehrgeiz zu entwickeln, und meine Sache wirklich, wirklich gut machen zu wollen. Schau'n mer mal!
So. Jetzt muss ich mal an die Tagesplanung, damit hier alles seinen geregelten sozialistischen Gang gehen kann.
Liebe Grüße an euch alle, und ein schönes Wochenende
wünscht
DieLily
3 Kommentare:
Jippee, herzlichen Glückwunsch, das ist ja toll! Gute Idee, den großen Raum als Lebens- und Arbeitszimmer zu benutzen. Denn zum "Wohnen" (whatever, Sitzen, Lesen und Fernsehen?) reichen 14 qm wirklich aus. Und gut für Deinen Sohn, dass er nun auf eigenen Beinen steht.
Und Glückwunsch auch zur neuen Arbeit. Ein bisschen Stille um mich herum für die Konzentration würde ich auch gut finden. (Gestern z.B. habe ich früh Feierabend gemacht, damit meine Kollegin nach Herzenslust stöhnen, wirbeln, hektisch drucken, fluchen und Schuldgefühle verbreiten konnte, um eine Veranstaltung heute vorzubereiten).
Hallo Lily,
1.dass du dich auf die neue Arbeit freust, kann dir gut nachfühlen, . Das mit dem Burn-Out auch. 20 Jahre scheint für die Arbeit im Jugendamt (bin im ASD)die Grenze zu sein.
Jetzt kommt bei mir vielleicht auch die große Chance: Schulsozialarbeit an einer Grundschule. Vielleicht befristet auf 2 Jahre, aber egal, erst einmal was anderes.
2. Das mit dem Auszug von deinem Sohn macht mich ganz neidisch. ich hätte auch soooo gerne was für mich alleine. Was für ein Luxus, sich nach niemandem richten zu müssen, nur den eigenen Ideen und Gefühlen zu folgen.
3. Freut mich, dass ich in *Bloggershausen* mal jemanden gefunden habe, die beruflich auch was mit
*sozial* am Hut hat.
Trau mich schon gar nicht, das an die große (oder kleine) Glocke zu hängen (....Sozialpädagogen/Sozialarbeiter haben einen an der Waffel).
Viele Grüße *aussm Pott*
Vielen Dank für die Glückwünsche, Paula- die kann ich immer gebrauchen... und ich wünsch dir auch einen Hauptgewinn, den hast du verdient!!
Huhu Karfunkel, und herzlich Willkommen hier. Tja, Jugendämter haben ihren eigenen Charakter. Motiviert fängt man an, in allen Sparten, und dann kommts irgendwann richtig dicke. Wichtig ist, dass man sich von der Wagenburgmentalität nicht zu sehr anstecken lässt, sonst sieht man irgendwann nicht mehr, dass anderenorts der Rasen vielleicht ein bisschen grüner und das Gras fetter ist. ASD ist eine Knochenmühle... ich glaub, ich würde lieber Toilettenhäuschen schrubben. Als Soziale(r) hat man nur so bitter wenig Chancen, woanders in der Verwaltung was zu werden. Da ist dieses Schulsozialarbeitprogramm ein echter Zugewinn, wir werden das jetzt auch starten. Leider sind die Zuschüsse für die Personalkosten auf zwei Jahre beschränkt, und in den traditionell armen Gemeinden im RUhrgebiet ist das ein echtes Argument für die Befristung. Ich drück dir aber die Daumen!
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