oder ist das zu weiblich? Soll ich
lieber Herr Ratzinger schreiben? Kann ich auch tun. Also, lieber Herr
Ratzinger, Sie haben sich entschlossen, die roten Schuhe an den Nagel
zu hängen und in der Folge der Welt und Ihrem Amt zu entsagen. So
ungefähr jedenfalls steht es in den Zeitungen.
Sie sind der vierte Papst, den ich
„erlebt“ habe, und wenn ich nicht schon zu Ihres Vorgängers
Zeiten aus Ihrem Verein ausgetreten wäre, hätten Sie mir die Gründe
dafür geliefert.
Damit wir uns richtig verstehen: Ich
bin katholisch erzogen, und habe in meinem Leben eine Menge
Gemeindearbeit und viele Geistliche kennen gelernt, die den Menschen
mit seinem gesamten Wesen im Fokus hatten, und mit zutiefst
humanistischer Überzeugung Seelsorge geleistet haben, ohne zu
missionieren, ohne zu urteilen und ohne Hölle und Schwefel auf die
herab zu beschwören, die nach anderen Maßstäben lebten. Diese
Menschen holten die Kraft dafür aus ihrem Glauben, den man teilen
konnte, aber nicht musste.
Gemeindeleben vermisse ich noch heute.
Konsequenterweise habe ich aber nach meinem Austritt auch daran nicht
mehr im bisherigen Umfang teilgenommen, dafür war mein Gewissen dann
doch zu schlecht. Und das hatte nichts mit der Kirchensteuer zu tun.
Als Sie dann die Stufen zu Ihrem
Noch-Thron hoch geklettert sind, habe ich bereut, schon ausgetreten
zu sein. Verglichen mit Ihrem Menschenbild und Ihrer Herangehensweise
erschien mir Herr Wojtyla im Nachhinein wie jemand, der die Menschen
wirklich kennt, aber in vieler Hinsicht nicht aus seiner Haut konnte.
Ihre Weltsicht hingegen ist die eines Idealisten- Wenn die Realität
und die Theorie nicht übereinstimmen, so muss das an der
Fehlerhaftigkeit der Realität liegen. Oder anders: Kirche könnte so
toll sein, wenn die doofen Gläubigen nicht wären.
Dabei sind Sie gar kein schlechter
Psychologe. Ich glaube, dass eine Menge Ihrer Schäflein den Zorn
gegen Sie jetzt verdrängen, weil Sie da stehen wie ein
Hutzelmännchen und mit dünnem Stimmchen etwas von „zu schwach“
nuscheln. Statt fundierter Kritik an Ihrer Amtsausübung und einer
Ladung Argumente schwappt jetzt eine Welle von Mitgefühl und Schwulst Richtung
Rom, nicht nur von den Gläubigen, sondern auch aus Presse- und
Politikeräußerungen. Da war es erfrischend, den halbseitigen
Kommentar der TAZ in der letzten Woche zu lesen, der da lautete: Gott
sei Dank.
Mit den einzelnen Schandtaten und
-Reden Ihrer Herrschaftszeit muss ich mich gar nicht
auseinandersetzen, es reicht eigentlich, dass ich eine Frau bin, um
meine Position klarzustellen. Ich habe auch lange genug Rechnungen
Ihrer katholischen Heime bezahlt, um zu wissen, dass kein Cent davon
aus Ihrer Tasche stammt, sondern dass jede Pflegeminute abgerechnet
wird. Nur die von Ordensleuten geleiteten Einrichtungen waren zu
meiner Zeit billiger- aber diese Einsparungen lagen dann auch daran,
dass Ihre Leute eben keine normalen Entgelte bekamen. Ergo wurde das
auf dem Rücken von Einzelmenschen ausgetragen, die Amtskirche als
solche hat sich nur gerühmt, mildtätig zu sein.
Ihre perfideste Tat hingegen ist für
mich der Rücktritt- nach Ihrer Herrschaft, in der Sie jede Minute
dafür genutzt haben, Ihr Kardinalskollegium mit Ihren Leuten zu
besetzen, ziehen Sie sich jetzt zurück, im Bewusstsein, eine neue
Runde mit dem alten Spiel in die Wege geleitet zu haben. Die
Möglichkeit hat natürlich nicht, wer in den roten Schuhen stirbt...
Für Ihre Kirche und vor allem für die
irregeleiteten Kirchengläubigen wünsche ich mir, dass der Heilige
Geist hernieder fährt und die richtigen Leute erleuchtet. Vielleicht
hat sie dann noch eine Chance.
Schöne Grüße, Heiligkeit,
von Lily
1 Kommentar:
Uns Protestanten hier im Norden tangiert das ja nicht besonders. Soll er doch in Frieden ins Kloster gehen und Bücher lesen und schreiben.
Wenn doch endlich mal ein Pabst gewählt würde, der die katholische Kirche reformiert:
Frauen ins Priesteramt, Ende des Zölibats und Eheschließung von Priestern, Ende des Verbots der Verhütung von Schwangerschaften.
Solange alles beim Alten bleibt, kann man nur hoffen, dass immer mehr aus der Kirche austreten, bis der Vatikan endlich aufwacht.
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