Einige von euch scheinen dieses Gefühl aus dem letzten Post offenbar zu kennen- und ich hab gedacht, ich sei die einzige zarte Blume, die solcherlei seelisches Aufstoßen hat. Wieder vertan, aber es ist gut, wenn man merkt, dass man nicht allein ist, finde ich.
Ein bisschen hat mich die Frage umgetrieben, warum zu diesem speziellen Zeitpunkt mich diese Episode so beschäftigt hat. Ich hab so etwas schon öfter gehabt, aber direkt in Erinnerung geblieben ist mir das nicht. Vielleicht, weil diese unwillkürliche Art der Bilanz mir an diesem Tag besonders mies vorkam. Wer mag schon rote Nullen in vielen bis allen Bereichen des eigenen Lebens sehen?
Wie gesagt: Umgetrieben hat es mich, und auch ein bisschen erschüttert. Denn Geheimnisse hab ich mir da nicht verraten, vielmehr einen ungewöhnlich scharfen Blick auf das gerichtet, was derzeit so los ist. Als alte Depressionshäsin hätte ich eigentlich die Chance nutzen können, mit einem entschiedenen Sprung wieder auf die Dunkle Seite zu wechseln, aber ich hab dann mal überlegt, ob Yoda nicht wirklich zu Recht davor warnt.
Warum sind solche Schreckmomente überhaupt da, wenn doch eigentlich die Dinge, die mich beschäftigen sollten, dicht an dicht um mich herum aufgestapelt sind? Offenbar rennt man mit geschlossenen Augen durch das Lagerhaus des eigenen Lebens, und dann beschwert man sich, dass man sich blaue Flecken holt. Akute Erkrankungen mal beiseite gelassen- klar schmeißt uns das Leben (und nicht zuletzt wir uns selbst!) die ein oder andere üble Geschichte vor die Füße.
Bringt es mich weiter, den üblen Geschichten eine Erkrankung entgegenzuhalten?
Nö, denn die wird weder meine Steuererklärung machen noch mein Badezimmer oder die Katzenklos sauber, fürchte ich. Wenn die Depression nicht putzt, sich nicht kümmert und mir nichts anständiges kocht, wer tut das dann? Konsequent weiter gedacht mündet das in ein schönes Zimmer mit Aussicht auf den Klinik-Park und Dackel schnitzen in Ergotherapieraum drei. Und wenn ich Pech habe, hat dann irgendwann mal wer anderes das Recht (oder die Pflicht) sich um die Lily-Sachen zu kümmern, und ich muss um Erlaubnis fragen, bevor ich mir den Eiffelturm kaufe. Währenddessen schau ich dabei zu, wie meine freie Bewegungsfläche immer mehr zusammen schrumpft. Und höre nicht auf zu jammern, wie pöse das Leben mit mir umspringt.
Nee, hört sich nicht nach einem schlüssigen Konzept an, ihr Lieben. Oder?
Jammern kann ich nicht leiden, auch wenn ich das oft tu. Es frisst Energie, es steckt an und es macht schwach. Fürs Erste habe ich daher damit angefangen, die Augen aufzumachen und zu schauen, wo in diesem Lagerhaus die sperrigen Dinge stehen, damit ich vielleicht weniger oft dagegen renne. Und als nächstes möchte ich damit beginnen, Sachen aus dem Weg zu räumen, mir Wege drum herum zu suchen und aus meiner Ecke herauszugehen.
An guten Vorsätzen mangelt es mir eigentlich nie, und ich bin gut darin, sie zu beschließen. Das Umsetzen ist dann oft unvorhergesehen schwierig. Zeitraubend. Lästig. Und schnell wieder beendet.
Diesmal bin ich fest entschlossen, eine Lernkurve zu zeigen, die mehr Steigung hat als das Emsland im Nebel. Weil es mir so stinkt, mir leid zu tun und auf hohem Niveau zu jammern.
Momentan fühlt sich das nach einem schweren Vorsatz an, nach Anstrengung. Aber ich denke mir, dass auch Entschlossenheit und der Wille zum Aktiv-Sein geübt sein wollen wie Muskeln. Mehr Übung = mehr Leistungsmöglichkeiten. Mehr Hoffnung.
Und ich will nicht enden wie die zwei Menschen, die vor
ungefähr 14 Tagen freiwillig(?) aus ihrem Leben gegangen sind. Ich habe
sie nicht sehr gut gekannt, aber es gab Zeiten, in denen wir viel Kontakt hatten, nicht nur zwischen Tür und Angel. Dass sie beschlossen haben, nicht mehr weiter zu gehen, hat mich böse gemacht, traurig und ängstlich.
P. und S., das ist für euch.
Samstag, 18. Mai 2013
Well /zweitens.
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5 Kommentare:
Das Lagerhaus räumt sich nicht an einem Tag auf. Ein Plan im Hinterkopf oder ein To Do Zettel am Badezimmerspiegel helfen meiner Erinnerung über längere Zeiträume auf die Sprünge.
Und die eigene Klarheit nutzen, immer wieder von vorne anzufangen, jeden Tag. Geh mir bloß wech mit Lebensbilanzen! Die ziehen einen nur auf die dunkle Seite der Macht. Erstens kommt es immer anders als man zweitens denkt!
Und das Mantra: Du schaffst das schon, hast schon viel schwierigere Sachen hingekriegt! Das hilft auch.
Schöne Pfingsten!
LIebe Paula- das mit dem nicht-an-einem-Tag ist eins der Sachen, die mich immer wieder ins Augen zumachen getrieben haben. Zettel im Bad ist eine gute Idee, aber ich schaff es manchmal, vierzehn Tage lang jeden Morgen aufzustehen und nicht einmal in den Spiegel zu sehen. Mal schauen, es soll ja ein längeres Projekt werden, mit allem, was man so damit verbindet.
Kennst Du das Buch "Anleitung zum Entlieben" von Conny Dingsda (ich komme jetzt nicht auf ihren Namen), ein selbstironischer Roman mit heilender Wirkung.
Wie wär's wenn Du auch einen Roman "Anleitung zum Unglücklichsein" schreiben würdest? Ich kann gern ein Kapitel daraus übernehmen.
Huhu Paula,
das Buch kenn ich. Und die Anleitung zum Unglücklichsein gibbet ja nu auch schon :-)
Man wird alt und hinkt hinterher
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