Die Augen der Frau sind Schaufenster
mit Blick auf die Schlachtfelder ihres Lebens. Zuviel Schweiß und
Tränen sind an ihnen vorbei gezogen, und haben beinah jedes Gefühl
davon gespült. Blut war sicherlich auch dabei, und bestimmt nicht
immer nur ihres. Dafür wirkt sie zu eckig. So, als könnte man sich
an ihr blaue Flecken und ordentliche Schrammen holen. Die Ecken sind
gut versteckt unter dem weich werdenden Fett des mittleren Alters,
und die herabgezogenen Mundwinkel glätten das, was von Lachfältchen
übrig geblieben ist. Sie muss einmal gut ausgesehen haben, und nicht
nur in der üblichen Spanne zwischen 13 und 17, bevor die ersten
Ahnungen des Scheiterns die Jugend in die Defensive drängen. Ein
bisschen von der Arroganz der gut Aussehenden ist noch zu erkennen,
und man kann vermuten, dass der Mund auch lächeln könnte.
Da ist auch etwas anderes, auf das sie
immer noch stolz ist. Intelligenz vielleicht, oder etwas anderes,
nicht durch die Zeit Verwitterndes. Direkt daneben jedoch steht,
mindestens ebenso groß, die verlorene Schlacht, die den Krieg gleich
mit beendete. Ein Denkmal, trüb rostfarben und jedem Frieden
widersprechend. Die Erkenntnis vielleicht, dass sie ihre Waffen nicht
wirksam genutzt hat, die Strategie und Taktik ihrer nicht würdig,
verwässert, abgemildert und ihrer Schärfe beraubt waren. Die
Potenziale jedoch scheinen ausgeglichen und verleihen ihr Tiefe. Sie
lassen spüren, dass da jemand ist, der Jemand hätte sein können,
aber auch, dass sie vollständiger ist mit dem Scheitern,
dreidimensional, eine Persönlichkeit.
Ob sie eine gute Freundin ist, eine
präsente und liebevolle Mutter?
Sicher gibt sie nur ungern auf,
verbeißt sich gern in Dinge und ist gut darin, die Fäden zu
entwirren, die über ihren Weg gespannt sind. Vielleicht hat sie
gelernt, sich ihre Kämpfe gut auszuwählen, darauf wetten sollte man
jedoch nicht. Eine Kriegerin, oft und oft auf verlorenem Posten. Kein
Mensch für ein Team, sondern eine, die die Rollen auf sich selbst
verteilt, obwohl sie weiß, dass sie sie nicht alle gut spielt.
Hinter den Schranken und den bewehrten
Türmen ahnt man, wenn man nah genug heran geht, die Gärten und
Teiche eines friedlichen Landes. Sonnenauf- und -untergänge in einem
Spektrum kräftiger Farben, bunt bemalte Skulpturen und schwarzweiße
Jongleure in den Schatten der Bäume.
Und dort an der Brücke steht sie und
blinzelt in den blauen Himmel.
4 Kommentare:
Hmm, interessante Frau, schöne Bilder, gut gewählte Worte. Man kann sie sich vorstellen. Ist die Kriegerin ungefähr fünfzig?
Einen Satz finde ich irgendwie nicht stimmig: "Zuviel Schweiß und Tränen sind an ihnen vorbei gezogen, und haben beinah jedes Gefühl davon gespült."
Schweiß und Tränen ziehen nicht an den Augen vorbei (oder an den Schaufenstern?). Vielleicht: Tränen sind aus ihnen geflossen, haben sich mit Schweiß vermischt und haben beinah jedes Gefühl davon gespült o.ä..
Ich vermute mal, dass sie über fünfzig ist, ich kenn sie nicht.
Schweiß zieht aber dran vorbei, an den Augen (sonst brennts :-) ) aber es ist schon ein Bruch drin im Bild, das stimmt.
War nur eine Fingerübung:)
Wär's ein Bild, würde ich es mir an die Wand hängen. Vielen Dank!
Danke dir, mein Freund.
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