Sonntag, 2. August 2009

Gute Vorsätze

wie man hier sehen kann.




Das da auf dem Bild sind ca. 9 BE. Zwei Scheiben Vollkorntoast, sind drei, und 100 g zuckerfreies Müsli, mit Milch, sind sechs BE. Gegessen habe ich nur das Müsli, danach war ich satt. Aber trotzdem- es sind gute 90 g Kohlenhydrate, diese 9 Broteinheiten. Meine Großmutter, weiland in den Achtzigern, war auf 11 BE "eingestellt", d.h. sie bekam eine feste Menge Insulin "zugeteilt" und konnte nur eingeschränkt essen. Die Insulindosis an das Essen anpassen ging nicht, denn das Insulin, welches sie bekam, war ein Mischinsulin, das den Basalbedarf (Grund-Versorgung mit Insulin, ohne die bei Mahlzeiten zugeführten Kohlehydrate zu berücksichtigen) und den durch Essen erzeugten Insulinbedarf gleichermaßen abdeckte. Das hört sich praktisch an, ist es aber nicht. Denn die Wirkungskurve eines solchen Insulins diktiert, wann der Patient Hunger zu haben hat und Nahrung zu sich nehmen muss. Isst man dann nicht, weil mans noch nicht runterkriegt, fällt man vielleicht schlicht um.
Einfach später spritzen, weil man noch keinen Hunger hat, geht auch nicht, denn dann fehlt der Basalanteil, und der Blutzucker steigt, ohne dass man was gegessen haben muss dafür.
Da hat man es heute als Typ 1 Diabetiker besser, weil diesen beiden unterschiedlichen Bedarfslagen, also Sockel- oder Basalrate und dem Mahlzeiteninsulin, inzwischen auch verschiedene Insulinpräparate, oder aber Pumpen, entgegengesetzt werden.
Zumindest für uns Einser ist somit dem Einheitendilemma Einhalt geboten.
Es ist schon was feines, wenn solche bösen Fallen ausgehebelt werden, man essen kann, wenn man hungrig ist- und man auf die ganz normalen Nickeligkeiten zurück geschraubt wird, die sich ergeben, wenn man versucht, als Mensch mit lediglich plumpen Methoden einen feinen Regelkreis von Hormonen nachzuahmen.
Eine besondere Nickeligkeit ist die lokale Resistenz.
Bei konstanter Abgabe von Insulin in kleinsten Mengen, wie es bei der Pumpe der Fall ist, kann sich, nach ausreichend langer Zeit, in der der Katheter an einer Stelle sitzt, eine lokale Resistenz bilden. Dann wirkt das Insulin weniger oder gar nicht mehr.
Abhilfe bietet ein Wechsel des Katheters, der ohnehin nach ein bis zwei Tagen gewechselt werden muss, und damit verbunden ein Wechsel der Kathetereinstichstelle.
Sonst kann man sich einen Wolf drücken- das Zeug wirkt einfach nicht mehr zuverlässig. Zum Korrigieren des Blutzuckers, wenn ich grad unterwegs bin und den Katheter nicht wechseln kann, hab ich dann meinen Insulinpen zur Hand. Es gibt auch eine generelle Resistenz, wenn der Körper, durch verschiedene Einflüsse, allgemein weniger oder schlechter auf das Insulin reagiert. Stress wird da diskutiert, eine gewisse Rolle hat auf jeden Fall Übergewicht, und auch beim Hungern oder bei Infekten ist die Insulinwirkung oft vermindert.
Ansonsten ist die Wirkung verändert, wenn man sich bewegt, wenn die Sonne scheint, wenn man gut drauf ist, ganz typisch auch gestaltet sich eine unterschiedliche Wirkung je nach Tageszeit, und, bei Frauen manchmal, im Verlauf des Zyklus. Das kriegt man mit der Zeit raus.
Durch die Erfahrung mit der Pumpe war ich also mit den lokalen Resistenzen durchaus vertraut, kann man sagen. Oft zu meinem entschiedenen Missvergnügen, denn diese Katheter sind recht teuer, gute 12 € je Stück, und auch wenn die Kasse das erstattet: Vorstrecken muss ich das erstmal.
So, und dann war ich vor 14 Tagen bei meiner neuen Diabetesberaterin, die sich die Spritzstellen/Katheterklebstellen auf meinem Bauch mal angeschaut hat.
Schnellwirkendes Insulin spritzt man in den Bauch, langsam wirkendes in die Oberschenkel, das hat mit der unterschiedlichen Aufnahme des Zeugs an verschiedenen Stellen zu tun.
Aufpassen muss man, damit man weder Narben, noch Muttermale, noch oberflächlich verlaufende Blutgefäße erwischt. So, wie ich am Anfang gespritzt habe, durch die Jeans ins Bein, auch das Mahlzeiteninsulin, das würd ich heute nicht mehr machen. Aber man lernt. Nicht wahr?
Jedenfalls schaute sie sich meinen Bauch an, der unter meiner Schwangerschaft vor endlosen Jahren sehr gelitten hat, wie das bei vielen sehr jungen Frauen der Fall ist.
Und dann zeigte sie mir meine Lieblingsstellen. Da hat sich nämlich, von mir vollkommen übersehen, eine typische Delle gebildet. Ich wusste, dass es unter Umständen Verhärtungen durch die Spritzerei gibt, aber ich dachte an kleine Knübbelchen unter der Haut, und die Asymmetrie, die ich schon sehen kann, wenn ich an mir herunter schaue, käme vom Alter. Oder von sonstwas. Nein, an der Stelle des nicht vorhandenen Sixpacks auf meinem Bauch, an der ich am liebsten spritze (weil ich gut dran komme, und weil die Schwangerschaftsstreifen da weniger schlimm sind), hat sich eine richtige, ausgedehnte Beule gebildet. Sie riet dringend dazu, die Stelle weiträumig zu umgehen. Leichter gesagt als getan- wenn ich noch aufpasse beim Einheitenberechnen und so, ist es doch inzwischen häufig, dass ich eher blind den Pen ansetze oder den Katheter klebe.
Na, und dann hab ich mal angefangen, aufzuschreiben, wo ich spritze (mit dem Pen)- ob links an der unversehrten Seite oder rechts, an der Lieblingsstelle.
Siehe da- rechts brauche ich beinahe doppelt soviel Insulin wie links, und es wirkt auch langsamer. Das ist der Stoff, aus dem die unerklärlichen Schwankungen sind. Dreimal rechts korrigiert, mit steigenden Dosen und ohne Effekt- und beim vierten Mal gedankenlos die noch höhere Dosis links gespritzt. Und ab geht die Luzi, dass es nur so rauscht. Hinzu kommt das übliche Dilemma, wenn man nicht genau einschätzen kann, wieviel man isst, z.B. bei Nudeln oder Reis, und fertig ist eine gewisse... Schwankungsbreite. In den letzten 14 Tagen pendelten die Werte zwischen 379 und 39- alles beides eher mies.
Dass sich der Begriff "lokal" als so weit reichend herausstellen würde, hätte ich nie gedacht.
Aber immerhin: Wieder mal was dazugelernt.
Und das ist doch auch was.

Schönen Tag Euch allen,

Lily

Hoppla. Auf dem Bild sind 12 BE- der Joghurt hat auch drei.

4 Kommentare:

Paula hat gesagt…

Gut das mit der neuen Diabetes- Beraterin. Nach 9 BE bin ich auch satt. Bekommt man heutzutage den Rat, sich auf 3 Mahlzeiten zu beschränken als Typ I-Diabetiker oder soll man mehrere kleine Mahlzeiten dazwischenschieben, wie handhabst Du das?

Lily hat gesagt…

Rein von der Handhabbarkeit des Insulins her: Mindestens drei Stunden Abstand zwischen den Mahlzeiten, damit die verschiedenen Insulingaben sich nicht überlappen und für Chaos Hausmacherart sorgen. Wobei man ja bedenken muss, dass nicht alles, was gegessen wird, automatisch insulinpflichtig ist. Besser als den ganzen Tag Grasen ist es, sich auf drei, maximal vier Mahlzeiten zu beschränken, das ist mein eigener Eindruck.

Meise hat gesagt…

Allergrößten Respekt!
Sprachlos,
Meise

Frau Vau hat gesagt…

Wow - bin ich froh, dass mein Sohn "nur" Zöli ist... das würde mich an meine Grenzen bringen!
Meine Hochachtung!