Mittwoch, 5. September 2012

...mehr Text

Da bin ich wieder- hab beherzt auf „Textdokument“ geklickt, und warte nun mit angehaltenem Atem, dass mich die Muse küsst. Bis dahin werde ich aus dem Lily-Alltag berichten.

Von Zeit zu Zeit trifft mich ja mal Pratchetts kreatives Partikel, und löst (meist) spontane (= unüberlegte) Aktionen aus, deren Ergebnisse dann oft kurze Zeit später schamvoll entsorgt werden. Gestern abend war es so weit.
Das kreative Teilchen schlug zu in Form von Elenas Bemerkung, dass ich eine alte Uhr (Feinmechanik- und Uhrwerke Ikea), die in einem dunkelrot lasierten Holzgehäuse wohnt, ja mal umarbeiten könnte. Um so mehr, als ich mir was modernes, Schwarzglasiges als Ersatz gekauft habe.
Nun ist es so, dass Elena den Veränderungsvirus im Endstadium hat, der im Verein mit dem ihr eigenen kreativen Steinschlag allerdings dafür sorgt, dass die Ergebnisse in der Regel stimmig und ganz außergewöhnlich schön sind. Bei mir ist das nicht immer der Fall, da ein kreativer Schub oft aus dem Hinterhalt kommt, und mir dann im entscheidenden Moment meist das Durchhaltevermögen sowie ein paar Pinsel oder Zangen oder Wagenheber fehlen, um das geplante Werk zu vollenden. Meist ist es dann auch Sonntag Mittag oder so, und bis zum nächsten Baumarkt-Öffnungszeitpunkt zu lange hin, als dass ich warten könnte. Dann muss ich das tun, was der Ruhrgebietler „prutschen“ nennt. Die Ergebnisse kann man dann im Atelier zur Grauen Tonne bewundern...

Wie dem auch sei, gestern Abend, als mich die beiden Uhren im Wohnzimmer mit knapp zeitversetztem Ticken nervten, schlug die Stunde des Veränderns, und ich griff zu meinem improvisierten Verschönerungs-Werkzeug. Radierschwamm, Küchentücher, Schüssel mit Wasser, Pinsel, Acrylfarbe... natürlich alles im Wohnzimmer auf dem Tisch, inmitten des Geschirrs vom Abendessen und einer Übersichtssammlung Fernbedienungen aus den letzten 15 Jahren.

Interessanterweise konnte man die Uhr komplett zerlegen, und das tat ich dann auch- und stellte wenig später fest, dass die Lasur so schwer zu entfernen ist wie Blut von einem Tatort (auch ich sehe CSI). Der Radierschwamm tat schon einiges in Richtung rohes Holz, dann aber stieß ich an die Grenzen meiner Möglichkeiten, denn Schleifpapier habe ich nur in ziemlich grober Körnung gefunden (Schleifpapier liegt bei mir im Bücherregal, direkt neben den Tarot-Karten).

Angeschliffen hab ich das Holz trotzdem, erst mit dem Schleifpapier und dann mit Stahlwolle, die eigentlich zum Bearbeiten von Malhintergründen gekauft worden ist. Für meine Zwecke reichte das, denn so ganz rohes Holz wollte ich auch nicht haben. Anschließend hab ich alles gründlich abgestaubt, und dann angefangen zu Pinseln.
Leider ist die Lasur in der Lage, sich mit weißer Acrylfarbe zu einer rosigen Mischung zu verbinden- und ich bin NICHT GEDULDIG. Oh nein.
Momentan liegt also eine Uhr in meinem Wäscheschrank (alles, was mit noch feuchter Farbe bedeckt ist, muss katzensicher aufbewahrt bleiben) und zeigt merkwürdige, an Hautauschlag erinnernde rosa Schlieren. An anderer Stelle ist die Farbe recht...deckend.
Da hilft nix, ich muss da noch mal bei, wie Oma gesagt hätte, und nachschleifen, am besten mit Schleifklotz, damit das ganze nicht beulig wird. Und vielleicht sollte ich noch mal darüber nachdenken, die Glaseinsätze für Ziffernblatt und Pendelkasten abzukleben. Sonst muss ich anschließend mit der Rasierklinge dran, die Farbe abkratzen. Und ich will ja keine Mattglasscheiben in der Uhr haben.

Jetzt denke ich angestrengt darüber nach, was ich nach dem Grundieren mit dem Ding eigentlich anstellen will. (Anmerkung von meiner inneren Perfektionistin: So ist das richtig, Lily. Immer schön die Planungsphase abkürzen, das spart Zeit!)

Und wenn jetzt jemand geneigt ist zu fragen, warum ich eigentlich nicht in meinem ausgezeichneten und eigens dafür hergerichteten Arbeits- und Mal- und Bastel- und Nähzimmer arbeite, dann kann ich nur eine Vermutung darüber anstellen, dass das daran liegt, dass ich da keinen Fernseher habe, der mir den Soundtrack zu jeder Form Handarbeit liefert. Und auf den ich zwischendurch starren kann, wenn die Arbeit mal gerade stockt.

Was mich zu der Frage bringt, warum ich eigentlich die Zimmer nicht wieder zurück tausche. Also die Couch und so weiter wieder ins große Zimmer rücke, die Arbeitstische im kleinen Wohnzimmer aufstelle... Eigentlich eine gute Frage, die ich mir da stelle. Im Moment schlängelt sich ein langes Kabel durch die Wohnung, vom Router zum Fernseher, was nervt und komplett bescheuert aussieht. Und sich vorzumachen, dass man im Winter nur ein Zimmer richtig warm haben muss, ist auch Blödsinn, denn meist nutze ich beide Räume, einen zum Fernsehen, einen für den Rechner. Und den Arbeitstischbereich nur, wenn ich Besuch zum Malen habe. Ich habe auch noch einen Schrank in der Garage, vielleicht kann ich den dann im Malzimmer unterbringen. Wenn mir hier eins fehlt, dann ist das Stauraum, da ich keinen Keller habe und nie so etwas wie einen Wohnzimmerschrank besaß.
Mal sehen. Hab ja noch zwei Tage Urlaub, plus heute, plus Wochenende. Da ist noch viiiiel Zeit :-)

Was nie fehlen darf bei Sammelsuriums-Postings sind die Katzen. Die entdecken gerade den Balkon, denn nach sechs Jahren hab ich mich endlich getraut, sie da mal hinaus zu lassen. Gestern war der zweite Tag, an dem sich dann schon drei von Vieren umgeschaut haben. Natürlich habe ich alles, was als Sprungbrett zur Flucht geeignet wäre, vorher in die Wohnung geholt (nicht, dass ich annähme, sie wollten fliehen. Aber ab und zu fährt mal jemand mit dem Auto oder dem Motorrad auf den Hof, und sie haben noch nie einen Motor direkt draußen gehört. Panisch abhauende Pelznasen wieder einzufangen ist nicht mein Ding, kann ich da nur sagen.)
Die drei haben die Sonne sehr genossen, sich ordentlich aufgeheizt und festgestellt, dass die Welt auch nach oben weitergeht. Die Geranien auf dem Balkon eins über mir haben jedoch für Bedenken gesorgt- da fallen so rote Dinger herunter, und wer weiß, was die im Schilde führen. Auch kann man aufgrund der Bauweise des Hauses (die oberen Geschosse weichen jeweils um Balkontiefe zurück) auch noch sehen, dass die da einen Sonnenschirm am Geländer stehen haben. Trau, schau, wem!

Es ist auf jeden Fall sehr erfreulich, dass nicht die nackte Panik ausbricht, und dass ich, trotz Katzen, mal durchlüften kann, ohne Wache zu stehen. Außerdem mochte ich es nie, draußen zu sitzen und eine klagende Katzengesellschaft drückt sich derweil die feuchten Nasen an der Balkontür platt. Ich freu mich schon auf ein Gläschen Wein abends draußen (nicht, dass ich Wein trinken würde, ich trinke eigentlich nie was, aber trotzdem). Und die Viecher hatten wirklich Spaß, waren sehr aufgeregt und mussten alles anschnüffeln und genau beobachten- mit nach vorn gelegten Ohren und zögerlicher Tatze hat Eddie einen Hundertfüßler (von tropischer Größe, wie ich fand) untersucht. Das Tier war nicht einverstanden und verschwand zwischen den Steinen. Das war spannend. Zumindest für Ed.
Und Karl hatte die Gelegenheit, Bad Cat of Hell (ehemals Balkonkater) zu beobachten, wie der zwischen den Sträuchern herum kletterte. Abenteuer! Gefahr!
Paul hat derweil ein Grasbüschel angenagt.

Jeden nach seiner Fasson, oder wie war das?

Einen schönen Spätsommertag wünscht euch

dieLily.

2 Kommentare:

Paula hat gesagt…

Wunderbar, die Uhrengeschichte ist Comic-reif. Und die Zimmer-Umräumaktion klingt nach viel Arbeit. ich liebe umräumen, mein Zimmer habe ich schon 5 mal umgeräumt, immer nach den jeweiligen Prioritäten, hat immer sehr viel Spaß gemacht trotz der enormen Kraftanstrengungen.

Aber dass Du endlich den Balkon freigegeben hast, klasse, das war schon längst mal fällig, klingt nach Spaß und Genuss, ich wünsche Dir weiterhin gutes Wetter!

Womble hat gesagt…

Das ist so schön zu lesen,....alles, wobei mir die Balkonschote am besten gefällt, auch wenn Emily nicht dabei ist, aber Madame schickt hält erstmal das Fußvolk voran um die Lage zu peilen.
Schlau schlau.... Frau Emily.