Da bin ich wieder- hab beherzt auf
„Textdokument“ geklickt, und warte nun mit angehaltenem Atem,
dass mich die Muse küsst. Bis dahin werde ich aus dem Lily-Alltag
berichten.
Von Zeit zu Zeit trifft mich ja mal Pratchetts kreatives Partikel, und löst (meist) spontane (= unüberlegte) Aktionen aus, deren Ergebnisse dann oft kurze Zeit später schamvoll entsorgt werden. Gestern abend war es so weit.
Das kreative Teilchen schlug zu in Form
von Elenas Bemerkung, dass ich eine alte Uhr (Feinmechanik- und
Uhrwerke Ikea), die in einem dunkelrot lasierten Holzgehäuse wohnt,
ja mal umarbeiten könnte. Um so mehr, als ich mir was modernes,
Schwarzglasiges als Ersatz gekauft habe.
Nun ist es so, dass Elena den
Veränderungsvirus im Endstadium hat, der im Verein mit dem ihr
eigenen kreativen Steinschlag allerdings dafür sorgt, dass die
Ergebnisse in der Regel stimmig und ganz außergewöhnlich schön
sind. Bei mir ist das nicht immer der Fall, da ein kreativer Schub
oft aus dem Hinterhalt kommt, und mir dann im entscheidenden Moment
meist das Durchhaltevermögen sowie ein paar Pinsel oder Zangen oder
Wagenheber fehlen, um das geplante Werk zu vollenden. Meist ist es
dann auch Sonntag Mittag oder so, und bis zum nächsten
Baumarkt-Öffnungszeitpunkt zu lange hin, als dass ich warten könnte.
Dann muss ich das tun, was der Ruhrgebietler „prutschen“ nennt.
Die Ergebnisse kann man dann im Atelier zur Grauen Tonne bewundern...
Wie dem auch sei, gestern Abend, als
mich die beiden Uhren im Wohnzimmer mit knapp zeitversetztem Ticken
nervten, schlug die Stunde des Veränderns, und ich griff zu meinem
improvisierten Verschönerungs-Werkzeug. Radierschwamm, Küchentücher,
Schüssel mit Wasser, Pinsel, Acrylfarbe... natürlich alles im
Wohnzimmer auf dem Tisch, inmitten des Geschirrs vom Abendessen und
einer Übersichtssammlung Fernbedienungen aus den letzten 15 Jahren.
Interessanterweise konnte man die Uhr
komplett zerlegen, und das tat ich dann auch- und stellte wenig
später fest, dass die Lasur so schwer zu entfernen ist wie Blut von
einem Tatort (auch ich sehe CSI). Der Radierschwamm tat schon einiges
in Richtung rohes Holz, dann aber stieß ich an die Grenzen meiner
Möglichkeiten, denn Schleifpapier habe ich nur in ziemlich grober
Körnung gefunden (Schleifpapier liegt bei mir im Bücherregal,
direkt neben den Tarot-Karten).
Angeschliffen hab ich das Holz
trotzdem, erst mit dem Schleifpapier und dann mit Stahlwolle, die
eigentlich zum Bearbeiten von Malhintergründen gekauft worden ist.
Für meine Zwecke reichte das, denn so ganz rohes Holz wollte ich
auch nicht haben. Anschließend hab ich alles gründlich abgestaubt,
und dann angefangen zu Pinseln.
Leider ist die Lasur in der Lage, sich
mit weißer Acrylfarbe zu einer rosigen Mischung zu verbinden- und
ich bin NICHT GEDULDIG. Oh nein.
Momentan liegt also eine Uhr in meinem
Wäscheschrank (alles, was mit noch feuchter Farbe bedeckt ist, muss
katzensicher aufbewahrt bleiben) und zeigt merkwürdige, an
Hautauschlag erinnernde rosa Schlieren. An anderer Stelle ist die
Farbe recht...deckend.
Da hilft nix, ich muss da noch mal bei,
wie Oma gesagt hätte, und nachschleifen, am besten mit Schleifklotz,
damit das ganze nicht beulig wird. Und vielleicht sollte ich noch mal
darüber nachdenken, die Glaseinsätze für Ziffernblatt und
Pendelkasten abzukleben. Sonst muss ich anschließend mit der
Rasierklinge dran, die Farbe abkratzen. Und ich will ja keine
Mattglasscheiben in der Uhr haben.
Jetzt denke ich angestrengt darüber
nach, was ich nach dem Grundieren mit dem Ding eigentlich anstellen
will. (Anmerkung von meiner inneren Perfektionistin: So ist das
richtig, Lily. Immer schön die Planungsphase abkürzen, das spart
Zeit!)
Und wenn jetzt jemand geneigt ist zu
fragen, warum ich eigentlich nicht in meinem ausgezeichneten und
eigens dafür hergerichteten Arbeits- und Mal- und Bastel- und
Nähzimmer arbeite, dann kann ich nur eine Vermutung darüber
anstellen, dass das daran liegt, dass ich da keinen Fernseher habe,
der mir den Soundtrack zu jeder Form Handarbeit liefert. Und auf den
ich zwischendurch starren kann, wenn die Arbeit mal gerade stockt.
Was mich zu der Frage bringt, warum ich
eigentlich die Zimmer nicht wieder zurück tausche. Also die Couch
und so weiter wieder ins große Zimmer rücke, die Arbeitstische im
kleinen Wohnzimmer aufstelle... Eigentlich eine gute Frage, die ich
mir da stelle. Im Moment schlängelt sich ein langes Kabel durch die
Wohnung, vom Router zum Fernseher, was nervt und komplett bescheuert
aussieht. Und sich vorzumachen, dass man im Winter nur ein Zimmer
richtig warm haben muss, ist auch Blödsinn, denn meist nutze ich
beide Räume, einen zum Fernsehen, einen für den Rechner. Und den
Arbeitstischbereich nur, wenn ich Besuch zum Malen habe. Ich habe
auch noch einen Schrank in der Garage, vielleicht kann ich den dann
im Malzimmer unterbringen. Wenn mir hier eins fehlt, dann ist das
Stauraum, da ich keinen Keller habe und nie so etwas wie einen
Wohnzimmerschrank besaß.
Mal sehen. Hab ja noch zwei Tage
Urlaub, plus heute, plus Wochenende. Da ist noch viiiiel Zeit :-)
Was nie fehlen darf bei
Sammelsuriums-Postings sind die Katzen. Die entdecken gerade den
Balkon, denn nach sechs Jahren hab ich mich endlich getraut, sie da
mal hinaus zu lassen. Gestern war der zweite Tag, an dem sich dann
schon drei von Vieren umgeschaut haben. Natürlich habe ich alles,
was als Sprungbrett zur Flucht geeignet wäre, vorher in die Wohnung
geholt (nicht, dass ich annähme, sie wollten fliehen. Aber ab und zu
fährt mal jemand mit dem Auto oder dem Motorrad auf den Hof, und sie
haben noch nie einen Motor direkt draußen gehört. Panisch abhauende
Pelznasen wieder einzufangen ist nicht mein Ding, kann ich da nur
sagen.)
Die drei haben die Sonne sehr genossen,
sich ordentlich aufgeheizt und festgestellt, dass die Welt auch nach
oben weitergeht. Die Geranien auf dem Balkon eins über mir haben
jedoch für Bedenken gesorgt- da fallen so rote Dinger herunter, und
wer weiß, was die im Schilde führen. Auch kann man aufgrund der
Bauweise des Hauses (die oberen Geschosse weichen jeweils um
Balkontiefe zurück) auch noch sehen, dass die da einen Sonnenschirm
am Geländer stehen haben. Trau, schau, wem!
Es ist auf jeden Fall sehr erfreulich,
dass nicht die nackte Panik ausbricht, und dass ich, trotz Katzen,
mal durchlüften kann, ohne Wache zu stehen. Außerdem mochte ich es
nie, draußen zu sitzen und eine klagende Katzengesellschaft drückt
sich derweil die feuchten Nasen an der Balkontür platt. Ich freu
mich schon auf ein Gläschen Wein abends draußen (nicht, dass ich
Wein trinken würde, ich trinke eigentlich nie was, aber trotzdem).
Und die Viecher hatten wirklich Spaß, waren sehr aufgeregt und
mussten alles anschnüffeln und genau beobachten- mit nach vorn
gelegten Ohren und zögerlicher Tatze hat Eddie einen Hundertfüßler
(von tropischer Größe, wie ich fand) untersucht. Das Tier war nicht
einverstanden und verschwand zwischen den Steinen. Das war spannend.
Zumindest für Ed.
Und Karl hatte die Gelegenheit, Bad Cat
of Hell (ehemals Balkonkater) zu beobachten, wie der zwischen den
Sträuchern herum kletterte. Abenteuer! Gefahr!
Paul hat derweil ein Grasbüschel
angenagt.
Jeden nach seiner Fasson, oder wie war
das?
Einen schönen Spätsommertag wünscht
euch
dieLily.
2 Kommentare:
Wunderbar, die Uhrengeschichte ist Comic-reif. Und die Zimmer-Umräumaktion klingt nach viel Arbeit. ich liebe umräumen, mein Zimmer habe ich schon 5 mal umgeräumt, immer nach den jeweiligen Prioritäten, hat immer sehr viel Spaß gemacht trotz der enormen Kraftanstrengungen.
Aber dass Du endlich den Balkon freigegeben hast, klasse, das war schon längst mal fällig, klingt nach Spaß und Genuss, ich wünsche Dir weiterhin gutes Wetter!
Das ist so schön zu lesen,....alles, wobei mir die Balkonschote am besten gefällt, auch wenn Emily nicht dabei ist, aber Madame schickt hält erstmal das Fußvolk voran um die Lage zu peilen.
Schlau schlau.... Frau Emily.
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