Stellt euch vor, das hier sei die moderne Variante einer Aussätzigenklapper... Genau, das Ding, mit dessen Hilfe man vor Ansteckungsgefahr gewarnt wurde.
Hier stehe ich also, klappere vor mich hin, und frag mich, ob Unglück ansteckend ist. Wenn ja, fühlt euch gewarnt- aber geht nicht zu weit weg, ein bisschen möchte ich noch gehört und verstanden werden.
Das Eddie-Tierchen, das am Mittwoch noch halbwegs frohgemut nach einem Einlauf vor sich hin kackte, war abends anhänglich und lieb wie immer... wanzte sich auf der Couch an mich heran, schnurrte und gab Köpfchen. Mein Kater, wie er leibt(e) und lebt(e).
Am Donnerstag- nicht so sehr. Da lag er morgens unter meinem Schreibtisch, auf dem komplett katzenruinierten Kissen zur Stufenlagerung der Beine bei Rückenschmerzen (ein Lieblingsplatz von allen Vieren) und - na ja, er lag da halt. Ich hielt ihm ein gewisses Erholungsbedürfnis zu Gute, schließlich war der vorherige Tag anstrengend und er bestimmt noch nicht wieder voll auf dem Damm Als er jedoch nach Feierabend immer noch da lag, schwante mir Böses (warum schwant das? Warum, z. B., spatzt das nicht, oder amselt?) und ich holte ihn zu mir auf meine Therapiecouch (die mit den Joghurt-Flecken, genau die).
Ein erneuter Versuch, ihn mittels Lilys Geheimrezept (verdünnter, gesüßter Jogurt in einer Spritze, bequem ins Mäulchen appliziert) zwangszufüttern scheiterte- er sah gar nicht ein, warum er schlucken sollte. Und ich geb zu, ich war erstmal ziemlich ärgerlich. Denn Tierärzte sind teuer, und mein Budget war schon so gut wie ausgereizt.
Dann merkte ich aber, dass er keine der üblichen Abwehrreaktionen zeigte, als ich ihn an die Hinterbeine fasste. Das kann keiner meiner Fellnasen leiden, da sind sie entweder kitzlig oder bewahren ihr Bargeld auf, jedenfalls ist da meist sofort Alarm. Nicht so bei Eddie. In dem Moment hab ich befürchtet, dass er Probleme mit der Spondylose hat, die er eben auch hatte, und einen eingeklemmten Nerv oder so etwas.
Beim Kraulen-auf-der-Couch wurden dann die Gliedmaßen wieder weich. Zwar war er schlapp, aber das hielt ich für Genesungs"nebenwirkungen".
Gestern morgen dann fand ich ihn wieder unterm Schreibtisch. So schlapp, wie er abends zuvor war, möchte ich mir auch heute noch nicht vorstellen, wie er sich auf das ungefähr 50 cm hohe Kissen hinaufgequält hat.
Als ich ihn hochnehmen wollte, blieb er ganz steif, alle Viere von sich gestreckt, die Krallen starr ausgefahren, die Pupillen weitgestellt. Ganz schlecht.
Ich musste ihn zunächst mit ins Büro nehmen, denn ich fange um sieben Uhr an zu arbeiten, der TA macht jedoch erst um neun auf. Die zwei Stunden mit einer leise weinenden, stöhnenden Katze im Arm möchte ich nicht noch mal haben. Noch ein Besuch in der Tierklinik, mit einer halben Stunde Autofahrt im Stop-and-Go und dem Trubel dort, wäre für ihn jedoch sicher schlimmer gewesen...
Ich war die Erste beim Tierarzt, der die Diagnose "Das ist was Zerebrales- und ab jetzt wirds schlimm" stellte. Das hat alle meine Befürchtungen bestätigt.
Wir sind noch mal alle Befunde und alle Geschehnisse der letzten Tage durchgegangen, die lange Kette an Werten der Blutchemie und des Blutbildes von Sonntag. Während dessen stand die Tierarzthelferin am Tisch, hat mit mir den Kater gekrault und hatte ebenfalls die Tränen in den Augen. Eddie war in der ganzen Woche so lieb, hat nicht gefaucht und nicht gekratzt, sondern immerzu geschnurrt und mitgespielt...
Auffällig war, dass die Gliedmaßen starr gelähmt waren, der Schwanz jedoch nicht, und die Bauchmuskeln waren ebenfalls weich. Das schloss eine Wirbelverletzung so gut wie aus, und auch Abwehrstarre aufgrund von Schmerzen. Die Pupillen blieben weitgestellt, die Augen folgten wohl, wenn man es darauf anlegte, aber nur sehr verzögert. Die Krallen zogen sich nicht zurück, und auf Schmerzreize zeigte der ganze Körper keine Reaktionen mehr.
Ich hab mich dann entschlossen ihn gehen zu lassen. Alles andere hätte ihn nur weiter gequält, und die Verdachtsdiagnose des Tierarztes (Key-Gaskell-Syndrom) schloss eine Wiedergenesung aus.
Ob es diese Krankheit, die auch feline Dysautonomie heißt war, oder vielleicht ein Hirntumor, wird die Autopsie zeigen. Der Tierarzt möchte gern wissen, was es denn nun war, und ich bin da ebenfalls interessiert. Falls irgendetwas hier die Erkrankung verursacht hat, hab ich schließlich noch weitere potenzielle Opfer in meinem Haushalt, die ich nicht auch noch verlieren möchte.
Ich gebe mir Mühe, nicht darüber nachzudenken. Und nicht darüber, dass nie wieder das Eddie-Gesicht oben über den Schrank schaut und mich anschnurrt.
Von den anderen Katzen scheint ihn keiner zu vermissen.
Kleiner Eddie.
Samstag, 10. Mai 2014
*Klapper*
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6 Kommentare:
Das tut mir sehr Leid; ich fühle mit dir.
Ich danke dir.
Ich drück dich.
Danke, Frau Vau. War schon oft nötig, diesen Monat...
Och Mönsch, so ein lieber Kater, mein herzliches Mitgefühl!
Mir tut es auch leid.
... und mir fehlen erneut die Worte, die ausdrücken könnten, was ich gerne sagen würde.
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