...und es auch fand.
Es begab sich aber zu der Zeit, als Angela in Berlin regierte, dass ein Mann in einer kleinen Stadt, weit weg vom Kern des weltpolitischen Dingsda, beschloss, einen Antrag zu stellen. Einen Antrag auf Bezuschussung einer unvermeidbaren Geldausgabe. Denn siehe, der Mann war Asylbewerber, und seine Frau höchst schwanger.
Der Mann nahm seine Frau, ihren Mutterpass und das bereits vor drei Jahren geborene ältere Geschwister und machte sich auf, sein Glück zu suchen.
Zuerst klopfte er an die Tür des Busses. Und weil er Glück hatte und ein guter Mensch war, öffnete der Busfahrer die Tür und hieß ihn einsteigen, samt Frau und Mutterpass und Kind und allem.
Dann klopfte er an die Tür des Sozialamtes. Und weil er Glück hatte und die Sachbearbeiterin nicht gerade im Urlaub, öffnete auch sie die Tür und ließ ihn herein, samt Frau und Mutterpass und Kind und allem.
Dann ging der Mann nach Hause. Und siehe: Er kam gut an.
Und es verging ein Tag und eine Nacht und noch ein Tag und immer so weiter, bis drei Wochen um waren. Und der Mann klopfte an den öffnete den Briefkasten und fand darin einen Umschlag mit einem...
Gutschein. Über 130 €, zur Anschaffung von Säuglingskleidung und eines Kinderwagens. Für ein Neugeborenes, im Dezember.
Und der Mann schaute auf den Gutschein und der Gutschein schaute auf ihn. Dann schüttelten beide den Kopf.
Denn siehe: Im ganzen Städtchen gibt es nur gar wenige Läden, die einen solchen Gutschein annehmen- und diese waren nicht sehr geneigt, die Dinge zu verkaufen, die der Mann brauchte. Das hatte er bereits erfahren, als er umgezogen war und fünf Lampen kaufen musste, weil das Geschäft, in dem er Farbe besorgen wollte, ihm diese nur geben wollte, wenn er gleichzeitig fünf Lampen erwarb. Mit dem Gutschein, von dem dann nix mehr übrig blieb.
In keinem dieser Lädchen in dem Städtchen gibt es aber Kinderwagen- und schon gar nicht für 130 €. Selbst wenn irgendwo ein Kinderwagen in einem Laden, der einen solchen Gutschein akzeptiert, zu kaufen gewesen wäre (und man bedenke: Es war Dezember, das Wetter schlecht und das Kindlein frisch geboren- ein stabiler, wetterfester Wagen musste sein), wäre von dem Gutscheinbetrag kein bisschen mehr für eine warme Decke, eine warme Jacke oder ähnliches übrig geblieben. Abgesehen davon kostete der billigste wintertaugliche Kinderwagen im Städtchen bereits 240,00 €.
Nun mag der geneigte Leser denken, dass es doch einfach wäre, einen gebrauchten Kinderwagen zu besorgen. Aber die Verkäufer gebrauchter Kinderwagen sind nicht berechtigt, mit der Verwaltung des Städtchens abzurechnen. Auch Lädchen in anderen Städtchen können dies nicht.
Da ging der Mann zu einer Freundin und bat sie, ein Schreiben zu schreiben an das Sozialamt und zwar mit folgendem Inhalt:
Schönen Dank, liebes Sozialamt. Aber dieser Gutschein ist eine Farce (Auflistung von Gründen). Deshalb gebe ich ihn zurück- veräppeln kann ich mich allein. Bitte überdenken Sie doch mal Ihre Verwaltungspraxis- und teilen Sie mir einfach mal mit, warum Sie der Meinung sind, dass diese Praxis Menschen hilft.
Viele Grüße auch.
Ihr Asylbewerber.
Dann hörte der Mann lange nichts.
Zeit kam, Zeit ging, Zeit war vorbei.
Dann wurde das Kindlein geboren.
Am nächsten Tag fand der Mann in seinem Briefkasten einen Umschlag.
Darin ein Scheck. Über 240 €. Zur Beschaffung eines Kinderwagens und ähnlicher Ausgaben.
Was nicht darin war, war ein erklärendes Schriftstück, das sich mit seinem Schreiben beschäftigt hätte.
Böse Zungen behaupten nun, dass die Sachbearbeiterin verhindern wollte, nachdenken zu müssen.
Oder auch, dass man dem Mann nichts an die Hand geben wollte, mit dem er vielleicht zur Presse hätte gehen können, oder zur Flüchtlingshilfe.Nicht, dass er das vorgehabt hätte. Dazu wäre ja auch der Gutschein viel besser geeignet gewesen.
Eines aber steht fest: Nach ein paar verwunderten Momenten haben er und die Freundin eine Weile vor sich hin gekichert.
Mittwoch, 14. Januar 2015
Von einem, der auszog, Absurdes zu suchen
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
4 Kommentare:
Ach Lily, das mit dem Scheck ohne wenigstens ne Erklärung oder Entschuldigung oder auch nur irgendwas in der Art würde ich nicht überbewerten: Solche Behörden-Geschichten gibts doch zuhauf, dafür musste nicht mal von woanders herkommen.
Viel wichtiger ist doch, dass die Familie am Ende auch wirkliche Unterstützung bekam. Auch wenns arschknapp war ;)
Achtung. Ich singe! " Einen Antrag auf Erteilung eines Antragformulars.....
Ach weißt du, Helma- ich bin mehr als 30 Jahre im öffentlichen Dienst- und ich kann mich immer noch sowas von aufregen über Dummheit, schlechte Manieren oder Denkfaulheit... Das wird wohl auch nie enden :)
@Georg: So ähnlich. So sehr ähnlich :-)
Bitte lass das auch nicht enden - sonst haben wir ja nix mehr zum Schmunzeln oder Nachdenken ;)
Kommentar veröffentlichen