Dienstag, 4. Oktober 2016

Herbscht ist.

Bis zum Wochenende war ein superschönes Wetter zum Fotografieren, und vor allem in meiner letzten Urlaubswoche habe ich mir die innerfamiliären Aufgaben vom Hals gehalten und bin losgezogen- diesmal mit dem Handy, nicht mit der großen Kamera.
Nun ja, das ist eigentlich im großen und ganzen recht gut gelaufen. Allerdings sind die Bilder, die auf 3 Zoll zusammengequetscht toll aussehen, oft nicht so brüllerhaft, wenn sie dann auf Bildschirmgröße aufgeblasen werden. Da merkt man dann schon die Grenzen der Objektive...
















Das schillernde auf den letzten zwei Bildern ist die örtliche Algenpest. Abgesehen davon, dass das bestimmt die Gärtner nicht erfreut, ist es ein hübscher Anblick. Oder? Seit Jahren versucht man, diesen Algenwuchs mittels Be-Sauerstoffung des Wassers zu verhindern. Aber da die umliegende Landschaft den Wasserwechsel durch die Teichzuflüsse nicht ausreichend sicherstellen kann, bringt das nicht viel. Der Teich hat dadurch zwar im Sommer ein paar hübsche Fontänen, das war es aber auch. Vielleicht ist auch hier die Umgebung durch die Bergschäden so abgesackt, dass eben keine Zuflüsse mehr da sind, vielleicht hat das ganz andere Gründe, wer weiß das schon.
Innerfamiliär hat sich so langsam etwas Ruhe eingestellt. Wenn die Person, um deren Wohl und Wehe in den letzten Jahren fast alle Aktivitäten kreisten, plötzlich wegfällt, dann ist das schon merkwürdig. Eine Weile kreist das noch weiter, durch die anstehenden Aufgaben von Beerdigung, Formalitäten etc... dann hört auch das auf. Und dann? Am Sonntag ist das Sechswochenamt, danach ist erstmal gar nichts mehr. Natürlich, der Grabstein wird aufgestellt, das Gras über dem Wiesengrab wird wachsen. Aber oft und oft, und so geht es auch jetzt schon, kommt irgendein Anlass, bei dem einem einfällt, dass man jetzt schnell nach Hause muss, weil man die Betreuungsperson bei Papa ablösen muss. Oder, dass jetzt der Termin für die Schrittmacherkontrolle ist, oder dass Dienstag ist, und er sein MTX benötigt. Dann fällt mir oft erst später ein, dass man diese Termine jetzt ignorieren kann oder muss. Ein Gefühl der Traurigkeit lässt mich dann oft innehalten und darüber nachdenken, wie unterschiedlich die Menschen meinen Vater wahrgenommen haben, und wie wenig ich ihn kannte. Mir war der zerbrechliche alte Herr mit seiner Schwäche und seinen Exzentrizitäten viel vertrauter als der Mann, der offenbar weit und breit für seine Offenheit, seine Freundlichkeit und seine Hilfsbereitschaft berühmt war. Seinen trockenen Humor hab ich oft als Feindseligkeit empfunden, und ich gebe gerne zu, dass ich jahrzehntelang mehr Angst vor als Respekt oder Zuneigung zu ihm hatte.
In den letzten Wochen vor seinem Tod war er oft viel klarer als in den Jahren zuvor- einer der Ärztinnen, die mittels Erkundigung nach seinem Vornamen sein Maß an Desorientierung überprüfen wollte, hat er noch gesagt: "Wenn ich sagen würde, ich hieße Franziska, so könnten Sie mich der Lüge bezichtigen" (Original so). Da er einen Sprachfehler hatte, hat er viele Sätze so umgebaut, dass er ohne die problematischen Laute etwas Sinnvolles zustande kriegte, und das führte halt oft zu einer sehr gewählten Sprache, die merkwürdig aufgesetzt und/oder ironisch distanziert rüber kam.
Das letzte, was er überhaupt gesagt hat, war "Nei-en!" auf meine Frage, ob er noch etwas Wasser haben wolle. Nun denn, das haben wir respektiert, nicht ohne uns immer zu fragen, ob wir da nicht jemanden verdursten lassen- es hat, trotz allem, Überwindung gekostet, die Patientenverfügung umzusetzen. Denn das muss man als Angehöriger tun, und deutlich damit wedeln. Das ärztliche und pflegerische Personal in den Kliniken hat das Tun gelernt, nicht das Nicht-handeln. Den Menschen fällt es schwer, nicht zu reagieren, nicht tätig zu werden und jemanden sterben zu lassen, vor dessen Tür der Tod schon steht. Das Loslassen ist dann Aufgabe der Familie. 



2 Kommentare:

Paula hat gesagt…

Respekt, dass ihr seine Patientenverfügung nicht ignoriert habt, und gut dass er nicht in einer Pflegeeinrichtung war, wo sie ihm vielleicht trotz Verfügung Nahrung und Wasser aufgezwungen hätten. Meine Oma ist vor ihrem endgültigen Tod verhungert und verdurstet und ihr Arzt und wir haben das damals geschehen lassen. Es war ganz sanft, so muss es sein.

Schöne Fotos, sehr stimmungsvoll, gut dass Du wieder Lust hast zu fotografieren.

Lily hat gesagt…

Nun ja, er war ja in einer Pflegeeinrichtung- für eine Woche. Aber da waren wir ja sämtlich jeden Tag anwesend, und haben ihn selbst versorgt. Da hat er auch noch Nahrung und Flüssigkeit zu sich genommen. Erst am letzten Tag nicht mehr, da war er aber auch schon im Krankenhaus.
Danke für das Fotolob, das mit der Lust am Fotografieren hängt überwiegend am Licht. Da ist der Sommer nicht so geeignet, zumindest nicht für meine Art Bilder.