Mittwoch, 27. August 2008

Wo Schatten sind, ist da auch Licht? Oder hab ich das Konzept falsch verstanden?

Wie frustrierend muss eigentlich der Job einer Psychotherapeutin sein? Speziell der meinen?
Seit zwei Jahren renn ich nun in mehr oder minder regelmäßigen Abständen dahin, und ich scheine eine der eher merkbefreiten Kundinnen zu sein. Denn entweder ich komme dort an und lade meinen Kopfsalat zu ihren Füßen ab, lenke ab, werf ihr Bröckchen hin und zieh sie wieder weg, oder ich steh da und habe eine Erkenntnis. Erkenntnis!! Jausa!
Diese Erkenntnisgewinnung ist jedes Mal so neu wie es das eigene Spiegelbild für einen Amnestiker ist. Und ich schaffe es auch, jedes Mal einen neuen Weg dorthin zu beschreiten. Ja wirklich- vom Frauenzeitschriftenniveau ausgehend sind wir inzwischen bei Jung, Reich und Adler gelandet. Und die Erkenntnis? Trägt einen neuen Namen, ist aber immer noch dieselbe.
Tja.
Gestern nun habe ich ein neues Kapitel aufgeschlagen, und sie einfach mal gefragt, was ich denn mit der Erkenntnis machen soll. Bzw. auf welche Weise denn diese Erkenntnis in ein reales Problemverminderungsprogramm umgesetzt werden kann.
Ich hatte das Gefühl, dass so etwas wie Erleichterung in den umschatteten Augen der Besten Therapeutin Aller Zeiten aufschimmerte. Reine Freude.
Ich gönne sie ihr. Wer weiß, wie oft ich sie das noch fragen werde.


Eine Anregung, die ich aufgrund der oben erwähnten Anfrage erhielt, war, dass manche Dinge erst mit Krücken stehen. Bzw. dass sie ein Gerüst brauchen, um nicht einzugehen.
Zum Beispiel, Sportzeug immer im Auto zu haben, um es möglichst unaufwändig hinzukriegen, im Studio aufzutauchen. Wobei im Moment der Sport durch den Spaß daran getragen wird. Andere Sachen muss man sich vielleicht aufschreiben. Was bedeutet, dass die Zettel an meiner Wohnungstür, die mich daran erinnern, Messgerät und Pumpe (!) mitzunehmen, noch um ein paar Blätter erweitert werden müssen.
Ich fürchte, meine Wohnungstür wird ein Kompendium des Erstaunens und der Wunder für jeden Besucher. Sie stehen jetzt schon immer davor und staunen, denn auch das Wort „Schuhe“ steht dort.
Was nicht bedeutet, dass ich jemals meine Schuhe vergessen hätte. Nur, dass ich schon im Studio stand und die Sportschuhe waren noch zu Hause.
Aber was nicht ist, kann noch werden, wie meine Oma immer sagte. Also wer weiß, was ich noch alles vergessen werde.

„Schatten“ nennt sie das. „Selbstsabotage“ nenn ich das.
Es kommt auf das gleiche raus, denke ich.

Und weil’s so schön ist, völlig zusammenhanglos die Worte einer lieben Kollegin heute morgen:
„Dein Diabetes- ist der eigentlich auch Mellitus?“
Ich bezweifle, dass sie schon mal von Diabetes Insipidus gehört hat.
Aber ich hab ihr dann bestätigt: Der ist auch Mellitus.
Und zwar so was von.


Schönen Mittwoch,

Lily

3 Kommentare:

Meise hat gesagt…

Hm. Tja...
Selbst Erkenntnisse sind eben kein Garant dafür, dass sich was ändern wird.
Man kann Erkenntnisse übrigens auch wunderbar wieder im Hirn vergraben und so tun, als wären sie nie aufgetaucht! Kann ICH zumindest sehr gut. ;)

Frau Vau hat gesagt…

meine erkenntnis bei einer "psychotherapeutin" hat mich viel viel geld und noch mehr meines damals sowieso schon sehr wenig vorhandenen selbstbewusstseins gekostet, meinen schatz seine ehe - dies immerhin zu meinem (und dadurch selbstverständlich auch zu seinem!!) vorteil..*g*..

Anonym hat gesagt…

Reden, analysieren und mitfühlendes Zuhören allein reicht ja nicht, obwohl es ja sehr gut tut, den ganzen Seelenmüll mal ungefiltert loswerden zu können. Das kann schon mal die beste Freundin ersetzen und muss nicht teuer sein (wie in meinem Fall alle 14 Tage und mit Zeiel nicht länger als 12 - 24 Sitzungen). Aber Umsetzen geht bei mir nur mit Aufschreiben oder in Bildform (Mindmaps auf großen Papierbögen mit bunten Filzern).

Ich halte sehr viel vom Schreiben:
z.B. "Morgenseiten", d.h. ungefiltert sofort nach dem Aufwachen 2 Seiten runterschreiben, um den Spuk der Nacht loszuwerden (und danach nicht mehr lesen!)
Oder Logbücher für den Tag eine Zeit lang, in 10 Minuten Abständen alles aufschreiben, was man tut, um am Ende des Tages mal zu sehen, womit man so seine Zeit vertrödelt.
Erst ganz spät dann irgendwann To Do Listen schreiben und abhaken.

Und Merkzettel an Spiegeln, hinter Türen, in Brillenetuis (findet man garantiert irgendwann am Tag wieder!), im Portemonnaie und an Pinboards finde ich auch sehr nützlich.

P.