Freitag, 24. April 2009

Plack II

Am Samstag also, in ausreichendem zeitlichen Vorlauf zu der Mittwoch ablaufenden Frist, fand sich mein Sohn bei mir ein, und gab mir mit den Worten „Dein Exmann hat auch gesagt, dass ich dich das machen lassen soll, du hättest Spaß dran“ die Mail dieser Frau.
So. Bevor jetzt das beliebte Beamten-Bashing einsetzt, eins vorweg: Ich bin selbst eine.
Meine Ausbildung ist etwas, worauf ich auch nach 25 Jahren noch stolz bin, denn sie ist gut- systembedingt, nicht wegen mir. Im Normalfall ermöglicht sie mir, mich auch in unbekannte bzw. neue gesetzliche Vorschriften einzulesen, allein schon wegen der wirklich gut handhabbaren Methoden, die man gelernt hat, um sich derartige Texte zu erschließen. (Dass ich bei der Lektüre von Urteilen immer Augenfäule kriege, liegt an dem schlechten literarischen Stil der Richter. Nicht (zwingend) am Sujet.)
Man kann, sofern man erfolgreich die Ausbildung absolviert hat, nicht nur den Text einer Norm verstehen, sondern ebenso aufgrund dieser Vorschrift und eventueller Ausführungsbestimmungen in der Regel eine saubere Abwägung der beteiligten Interessen vornehmen und eine sachgerechte Entscheidung treffen. Sofern das nicht geht, hat man a) entweder was fett falsch gemacht oder b) das Gesetz taugt nicht- was seltener ist als die Presse einen glauben machen will.
Unter anderem gehört auch schon mal zur ordentlichen Ausübung solcher Aufgaben, sich selbst über Sachfragen schlau zu machen, und sich damit in die Lage zu versetzen, dem Verfahren wirklich folgen zu können...

Ich weiß aber auch, dass gerade in den Uni-Verwaltungen schon mal Leute sitzen, die eben diese Ausbildung nicht haben. Was ein Handicap ist, wenn man Aufgaben wahrzunehmen hat, die diese Ausbildung eigentlich erst erfüllbar macht.
Außer bei Naturtalenten.
Nun gibt’s natürlich auch Leute, die einfach qua Machtgeilheit bereits miese Sachbearbeiter sind. Die also, kaum dass man ihnen einen Schreibtisch zuteilt, zu großer Form auflaufen Richtung „Kraft meiner Willkür ziehe ich Sie hiermit über den Tisch“.
Selbstverständlich will ich der Dame so was nicht unterstellen, kenne ich sie doch nicht und weiß ich auch nicht, was für eine Ausbildung sie hat.

Also hab ich mich schwer beherrscht beim Schreiben. Was nicht einfach war, wie man sich als Leser dieses Blogs vorstellen kann.

Ich habe lediglich daran erinnert, dass
a) bereits vier auf eigene Kosten beschaffte Atteste vorgelegt wurden,
b) vor allem das letzte Attest allen formalen Ansprüchen genügt hat, und nebenher sehr ausführlich ist,
c) dass aufgrund der Natur der Erkrankung eine weitergehende Attestierung (z.B. in Bezug auf das Stattfinden der Anfälle) nicht möglich ist und dass
d) angesichts der erheblichen, weitreichenden Einschränkungen durch die Erkrankung als solche, die Nebenwirkungen der Medikamente und die Einschränkungen im Alltag (als da seien: Jede Nacht pünktlichstes Zubettgehen, Verzicht auf Alkohol, Autofahren, Schwimmen, teils krankenhauspflichtige Verletzungen nach Anfällen) diese Attest-Nummer langsam als Schikane fühlbar wird.
Des weiteren hab ich sie aufgefordert, den unbestimmten Rechtsbegriff „aussagekräftig“ doch mal aussagekräftig zu erläutern. Sofern es um die Prognose der Anfallshäufigkeit und –Schwere gehe, habe ich gleich mitgeteilt, dass diesbezüglich keine Aussage zu treffen ist- aufgrund der Natur der Erkrankung.
Angesichts der Tatsache, dass dieses Schreiben von dem Lily-Sohn zu unterschreiben war, habe ich mich textlich und jargon-mäßig zurück gehalten.
Aber so was von.

Und dann?

Kam Mittwoch Mittag, kurz vor 12 (also zu einem Zeitpunkt, zu dem keine Arztpraxis zwischen hier und Wolfenbüttel geöffnet hat) die Antwortmail.

Auf die rechtlichen Probleme, die mit Fristsetzungen und dergleichen in Bezug auf Mails verbunden sind, gehe ich hier nicht weiter ein- wenn ich vorhätte, etwas abzulehnen, wäre ich gern auf der sicheren Seite, was die formalen Eigenschaften meiner Äußerungen betrifft. Ich würde nicht jemandem eine kurze Frist setzen, und ihn darüber per Mail an eine gmx-Adresse informieren. Sauberer ist es, und vor allem rechtlich weniger problematisch, so was per Normalpost zu schicken.

Jedenfalls war es sechs Minuten vor 12, als die erneute Mail eintraf.

Darin die Dame eine Bescheinigung anforderte, die, ich zitiere,

„…die Häufigkeit der Anfälle im Semester und die Dauer der [dadurch bedingten] Einschränkung ausweist“.
Geht’s noch? Darf man so merkbefreit sein?

Ich hab schon mal den Wikipedia-Artikel zu Epilepsie ausgedruckt.
Wer Papier haben will, soll dran ersticken.

Wer Ärger haben will, kann auch den haben.

Ich freu mich drauf!



Lily

9 Kommentare:

Maak hat gesagt…

tu ihnen weh!

schönes wochenende.

Georg hat gesagt…

Immer mitten in die Fresse rein... frei nach den Ärzten.

Manchmal aber nur manchmal haben Frauen ein kleines bischen Haue VERDIENT!

Da kriege ich schon beim lesen einen Hals...

Schönes WE

Lily hat gesagt…

Oh- die Antwort ist schon fertig. An den Vorgesetzten.

Bin mal gespannt...

Lily hat gesagt…

...und da gibts dann auch noch dessen Vorgesetzten. Und den Dekan. Und den Rektor.
Und wenn alle Stricke reißen, die Bildzeitung.

Time hat gesagt…

Bildzeitung ist die ultimative Drohung für jeden Sachbearbeiter. Aber ob die Bildzeitung sich ausgerechnet für das Schicksal eines Studenten interessiert, der ja nicht gerade zur Zielgruppe gehört?
Und wenn Du mit allen diesen Leuten fertig bist, bring mir das mit den Gesetzen bei, da muss ich geschlafen haben *g*

Lily hat gesagt…

Ich fands toll, den öffentlich-rechtlichen Teil vor allem. Der hat richtig Spaß gemacht. Staatsrecht, Allgem. VWR, Besonderes VWR... Wenn ich überleg, dass ich damals wegen POR durchs erste Staatsexamen gerauscht bin, ist mir das heut noch peinlich. Denn das war mein Supersonderextraspeziallieblingsfach.

Falcon hat gesagt…

Das klingt sehr nach "ich trau mich nicht, in eigener Kompetenz eine Entscheidung zu treffen, also hoffe ich darauf, sie mürbe zu machen, damit sie aufgeben". Da hilft dann wirklich nur noch die nächsthöhere Instanz.
Auch wenn ich das Verhalten nicht nachvollziehbar finde - entweder, ich darf es entscheiden und tu das dann auch kraft meiner Rechtskenntnis oder ich hole mir Weisung vom Vorgesetzten, wenn ich in der Sachen nichts sagen darf.
Aber Hinhalten ist die denkbar schlechteste Variante.

Lily hat gesagt…

In der Sache nicht entscheiden können, aber die Arbeit machen müssen ist ja im öD keine besonders seltene Entscheidung. Das könnte ich ihr noch verzeihen- aber dieses Ausmaß an mangelndem Mitdenken ist schon bedenklich.

Lily hat gesagt…

...seltene Erscheinung. Nicht Entscheidung...
Wird Zeit fürs Wochenende.


L