Sonntag, 30. August 2009

Neues aus Wahllokalia

Der Wähler als solcher wird immer bizarrer. Das teilt er sich mit dem Politiker, von dem man das auch sagen kann.
Beide zusammen werden immer geiziger.
Beweis?
Ein Wahllokal in einer kleinen Stadt in NRW, heute.
-Ein Wähler nimmt das "barrierefrei" wörtlich, und fährt mit seinem Corsa direkt vors Wahllokal. So, dass außer ihm zwar niemand mehr hinein kann, aber was stört das schon denjenigen, der sich damit den wirklich unmittelbaren Zugang gesichert hat? Hätte er schön gefragt, hätte ich ihm den anderen Flügel der Tür auch noch geöffnet und er hätte bis an die Urne fahren können.
-Ein anderer baut sich samt Gattin vor der Wahlbekanntmachung mit den angehefteten Stimmzetteln auf und zeigt ihr minutiös, was sie zu wählen hat. Leider beachtet er nicht, dass er nicht mit ihr hinter den Sichtschutz darf. Auch braucht sie ihm nicht zu zeigen, was sie gewählt hat- da hätte ich mit Wonne von meinem Hausrecht Gebrauch gemacht. Was soll so eine Nummer also?

-Ein Wähler verzieht keine Miene, als er mir sagt, er habe seinen Personalausweis vergessen, und ich ihm antworte: Macht nichts, bei Ihnen mach ich's auch mal ohne.

-Früher kam der ein oder andere politische Entscheidungsträger mal mit einer Palette Kuchen, einer Tüte Eis für jedes Mitglied der Wahlmannschaft oder einer Kanne Kaffee. Heute kommen die Herrschaften ins Wahllokal, stellen sich nicht mal vor (man muss sie doch einfach aus der Zeitung kennen- oder?) und geht irgendwann wieder, nach hektischer Abfrage von Wahlbeteiligung und Stimmung im Volk. Sie sagen nicht mal Danke dafür, dass da in hunderten von Wahllokalen tausende Menschen unfreiwillig ihren Sonntag damit verbringen, dass sie ihre fetten Mandate weiter wahrnehmen dürfen. Selbst Worte scheinen heutzutage ihren Preis zu haben.

Dafür geht der Wähler hin, und bedient sich -ohne auch nur zu fragen (!!)- am Proviant der Wahlmannschaft, schnappt sich hier einen Keks und da ein Stück Kuchen, und verschwindet mampfenderweise hinter dem Wahlschirm.
Nein, es ist keine arme Gegend.

Ansonsten war es ein sehr glatt abgelaufener Tag. Um viertel vor sieben war der Stimmbezirk ausgezählt, bei einer Wahlbeteiligung von 69 %, um fünf vor sieben war alles eingepackt, und um halb acht war ich zu Hause.
Hussa.

In vier Wochen ist die nächste Wahl.

Meine Leute waren richtig gut, und ich freu mich fast schon drauf.

Lily, die jetzt trotzdem groggy ist.

8 Kommentare:

Kate hat gesagt…

Also irgendwas mach ich doch falsch.... ;-)

Frau Vau hat gesagt…

Ich würd ja helfen kommen, aber hier ruft die Pflicht.. *g*

Meise hat gesagt…

Wow. Um halb acht schon zu Hause?
Nicht schlecht.
Sowas kann ja auch schonmal deutlich länger dauern.
(Hab auch ein paarmal diesen "Dienst" versehen.)

Lily hat gesagt…

@Kate: Ich weiß nicht, woran es genau lag. Sonst brauch ich immer länger. Diesmal hab ich ein paar Dinge anders gemacht- den ganzen Verpackungskram, Siegelmarken und sowas, alles schon vorher ausgefüllt, in Ruhe, als wir mal eine Stunde zu viert waren. Meinem Stellvertreter die Aufsicht überlassen beim Zählen, und selbst ausschließlich und nur das Wählerverzeichnis durchgezählt. Dann hatte ich eine Zahl, sie auch, und das stimmte sofort. Aber wir hatten ausreichend Platz, Sitzgelegenheiten für alle (auch beim Zählen) und wir waren nicht fünf, wie sonst, sondern sieben.
Mist war, dass man so lange auf eine Leitung ins Wahlbüro warten musste.
Als wir einmal die Zahl der Wähler hatten, wars dann einfach für die anderen beiden Wahlen.
Fürs Aufaddieren der Stimmen hab ich mir jeweils einen Stimmzettel genommen, damit ich keine Partei vergesse- spart das Listenkritzeln. Ich hab es tatsächlich geschafft, über alle Zweifelsfälle per Akklamation abstimmen zu lassen.
Und dann hab ich jeweils zwei Leute eine Wahl verpacken lassen, und selbst die Niederschriften zu Ende gemacht. Was mir grad einfällt: Ich hab keine Siegelmarke unterschrieben, dafür hats dann nicht mehr gereicht...
@Frau V: Schade- aber da ist ja auch überall Wahl:-)
@Meise: Wie hast du es geschafft, aus der Nummer wieder rauszukommen? Ich mach das jetzt seit 26 Jahren...

Falcon hat gesagt…

Wahrscheinlich hat der Typ mit dem Auto gedacht, dass man froh sein sollte, dass er überhaupt wählen geht. Da sieht man dann schon mal über kleiner Unzulänglichkeiten hinweg.
Ich bin aus der Wahlnummer ganz einfach heraus gekommen - mal kurz nach Zentralasien umziehen und schon klappt es ;-).

Lily hat gesagt…

@Falcon: Sowas in der Art muss es gewesen sein. Auf mein Ansinnen, wenn er so schlecht zu Fuß sei, es doch mit Briefwahl zu versuchen, meinte er "Ach, ist doch eh alles Scheiß". Nun ja. Da fragt man sich doch, ob er sich die Mühe nicht nur deshalb macht, damit er uns seine Krankengeschichte detailliertestens erzählen kann...
Nicht zu vergessen der ältere Herr, der sehr ungnädig war, als wir ihm die Stimmzettel für seine Frau nicht mitgeben wollten. Obwohl die so kränklich ist.
Gute Güte, sind wir Prinzipienreiter :-)
Das mit Zentralasien ist eine prima Idee...

Kate hat gesagt…

@Lily: Das hab ich auch alles gemacht. Ich glaub wirklich es lag an dem Team, von dem nur die Hälfte zählen konnte und an der Demenzkranken Oma, die uns 1,5 Stunden beschimpft hat...ist aber nur so ne Idee von mir ;-)

Meise hat gesagt…

Urlaub genommen! ;)
Und zur Not hätte ich auf die Personen verwiesen, die sich bis dato noch NIE dazu herabgelassen haben.