Donnerstag, 22. November 2007

Thanksgiving (Translation included)

heißt hier ein bisschen verschämt „Erntedankfest“, und ist aus dem Bewusstsein der Leute großenteils verschwunden. Was vielleicht an der kirchlichen Anbindung dieses Festes liegt, vielleicht aber auch an der geschwundenen Verbindung des Lebens der meisten Leute mit so was wie „Ernte“.
In den amerikanischen Blogs die ich lese, ist hingegen vielfach davon die Rede. Und trotz der Tatsache, dass es sich um ein „gängiges“, etabliertes Fest handelt, und auch sicherlich Kommerz dabei eine Rolle spielt, fällt mir auf, dass viele den Anlass nutzen um darüber nachzudenken, wofür sie dankbar sind. Laurie zum Beispiel, und auch Cecily.
Wenn ich das, was ich bisher gelesen habe, richtig verstehe, ist Thanksgiving der große Feiertag, der die Weihnachtszeit einleitet. Die Betonung liegt auf der Zusammenkunft mit Freunden und Familie, der Weitergabe von Traditionen, und so verbindenden Dingen wie dem gemeinsamen Essen traditioneller, aufwändig zubereiteter Gerichte.
Wie bei allen großen Familienfesten gibt es sicherlich auch jede Menge Rituale, die nicht so witzig sind, wie vielleicht die dummen und aufdringlichen Fragen von Onkel Ernie, oder die grässlichen Tischsitten der Nichten und Neffen, aber es bleibt ein klassischer Anlass, um tatsächlich über die Dinge nachzudenken, die man erreicht hat und die man wertschätzt. Sowas geht im Alltag schnell verloren, vor allem auf dem Hintergrund, dass man sich viel zu oft vergleicht mit Anderen. Angefangen mit „Was hat der/die, was ich nicht habe?“ bis zu offenem Neid auf materielle Errungenschaften. Ohne dass man sich auch nur einmal fragt, ob man diese Errungenschaften selbst BRAUCHT oder ob man diese Eigenschaften oder das, was der andere verkörpert überhaupt haben oder sein will.

Ich zum Beispiel will gerne perfekt sein, bin aber meilenweit davon entfernt. Dieser Wunsch nach Perfektion ist leider kein Ansporn, sondern eine Bremse für jeden Versuch, mich dem Wunschzustand zu nähern.
Durch den Standard, den der Perfektionismus setzt, ist das Nichterreichen von Zielen quasi schon etabliert, wenn ich das Ziel ins Visier nehme.
Es fällt mir schwer, einfach nur mir vorzunehmen, etwas Bestimmtes zu erledigen, wenn da noch soviel mehr ist. Also zum Beispiel zu planen, das Küchenfenster zu putzen. Denn da ist nicht nur die Küche, da ist auch das Wohnzimmer, das Schlafzimmer, und das Arbeitszimmer. Alle mit Fenstern. (Das Bad hat keins.) Meine innere Überhausfrau sagt mir, dass das Küchenfenster eine Reinigung vertragen könnte, und die anderen Fenster sicherlich auch. Und schon türmt sich ein Fensterhaufen auf. Die Überhausfrau zieht sich dankend zurück, sie muss ja nicht putzen, das muss ich tun. Normale Menschen sagen sich: Jetzt mach ich schnell das Küchenfenster, und die anderen der Reihe nach, jeden Tag eins. Der Perfektionist, der erfolglose, sieht den Fensterhaufen und verfällt in eine Schreckstarre. Dabei finde ich Perfektionismus sehr unangenehm. Ich meine, wer will schon jemand Perfekten kennen? Ich nicht. Fände ich erstens langweilig, zweitens deprimierend (schon wegen der Vergleiche, die immer angestellt werden) und drittens langweilig. Ach ja, und deprimierend.
Wenn ich Leute erlebe, die irgendwas gut können, will ich das auch- und komme mir summa summarum immer hässlicher, unfähiger und dümmer vor. Eine genaue Sicht der Dinge zeigt mir aber, dass ich mich nicht mit EINEM Vorbild begnüge, sondern immer gleich mehrere habe. Keiner von denen ist in allen Bereichen gleich fit. Aber ich habe an mich den Anspruch, das zu sein. Und für das Erfolglos-Sein gibt’s dann eins auf den Hut. Aber richtig.

Statt sich also unerfüllbare Maßstäbe und Ziele zu setzen, wird es Zeit, da mal realistisch ran zu gehen.
Dazu gehört auch, dankbar zu sein für das, was man hat.

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Dinge, für die ich dankbar bin:

Ein halbwegs helles Köpfchen.

Ein Dach über dem Kopf

Einen recht gut gelungenen Sohn

Eine große Familie, mit guten Kontakten untereinander

Mein Schreibtalent (auch wenn es sich hier nicht so zeigt- ich kann ganz gut Kurzgeschichten schreiben)

Handwerkliches Geschick

Ein sicherer Arbeitsplatz

Immerhin. 7 Sachen. Und vier Katzen.

Und da ich wieder auf ein paar englischsprachige Blogs gelinkt habe, hier für den Trackback die englische Version:


Thanksgiving

is a holiday nearly unknown in this country. There is, in fact, something called Thanksgiving Day, but mostly associated to church, and to thankfulness for the annual harvest of farmers.

It has lost the connection with the average people’s life, perhaps due to the fact that less and lesser people attend church, and more and more people live in towns without actual awareness of the importance of rich harvests.

The American blogs I read do talk about Thanksgiving a lot, eg Laurie and Cecily. And in spite of the fact that it is a well established (and therefore maybe rather ritualised) holiday, they all write about the things they are indeed thankful for.

If I understood correctly, Thanksgiving is the starter of the annual holiday season, leading straight to Christmas, and to gatherings of family and friends. It includes a lot of traditional elements, mostly connected with sharing meals and coming together with beloved ones.

As usual, there surely will be rather annoying parts, too, such as Uncle Ernies stupid and boring or inquisitive questions, or the horrible table manners of nephews and nieces. But overall, it seems to be a time of the year to think about the essence of thankfulness.

One does lose tracks of this kind of gratitude in daily life too fast…

There is too much comparing one’s life to those of others, starting with “Why can s/he have or do what I can’t?” and surely not ending with the envious surveillance of what one’s neighbor can achieve with money. No one ever seems to think about whether one really needs these achievements, or these attitudes or abilities.


My own private dream and goal is… to become perfect.


Though I’m miles away from this, this doesn’t seem to motivate me at all. In fact, I seem to move backwards all the time.
Setting a goal beneath the supervising eye of your inner perfectionist ensures you to fail. Completely.
It turns out to be hard to do anything at all, when there will be so much to be left undone… if you see your kitchen window needs cleaning, and you are no perfectionist, you grab a cloth and a bucket of hot water and start right off.

A perfectionist will look around and see everything that needs cleaning, too- and will be overwhelmed at the mere thought of it. Depending on how dirty the surrounding and the windows are, and if there is anyone who wants to come over, he will a) make an attempt to attack each and everything that needs cleaning, only to crash down hard, not capable of moving a finger in the end or b) will sit down to ponder on life, the universe and all the rest, feeling to depressed to move at all.

I do not like perfect people. Who does, anyway? They are boring, and make me feel quite as a failure myself, plus, they are boring.
But I want it all. The major housekeeping skills of my mother. Being sportive like my friend, earning money like my brother in law, writing books as Laurie King does, looking like a model, be wise like the Dalai Lama. And so on, and so forth.And when I show incapable of it all, once again, day by day, well- no one will punish you like yourself.

So, it’s time to start new, instead of setting unachievable goals.Let’s start with being thankful for all the abilities I do have. ______________________________________________________________________
Things I am thankful for:

My brains

A place to live

A really nice son

A big, loving family

A talent for writing short stories

Manual skills of varying kinds (such as knitting, working with wood, garden work etc.)

A safe job.

That adds to seven. Plus, four cats.


Have a happy thanksgiving,

Lily

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