Mittwoch, 16. Juli 2008

Zorn am Morgen

Als ich letztens mit dem Auto unterwegs war, vorgestern, um genau zu sein, hab ich wie üblich Radio gehört.

Die kurze Strecke reichte dem Nachrichtensprecher, um die neueste Preiserhöhung anzukündigen: 25 % Zuschlag auf Gaspreise ab dem Herbst. Da scheinen sich irgendwie alle einig zu sein.

Nur ich wieder nicht.

Natürlich habe ich keine Lust, meine Heizkosten um 25 % erhöht zu sehen. Wer hat das schon?

Und natürlich hat mich ein wahrhaft Lily’scher Zorn ergriffen.

Nachdem der dann schadlos abgeklungen war (obwohl der Typ hinter mir, der unbedingt beim Fahren nachschauen wollte, wann ich zum TÜV muss, kurz davor war... aber egal), jedenfalls als ich mich beruhigt hatte, fiel mir dann wieder ein, dass ich eigentlich der Meinung bin, Energie ist noch lange nicht so teuer, wie sie eigentlich ist. D.h. die Marktpreise spiegeln ihre wirkliche Knappheit nicht wieder.

Besonders grün bin ich nicht, meine Mülltrennung lässt zu wünschen übrig, und manchmal vergesse ich, die Heizung auszumachen, wenn ich die Fenster öffne. Aber ich denke trotzdem, dass es sehr, sehr kurzsichtig ist, auf Teufel komm raus fossile Energieträger zu verbraten, ohne zu wissen, was nachher kommt.

Mal abgesehen von Klimaerwägungen.

Es gibt immer noch Leute, die montags bei Jet tanken, und weil es da wegen der Montagspreise so schön voll ist, beim Warten den Motor laufen lassen. Die könnten eigentlich direkt ihr Hirn Herrn von Hagens spenden. Und mir bitte schön ihre Kohle. Danke.

Wie immer, wenn in den letzten Wochen und Monaten irgendein Sprecher irgendeines der austauschbaren Energieerzeuger einen saftigen Griff ins Kunden-Portemonnaie ankündigt, traten die üblichen konzentrischen Wellen auf dem Politiker-Reden-Teich auf. Als da seien: Sozialtarife. Und solche Dinge.

Im weiteren traten in den letzten Tagen auf: Bundeskanzlerinnen, die brutto und netto nicht zu unterscheiden vermögen und nicht wissen, dass Energiekosten aus dem Regelsatz der Hartz-IV-Empfänger zu begleichen sind.

Das alles formiert sich in mir zu einem Bild, das mir Übelkeit verursacht.


Es geht hier nicht mehr um ein Land, in dem Menschen leben, deren Alltag und Beziehungen untereinander durch demokratisch entstandene Gesetze geregelt werden, in dem Dinge produziert werden, die die Menschen brauchen, in dem Handel getrieben wird und Freizeit und LEBEN gestaltet.

Nee.

Da gibt’s zwei Parteien. Nur noch zwei.

Die einen, das sind die Unternehmen, die Global Player vor allem.

Die haben Geld, Macht (das ist vermutlich sowieso das gleiche), und die haben ab und zu Zückerchen anzubieten, in Form von Arbeit.

Dann sind da die anderen.

Der Staat, der die Menschen hier irgendwie „an den Mann“ bringen muss.

Sprich: Die Versorgung dieser Menschen mit dem zum Leben Notwendigen scheint nur noch Sache des Staats zu sein. Ein harter und eckiger Job, bei dem so vieles nicht passt. Manchmal darf der Staat sich freuen, wenn ihm ein Arbeitgeber den ein oder anderen Sorgenverursacher abnimmt, und ihm Arbeit anbietet.


Aber: Der Staat scheint verpflichtet zu sein, alle Ecken rund zu machen und dafür Sorge tragen zu müssen, dass es passt. Dass die Menschen stromlinienförmig, anspruchslos und profilangepasst sind. Dafür werden Löhne durch Transferleistungen aufgestockt. Bloß nicht den Preis für Arbeit zahlen müssen, das kommt direkt nach Steuern zahlen, im Katechismus der zu vermeidenden Taten der Unternehmer

Nein. Dafür gibt es Subventionen, die Arbeitgeber anlocken sollen. Dafür werden Milliarden an Investitionszuschüssen in die Wirtschaft gepumpt. Da wird Energie künstlich verbilligt, um Produktionen an Ort und Stelle zu halten, damit auf höchst umweltschädliche Weise Dinge produziert werden können, deren Erlös wiederum jemand anderen reich macht.

Und anschließend die Produktion woanders hin verlegt werden kann, zum alleinigen und vollkommen unverhohlenen Zweck der Gewinnmaximierung. Dann kann man dem Staat seine lästigen Bürger zurück geben, zur gefälligen Verwendung als statistische Schmarotzer.

So, und nun Sozialtarife? Wozu? Damit auf diese Weise mittels aus Steuergeldern subventionierten Zuschüssen sich eben dieselben Leute die Taschen füllen können?

Denn: Die Energieknappheit ist hier wahrscheinlich wieder nur ein Vorwand, um eine Preisanhebung zu rechtfertigen, deren Erträge vermutlich nur im kleinsten Umfang in die Forschung bezüglich erneuerbarer Energien gelenkt werden.

Solange gerade Energiekonzerne noch Milliarden-Gewinne abschöpfen, krieg ich Bauchschmerzen bei dem Gedanken daran, dass aus öffentlichen Geldern diese Gewinne noch gemästet werden.


Natürlich bietet der Staat, wenn man das so will, ein Gut an, das im Überfluss vorhanden ist: Menschliche Arbeit. Das ist reichlich da, und wird ungern abgenommen, da spielt der Markt eine Rolle. Ganz wird dieses Dilemma nicht zu lösen sein.

Aber was die Energie betrifft, so hab ich da eine Idee:

Preise, die der realen Knappheit von Energie entsprechen, und damit dem Verbraucher klarmachen, wie sorgsam damit umgegangen werden muss.

Sozialtarife, damit niemand im nächsten Winter erfrieren muss, weil er die Kosten für angemessenen Energieverbrauch nicht zahlen kann.

Und die Energieerzeuger?

Verstaatlichen.

Weil es nicht sein darf, dass derart kritische Sektoren allein den Hohepriestern der Profitmaximierung überlassen bleiben.


Lily


die sich am meisten darüber ärgert, dass offenbar nur Lohnforderungen zur Inflation beizutragen scheinen.




2 Kommentare:

Falcon hat gesagt…

Danke, ja.

Das, was jeder auch nur durchschnittlich intelligenzbegabte Bürger eigentlich erkennt, scheint dem Politiker, der sich ja selbst in einer Art Eliteposition sieht, allerdings verborgen zu bleiben.
Können sie nicht, oder wollen sie nur nicht?
Beides ist eine erschreckende Vorstellung.

Lily hat gesagt…

Ich fürchte, sie halten sich in einem Paralleluniversum auf. Samt Matrix und allem.
Aber erschreckend ist es trotzdem-.
Lily