Dienstag, 2. Dezember 2008

Ohne Titel, denn mir fällt keiner ein.

Heute morgen im WDR-Radio:

Die Moderatorin erwähnte den Zuhörer mit Vornamen „Horst“, der –um einmal im Radio erwähnt zu werden- sich per Mail gewünscht habe, Namensgeber für einen Stau auf der A 3 zu sein.
„A 3: Horst- Sie sind sechs Kilometer lang, reichen von Buschhausen bis Sterkrade, und - Sie haben keinen Grund“.

Heute morgen unter meinem Rock:

Es tut sich etwas.
Nein, nicht das, was man gemeinhin mit so was meinen könnte.
Sondern es entfernt sich etwas:
Das Taillengummi der von mir (mangels meiner Kältefestigkeit) angelegten Strumpfhose (Sorte: Warm und blickdicht) bewegt sich. Richtung Knie.

Nun ist das normalerweise nicht allzu schlimm.
Passiert schon mal, man kann’s nicht ändern, und geht halt ab und zu in die stille Ecke zum Strumpfhose-Wieder-Hoch-Ziehen.
Dafür muss man in die stille Ecke. Glaubt mir, es sieht Scheiße aus, wenn man das in der Öffentlichkeit macht.
Leider geht mit zunehmender Konzentration auf die Dinge, die man primär tut (oder tun muss, z.B. arbeiten) manchmal das Bewusstsein für die Umgebung verloren. Es kann also passieren, dass man in eher selbstvergessenen Stadien auch schon mal Hand anlegt, wenn andere Leute anwesend sind.
Dann ist man entweder unter eng, bestenfalls erstgradig verwandten Menschen, oder man wünscht sich, man habe doch die Jeans angezogen

Manchmal greift jedoch eins ins Andere. Die Dinger rutschen, der nächste Kollege ist in Sichtweite und man kennt ihn nicht gut oder schlecht genug, um in seiner Anwesenheit zur Tat zu schreiten.

Konfrontiert mit dieser Sorte Dilemma begibt man sich schnell Richtung Gemeinschafts-stille-Ecke (aka „Waschraum“).
Bereits zu Beginn der Wanderschaft (und der Weg ist lang!) bemerkt man, dass diese Strumpfhose, im Gegensatz zu der Nylon-Variante (die man insgesamt doch öfter trägt) schneller und doch entschiedener ihren eigenen Willen entwickelt als man ahnte.

Jeden Schritt nutzt sie, um sich ein Stückchen weiter vorwärts zu begeben, bzw. sich unter Einfluss der Muskeltätigkeit der Beine in sich zusammenzuziehen.
Bei der Ankunft im Treppenhaus ist das Taillengummi bereits in der Leiste eingetroffen, der Schritt hängt dafür ungefähr auf halber Höhe des Oberschenkels- dort behindert er den Gang ganz erheblich. Das muss man erlebt haben, das fühlt sich an, als seien Fußfesseln dort angebracht. Nicht erklärbar, aber auch nicht zu empfehlen.

Zehn Schritte weiter hängt der Zwickel in den Kniekehlen, und das Taillengummi bewegt sich über das Hinterteil (mithilfe einer interessanten Abroll-Technik) weiter abwärts.
Rings um die Knöchel hat sich eine Wollstrumpf-Rolle entwickelt, die höchst dekorativ über die Ankle-Boots hängt.
Auch fühlt man mehr, als man das möchte, dass der Rock dabei ist, sich langsam an den nackten Beinen hochzuschieben, aus unerklärlichen, aber vermutlich elektrostatischen Gründen.
Man ahnt (und fürchtet) den krassen Farb-Unterschied zwischen der schwarzen Strumpfhose und den winterblassen Beinen – im Fall der Fälle jedem der anderen Mitarbeiter sichtbar und sicher auch unvergesslich bleibend.

Wenn jetzt ein Windstoß käme, oder auch nur ein bisschen Zugluft, dann, ja dann hat diese Strumpfhose dafür gesorgt, dass man sein Gesicht nur wahren kann, in dem man ernsthaft eine der rituelleren Varianten des Selbstmordes in Erwägung zieht.

Während der Zwickel der Strumpfhose sich in alarmierendem Tempo der Wade nähert (und damit der Moment einzutreten droht, in dem man sich auf effektive und nachhaltige Weise mit diesem Ding selbst gefesselt hat) und die Tür zum Waschraum nur quälend langsam näher kommt, überlegt ein Teil des Gehirns, ob es Sinn macht, zu behaupten, man sei die eigene Zwillingsschwester.

Leider wissen zu viele Leute hier, dass meine Schwester nicht nur blond ist und zehn Zentimeter kleiner als ich, sondern auch klapperdürr, im Gegensatz zu mir.

Außerdem sieht sie mir nicht ähnlich.

Aber das ist auch egal, ich merke, wie das im beinahe freien Fall befindliche Taillengummi immer schneller Richtung Kniekehle rutscht und bäume mich auf in einem letzten Versuch, die Waschraumtür schneller zu erreichen als der Klamotten-Gau meiner Selbstachtung den Strick um den Hals legen kann.

Den letzten Meter lege ich mit einem beinahe olympischen, beidbeinigen Hüpfer zurück, anders ist es nicht möglich. Das Taillengummi hat sich in Höhe der Wade mit dem Rest der Strumpfhose und dem Rock zu einer Art Wurstkringel vereinigt, der, diabolisch und zweckmäßig, das Gehen verhindert. Hochroten Kopfes und meinem Schöpfer dankend mache ich ein paar rettende Mikroschritte in Richtung Toilettenkabine, schließe mich ein und beginne, die Wurst auseinanderzufisseln, um mich wieder komplett zu bekleiden.

Nach mühevollem Gefummel und Gezerre habe ich schließlich das Ding so weit, dass ich es wieder in die Höhe ziehen kann.

Nach dreiundvierzig Jahren des mich selbst Ankleidens beherrsche ich diese Tätigkeit, sollte man meinen.
Aber nichts da.
Ein beherzter Griff, und schon gibt’s den verräterischen Knacks.
Meine Finger durchbrechen die Maschen des Gewebes, und reißen ein Loch in die (auch noch teure!) Strumpfhose.
Es ist was in Bewegung.
Unter meinem Rock.
Eine Laufmasche.
Sie wurde zuletzt in Höhe der Kniekehle gesichtet.
Ich geh jetzt nach Hause, mich umziehen.



Lily
die das natürlich alles erfunden hat. Sowas passiert nicht, niemals!

16 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

So müssen sich die Hiphopper ständig fühlen, mit den Büxen in den Kniekehlen und dem Schritt knapp über der Grasnarbe.
Wenn sie denn noch was merken.

In den Fünfzigern muß das Nachgeben des Taillengummis noch sehr verbreitet gewesen sein, wie die häufige Thematisierung durch Gil Elvgren und Zeitgenossen zeigt...

Meise hat gesagt…

Und wenn du doch mal in eine solche Situation geraten solltest und sich die Strumphose schneller gen Boden bewegen sollte als du Richtung Toilette, spiel den Kollegen doch einfach vor, du wolltest gerade für sie strippen. Das wäre genauso unvergesslich für sie. Mit Sicherheit. ;)

Hrrm. Natürlich meine ich das nicht ernst! *kicher*

Meise hat gesagt…

habe übrigens ein f vergessen...

Anonym hat gesagt…

Ich sag nur eins: "Falke". Die Marke ist zwar teuer (16,- €), aber das Taillengummi schneidet nicht ein und ist wunderbar breit und elastisch, Rutschen ausgeschlossen!

Anonym hat gesagt…

OMG !
Du hast aber einen weiten Weg bis zum bathroom.

Strumpfhosen gehoeren sowieso verboten. Die Dinger heissen hier 'hose', oder: 'pantyhose',
bei den Groessen blickt kein Schwein durch, und ich weigere mich seit Jahren, sowas zu kaufen!!

Anonym hat gesagt…

Nachtrag zu Horst (der ist ja völlig untergegangen):
es sollte sich aber dann (wegen der Gleichberechtigung) auch einbürgern, die Staus abwechselnd mit männlichen und weiblichen Namen zu versehen, wie schon länger bei Hurrikanen üblich. Als nächstes wären dann dran: Isolde, Joachim, Karin, Lutz, Martina, Noel, Ottilie, Philipp... bitte nach Belieben fortsetzen.

Lily hat gesagt…

Alle Staus sollten entweder Kevin oder Jacqueline heißen. Oder eben Horst.

Anonym hat gesagt…

Kevin und Schackeline sind erst nächstes Jahr dran.

Lily hat gesagt…

Gut. Dann: Angelique. Britney. Charlene. Doreen. Eileen. Fiona. Germaine. Homer. Ivonne. Jasmin. Kevin. Lauren. Madeleine. Nicole. Oprah. Pierre. Q. Rebecca. Sabrina. Tamara. U. Verena. Wiktor. X. Yasemin. Zoe - um nur mal einen Streifzug durch die Namen zu veranstalten, die in den letzten Monaten durch die Geburtsanzeigen geisterten. Bei einigen Kombinationen bin ich für sofortigen Sorgerechtsentzug.
Wer seinen Sohn mit dem Namen Zoe ins Leben schickt, verdient keine Kinder.

Anonym hat gesagt…

Oder eben Nöl. Siehe auch hier.

Lily hat gesagt…

An gleicher Stelle, unter "beliebte Vornamen" ein paar unzulässige:
Tom Tom * Holgerson * Rosa * Ronit * Lord * La Toya * Stone * Jenevje * Micha * Sonne * Josephin * Rosenherz * Heydrich * Simona * Navajo * Frieden Mit Gott Allein Durch Jesus Christus * Megwanipiu * Marey * Bodhi * Jona * Pfeffeminze * Borussia * Noah ben Abraham * Mechipchamueh * Venus * Cezanne * Schmitz * Chris * Zooey * Kiran
Auf Ideen kommen die Leute...

Meise hat gesagt…

Unfassbar!!!!!
Also ich frag jetzt mal nicht, was Megwanipiu und Mechipchamueh sein soll, und "Frieden mit Gott allein durch Jesus Christus" ist verdammt krass, aber "Schmitz" schmiss mich fast vom Stuhl! :D

Lily hat gesagt…

"Zooey" , "Simona" und auch "Venus" waren abgelehnte Jungennamen. Mit "Borussia" sollte ein Mädchen geschmückt werden.
Pepsi-Carola, anyone?

L

Anonym hat gesagt…

Aber was ist falsch an "Rosa"? So heißen hierzulande unzählige Achtzigjährige!

Sensationell, die Strumpfhosen-Geschichte! Hab sehr laut gegrinst! :D

Lily hat gesagt…

War auch für einen Jungen vorgesehen. Vielleicht hätten sie es mit "Pink" probieren sollen :-)
Oder mit dem hex-Farbcode:-)

L

Anonym hat gesagt…

Und ich hab mal wieder als letzte kapiert, dass die Strumpfhosengeschichte nicht ganz ernst gemeint war. Ich glaube ich muss mal eine Humor-Schulung mitmachen!