Samstag, 20. Dezember 2008

Vom Sehen.

Blicksteuerung kennt man von verschiedenen Tätigkeiten: Motorrad- oder Autofahrern ist bekannt, dass man in der Regel dahin fährt, wohin man schaut. Was erklärt, warum der einzige Pfosten weit und breit gerne Kontakt mit dem Fahrzeug aufnimmt. Weil man ihn nämlich fixiert.

Es ist gar nicht so einfach, weg zu schauen, um ihn zu verfehlen.


Gut erzogene Haustiere und Kinder kennen ihn auch: Den BLICK. Mit oder ohne zusammengezogene Augenbrauen signalisiert er alles von „Jetzt ist aber Schluss mit [hier unerwünschte Tätigkeit einsetzen]“ bis zum „Wenn ich jetzt auch noch aufstehen muss, kannst du dein Testament machen“.

Der BLICK ist nur dann erforderlich, wenn die Umstände ein sofortiges und leibhaftiges Einschreiten unmöglich machen, und wird gern bei Telefonaten eingesetzt, sowie bei allen anderen Gelegenheiten, wenn ein zorniger Aufschrei nicht angemessen erscheint.

„The Glare of Death“ kriegt hier besonders Karlchen zu spüren, wenn er mal wieder die beiden Schwächsten im Bunde von ihren Ruheplätzchen vertreibt und hinter den Fernseher scheucht. Eddie könnte sich theoretisch selbst wehren, denn er ist immerhin gesund, eine Handbreit größer und erst drei Jahre alt. Warum er sich von dem kleinen Terroristen im Kuh-Design immer wieder verscheuchen lässt, ist mir ein Rätsel. Einmal zuschlagen, und das wärs, schätze ich- aber Eddie trägt Schrecktracht und faucht und legt die Ohren an- und dann gibt er Fersengeld. Karl weiß genau, dass es meine Missbilligung erregt, wenn er Furcht und Angst verbreitend unterwegs ist, und schaut sich, direkt nach vollbrachter Tat, schon mal prophylaktisch zu mir um. Fixiert werden ist ihm unangenehm, aber er holt sich seinen BLICK ab. Ich schwöre, man sieht ein rotes Leuchten in seinen Augen...

Es hat leider keinen nachhaltigen Effekt auf ihn- so wie auch alle Versuche, ihn anderweitig von derartigen Attacken abzuhalten. Mit Gegenständen werfen? Die meisten sind entweder gefährlich, wie Bleistifte oder sowas, oder sie sind Spielzeug für ihn. Was eine Belohnung für das Verhalten wäre. Und zudem bedeutet, dass ich mich von meinem Radiergummi verabschieden muss, bis er es unter die Couch befördert hat, wo er nicht dran kommt.

Beim besten Sohn von allen hat er besser geholfen, der BLICK. Und hilft auch heut noch... Darauf bin ich nicht wirklich stolz, denn eigentlich finde ich, dass ich nicht mehr in sein Verhalten hinein regieren sollte. Schließlich ist er beinahe 28 Jahre alt- und sollte, auch bei unpassendem Benehmen, die Folgen gefälligst selbst tragen, und meine Augen sollten bleiben, wo sie sind.

Die Zeiten, zu denen er den Nachbarn im Hof lautstark erzählt hat, was Mama und Papa vom Finanzamt zurück gekriegt haben, sind lange vorbei (Das hat eine Weile zu einem mehrsprachigen Familienleben geführt. Deutsch fürs Kind und Englisch für den Partner. Bis zur sechsten Klasse... da war dann Französisch angesagt. Das versteht er heute noch nicht).

Nett ist eine andere Art von Blick- bei der man über einen Raum voller Leute hinweg Verständnis und/oder Belustigung mit jemandem teilen kann, den man sehr lange kennt, und mit dem man in diesem Moment vollkommen einig ist. Ich weiß nicht, ob diese Art Blicke unbemerkt bleiben. Aber ich hoffe es...

In völlig anderem Zusammenhang fiel mein Blick heute morgen auf das miese, graue, trübe Wetter. Noch vier Tage bis Weihnachten, von Winter keine Spur mehr, die Deko hier Chez Lily beschränkt sich auf einen wunderbaren, beleuchteten (Premiere...) roten Papierstern im Fenster (Kein Blick der Welt hält das Katzenvieh davon ab, andere Deko zu zerstören), und in der Küche wartet Geschirr für eine Stunde Spülen.

Der Balkon ist trist, verregnet und voller erfrorener einjähriger Bepflanzungsreste. Vielleicht schaffe ich das Abräumen noch vor Weihnachten- schöner wäre es. Zumal in der nächsten Woche das letzte Mal die Kompost-Tonne geleert wird.

Trotzdem ist die Stimmung gut- gestern Abend habe ich mit einer Freundin wieder die exorbitant schöne Kneipenmeile in Dinslaken besucht, und wir haben superleckere Tapas gegessen. Die Fleischbällchen in Zimt-Rotwein-Sauce waren so lecker, dass ich mich hätte reinlegen können. Aber das gleiche galt für das eingelegte Gemüse, die Tintenfisch-Ringe und die Garnelen... Was ich nur immer noch nicht verstanden habe, ist, warum in Kneipen, in denen nicht getanzt wird, die Musik immer so höllisch laut sein muss. Der Absacker in einem Weinlokal, ohne Musik und ohne Qualm war die reine Erholung. Auch als Raucher- es war einfach schön, dass gute Luft herrschte, dass es nicht wegen notwendiger Lüftung ständig zog, und dass man sich nicht anschreien musste, um sich zu verständigen.

Dafür hab ich mich auf dem Rückweg derbe verfahren. Ich weiß nicht, warum ich der Meinung war, im Kreuz Duisburg-Nord unbedingt in Richtung Kamp-Lintfort fahren zu müssen. Aber ich habe Duisburg-Beeck kennengelernt.

Muss ich nicht noch mal sehen, zumindest nicht diese gräßliche, schlecht beleuchtete Hauptstraße, nachts und bei Regen.

Und ich möchte, dass jemand mal Autohifi-Geräte erfindet, bei denen man die Beleuchtung abschalten kann (Oder gibt’s die schon?). Wenn man so wie ich, eine Brille mit relativ dicken Gläsern hat, gibt das jede Menge überflüssiges und störendes Streulicht im Auto- und irgendwie nehmen die überstehenen Glasränder dieses Licht auf. Es fühlt sich an, als seien die Gläser von innen erleuchtet. Die Außenspiegel tun das ihrige dazu. Ich bin immer froh, wenn nachts keiner hinter mir ist. Vielleicht muss ich aber nur mehr Möhren essen.


Und jetzt werde ich einen Einkaufszettel basteln, damit nicht der leere Kühlschrank und der ungefüllte Gefrierschrank meinen Blick bei Feinkost Plus auf Dinge richten, die ich weder brauche noch haben möchte.

Einen schönen Samstag Euch allen!

Lily


4 Kommentare:

Frau Vau hat gesagt…

Dir auch - und schöne Feiertage, alles Liebe von Frau Vau, die ziemlich matschig ist von gestern, aber keine Zeit hat sich auszukurieren... örks. Danke fürs An-mich-denken!
Bis die Tage...

Anonym hat gesagt…

gut, dass Du Deinen Balkon erwähnt hast, das hat meinen Blick auf die verblühten Astern gelenkt, die ich daraufhin abgeschnitten und zum Überwintern zu den Fuchsien etc. ins Gewächshaus gestellt habe. Der Garten sieht mindestens so deprimierend aus wie Dein Balkon.

Meise hat gesagt…

Hmmm. Also vor mir verstecken sich Pfosten ganz gerne bis kurz vor "Aufschlag". ;)

Mein Welli-Weibchen kennt ihn auch, den Blick. Sie vergewissert sich auch immer wieder, ob ich eben gerade nicht gucke, wenn sie sich wieder was in den Kopf gesetzt hat, z. B. wenn sie unbedingt mal in den Gardinen landen und klettern (und sch.....) möchte, wo sie nicht hindarf, was sie ganz genau weiß!!!!!

Ich hasse diese grellen Xenon-ich-sehe-alles-blende-dafür-aber-alle-anderen-Lichter!

Ich hoffe, du hattest auch einen schönen Samstag. Ich kann mich nämlich nicht beklagen. ;)

Liebe Grüße von der Meise. :)

Lily hat gesagt…

@Frau V: Schöne Feiertage dir auch. Ich glaube aber, wir lesen uns noch :-)
@Time: Aber der Garten ist größer. Und schöner. Meistens:-)
@Meise: Viecher- Gardinen scheinen eh der Brüller zu sein, unser Hund hat sie immer gejagt, wenn die Fenster offen waren und der Wind sie bewegt hat.
Grr.
Schönen Sonntag euch allen,

L