Mittwoch, 18. Juni 2008

Der Dübelblick

Es hat Zeiten in meinem Leben gegeben, da war ich nicht nur kein Single, sondern hatte sogar einen Lebensgefährten-in wohnungsteilendem Sinne.

Nun.

Diese Zeiten sind vorbei, seit schätzungsweise 10 Jahren.

10 männerlose Jahre. In dem Sinne männerlos, dass seither die Abteilung home-improvement von mir ganz allein betrieben wird. In der Abteilung bin ich nicht nur Chef, sondern auch Renovierungshelfer zweiter Ordnung und Laufbursche. Vom Dübel bis zum Bier zeichnet die Unterzeichnende selbst verantwortlich.

Das übt, ganz gewaltig. Ich glaube seither niemand Gesundem mehr, dass er/sie bestimmte Dinge nicht tun kann. Außer es steht irgendwo, dass er/sie das nicht darf. Alles Andere kann man selbst, vorausgesetzt man hat

a) genug Selbstbewusstsein

b) das richtige Werkzeug

und c) ausreichend Zeit.


Ich habe also mein kleines Dübel-Diplom schon vor einigen Jahren abgelegt. Hätte ich das nicht getan, und jeden Mist von Fachleuten erledigen lassen, so wäre ich nicht nur ärmer. Sondern auch nicht wirklich sicher, ob meine Wohnung dann anders aussehen würde. „Anders“ im Sinne von besser- ich erinnere nur an die erste in meiner Wohnung von einem Fachmann angebrachte Lampe, die eines nebligen Tages anfing, abzufackeln.

Mein Sohn, so sehr ich ihn auch schätze, ist ein hundertprozentiger Theoretiker, der, mit den Händen in der Tasche, neben einem Werktätigen steht und diesem erklärt, was er gerade falsch macht. Das erklärt er sehr freundlich, aber dennoch.

SEIN einziger Versuch, eine Lampe anzuschließen, endete darin, dass meine Kühltruhe abtaute, und es in seinem Zimmer immer noch dunkel war. Ersteres, weil er vorsichtshalber alle Sicherungen ausgeschaltet hatte (obwohl die Küchensicherung deutlich mit „KÜCHE“ gekennzeichnet war). Zweites, weil er auf seinen Physiklehrer gehört hatte, der ihm irgendeinen Müll erzählt hatte in Bezug auf die Farben der Kabel eines Decken-Lichtauslasses. Nach Angaben des Lehrers sind diese Farben immer gleich! Und der Anschluss ist ein Kinderspiel!!11!

Da mein Vater in seinem ersten Leben Maler und Lackierer war, habe ich bereits als Kind einiges mitbekommen, und durfte oft genug beim Streichen und beim Tapezieren zusehen. Man glaubts kaum, aber dabei lernt man schon was.

Jedenfalls genug, um mich schlapp zu lachen über das Werk zweier Halbwüchsiger, vor Jahren in der Wohnung einer früheren Freundin von mir.

Ein Tapeziertisch, abgemessene (immerhin) Tapete ausgebreitet, Quast in den Kleister tauchen, selbigen großzügig auf die Tapete auftragen.

Dann jene an den vier Ecken anfassen und vorsichtig durch die ganze Wohnung tragen. Dabei natürlich aufpassen, dass diese weder zusammenpappt, noch durchhängt bis auf den Boden. Am Ort des Tapetenbedarfs angekommen, musste dann einer auf die Leiter steigen. Natürlich immer noch mit den Händen an je einer Tapetenecke. Das ist ein Stück aus dem Tollhaus. Verfilmt kriegt man da einen Oskar für. Unnötig zu sagen, dass die Tapete natürlich nicht klebte. Allein schon, weil sie nicht diese magische Verbindung mit dem Kleister eingegangen war, für die sie einfach eine Zeitlang ruhen muss. Jedenfalls diese Tapete.

Man hat dann den Quast samt Kleistereimer an den Einsatzort geschleppt, und immer wieder nachgekleistert, bis der ganze Scheiß etwas später mit einem matschigen Seufzer einfach von der Wand rutschte. Bis dahin hab ich mir das noch angeschaut. Das war so ziemlich der letzte lustige Moment dieser Renovierung. Danach durfte ich dann zeigen, warum ich so gelacht hatte.

Wohlgemerkt: Ich bin nicht perfekt, aber das ging eindeutig besser, und mit weniger Materialeinsatz.

Also, meine allerersten Einsätze umfassten eher die malerischen Seiten der Renovierung. Abkleben, streichen und so.

Dann kam die besagte Renovierung bei der Freundin, und danach dann ein kleiner Ausschnitt, in dem ich gelernt habe, zu bohren und zu dübeln. Das große Ikeum haben sowieso alle, die in den Achtzigern ihre ersten eigenen Wohnungen bezogen haben. Der Inbus (aka Ikea-)-Schlüssel ist das Werkzeug, das wir alle im Schlaf beherrschen.

Es folgten ein paar Lehrgänge im Teppich legen, gefolgt von Teppichfliesen und Trockenbau. Im Kapitel Trockenbau habe ich meine große Liebe zum Akkuschrauber entdeckt. Und im anschließenden Praktikum festgestellt, dass Löcher verputzen auch nicht besonders schwierig ist.

Ein einjähriger Lehrgang in Holzarbeiten schloss sich an(da steckte mein damaliger Lover hinter. Der brauchte immer Leute, die mithalfen beim Bühnenbau für Kindertheater und -Musical. Und sonst hatte er ohnehin zu wenig Zeit- also war ich mit auf den Baustellen). Seither weiß ich, wozu man Oberfräse und Drehbank und solche Dinge braucht, und kann sie auch benutzen. Zumindest so, dass es für einfache Sachen reicht.

Es läuft hier gerade "American Idiot" von Green Day. Und die Leute, die mich privat kennen, wissen, warum ich breit grinsen muss.

Ein paar lackierte Holztüren später bin ich dann hier eingezogen und habe meine Handwerkskünste mit Laminatverlegen abgerundet.

Wobei das eine sanfte Sommerbrise ist, wenn man den Trick einmal raus hat. Klicklaminat, versteht sich.

Richtig an die Grenze meiner (weiblichen) Gehirnkapazität bin ich beim Fußleistenverlegen gestoßen. An sich nicht so schwierig, aber Fußleisten plus Hohlkehle in Räumen anzubringen, die mit Erkern, Vorsprüngen und Kaminen gesegnet sind, und die Gehrung von Hand sägen zu müssen, fällt schon unter Strafe. Da musste man unentwegt denken. Und im Kopf klar kriegen, wie herum man dieses Stück jetzt legen muss, damit es sich in die nächste Ecke einpasst. Aber schlussendlich hab ichs geschafft, worauf ich stolz bin.

Wieso ich das jetzt so nostalgisch-angeberisch ausbreite?

Ich wohn hier jetzt knapp zwei Jahre. Und die Wände sind fällig.



7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Also, falls deine Katzen Unterstützung beim Tapetenabreißen brauchen, das kann ich! Alles andere kann ich nach deiner Theorie ja dann anscheinend auch, ich weigere mich aber eine Bohrmaschine in die Hand zu nehmen, das ist mir zu laut und huppelig! Ich halte aber gerne den Staubsaugerschlauch drunter, ich bin ein super Hilfsarbeiter! :-)

Anonym hat gesagt…

Wenn ich ehrlich bin, könnte ich das auch, wenn ich müsste. Aber ich muss ja nicht, solange ich meinen handwerklich versierten Mann oft und gern in dem Glauben lasse, dass er das alles viel besser kann als ich. Aber nicht ohne einen Preis dafür zu zahlen: in return lässt er mich in dem Glauben, dass ich sämtliche Putzarbeiten, Kochen, Bügeln und Finanzen regeln viel besser kann als er.

Er könnte auch wenn er müsste, aber wir lassen's dabei.

Was mich nur manchmal ärgert, ist unser "Zaubersohn", der angesichts dieser Rollenverteilung ernsthaft zu glauben scheint, dass die Frauen für die Hausarbeit zuständig seien. Ich hoffe, seine Freundin belehrt ihn eines besseren!

Schönen Abend wünsche ich!
Paula

PS Freut mich, dass Dir die CD von Nina Hagen gefällt, das ist das Beste, was sie je produziert hat.

PPS Unser Zauberjunge hat heute seine Abschlussprüfung mit dem praktischen Teil gut bestanden. Wir sind so stolz auf ihn und können uns jetzt nach 20 Jahren endlich wieder mehr uns uns selbst kümmern, feels so good!

Anonym hat gesagt…

Wo du recht hast , da hast du recht! Willkommen zum Boulevard of Broken Tapezierer Dreams. Und danach Wake me up when Fliesenleger's doomsday ends. Wenn man's selber macht, weiss man jedenfalls was dahintersteckt. Oder so. Ich kann auch noch stricken!! Dann lass uns mal rangehn. Women rock!

Anonym hat gesagt…

Ich finde auch das Du das Laminat sehr gut gelegt hast. Ich kann zwar Küchen aufbauen und alles mögliche, aber ich hasse es zu tapezieren und zu streichen. Falls Du Lust hast, machen wir einen schönen Tag und bemalen die Wände neu und errichten so nebenbei ;-) noch deinen Schrank wie vom erbauer vorgesehen...

Falcon hat gesagt…

Mangels Wohnungskenntnis kann ich das ja nicht so recht beurteilen, aber trotzdem Respekt.
Ich bin ja übers Anstreichen und Andübeln diverser Utensilien noch nicht allzu weit gekommen.
Da heisst, ich hab mal ein Puppenhaus für unsere Tochter gebaut. Mit Tapete und Verkabelung, immerhin.

unkita hat gesagt…

Hohhoho, endlich mal eine Frau, die nicht augenklimpernd mitteilt, dass das ja Männerarbeit ist. Aber wahrscheinlich auch eine Frau, die kein Erbarmen, mit Männern, die nicht kochen und putzen können hat?

Lily hat gesagt…

@unkita: Ich hab kein Erbarmen mit Leuten, die sich dumm stellen. Das kann ich auf den Tod nicht leiden. Und wenn die Rollenverteilungen so sind, wie sie sind, ist das doch in Ordnung so. Männer, die vor sich hinsinglen, müssen sich um Kochen und Waschen ja auch selbst kümmern- und das kommt viel öfter vor als Laminat-Legen.
Aber einen blinden Handwerks-Fleck hab ich auch: Autos- da ist das Kümmern für mich Männersache. Ich weigere mich, was anderes zu machen als Sprit und Öl und Wischwasser nachschütten. Okay,manchmal bin ich gezwungen, mir zu überlegen, was denn dran sein könnte. Aber das tu ich äußerst ungern, dafür lass ich meinen Bruder Georg einfliegen, oder geh gleich zu meinem anderen Bruder, der vom Fach ist.
@ Falcon: 65 m² Laminat waren das, und wie gesagt, nicht so schwer. Das kann man wirklich selbst, vorausgesetzt man hat kein Problem mit der Benutzung einer Stichsäge.
Ein komplett anderes Ding sind aber wirklich die Fußleisten.
@Paula: Gratulation :-) Ich wünschte, mein Sohn wär schon so weit... Einer meiner größten Wünsche, wenn ich ehrlich bin.
@Uschi: Stricken kann ich auch, auch Häkeln, Sticken, und ein bisschen Nähen. Aber meine Augen machen nicht mehr so besonders beim Nähen und Sticken mit. Weshalb ich fernsehe:-)
@Georg und Kate: Ich komm drauf zurück.Vielleicht sollten wir mal ein Happening machen, ein Streich-Konzert...
:0)
Lily