Montag, 3. Dezember 2007

Mal ehrlich-

43 Mio € im Jackpot. Halleluja.

Das schlägt –konversationstechnisch- momentan das Wetter weit auf Themen-Rang 2 ab. Mindestens.
Und man hört die liebgewonnenen (okay, sagen wir: Die bekannten) Ansichten zu dem Problem, mehr Geld zu haben, als anständigerweise einem Menschen alleine zustehen sollte.

Geld (als Mittel zur Bewertung und Erlangung von Waren und Dienstleistungen) verliert für mich seinen Sinn und seine Berechtigung da, wo die vorhandenen Mittel für einen Menschen nicht mehr ausgebbar (= gegen Waren und Dienstleistungen austauschbar) sind.

Ein Beispiel: Ich habe noch -vielleicht- 40 Jahre zu leben. Das sind über den Daumen gepeilt (Mathe…) 480 Monate. Sofern ich 43 Millionen Euro gewinnen würde, und sie nicht anlegte, sondern einfach so auf das Konto packen oder unter die Matratze schieben, wären das im Monat bis zum Ende meines Lebens knapp 90.000 €. Sind 3000 € am Tag.

Legte ich sie auch nur ultrakonservativ zu 5 % an (aus der Luft gegriffener Prozentsatz, bitteschön!) kämen jeden Monat 180.000 € dazu. Sind 6000 € am Tag. Vor Steuern.

Natürlich addiere ich diese Beträge jetzt nicht, ich bin zwar mathedoof, aber nicht ganz durchgeknallt.
Ich könnte vielleicht einen Teil des Kapitals nutzen, um Hauskauf, Autokauf und dergleichen zu realisieren.
Und dann für meine Luxuskutsche eine Garage kaufen, damit das Auto es schön warm hat.
Und am besten noch ein Kabrio dazu, für schöne Tage, und einen Geländewagen, falls es schneit, und ein Motorrad, damit der Führerschein (den ich seit 6 Jahren nicht mehr genutzt habe) ein bisschen Auslauf bekommt.

Dann brauche ich jemanden, der mir bei der Reinigung und Verwaltung und Instandhaltung meiner Immobilien zur Hand geht (klar sind’s inzwischen mehrere, denn wer will schon ausschließlich im trüben Nordwestdeutschland wohnen?)
Da ich weder in mehr als einem teuren, unfall- und diebstahlträchtigen Fahrzeug zu einer Zeit sitzen, noch in mehr als einem Haus zur gleichen Zeit wohnen kann, muss ich beides hoch versichern.

Dazu brauche ich eine größere Garage, der Jeep und die Triumph sollen ja nicht draußen übernachten, jemanden, der die Pferde füttert, wenn ich auf den Seychellen (oder in der Arktis oder wo immer „man“ gerade Urlaub macht) bin, und Leute, die die Wiese mit der Nagelschere kürzen, wenn ich keine Zeit zum Rasenmähen habe.

Die Bus-Technik in meinen Häusern ist nicht so ganz ausgereift: Mein Kühlschrank bestellt ständig Milch nach, also halte ich einen ganzen Elektronikerstab am Leben, damit nicht mehr gekauft wird, als ich verzehren kann. Wenn bitte schön jetzt jemand diesem Gerät noch beibringen könnte, dass ich keine Milch vertrage?

So langsam kommen die 180.000 € im Monat an ihre Grenzen…

Und wie sieht die Realität jetzt und hier aus?
Gut, ein bisschen flüssiger zu sein wäre schön. Aber so? Viel Geld für Dinge ausgeben, die man nicht braucht?
Für Bedürfnisse, die das Geld hat? Denn das Wochenendhaus würde nur zum Teil für die Bewohner gepflegt, nur zum Teil wäre das Geld für mich ausgegeben. Der Großteil wäre Geld, das zur Pflege der Geldanlage gebraucht wird. Eine Dienstleistung, die zu bezahlen ist, weil Geld ausgegeben wurde.
Die meisten mit diesem Lebensstil verbundenen Ausgaben sind keine mehr, die mit mir persönlich und meinen eigenen Bedürfnissen in Verbindung stehen, und die was mit der Beschaffung von Dienstleistungen und Waren, die ich brauche, zu tun haben.

Und wenn man das Geld nicht für derartige „Wertanlagen“ ausgibt?
Wenn man nicht ein Wochenendhaus kauft, sondern in ein Hotel (meinetwegen ein teures) geht, und es sich dort gut gehen lässt? Wenn man mit den 6000 € am Tag (!) versucht, auszukommen?
Nun, dann, vorausgesetzt, es kommt keine fiese, miese Abwertung, sollte das Kapital immer mehr werden.
Nur- wofür?
Zur Weitergabe an seine Nachkommen?
Ich schulde meinem Kind keinen Riesenhaufen zu vererbendes Geld. Ich schulde ihm eine angemessene Ausbildung, damit er sein Leben leben kann, so, wie er es sich aufbauen kann und will. Die Ausbildung bekommt er, ich finanziere sein Studium (ächz).

Für wohltätige Zwecke?
Dazu braucht es nicht erst in den Safe eines Privatmenschen zu wandern- das kann der Staat mittels Einflussnahme auf seine Lotto-Gesellschaften viel eher erreichen.
Um es weiter wachsen zu lassen, durch Anlage und Investition?
Das verschiebt das Problem in die Zukunft, beantwortet aber die Frage nicht.

Wie schon oben gesagt, Sinn des Geldes ist für mich eine Abbildung von Waren- und Dienstleistungswert und die Schaffung der Möglichkeit für den Geldbesitzer, sich in den Besitz von eben jenen Gütern zu bringen.
Es einfach nur zu sammeln widerspricht diesem Sinn.
Es zu verschwenden ohne einen realistischen, erstrebenswerten Gegenwert, widerspricht dem Sinn auch- wobei eine Sauftour durchaus einen erstrebenswerten Lustgewinn darstellen kann. Es geht mir nur um die Überschreitung der persönlichen Nutzen-Schwelle.
Also die vierte Sauftour in Folge, weil der Gastwirt Hunger leidet, und nicht, weil ich Durst habe.
Gesamtwirtschaftlich gesehen macht natürlich alles das schon einen gewissen Sinn, weil der Staat Steuern fordert, und gezahlte Löhne wiederum den Staat erfreuen, und sinnfreier Konsum den Rest der Wirtschaft ebenfalls ganz, ganz glücklich macht.
Aber das ist nicht mein Thema. Sondern die Frage, was man- ganz ehrlich- mit 43 Millionen Euro als Durchschnitts-Würstchen eigentlich anfangen soll.

Reichte nicht auch ein Bruchteil völlig aus?
So, dass man sein Häuschen kaufen, sein Auto reparieren lassen und in Zukunft öfter reisen kann? Vielleicht auch die Arbeitszeit reduzieren, ein Studium finanzieren oder früh in den Ruhestand gehen? Ein Leben beginnen, wie man es immer führen wollte?
Ohne Sorgen wegen zu viel Geld?
Ohne dass man Angst haben muss, dass irgendeinem Psychopathen einfällt, Lösegeld für ein Kind fordern zu müssen?
Ohne dass man aufpassen muss, dass jemand erfährt, dass man richtig dicke abgesahnt hat?

Ich hätte jedenfalls keine Lust, den Rest meines Lebens nichts Sinnvolles mehr zu tun zu haben, außer dem täglichen Bad im Geldspeicher.
Lieber wäre mir, die Möglichkeit zu haben, mir einen Beruf zu suchen, der mich zufrieden macht, und bei dem das Geld nicht die primäre Motivation darstellt, um jeden Morgen im Betrieb aufzutauchen.
Lieber wäre mir, dass ich nicht überlegen müsste, ob mein Vermieter noch zwei Notfallkatzen toleriert, und ob ich sie mir auch leisten könnte.
Ich würde gern meine Musik wieder in Stereo hören. Da ich kein besonders feines Öhrchen habe, reicht auch Mittelklasse, danke schön!

Vielleicht würde ich auch meine alte Golf-Kiste gegen einen neueren Wagen austauschen. Aber ich hänge an dem alten Schätzchen.
So, und dann? Ein schöner Urlaub für einen längeren Zeitraum in Neuseeland, und danach nach Irland.
Dafür reicht weitaus weniger als diese perverse Summe.
Werde ich am Mittwoch spielen? Ja, klar doch.
Und im Falle, dass----?
Ich würde es verschenken. Und weil ich niemanden kaufen will, würde ich das heimlich tun.

Und dann? Siehe oben.

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