Donnerstag, 27. November 2008

Part time lover

Wann ist es eigentlich modern geworden, den Menschen und was er tut getrennt voneinander zu beobachten?

Irgendwann in den Neunzigern, schätze ich, bin ich dem Phänomen das erste Mal begegnet.


Jemand tut was, das einen anderen gnadenlos nervt. Schreit ständig herum. Bricht bei jeder Gelegenheit in ein ohrenbetäubendes, wieherndes Lachen aus- so dass jeder Anwesende zusammenzuckt und kleine Kinder anfangen zu weinen. Pflegt ein Ego von den Ausmaßen Niedersachsens inklusive Hamburgs.

Da hab ich dann das erste Mal gehört, dass jemand sagte: Na klar nervt mich das. Aber das ist doch nur sein Gebrüll/ihr Lachen/ihr Ego, das ist doch nicht er (oder sie, ganz egal). Ich liebe ihn/sie so wie er ist!

Das hab ich nie verstanden.

Entweder der Mensch ist ganz, inklusive Lachen, der Mensch, den ich liebe- oder ich liebe ihn nicht ganz.

Ich glaube einfach nicht, dass angesichts eines tierisch nervenden Verhaltens, oder sogar krasser Egozentrik eines Partners man auf Dauer diesen rückhaltlos lieben kann. Vielleicht ist es ein Auffassungsproblem bei mir- aber jemand, der mich öfter anmacht, weil ich schwer beladen an der Haustür klingle, anstatt ganz unten in einer von fünf vollen Taschen nach dem Schlüssel zu suchen, den liebe ich in dem Moment gar nicht. Sowas von gar nicht... Und was wichtiger ist: Ich fühle mich auch nicht gerade geliebt, wenn es jemand anderem wichtiger ist, sich nicht erheben zu müssen, als mal eben die Tür zu öffnen.


Und auch wenn ich mich verhalte wie die sprichwörtliche offene Hose, oder auch nur genervt reagiere und gereizt bin, weil irgendwo was nicht so läuft, wie ich es will, finde ich es nicht überzeugend, wenn mir wer sagt, ich sei zwar nervtötend, oder schlecht gelaunt oder hysterisch, aber man liebe mich natürlich.


Ist das eine kindliche Vorstellung von Liebe, die ich da habe?

Nämlich, dass man aufeinander Rücksicht nimmt, und es eigentlich nur dann krachen kann, wenn beide einen schlechten Tag hatten,und eigentlich auf ein bisschen Seelenpflege angewiesen wären?


Dass man sich gegenseitig -und vor einem Riesenkrach!- schon mal zart andeutet, dass dieses Lachen, also, weißt du...?


Mal ehrlich- ist das naiv?


Einen schönen Abend...


Lily


8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich bin ja auch kein Profi auf dem Gebiet aber ist das nicht "bedingungslose Liebe" von der du schreibst? Klar, gibt es immer wieder Sachen, die einen nerven aber das hält einen halt nicht davon ab, den anderen so zu lieben wie er ist. Vielleicht nicht gerade deshalb aber auch nicht weniger deshalb. Den Idealmensch gibt es halt nicht, das wäre auch langweilig und würd selber Anforderungen an einen stellen, die ich z.B. nicht erfüllen möchte. Die Sachen dürfen nicht zu schlimm für einen sein, wenn es immer wieder Thema wird ist es doof!
Und klar darf ich vorher schon sagen, dass mich das nächtliche Zähneknirschen nervt und das nicht erst bei nem Streit aufs Tapet bringen...das wär ja superblöd sonst! Und unfair, vielleicht will derjenige ja was ändern aber wusste bis jetzt noch nicht was ;-)
Das ist nicht naiv, ich find das gehört dazu, dass man sich das sagen kann und auch sollte, nur ich glaub einfach, dass es sehr, sehr schwer ist jemanden zu finden, an dem einen rein gar nix stört...also so überhaupt nix! Aber vielleicht gibt es das, keine Ahnung...

Lily hat gesagt…

Naja, vielleicht war Nerven das falsche Bild. EIn bisschen Nerven dann und wann tut der Liebe bestimmt keinen Abbruch. Dem Grundgefühl.
Sachen wie Rücksichtslosigkeit oder Egozentrik sind aber was anderes- oder?

Anonym hat gesagt…

Ach so klar, das ist was anderes! Aber auch das sollte man ansprechen oder die Konsequenzen ziehen, das stimmt wohl. Oder es erst gar nicht so weit kommen lassen denn solch massiv auffälligen Eigenschaften kriegt man ja für gewöhnlich nicht über Nacht ;-)

Anonym hat gesagt…

Natürlich kann man ein Arschloch lieben. Aber das bedeutet auch, es sich mit demselben zu verderben, indem man ihm auf den Kopf zusagt, welche Fehler er hat. Das gehört eben auch zur Liebe dazu, zu riskieren, den anderen zu verlieren, weil man ihm die Wahrheit über ihn sagt. Wer sollte es denn sonst tun?

"Jemand zu lieben so wie er ist" bedeutet nichts weiter als dem/derjenigen immer wieder eine neue Chance zu geben sich zu verändern und ihm nicht die Liebe und das Vertrauen zu entziehen, die er braucht, um sich verändern zu können.

Lily hat gesagt…

Ich glaube, da wird ein Schuh draus, Paula. So hab ich das noch nicht gesehen. Das impliziert aber auch, dass man selbst möglichst "man selbst" bleiben sollte, oder? Sich zu Miss Wunderbar (nicht wonderbra:-)) zu verbiegen scheint da kein guter Einfall zu sein. Dann wird man wahrscheinlich ein bisschen verkrampft und erwartet automatisch, dass der andere sich auch von sich entfernt, um irgendeinem Bild ähnlich zu sehen.
Danke.
:-)
Lily

Anonym hat gesagt…

Genau, Miss Wunderbar würde sonst Mr. Asswhole von sich abhängig machen, damit er sie auch ja nicht verlässt. Außerdem würde Miss Wunderbar damit ihre eigenen Fehler kaschieren. Denn das gilt natürlich auch umgekehrt, auch Miss Wunderbar muus irgendwann mit Kritik rechnen. "Tu mir nicht weh tu ich Dir nicht weh" ist vielleicht eine gute Basis für Treppenhausnachbarn, aber nicht für Liebespaare.

Lily hat gesagt…

"Asswhole" ist ganz wunderbar:-)

Anonym hat gesagt…

"Jemand zu lieben so wie er ist" bedeutet nichts weiter als dem/derjenigen immer wieder eine neue Chance zu geben sich zu verändern und ihm nicht die Liebe und das Vertrauen zu entziehen, die er braucht, um sich verändern zu können."
Dann liebt man ihn eben doch nicht, wie er ist. Und wieviel Liebe und Vertrauen braucht ein echter Egozentriker um sich zu ändern, wenn er sich überhaupt jemals ändern will. Ich glaube, wir haben hier ein typisches Frauen-Phänomen, wenn wir meinen, dass Liebe und Vertrauen aus einem Mistvieh einen netten Menschen machen. Und warum hoffen Frauen immer, dass der Typ sich ändert, wenn sie erstmal eine Beziehung mit ihm haben? Seine Meinung zu dem Thema wird wahrscheinlich sein: "Ich muss toll sein, so wie ich bin, sonst hätte sie sich nicht in mich verliebt"